Richtlinie des BMF vom 19.06.2024, 2024-0.450.492
A. Definitionen und übergreifende Themen
A.2. Widerrechtliche Verwendung von Kraftfahrzeugen im Inland

A.2.3. Verwendung von im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen

A.2.3.1. Allgemeines

40Wie lange ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug (daher ein Kraftfahrzeug mit ausländischem Kennzeichen) ohne österreichische Zulassung verwendet werden darf, richtet sich danach, ob es über einen dauernden Standort im Inland oder im Ausland verfügt ().

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 regelt als lex specialis, dass Kraftfahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Kraftfahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen sind.

Entsprechend dieser Vermutung ist somit entscheidend, wer das im Ausland zugelassene Kraftfahrzeug im Inland verwendet:

Ist dies eine Person ohne Hauptwohnsitz (Sitz) im Inland, kommt § 79 KFG 1967 mit der Jahresregel zum Tragen (siehe Rz 41), ist es hingegen eine Person mit Hauptwohnsitz (Sitz) im Inland, kommt § 82 Abs. 8 KFG 1967 mit der Monatsregel zum Tragen (siehe Rz 42) ().

Bei der Prüfung wie lange ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug im Inland verwendet werden darf, gilt es somit folgende Punkte zu klären:

  1. Zunächst gilt es zu klären, wer der Verwender des Kraftfahrzeuges ist.

  2. Anschließend ist der dauernde Standort des Kraftfahrzeuges zu bestimmen. Maßgeblich ist der Hauptwohnsitz bzw. Sitz des Verwenders.

  3. Befindet sich der Hauptwohnsitz bzw. Sitz des Verwenders im Inland, besteht die widerlegbare Vermutung, dass der dauernde Standort im Inland liegt.

41Hat das Kraftfahrzeug keinen dauernden Standort im Bundesgebiet, ist das Lenken bis zu einer Höchstdauer von einem Jahr erlaubt ( § 79 KFG 1967).

Diese einjährige Frist wird durch jeden Austritt aus dem Bundesgebiet unterbrochen und beginnt bei jedem Eintritt in das Bundesgebiet neu zu laufen.

42Hat oder begründet ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug seinen dauernden Standort in Österreich, ist die Verwendung ohne inländische Zulassung nur während eines Monats nach der erstmaligen Einbringung ins Inland zulässig (siehe Rz 43 und Rz 44). Wenn glaubhaft gemacht wird, dass innerhalb dieses Monats die inländische Zulassung nicht vorgenommen werden konnte, darf das Kraftfahrzeug einen weiteren Monat verwendet werden. Zur Unterbrechung der Frist durch eine Verbringung des Kraftfahrzeuges in das Ausland siehe Rz 43 und Rz 44. Nach Ablauf dieser Frist fehlt dem Kraftfahrzeug die für die Verwendung auf inländischen Straßen mit öffentlichem Verkehr erforderliche Zulassung im Sinne des § 37 KFG 1967. Wird es trotzdem weiterverwendet, handelt es sich um ein nicht ordnungsgemäß zugelassenes Kraftfahrzeug, dessen Verwendung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland den Steuertatbestand der widerrechtlichen Verwendung gemäß § 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991 und § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992 erfüllt. Die Zulassungsverpflichtung und damit die Steuerpflicht dauern solange an, als der dauernde Standort eines Kraftfahrzeuges im Inland ist.

Beispiel:

Der Hauptwohnsitz von M befindet sich unstrittig seit 2018 in Österreich; er verwendet seit März 2018 ein in Deutschland auf ihn zugelassenes Kraftfahrzeug in Österreich. M ist bereits in Pension und verbringt mehrere Monate pro Jahr mit seinem Kraftfahrzeug in Frankreich oder Italien bei Verwandten. Der dauernde Standort des Kraftfahrzeuges wird dadurch nicht verändert, weshalb durchgehend seit März 2018 Normverbrauchsabgabepflicht und seit April 2018 Kraftfahrzeugsteuerpflicht (widerrechtliche Verwendung) besteht. Eine (auch längere) Verwendung des Kraftfahrzeuges im Ausland unterbricht die Steuerpflicht nicht.

