8.1.4 Regelung des Zuflusses in besonderen Fällen
632Vorschüsse und Vorauszahlungen von Arbeitslohn, die nicht den wirtschaftlichen Charakter eines Darlehens haben, sind gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 dem Lohnzahlungszeitraum des Zufließens zeitlich zuzuordnen. Kann über Arbeitslohn verfügt werden, kommt dem Moment seiner Fälligkeit keine Bedeutung zu ().
633Ein Vorschuss gilt dann als Zufluss von Arbeitslohn, wenn der Vorschuss zu den seiner Hingabe unmittelbar nachfolgenden Lohnzahlungszeitpunkten zur Gänze zurückzuzahlen ist. Ist dies nicht der Fall (der Vorschuss wird erst mit weiter in der Zukunft liegenden Lohnansprüchen verrechnet), kommt dem Vorschuss in Wahrheit der Charakter eines Darlehens zu. Die Versteuerung als Arbeitslohn erfolgt dann zu jenem Zeitpunkt, zu dem Anspruch auf den entsprechenden Teil des Arbeitslohnes besteht (). Soweit Vorschüsse nicht bereits im Zeitpunkt des Zufließens als Arbeitslohn zu erfassen sind, liegt dem Grunde nach ein Gehaltsvorschuss oder Arbeitgeberdarlehen im Sinne der Verordnung über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge vor (siehe Rz 204 ff).
634Bei bloß gutgeschriebenen Umsatzprovisionen ist zu prüfen, ob wirtschaftliche Gründe vorgelegen sind, die es dem Arbeitgeber nicht ermöglichen, die Auszahlung der Provisionen vorzunehmen. Nur so kann geklärt werden, ob der Arbeitnehmer durch die Gutschrift der Umsatzprovisionen die Verfügungsgewalt über diese tatsächlich erlangt hat (). Bloße Gutschriften in den Büchern des Arbeitgebers können dann als Zahlung von Arbeitslohn angesehen werden, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich über den gutgeschriebenen Betrag verfügen kann (zB durch Aushändigung einer Auszahlungsverfügung zur Behebung von Lohn bei der Betriebskasse) oder kraft freier Entschließung den Arbeitslohn beim Arbeitgeber stehen lässt (; ). Es ist nicht möglich, den Zeitpunkt des Zufließens und damit den Eintritt der Steuerpflicht dadurch hinauszuschieben, dass keine Verfügung über den gutgeschriebenen Betrag getroffen wird ().
635Ein Geschäftsführer einer GmbH erwirbt auf Grund seiner Eigenschaft bereits in dem Zeitpunkt die Verfügungsmacht über den ihm zustehenden Geschäftsführerbezug, in dem ihm dieser Bezug gutgeschrieben wird (). Ein Zufluss tritt in diesem Zeitraum ausnahmsweise nicht ein, wenn die Kapitalgesellschaft zahlungsunfähig ist ().
Siehe auch Beispiel Rz 10635.
636Trifft ein Anspruchsberechtigter eine Vorausverfügung über einen bestimmten Betrag (zB Zuführung des Betrages zu einem gemeinnützigen Zweck), liegt eine Einkommensverwendung vor; die Einnahmen gelten als dem Anspruchsberechtigten zugeflossen (). Hinsichtlich des Zuflusses von Bezüge im Rahmen von Gehaltsumwandlungen siehe Rz 759 ff. Wird die Auszahlung eines fälligen Betrages auf Wunsch des Empfängers verschoben (gestundet), obwohl der Schuldner zahlungswillig ist, dann verfügt der Empfänger damit bereits im Zeitpunkt der Stundung über diesen Betrag ().
637Wird auf Einnahmen ohne jegliche Verwendungswidmung verzichtet, liegt kein Zufluss im Sinne des § 19 EStG 1988 vor. Daher kann zB ein Verzicht auf eine vom Gemeinderat bereits beschlossene Aufwandsentschädigung dann nicht zu einem Zufluss im Sinne des § 19 EStG 1988 führen, wenn der Verzicht weder dem Gemeinderatsmitglied anderweitig abgegolten wird, noch auf Grund einer Abmachung oder einer Verfügung des Gemeinderatsmitgliedes Dritten zugute kommt.
638Auf bereits zugeflossene Bezüge kann im Nachhinein nicht verzichtet werden. Allenfalls kommt die Bestimmung des § 16 Abs. 2 EStG 1988 zur Anwendung.
639Sachbezüge gelten dann als zugeflossen, wenn der Steuerpflichtige die rechtliche Möglichkeit erlangt, darüber frei zu verfügen. Bei der Überlassung einer Dienstwohnung bzw. eines firmeneigenen Kraftfahrzeuges zur Benutzung für Privatfahrten erfolgt der Zufluss in jenem Zeitpunkt, zu dem die Verfügungsmacht übertragen wird und nicht etwa in dem Zeitpunkt, in dem das Wirtschaftsgut benutzt wird.
639aAuch bei Arbeitszeitmodellen (zB Altersteilzeit, Zeitwertkonto, Langzeitkonto, Lebensarbeitszeitkonto, Sabbatical und ähnliche), nach welchen der Arbeitnehmer in der Regel seine volle Normalarbeitszeit leistet, aber ein Teil dieser Arbeitszeit vorerst nicht finanziell abgegolten, sondern auf ein "Zeitkonto" übertragen wird, um vom Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt konsumiert zu werden (bezahlte "Auszeit"), ist nach den allgemeinen Grundsätzen auf den Zeitpunkt des Zuflusses abzustellen (siehe Rz 631). Dies gilt auch für die Freizeitoption ("Freizeit statt Arbeit") zB nach dem KV für Arbeiter und Angestellte in der Elektro- und Elektronikindustrie idF ab .
Beruht ein solches Arbeitszeitmodell auf einer ausdrücklichen Regelung in einer lohngestaltenden Vorschrift iSd § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988, bewirken die Zeitgutschriften in der Ansparphase noch keine wirtschaftliche Verfügungsmacht für den Arbeitnehmer und somit noch keinen steuerlichen Zufluss.
Für den Fall der ausnahmsweisen vorzeitigen Auszahlung der erworbenen Entgeltansprüche (zB bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) gelten die Ausführungen in der Rz 1116a sinngemäß.
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | § 78 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 204 LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 759 § 19 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 10635 LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 631 § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 1116a |
Schlagworte: | Lohnsteuer |
Stammfassung: | 07 2501/4-IV/7/01 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
KAAAA-76457