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Richtlinie des BMF vom 19.06.2024, 2024-0.450.492
A. Definitionen und übergreifende Themen
A.3. Steuerübergreifende Befreiungen von Kraftfahrzeugen
A.3.6. Menschen mit Behinderungen
A.3.6.3. Motorbezogene Versicherungssteuer

A.3.6.3.3. Verfahren - Rechtslage seit

290Das Ansuchen um Befreiung ist direkt in einer örtlich zuständigen Zulassungsstelle gemäß § 40a KFG 1967 und nicht beim Finanzamt zu stellen. Das Ansuchen um Befreiung ist eine unbedingt notwendige materiell-rechtliche Voraussetzung, um die Befreiung in Anspruch nehmen zu können. Es kann in den Antrag auf Zulassung integriert sein oder gesondert gestellt werden. Erfolgt das Ansuchen um Befreiung in Verbindung mit dem Antrag auf Zulassung und gehen die gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 ANB-V, BGBl. II Nr. 270/2018, erforderlichen personen- und kraftfahrzeugbezogenen Daten aus dem Zulassungsantrag hervor, müssen diese Daten nicht neuerlich beim Befreiungsansuchen erfasst werden.

291Die Zulassungsstelle prüft das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen. Der Nachweis der Behinderung erfolgt ausschließlich durch den Abgleich mit der Zulassungsevidenz. Die Nachweisdokumente wurden im Rahmen der Initialbefüllung gemäß § 2 ANB-V, BGBl. II Nr. 270/2018, erfasst und werden laufend aktualisiert und ergänzt. Die Vorlage eines Nachweisdokumentes in der Zulassungsstelle ist nicht vorgesehen und kann den Nachweis der Behinderung durch Abgleich der Zulassungsevidenz nicht ersetzen. Die Daten in der Zulassungsevidenz dürfen gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 lit. b VersStG 1953 ausschließlich für Zwecke des Vollzugs der Befreiung verwendet werden. Zudem ist in der Zulassungsevidenz der Grund für die Ausstellung des Nachweisdokumentes nicht vermerkt, wodurch der Datenschutz der Menschen mit Behinderung gestärkt werden soll.

292Wurde im Zeitpunkt der Stellung eines Befreiungsansuchens bereits ein Nachweisdokument beantragt, jedoch noch nicht durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) zur Verfügung gestellt, kann der Nachweis längstens innerhalb von zwei Jahren ab der Stellung des Ansuchens um Befreiung in der Zulassungsstelle erfolgen und die Befreiung rückwirkend gewährt werden. Wurde das Ansuchen gestellt, wird dieses vorgemerkt und automationsunterstützt geprüft, ob ein Nachweisdokument nachträglich beigebracht wird. Frühestmöglicher Zeitpunkt der nachträglichen Zuerkennung ist der Gültigkeitsbeginn des Nachweisdokumentes bzw. der Zeitpunkt, in dem das Ansuchen gestellt wird (siehe Rz 290 sowie Rz 293).

Beispiel:

Am stellt eine Person mit Behinderung einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40 ff BBG mit der Eintragung der Unzumutbarkeit der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Am wird der Behindertenpass durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), mit einem Ausstellungsdatum und einem Gültigkeitsdatum ab , zur Verfügung gestellt. Am stellte die Person mit Behinderung in einer örtlich zuständigen Zulassungsstelle auch das Ansuchen um Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer. Das betroffene Kraftfahrzeug ist bereits seit auf die Person zugelassen.

Da im Zeitpunkt der Stellung eines Befreiungsansuchens in einer örtlich zuständigen Zulassungsstelle bereits ein Nachweisdokument beantragt wurde, jedoch noch nicht durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) zur Verfügung gestellt wurde, kann die Befreiung rückwirkend gewährt werden. Die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer steht daher in diesem Fall ab zu.

293Da das Ansuchen um Befreiung in der Zulassungsstelle materiell-rechtliche Voraussetzung der Steuerbefreiung ist, kann die Befreiung nicht nachträglich für vor diesem Zeitpunkt (Ansuchen um Befreiung) liegende Zeiträume in Anspruch genommen werden.

