Richtlinie des BMF vom 01.07.2021, 2021-0.410.665
B. Normverbrauchsabgabe (NoVAG 1991)
B.5. Bemessungsgrundlage ( § 5 NoVAG 1991)

B.5.3. Gemeiner Wert

B.5.3.1. Allgemeines

806Haller, Normverbrauchsabgabegesetz (2021) § 5In allen Fällen, in denen die Steuerschuld nicht auf Grund einer inländischen Lieferung oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs entsteht (z.B. Eigenimport, Änderung der Verhältnisse durch Nutzungsänderung, Eigenverbrauch), ist die Bemessungsgrundlage der gemeine Wert ohne Umsatzsteuer- und Normverbrauchsabgabekomponente. Der gemeine Wert ist nach § 10 BewG 1955 zu ermitteln und wird demnach durch den Einzelveräußerungspreis im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld bestimmt. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des VwGH handelt es sich beim gemeinen Wert um eine fiktive Größe, welche nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen ist, wobei es diesbezüglich auf die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr angewandten Handelspreise (Listenpreise) ankommt (vgl. VwGH 15.03.2001, 98/16/0205; VwGH 04.11.1994, 94/16/0156).

B.5.3.2. Fahrzeugimport aus dem EU-Raum

807Bei Import eines Kraftfahrzeuges aus dem übrigen Unionsgebiet ist der gemeine Wert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, wenn ein Gebrauchtfahrzeug durch einen inländischen Nichtunternehmer aus dem EU-Raum erworben wird oder ein Neu- oder Gebrauchtfahrzeug ohne unmittelbar vorangegangenen Erwerbsvorgang (z.B. bei Übersiedlung) nach Österreich eingebracht wird. In Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs wird die Normverbrauchsabgabe dagegen vom Entgelt im Sinne des § 4 UStG 1994 bemessen (siehe Rz 801).

808Haller, Normverbrauchsabgabegesetz (2021) § 5Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Art. 90 EG (nunmehr Art. 110 AEUV) dahin auszulegen, dass er einer Verbrauchsabgabe wie der Normverbrauchsabgabe-Grundabgabe nicht entgegensteht, soweit deren Beträge den tatsächlichen Wertverlust der von einer Privatperson eingeführten gebrauchten Kraftfahrzeuge genau widerspiegeln und die Erreichung des Zieles ermöglichen, derartige Kraftfahrzeuge so zu besteuern, dass auf keinen Fall der Betrag der Restabgabe überschritten wird, der im Wert gleichartiger, im Inland bereits zugelassener Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist (EuGH 29.04.2004, Rs C-387/01, Weigel und Weigel).

Nach dem zitierten Urteil des EuGH obliegt es dem nationalen Gericht, zu prüfen, ob die Methode, bei der der gemeine Wert zugrunde gelegt wird, diesen gemeinschaftsrechtlichen Erfordernissen entspricht. Der VwGH hat die nach der Verwaltungspraxis unter Heranziehung des Mittelwertes der Eurotax-Notierungen ermittelten Bemessungsgrundlagen der Normverbrauchs-Grundabgabe als gemeinschaftsrechtlich zulässig erachtet (VwGH 25.05.2004, 2004/15/0061).

809Haller, Normverbrauchsabgabegesetz (2021) § 5BFG 25.11.2022 - RV/5101569/2019Prinz, Personalverrechnung in der Praxis 2023, 34. Aufl. (2023)Zur Ermittlung des gemeinen Wertes für Gebrauchtfahrzeuge können somit die inländischen Eurotax-Notierungen herangezogen werden. Daneben können auch andere im Inland anerkannte Fahrzeugbewertungslisten, wie z.B. der Autopreisspiegel, herangezogen werden. Als gemeiner Wert gilt dabei der Mittelwert zwischen dem Händler-Einkaufspreis und dem Händler-Verkaufspreis (jeweils ohne Umsatzsteuer- und Normverbrauchsabgabekomponente). Dieser Mittelwert entspricht in der Regel jenem Preis, der bei einer Veräußerung des importierten Kraftfahrzeuges an einen privaten inländischen Abnehmer (= Einzelveräußerungspreis im Sinne des § 10 BewG 1955) zu erzielen ist.

Dem Abgabepflichtigen steht es jedoch frei, den Grund für eine Abweichung bzw. das Vorliegen eines geringeren gemeinen Wertes konkret nachzuweisen. Als Nachweis des gemeinen Wertes für Gebrauchtfahrzeuge können daher unter anderem auch fundierte Gutachten von dazu befugten, allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen vorgelegt werden. Gelingt dieser Nachweis nicht, bleibt es beim Fahrzeugbewertungslisten-Mittelwert als gemeinem Wert (NoVA-Bemessungsgrundlage).

