Richtlinie des BMF vom 01.07.2021, 2021-0.410.665
A. Definitionen und übergreifende Themen
A.2. Widerrechtliche Verwendung von Kraftfahrzeugen im Inland

A.2.5. Person des Verwenders

54Als Verwender im Sinne des § 82 Abs. 8 KFG 1967 ist - unter Heranziehung des Halterbegriffs im Sinne des § 5 Abs. 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz - die Person zu verstehen, die das Kraftfahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Maßgebend ist, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Kraftfahrzeug auszuüben (VwGH 24.11.2011, 2009/16/0212; 27.01.2010, 2009/16/0107; OGH 18.10.2000, 9 Ob A 150/00z). Dabei kann als Verwender im Sinne dieser Bestimmungen nicht nur eine natürliche Person, die das Kraftfahrzeug lenkt, sondern auch eine juristische Person angesehen werden, die über das Kraftfahrzeug die Verfügungsgewalt gleich einem Halter im Sinne des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes ausübt (VwGH 27.01.2010, 2009/16/0107).

Ob der Person, die ein Kraftfahrzeug im Inland verwendet, der rechtmäßige Besitz an diesem Kraftfahrzeug zukommt, ist unerheblich (VwGH 27.01.2010, 2009/16/0107).

55Zur Beurteilung, wer als Verwender eines auf eine juristische Person zugelassenen Kraftfahrzeuges auftritt, ist zu klären, ob die Entscheidungen über den Einsatz (die Verfügung) des Kraftfahrzeuges die natürliche Person oder das Unternehmen trifft. Steht zum Beispiel dem Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung das Kraftfahrzeug nicht nur für dienstliche Zwecke, sondern auch für Privatfahrten uneingeschränkt zur Verfügung, ist er als Verwender anzusehen; der dauernde Standort des Kraftfahrzeuges wird daher am Hauptwohnsitz des Geschäftsführers vermutet (VwGH 24.11.2011, 2009/16/0212).

56Der Betrieb auf eigene Rechnung des Verwenders erfolgt, wenn er den Nutzen aus der Verwendung zieht und die Kosten trägt. Der Nutzen kann dabei in der Erlangung wirtschaftlicher oder ideeller Vorteile liegen. Für die Kostentragung ist vor allem auf die Unterbringung, Instandhaltung, Bedienung, Versicherung, Steuer etc. abzustellen (OGH 18.10.2000, 9 Ob A 150/00z).

Verfügungsmacht besitzt der Verwender des Kraftfahrzeuges dann, wenn er tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung (wie, wann, wo) über das Kraftfahrzeug auszuüben.

Wenn die Kriterien Nutzen, Kostentragung und Verfügungsmöglichkeit zur Feststellung des Verwenders des Kraftfahrzeuges in unterschiedlichem Ausmaß auf mehrere Personen zutreffen, ist den Kriterien des Nutzens und der Verfügungsmöglichkeit der Vorrang gegenüber der Kostentragung einzuräumen.

Beispiel 1:

Einer Person mit Hauptwohnsitz im Inland wird von einem ausländischen Bekannten ein auf diesen zum Verkehr zugelassener Personenkraftwagen mit ausländischem Kennzeichen zur Verfügung gestellt. Der Inländer benutzt diesen Personenkraftwagen vorwiegend im Inland.

Das Lenken von einem im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeug ist nach Maßgabe des § 82 Abs. 8 KFG 1967 erlaubt. Handelt es sich um eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland, ist diese Verwendung ohne inländische Zulassung nur einen Monat nach der erstmaligen Einbringung ins Inland zulässig. Eine danach erfolgte Verwendung des Kraftfahrzeuges erfüllt auf kraftfahrzeugsteuerrechtlichem Gebiet den Tatbestand der widerrechtlichen Verwendung gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992. Auch für die Normverbrauchsabgabe stellt dies eine widerrechtliche Verwendung dar, jedoch rückwirkend mit dem Tag der Einbringung des Kraftfahrzeuges ins Inland.

Beispiel 2:

Einer Person mit Hauptwohnsitz im Inland wird von einer ausländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Alleingesellschafter sie ist, ein Kraftfahrzeug, das auf die ausländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Verkehr zugelassen ist, mit ausländischem Kennzeichen zur Verfügung gestellt. Das Kraftfahrzeug wird überwiegend - unter anderem auch für Privatfahrten - im Inland verwendet.

Der Standort des Kraftfahrzeuges befindet sich im Inland, weil die Verfügungsmacht beim inländischen Alleingesellschafter der ausländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung liegt. Es ergeben sich die Folgen wie in Beispiel 1.

57Im Falle eines selbständigen (Handels-)Vertreters oder geschäftsführenden GmbH-Gesellschafters, der eine juristische Person vertritt, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass dieser selbst über das Fahrzeug verfügt, was zur Steuerpflicht nach § 1 Z 3 NoVAG 1991 führt.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
01.07.2021
Betroffene Normen:
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 5 Abs. 1 EKHG, Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, BGBl. Nr. 48/1959
§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
Stammfassung:
2021-0.410.665

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
WAAAA-76453