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Richtlinie des BMF vom 19.06.2024, 2024-0.450.492
A. Definitionen und übergreifende Themen
A.2. Widerrechtliche Verwendung von Kraftfahrzeugen im Inland
A.2.3. Verwendung von im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen

A.2.3.4. Person des Verwenders

46Als Verwender im Sinne des § 82 Abs. 8 KFG 1967 ist - unter Heranziehung des Halterbegriffs im Sinne des § 5 Abs. 1 Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz - die Person zu verstehen, die das Kraftfahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch und die Verfügungsgewalt darüber hat. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen.

Maßgebend ist, dass der Halter tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung über das Kraftfahrzeug auszuüben (; ; 9 Ob A 150/00z). Dabei kann als Verwender im Sinne dieser Bestimmungen nicht nur eine natürliche Person, die das Kraftfahrzeug lenkt, sondern auch eine juristische Person angesehen werden, die über das Kraftfahrzeug die Verfügungsgewalt gleich einem Halter im Sinne des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes ausübt ().

Ob der Person, die ein Kraftfahrzeug im Inland verwendet, der rechtmäßige Besitz an diesem Kraftfahrzeug zukommt, ist unerheblich ().

47Der Betrieb auf eigene Rechnung des Verwenders erfolgt, wenn er den Nutzen aus der Verwendung zieht und die Kosten trägt. Der Nutzen kann dabei in der Erlangung wirtschaftlicher oder ideeller Vorteile liegen. Für die Kostentragung ist vor allem auf die Unterbringung, Instandhaltung, Bedienung, Versicherung, Steuer etc. abzustellen ( 9 Ob A 150/00z).

Verfügungsmacht besitzt der Verwender des Kraftfahrzeuges dann, wenn er tatsächlich in der Lage ist, die Verfügung (wie, wann, wo) über das Kraftfahrzeug auszuüben.

Wenn die Kriterien Nutzen, Kostentragung und Verfügungsmöglichkeit zur Feststellung des Verwenders des Kraftfahrzeuges in unterschiedlichem Ausmaß auf mehrere Personen zutreffen, ist den Kriterien des Nutzens und der Verfügungsmöglichkeit der Vorrang gegenüber der Kostentragung einzuräumen.

48Wird ein Kraftfahrzeug im Inland verwendet, welches im Ausland auf eine andere Person zugelassen ist (bspw. Verwandter oder Bekannter), ist die Person, die das Kraftfahrzeug im Inland verwendet, in der Regel der Verwender des Kraftfahrzeuges. Diese Person hat die Verfügungsmöglichkeit über das Kraftfahrzeug, zieht den Nutzen aus dessen Verwenden und trägt in der Regel zumindest teilweise die Kosten.

Beispiel:

Einer Person mit Hauptwohnsitz im Inland wird von einem ausländischen Bekannten ein auf diesen zum Verkehr zugelassener Personenkraftwagen mit ausländischem Kennzeichen längerfristig zur Verfügung gestellt. Der Inländer benutzt diesen Personenkraftwagen vorwiegend im Inland und trägt die laufenden Reparatur- und Tankkosten.

Der Inländer hat die Verfügungsmöglichkeit, den Nutzen und trägt zumindest einen Teil der Kosten, womit er als Verwender anzusehen ist.

Das Lenken von einem im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeug ist nach Maßgabe des § 82 Abs. 8 KFG 1967 erlaubt. Handelt es sich um eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland, ist diese Verwendung ohne inländische Zulassung nur einen Monat nach der erstmaligen Einbringung ins Inland zulässig. Eine danach erfolgte Verwendung des Kraftfahrzeuges erfüllt auf kraftfahrzeugsteuerrechtlichem Gebiet den Tatbestand der widerrechtlichen Verwendung gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992. Auch für die Normverbrauchsabgabe stellt dies eine widerrechtliche Verwendung dar, jedoch rückwirkend mit dem Tag der Einbringung des Kraftfahrzeuges ins Inland.