Beispiel:

Im Rahmen der Übersiedlung im September 2021 verbringt ein deutscher Staatsbürger als Übersiedlungsgut einen Personenkraftwagen (Erstzulassung in Deutschland: Dezember 2020, NoVA: 10%, CO2-Emissionswert: 165 g/km, Abzugsposten § 6 Abs. 3 NoVAG 1991: 350 Euro) nach Österreich und beantragt die inländische Zulassung zum Verkehr. Da es sich um ein Kraftfahrzeug handelt, welches unmittelbar aus dem übrigen Unionsgebiet in das Inland gebracht wurde und im übrigen Unionsgebiet zugelassen war, ist die Steuer nach jener Rechtslage zu bemessen, die im Zeitpunkt der erstmaligen Zulassung des Kraftfahrzeuges im übrigen Unionsgebiet im Inland anzuwenden gewesen wäre. Dabei ist für die Bonus-Malus-Berechnung und den Abzugsbetrag die Wertentwicklung des Fahrzeuges zu berücksichtigen (siehe Rz 930 ff) Da neben dem gemeinen Wert kein Neuwagenwert vorliegt, ist die Wertentwicklung über eine Achtelung zu berücksichtigen.


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Fahrzeugbewertungsliste-Händlereinkauf
22.000,00 Euro
Fahrzeugbewertungsliste-Händlerverkauf
26.000,00 Euro
(dividiert durch 2)
48.000,00 Euro
Mittelwert inkl. USt und NoVA
24.000,00 Euro


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Mittelwert inkl. USt und NoVA
24.000,00 Euro
plus Abzugsposten
+ 350,00 Euro*
plus Bonus
+ 0,00 Euro
minus Malus
- 0,00 Euro
Zwischensumme inkl. USt und NoVA
24.350,00 Euro

* Abzugsposten: Je vollem abgelaufenen Jahr wird der anzusetzende Abzugsposten um ein Achtel reduziert. Da seit Dezember 2020 nicht mehr als ein Jahr vergangen ist (Zulassung in Österreich im September 2021), wird der gesamte Abzugsposten berücksichtigt.

Berechnung Steuersatz:


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Zwischensumme inkl. USt und NoVA
24.350,00 Euro
Mittelwert ohne USt und NoVA (24.350/1,30*)
18.730,77Euro
Davon 10% NoVA (abzüglich € 350)
1.523,07Euro
Davon 20% Umsatzsteuer
3.746,15 Euro

* (1,30 ergibt sich aus 20% Umsatzsteuer und 10% Normverbrauchsabgabe)

Als Normverbrauchsabgabe-Bemessungsgrundlage ist der Betrag von 18.730,77 Euro heranzuziehen. Beantragt der Abgabepflichtige eine geringere Bemessungsgrundlage, muss er den geringeren gemeinen Wert nachweisen (z.B. Vorliegen eines wesentlichen Karosserieschadens).

810Haller, Normverbrauchsabgabegesetz (2021) § 5Wird das Gebrauchtfahrzeug durch einen Nichtunternehmer im EU-Raum käuflich erworben (beim Erwerb von Neufahrzeugen sowie bei Erwerb von Gebrauchtfahrzeugen durch einen Unternehmer handelt es sich um einen innergemeinschaftlichen Erwerb (siehe Rz 411 ff)), kann grundsätzlich der Kaufpreis als gemeiner Wert herangezogen werden. Die Heranziehung dieser Größe ist gerechtfertigt, da anzunehmen ist, dass bei der Kaufpreisfindung die wertvermindernden als auch werterhöhenden Komponenten berücksichtigt wurden, der bezahlte Kaufpreis somit grundsätzlich jenem Wert entspricht, welcher "nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes" bei einer Veräußerung zu erzielen wäre ( § 10 BewG 1955). Der Vergleich mit den inländischen Fahrzeugbewertungslisten-Notierungen (z.B. Eurotax- oder Autopreisspiegel-Mittelwert) ist auf Nettobasis vorzunehmen, da (auch) bei einer inländischen Lieferung das (Netto-)Entgelt im Sinne des UStG 1994 Normverbrauchsabgabe-Bemessungsgrundlage ist. Soweit im Kaufpreis eine ausländische Umsatzsteuerkomponente enthalten ist, kann diese daher ausgeschieden werden. Dies wird dann der Fall sein, wenn das Kraftfahrzeug von einer Privatperson erworben wurde. Ist der Verkäufer ein Unternehmer, muss dieser Umstand aus der Rechnung ersichtlich sein (gesonderter Ausweis der ausländischen Umsatzsteuer bzw. Hinweis auf die Differenzbesteuerung). Liegt der Kaufpreis allerdings unter dem Fahrzeugbewertungslisten-Mittelwert (ohne Umsatzsteuer- und Normverbrauchsabgabekomponente), bildet der Fahrzeugbewertungslisten-Mittelwert als gemeiner Wert die Normverbrauchsabgabe-Bemessungsgrundlage. Dem Abgabepflichtigen steht es jedoch in diesen Fällen frei, den Grund für eine Abweichung bzw. das Vorliegen eines geringeren gemeinen Wertes konkret nachzuweisen, sodass der niedrigere Kaufpreis als Bemessungsgrundlage herangezogen werden kann. (Bei einem Erwerb bei einem befugten Fahrzeughändler im übrigen Unionsgebiet siehe Rz 812.)