Beispiel:

Am stellt eine Person mit Behinderung einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40 ff BBG mit der Eintragung der Unzumutbarkeit der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel. Am wird der Behindertenpass durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), mit einem Ausstellungsdatum und einem Gültigkeitsdatum ab , zur Verfügung gestellt. Am stellt die Person mit Behinderung in einer örtlich zuständigen Zulassungsstelle das Ansuchen um Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer. Das betroffene Kraftfahrzeug ist bereits seit auf die Person zugelassen.

Da das Ansuchen um Befreiung in einer örtlich zuständigen Zulassungsstelle materiell-rechtliche Voraussetzung der Befreiung ist, kann die Befreiung, obwohl der Behindertenpass gemäß §§ 40 ff BBG schon ab gültig ist, erst ab dem in Anspruch genommen werden.

294Im Ansuchen muss erklärt werden, dass das Kraftfahrzeug vorwiegend (daher zu mehr als 80%) zur persönlichen Fortbewegung des Menschen mit Behinderung und für Fahrten, die Zwecken des Menschen mit Behinderung und seiner Haushaltsführung dienen, verwendet wird.

295Die Zulassungsstelle hat zudem zu prüfen, ob das Kraftfahrzeug ausschließlich auf den Menschen mit Behinderung oder seit auf eine Zulassungsbesitzgemeinschaft mit gemeinsamem Haushalt zugelassen ist und ob die Steuerbefreiung schon für ein anderes Kraftfahrzeug in Anspruch genommen wird.

296Ergibt die Prüfung der Zulassungsstelle, dass eine Befreiungsvoraussetzung nicht vorliegt, hat sie darüber eine Bescheinigung auszustellen. In diesen Fällen kann ein Antrag auf Feststellung des Vorliegens der Befreiungsvoraussetzungen an das Finanzamt Österreich gestellt werden. Das Finanzamt Österreich hat mittels Bescheid über den Antrag abzusprechen und bei Erfüllung der Befreiungsvoraussetzungen die bescheinigende Zulassungsstelle in Kenntnis zu setzen. In diesem Fall kann die Befreiung ab Stellung des Ansuchens gewährt werden.

A.3.6.3.3.1. Kraftfahrzeug-, Versicherungsnehmer- und Versichererwechsel

297Mit dem Ansuchen wird von einem Menschen mit Behinderung für ein bestimmtes Kraftfahrzeug die Befreiung in Anspruch genommen und bezieht sich auf ein konkretes Zulassungsverhältnis. Für jedes neue Zulassungsverhältnis, oder auch bei Beendigung eines bisher befreiten Zulassungsverhältnisses und neuer Anmeldung, muss ein neues Ansuchen gestellt werden, unabhängig davon, ob das Kraftfahrzeug oder der Kreis der Zulassungsbesitzer geändert wird. Dies gilt beispielsweise auch dann, wenn bei einem bestehenden Zulassungsverhältnis ein neues Kraftfahrzeug unter einem Wechselkennzeichen hinzugemeldet wird. In diesem Fall reicht es allerdings aus, das Ansuchen nur für das neue Kraftfahrzeug zu stellen. Sofern beim Wechsel des Versicherers kein neues Zulassungsverhältnis begründet wird, muss kein neuerliches Ansuchen gestellt werden. Die Versicherer werden automationsunterstützt von der Befreiung in Kenntnis gesetzt.

298Läuft ein befristetes Nachweisdokument ab, endet mit dem Ablauf dieses Tages die Befreiung. Die Gültigkeit des Nachweisdokumentes kann ausschließlich durch die zuständige Behörde (Sozialministeriumservice) verlängert werden. Wird das Nachweisdokument vor Ablauf der Gültigkeit durch die zuständige Behörde verlängert, müssen keine weiteren Schritte unternommen werden, da die Verlängerung automatisch in die Zulassungsevidenz übernommen wird. Wird die Verlängerung erst nach Ablauf zuerkannt, gilt je nach Zeitpunkt eine andere Vorgehensweise (siehe Rz 299 und Rz 300).