A.2.3.2. Unterbrechung der Monatsfrist

43Rechtslage bis - Unterbrechung der Monatsfrist durch eine Verbringung:

Der VwGH hat entschieden, dass die Einbringung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen in das Bundesgebiet gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 132/2002 der Einbringung gemäß § 79 KFG 1967 entspricht, sodass die Monatsfrist bis zur erforderlichen inländischen Zulassung mit jeder Verbringung des Kraftfahrzeuges ins Ausland oder ins übrige Unionsgebiet neu zu laufen beginnt (). Diese Rechtsansicht wurde durch das Erkenntnis , bestätigt.

Mit BGBl. I Nr. 26/2014, kundgemacht im Bundesgesetzblatt am , wurde § 82 Abs. 8 KFG 1967 dahingehend geändert, dass die Frist von einem Monat durch eine vorübergehende Verbringung des Kraftfahrzeuges aus dem Bundesgebiet nicht unterbrochen wird.

Gemäß § 135 Abs. 27 KFG 1967 war diese klarstellende Gesetzesänderung rückwirkend mit in Kraft getreten. Der VfGH hat § 135 Abs. 27 KFG 1967 jedoch als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist ().

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 26/2014 ist somit schließlich erst am (mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt) in Kraft getreten. § 82 Abs. 8 KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 132/2002 (Verbringung ins Ausland unterbricht die Monatsfrist) war daher für Tatbestandsverwirklichungen bis einschließlich anzuwenden.

Erfolgte die erstmalige Einbringung des Kraftfahrzeuges vor dem , galt Folgendes:

Für die Beurteilung des dauernden Standortes war das Erkenntnis des , zu beachten, wonach die Einbringung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen in das Bundesgebiet gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 der Einbringung gemäß § 79 KFG 1967 entspricht, sodass die Monatsfrist bis zur erforderlichen inländischen Zulassung mit jeder Verbringung des Kraftfahrzeuges ins Ausland oder ins übrige Unionsgebiet neu zu laufen beginnt. Für Zeiträume vor dem ergab sich daher trotz dauerndem Standort im Inland keine Zulassungsverpflichtung, wenn (solange) die Monatsfrist des § 82 Abs. 8 KFG 1967 (idF bis ) ab dem Zeitpunkt der Einbringung von Kraftfahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen aufgrund einer (all)monatlichen Auslandsverbringung unterbrochen wurde. Wird vom Verwender eine Fristunterbrechung behauptet, trifft den Verwender die Beweislast dafür. Der Verwender hat zweifelsfrei nachzuweisen, dass das Kraftfahrzeug ins Ausland verbracht wurde (die Monatsfrist somit unterbrochen wurde). Wird sachverhaltsmäßig festgestellt, dass die Monatsfrist nicht durchgängig (in jedem Monat) unterbrochen wurde, ist ab dem erstmaligen Überschreiten der Monatsfrist von einer Zulassungsverpflichtung im Inland auszugehen.

Beispiel 1:

Einbringung und Verwendung eines Kraftfahrzeuges erfolgte am . Es erfolgte eine Ausbringung des Kraftfahrzeuges aus dem Inland (Außerlandesbringung) am (Unterbrechung der Monatsfrist). Am wird das Kraftfahrzeug erneut in das Inland eingebracht. Eine erneute Außerlandesbringung des Kraftfahrzeuges erfolgt erst am . Die Zulassungspflicht entstand mit , da die Monatsfrist zwischen 28. Februar und nicht neuerlich durch eine Außerlandesbringung des Kraftfahrzeuges unterbrochen wurde.

Beispiel 2:

Einbringung und Verwendung eines Kraftfahrzeuges erfolgte am . Es erfolgte keine Ausbringung des Kraftfahrzeuges aus dem Inland bis . Die Zulassungspflicht entstand mit , da die Monatsfrist gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 (idF bis ) nicht durch eine Außerlandesbringung des Kraftfahrzeuges innerhalb eines Monats unterbrochen wurde.

In diesem Fall hätte auch eine Außerlandesbringung des Kraftfahrzeuges ab die Monatsfrist nicht mehr unterbrochen und die Zulassungspflicht wäre jedenfalls mit entstanden (siehe Rz 44).

44Rechtslage ab - Keine Unterbrechung der Monatsfrist durch eine vorübergehende Verbringung:

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 in der durch BGBl. I Nr. 26/2014 geänderten Fassung ist seit zu beachten, wonach die Monatsfrist ex lege durch eine vorübergehende Verbringung des Kraftfahrzeuges aus dem Bundesgebiet nicht unterbrochen wird.