Beispiel:

Eine inländische Privatperson kauft im Oktober 2021 in Deutschland einen Gebrauchtwagen, (Erstzulassung in der EU: April 2017, NoVA-Satz: 10%, CO2-Emissionswert: 140 g/km (kein CO2-Malus), Abzugsposten § 6 Abs. 3 NoVAG 1991: 300 Euro)

a) bei einem Unternehmer um 30.940 Euro (in der Rechnung werden 26.000 Euro zzgl. 4.940 Euro dUSt (19%) ausgewiesen)

b) bei einer Privatperson um 28.560 Euro (kein gesonderter Ausweis der dUSt im Kaufvertrag)

Nach Überstellung nach Österreich wird das Kraftfahrzeug im November 2021 zum Verkehr im Inland zugelassen.


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Fahrzeugbewertungsliste-Händlereinkauf
31.000,00 Euro
Fahrzeugbewertungsliste-Händlerverkauf
35.000,00 Euro
(dividiert durch 2)
66.000,00 Euro
Mittelpreis inkl. USt und NoVA
33.000,00 Euro


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Mittelwert inkl. USt und NoVA
33.000,00 Euro
plus Abzugsposten
+ 150,00 Euro*
plus Bonus
+ 0,00 Euro
minus Malus
- 0,00 Euro
Zwischensumme inkl. USt und NoVA
33.150,00 Euro

* Abzugsposten: Je vollem abgelaufenen Jahr wird der anzusetzende Abzugsposten um ein Achtel reduziert. Da seit April 2017 mehr als vier ganze Jahre vergangen ist (Zulassung in Österreich im November 2021), werden nur vier Achtel des Abzugspostens berücksichtigt. (300 Euro dividiert durch 8 mal 4).

Berechnung Steuersatz:


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Zwischensumme inkl. USt und NoVA
33.150,00 Euro
Mittelwert ohne USt und NoVA (33.150/1,30*)
25.500,00 Euro
Davon 10% NoVA (abzüglich € 150)
2.400,00 Euro
Davon 20% Umsatzsteuer
5.100,00 Euro

* (1,30 ergibt sich aus 20% Umsatzsteuer und 10% Normverbrauchsabgabe)

Grundsätzlich ist in beiden Fällen der ausländische Kaufpreis (ohne Umsatzsteuerkomponente) als gemeiner Wert und damit als Bemessungsgrundlage für die Normverbrauchsabgabe heranzuziehen. Im Fall a) gelangt somit der Netto-Kaufpreis (26.000 Euro) für die Normverbrauchsabgabe-Bemessung zum Ansatz. Da jedoch im Fall b) der Netto-Kaufpreis von 24.000 Euro (28.560 minus 4.560 (19% dUSt) = 24.000) unter dem Fahrzeugbewertungslisten-Mittelwert (z.B. Eurotax oder Autopreisspiegel) von 25.500 Euro (ohne Umsatzsteuer- und Normverbrauchsabgabekomponente) liegt, ist letzterer als Normverbrauchsabgabe-Bemessungsgrundlage anzusetzen. Dem Abgabepflichtigen steht es in beiden Fällen frei, einen geringeren gemeinen Wert nachzuweisen.

811Zur Bemessung der Normverbrauchsabgabe im Fall der Differenzbesteuerung - siehe näher Rz 812 sowie Rz 1021 bis 1023.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
01.07.2021
Betroffene Normen:
§ 10 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 110 AEUV, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 47
§ 6 Abs. 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Stammfassung:
2021-0.410.665

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
WAAAA-76453