299Seit dem wird mit Ablauf der Gültigkeit des Nachweisdokumentes automationsunterstützt ein neues Ansuchen auf Befreiung in der Zulassungsevidenz gestellt. Dieses bleibt für zwei Jahre aufrecht. Wird nachträglich ein Nachweisdokument rückwirkend zuerkannt, gilt die Befreiung ab diesem Zeitpunkt wieder. Dies gilt aber nur, solange das Zulassungsverhältnis nicht geändert wird (siehe Rz 297).

Beispiel:

Aufgrund eines befristet ausgestellten Behindertenpasses mit der Eintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nimmt A die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer in Anspruch. Der Behindertenpass ist mit befristet.

Am beantragt A die Verlängerung des Behindertenpasses. Der Antrag wird am positiv erledigt und es wird der Behindertenpass rückwirkend mit Gültigkeit ab verlängert.

Da der befristete Behindertenpass nicht bereits vor Ablauf der Gültigkeit verlängert wurde, endet mit Ablauf des die Befreiung. Für Zeiträume ab dem hat der Versicherer daher die motorbezogene Versicherungssteuer vorzuschreiben.

Da allerdings nachträglich das Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen für diesen Zeitraum festgestellt wurde, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer rückwirkend in Anspruch zu nehmen. Hierfür müsste A jedoch gemäß § 4 Abs. 3 Z 9 lit. b VersStG 1953 mit Auslaufen der Befreiung am ein neuerliches Ansuchen um Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer beim Versicherer stellen (siehe Rz 300). Dieses Ansuchen um Befreiung wird nunmehr mit Ablauf der Gültigkeit des Behindertenpasses automationsunterstützt in der Zulassungsevidenz gestellt, womit A keine dahingehenden Schritte unternehmen muss.

Sobald die rückwirkende Verlängerung des Behindertenpasses erfolgt, wird auf dieses Ansuchen zurückgegriffen und die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer rückwirkend mit gewährt.

300Bis zum musste in jenen Fällen, in denen ein befristetes Nachweisdokument abgelaufen war, ohne dass im Zeitpunkt des Ablaufs eine Verlängerung in die Zulassungsevidenz eingemeldet wurde, ein neues Ansuchen gestellt werden. Die Befreiung und damit die Gültigkeit des ursprünglichen Ansuchens endete mit Ablauf des Nachweisdokumentes und durfte durch die Zulassungsevidenz nicht ohne Nachweis der Behinderung verlängert werden. Wurde kein neues Ansuchen gestellt, fehlte eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Befreiung. Wurde das Nachweisdokument nachträglich verlängert, konnte die Befreiung mit Datum des neuen Ansuchens gewährt werden.

A.3.6.3.3.2. Archivierung und Aufbewahrungsdauer

301Für sämtliche Unterlagen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Befreiung ist die Aufbewahrungsfrist des § 8 Abs. 4 Zulassungsstellenverordnung, BGBl. II Nr. 464/1998, maßgeblich.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
VersStG, Versicherungssteuergesetz 1953, BGBl. Nr. 133/1953
§ 40a KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 2 ANB-V, Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer und kostenlose digitale Vignette für Menschen mit Behinderung sowie automationsunterstützter Nachweis der Behinderung, BGBl. II Nr. 270/2018
§ 4 Abs. 3 Z 9 lit. b VersStG, Versicherungssteuergesetz 1953, BGBl. Nr. 133/1953
§ 40 BBG, Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990
§ 8 Abs. 4 ZustV, Zulassungsstellenverordnung, BGBl. II Nr. 464/1998
§ 4 Abs. 1 Z 2 ANB-V, Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer und kostenlose digitale Vignette für Menschen mit Behinderung sowie automationsunterstützter Nachweis der Behinderung, BGBl. II Nr. 270/2018
Schlagworte:
Normverbrauchsabgabe - NoVA - Kraftfahrzeugsteuer - motorbezogene Versicherungssteuer - Fahrzeuge - Kraftfahrzeuge - KFZ - Motorrad - Motorräder - Mopeds - Personenkraftwagen - PKW - Kombinationskraftwagen - Kombi - Lastkraftwagen - LKW - widerrechtliche Verwendung
Stammfassung:
2021-0.410.665

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
WAAAA-76453