49Kraftfahrzeuge von Einzelunternehmern sind direkt der das Einzelunternehmen betreibenden natürlichen Person zuzurechnen. Im Falle der Verwendung eines im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeuges eines Einzelunternehmers mit Hauptwohnsitz in Österreich ist der Einzelunternehmer daher Verwender des Kraftfahrzeuges, womit ein dauernder Standort im Inland angenommen wird. Der Einzelunternehmer kann jedoch den Gegenbeweis erbringen (vgl. ; ) (siehe Rz 61).

50Im Falle einer Fahrzeugüberlassung seitens eines ausländischen Unternehmens an einen inländischen Dienstnehmer ist zur Beurteilung, wer als Verwender auftritt, zu klären, ob die Entscheidungen über den Einsatz (die Verfügung) des Kraftfahrzeuges die natürliche Person oder die juristische Person (das Unternehmen) trifft.

Es muss insbesondere unterschieden werden, ob eine Privatnutzung gestattet ist oder nicht.

Ist eine Privatnutzung nicht gestattet, wird das Kraftfahrzeug grundsätzlich dem ausländischen Unternehmen zugerechnet. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gelten als betriebliche Fahrten.

Ist eine Privatnutzung gestattet, wird das Kraftfahrzeug grundsätzlich dem Dienstnehmer zugerechnet. Es muss nachgewiesen werden, dass das ausländische Unternehmen als Verwender anzusehen ist. Der Nachweis ist erbracht, wenn dargelegt wird, dass die Tätigkeit dem ausländischen Unternehmen zweifelsfrei zuzurechnen ist und somit keine freie Verfügbarkeit über das Fahrzeug vorliegt. Die maßgeblichen Kriterien dafür sind zum Beispiel die Möglichkeit der Privatnutzung, die Vorgabe von Dienstreisen sowie die tatsächliche Durchführung von Service, Garagierung und Reparaturen und deren Kostentragung. Zum Nachweis werden in der Regel Vertragsauszüge und Rechnungen vorzulegen sein. Eine strikte prozentuelle Aufteilung zwischen Privatnutzung und Dienstnutzung ist grundsätzlich nicht entscheidend. Es ist vielmehr aus der Gesamtbetrachtung der Verhältnisse zu entscheiden, wer der Verwender des Kraftfahrzeuges ist.

Beispiel 1:

Ein ausländischer Dienstgeber stellt seinem inländischen Dienstnehmer zur Erfüllung seiner Dienstverrichtungen in Österreich einen Pkw mit ausländischem Kennzeichen als Dienstfahrzeug zur Verfügung, jedoch ist eine private Nutzung ausdrücklich gestattet beziehungsweise erfolgt die Privatnutzung trotz ausdrücklichen Ausschlusses von Seiten des Dienstgebers. Ein Fahrtenbuch wird nicht geführt, andere geeignete Beweismittel betreffend die Art und Weise der Verwendung fehlen.

Da der Verwender das Ausmaß der privaten bzw. beruflichen Verwendung nicht dokumentieren kann, ist eine Zurechnung der Verwendung des Kraftfahrzeuges zum Dienstgeber nicht möglich. Daher ist die Verwendung dem Dienstnehmer zuzurechnen. Für das Kraftfahrzeug gilt sohin die Standortvermutung in Österreich. Das Kraftfahrzeug ist in Österreich gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 anzumelden.

Beispiel 2:

Ein ausländischer Dienstgeber stellt seinem inländischen Dienstnehmer zur Erfüllung seiner Dienstverrichtungen in Österreich einen Pkw mit ausländischem Kennzeichen als Dienstfahrzeug zur Verfügung; eine private Nutzung ist ausgeschlossen.

