Richtlinie des BMF vom 13.12.2018, BMF-010222/0113-IV/7/2018
12 Außergewöhnliche Belastungen (§§ 34 und 35 EStG 1988)
12.5 Behinderungen (§ 34 Abs. 6 EStG 1988 und § 35 EStG 1988)
12.5.3 Behinderung von Kindern

12.5.3.2 Behinderte Kinder mit erhöhter Familienbeihilfe

857Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sind durch Gewährung eines Freibetrages gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten in Höhe von 262 Euro monatlich, vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen, zu berücksichtigen (vgl. VwGH 26.09.2000, 99/13/0190). Bei Unterbringung des behinderten Kindes in einem Vollinternat vermindert sich der Freibetrag von 262 Euro pro Tag des Internatsaufenthaltes um je ein Dreißigstel (§ 5 Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF). Der monatliche (allenfalls auf Grund der Internatsunterbringung reduzierte) Freibetrag von 262 Euro gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, ist für jene Kalendermonate zu kürzen, für die Pflegegeld bezogen wird. Für jene Monate im Kalenderjahr, für die kein Pflegegeld bezogen wird, steht der Freibetrag ungekürzt zu.

Zur Absetzbarkeit von Aufwendungen für die Kinderbetreuung gemäß § 34 Abs. 9 EStG 1988 siehe Rz 884e. Zur Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen, die nachweislich und unmittelbar behinderungsbedingte Mehraufwendungen des Kindes abgelten, siehe Rz 856.

Siehe auch Beispiel Rz 10857.

858Neben dem Freibetrag von 262 Euro bzw. bei Bezug höheren Pflegegeldes ohne Berücksichtigung des Freibetrages sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen:

  • Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (siehe Rz 850),

  • Kosten der Heilbehandlung (siehe Rz 851) sowie

  • das Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte.

Gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, sind Mehraufwendungen gemäß §§ 2, 3, 4 und 5 Abs. 3 dieser Verordnung nicht um eine pflegebedingte Geldleistung oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen (betreffend Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte siehe VwGH 02.02.2010, 2009/15/0026).

Mehraufwendungen für den Transport zwischen der Wohnung des behinderten Kindes und der Sonder- bzw. Pflegeschule oder der Behindertenwerkstätte, die wegen Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel anfallen, sind ebenfalls nicht um pflegebedingte Geldleistungen zu kürzen (VwGH 20.05.2010, 2007/15/0309). Etwaige Ersatzleistungen für diese Fahrten (zB Heimfahrtbeihilfe, Zuschüsse zum Behindertentransport etc.) sind jedoch in Abzug zu bringen.

Auf alle anderen mit der Behinderung zusammenhängenden Aufwendungen sind pflegebedingte Geldleistungen anzurechnen. Siehe auch Rz 864.

Beispiel 1:

Für ein Kind steht ganzjährig erhöhte Familienbeihilfe zu. Weiters bezieht es ganzjährig Pflegegeld für die Pflegestufe 4 in Höhe von 604,30 Euro monatlich (664,30 Euro abzüglich Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 7 Bundespflegegeldgesetz in Höhe von 60 Euro). Von Montag bis Freitag besucht es eine Behindertenwerkstätte in der Zeit von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Der Kostenbeitrag für die Behindertenwerkstätte beträgt monatlich 353 Euro (wird von den Eltern bezahlt). Zusätzlich ist ein jährlicher Förderbeitrag von 277 Euro zu leisten.

Ermittlung der außergewöhnlichen Belastung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Kosten für die Behindertenwerkstätte (353 Euro x 12)
4.236 Euro
zuzüglich jährlicher Förderbeitrag
277 Euro
____________
jährliche Aufwendungen für die Unterrichtserteilung somit
4.513 Euro


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Freibetrag gemäß § 5 Abs. 1 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 (262 Euro x 12)
3.144,00 Euro
abzüglich Pflegegeld (604,30 Euro x 12)
7.251,60 Euro
Zwischensumme
0 Euro
zuzüglich Aufwendungen für die Unterrichtserteilung
4.513,00 Euro
________________
außergewöhnliche Belastung somit
4.513,00 Euro

Beispiel 2:

Für ein Kind steht ganzjährig erhöhte Familienbeihilfe zu. Weiters bezieht es ganzjährig Pflegegeld für die Pflegestufe 4 in Höhe von 604,30 Euro monatlich (664,30 Euro abzüglich Anrechnung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 7 Bundespflegegeldgesetz in Höhe von 60 Euro). Das Kind ist ganzjährig in einem Internat mit Behindertenbetreuung untergebracht, wofür die Eltern monatlich 800 Euro für das Internat und 353 Euro an Schulgeld aufwenden.

Ermittlung der außergewöhnlichen Belastung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Internatskosten (pflegebedingte Kosten) 800 Euro x 12
9.600,00 Euro
abzüglich Pflegegeld (604,30 Euro x 12)
7.251,60 Euro
Zwischensumme
2.348,40 Euro
jährliche Aufwendungen für die Unterrichtserteilung 353 Euro x 12
4.236,00 Euro
außergewöhnliche Belastung somit
6.584,40 Euro

859Als Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte (§ 5 Abs. 3 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF) gelten auch Kostenbeiträge an das Land für den Besuch einer Behindertenschule oder einer Behindertenwerkstätte auf Grund (landes-)gesetzlicher Regelungen sowie Aufwendungen für Betreuungsstunden im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung im Kindergarten.

860Bei Unterbringung des Kindes in einem Vollinternat vermindert sich der (allenfalls um das Pflegegeld reduzierte) Freibetrag von 262 Euro monatlich pro Tag des (durchschnittlichen) Internatsaufenthaltes um je ein Dreißigstel (das sind 8,73 Euro pro Tag). In diesem Fall können aber die zusätzlich anfallenden Kosten für die Unterbringung als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

861Wird ein Teil des Pflegegeldes für ein behindertes Kind für die Wohnunterbringung in einem Internat oder innerhalb einer Wohngemeinschaft einbehalten und steht der restliche Teil des Pflegegeldes einem Elternteil für die teilweise Unterbringung und Pflege im Haushalt zu, sind auf Grund (landes-)gesetzlicher Vorschriften vom anderen (getrennt lebenden) Elternteil zu leistende Kostenbeiträge für die auswärtige Wohnungsunterbringung in voller Höhe als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

862Vor Berücksichtigung der Aufwendungen für die Unterrichtserteilung ist der pauschale Freibetrag gemäß § 5 Abs. 1 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, von 262 Euro monatlich pro Tag des (durchschnittlichen) Internatsaufenthaltes um je ein Dreißigstel gemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, zu kürzen, wenn eine Unterbringung in einem Vollinternat erfolgt. Der um eine pflegebedingte Geldleistung und gegebenenfalls bei Aufenthalt in einem Vollinternat gemäß § 5 Abs. 2 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idgF, gekürzte Freibetrag von 262 Euro monatlich ist um ein Zwölftel der jährlichen Kosten der Unterrichtserteilung zu erhöhen.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zusatzinformationen
Gültig ab:
13.12.2018
Betroffene Normen:
§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Stammfassung:
07 2501/4-IV/7/01

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
KAAAA-76457