Der dauernde Standort des Kraftfahrzeuges liegt im Ausland, weil die Verfügungsmacht über das Kraftfahrzeug beim Dienstgeber liegt und er den Nutzen aus der Verwendung zieht. Daher ist das Kraftfahrzeug in Österreich nicht anzumelden. Wird dieses Kraftfahrzeug allerdings ununterbrochen länger als ein Jahr im Inland verwendet, ergibt sich gemäß § 79 KFG 1967 die Pflicht zur Anmeldung in Österreich.

Im Falle einer Fahrzeugüberlassung seitens eines ausländischen Unternehmens an einen inländischen selbstständigen Handelsvertreter oder geschäftsführenden Gesellschafter, der eine juristische Person vertritt, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass dieser die Verfügungsmöglichkeiten über das Kraftfahrzeug innehat, womit er als Verwender anzusehen ist. Der selbständige Handelsvertreter oder geschäftsführende Gesellschafter kann jedoch den Gegenbeweis erbringen, dass der dauernde Standort des Kraftfahrzeuges im Ausland liegt (siehe Rz 62).

Beispiel 3:

Einer Person mit Hauptwohnsitz im Inland wird von einer ausländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gesellschafter-Geschäftsführer sie ist, ein Kraftfahrzeug, das auf die ausländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung zugelassen ist, mit ausländischem Kennzeichen zur Verfügung gestellt.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer kann gegenüber einem "echten" Dienstnehmer über das Kraftfahrzeug unbeschränkt verfügen. Da die Verfügungsmacht beim inländischen Gesellschafter-Geschäftsführer liegt, ist er als Verwender des Kraftfahrzeuges anzusehen. Für das Kraftfahrzeug gilt sohin die Standortvermutung in Österreich. Erbringt der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht den Gegenbeweis, ist das Kraftfahrzeug gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 in Österreich anzumelden.

A.2.3.5. Dauernder Standort - Standortvermutung

51Nach § 82 Abs. 8 KFG 1967 sind Kraftfahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Kraftfahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen.

Als dauernder Standort eines im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeuges gilt somit grundsätzlich bis zur Erbringung eines allfälligen Gegenbeweises:

  • der Hauptwohnsitz (siehe Rz 52) der natürlichen Person als Verwender.

  • bei Kraftfahrzeugen von Unternehmungen der Ort, von dem aus der Antragsteller über das Kraftfahrzeug hauptsächlich verfügt, der somit Ausgangspunkt der Dispositionen des Unternehmens über das Kraftfahrzeug ist. Im Zweifel ist dies der Unternehmenssitz (). Hat ein ausländisches Unternehmen eine Betriebsstätte im Inland, dann ist das Kraftfahrzeug grundsätzlich dieser zuzurechnen, was zur Steuerpflicht nach § 1 Z 3 NoVAG 1991 führt.

  • bei Kraftfahrzeugen von Einzelunternehmern der Hauptwohnsitz (siehe Rz 52) des Einzelunternehmers (siehe Rz 49).

52Der Begriff Hauptwohnsitz ist im Sinne des § 1 Abs. 7 Meldegesetz 1991 zu verstehen. Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensinteressen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
VersStG, Versicherungssteuergesetz 1953, BGBl. Nr. 133/1953
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 5 Abs. 1 EKHG, Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, BGBl. Nr. 48/1959
§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 1 Z 3 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 1 Abs. 7 MeldeG, Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992
Verweise:


9 Ob A 150/00z


KfzBStR 2021, Kraftfahrzeugbesteuerungsrichtlinien 2021 Rz 61
KfzBStR 2021, Kraftfahrzeugbesteuerungsrichtlinien 2021 Rz 62
Schlagworte:
Normverbrauchsabgabe - NoVA - Kraftfahrzeugsteuer - motorbezogene Versicherungssteuer - Fahrzeuge - Kraftfahrzeuge - KFZ - Motorrad - Motorräder - Mopeds - Personenkraftwagen - PKW - Kombinationskraftwagen - Kombi - Lastkraftwagen - LKW - widerrechtliche Verwendung
Stammfassung:
2021-0.410.665

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
WAAAA-76453