§ 82 Abs. 8 KFG 1967 idF BGBl. I Nr. 26/2014 - keine Unterbrechung der Monatsfrist - ist unabhängig vom Zeitpunkt der erstmaligen Einbringung in das Inland auf alle Fälle anzuwenden, in denen Kraftfahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen von Personen mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland nach dem im Bundesgebiet verwendet werden.

Beispiel:

Einbringung und Verwendung eines Kraftfahrzeuges am . Es erfolgte eine vorübergehende Ausbringung des Kraftfahrzeuges aus dem Inland am . Diese vorübergehende Ausbringung aus dem Inland nach dem unterbricht die Monatsfrist gemäß § 82 Abs. 8 KFG 1967 nicht mehr. Die Zulassungspflicht entstand daher mit .

A.2.3.3. Entstehung der Steuerschuld, Abgabenerklärung und Festsetzung

  • Normverbrauchsabgabe

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991 entsteht die Steuerschuld bei der Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, mit dem Zeitpunkt der Einbringung in das Inland. Die Normverbrauchsabgabe ist eine Selbstberechnungsabgabe im Sinne des § 201 BAO. Sie ist daher festzusetzen, wenn die Anmeldung nicht eingereicht worden ist oder, wenn sie sich als unvollständig oder unrichtig erweist. Die Normverbrauchsabgabe ist im Fall der widerrechtlichen Verwendung mit dem Monat der Einbringung des Kraftfahrzeuges nach Österreich oder mit der "Nicht-Unterbrechung" der Monatsfrist festzusetzen.

Beispiel 1 - Rechtslage bis :

- Einbringung des Kraftfahrzeuges am

- Außerlandesbringung am

- Erneute Einbringung am

- Außerlandesbringung am

- Erneute Einbringung am

- Außerlandesbringung am

Da zwischen und keine Außerlandesbringung des Kraftfahrzeuges erfolgte und damit die Monatsfrist nicht unterbrochen wurde, bestand eine Zulassungsverpflichtung mit . Die Steuerschuld entstand am .

Beispiel 2 - Rechtslage ab :

- Einbringung des Kraftfahrzeuges am

- Außerlandesbringung am

- Erneute Einbringung am

- Außerlandesbringung am

Da die Monatsfrist auch durch die vorübergehende Verbringung am nicht unterbrochen wird, bestand eine Zulassungsverpflichtung mit . Die Steuerschuld entstand am .

  • Kraftfahrzeugsteuer

Rechtslage bis :

Gemäß § 6 Abs. 3 KfzStG 1992 hat der Steuerschuldner die Steuer jeweils für ein Kalendervierteljahr selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf das Kalendervierteljahr zweitfolgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten. Der maßgebliche Selbstberechnungs- und Besteuerungszeitraum der Kraftfahrzeugsteuer ist das Kalendervierteljahr.

Gemäß § 6 Abs. 4 KfzStG 1992 hat der Steuerschuldner für jedes abgelaufene Kalenderjahr bis zum 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres dem Finanzamt eine Abgabenerklärung über die steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge abzugeben. Eine Festsetzung gemäß § 201 BAO kann daher erst nach dem 31. März des darauffolgenden Kalenderjahres erfolgen.

Rechtslage ab:

Mit BGBl. I Nr. 62/2018 wurde § 6 Abs. 3 KfzStG 1992 neu gefasst. Hierbei wurden die Bestimmungen für die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer bei widerrechtlicher Verwendung in Z 1 neu formuliert.

Bei widerrechtlicher Verwendung ( § 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992) hat der Steuerschuldner jeweils für einen Kalendermonat die Steuer selbst zu berechnen und bis zum 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonats an das Finanzamt zu entrichten. Wenn die Selbstberechnung unterlassen wird oder wenn sich die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen.

Somit hat die Festsetzung bei widerrechtlicher Verwendung nun auch unterjährig zu erfolgen und es muss nicht die allgemeine Frist für die Jahreserklärung der Kraftfahrzeugsteuer abgewartet werden.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
VersStG, Versicherungssteuergesetz 1953, BGBl. Nr. 133/1953
§ 79 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 37 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 1 Z 3 lit. b NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 1 Abs. 1 Z 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 135 Abs. 27 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967
§ 7 Abs. 1 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 6 Abs. 4 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
§ 6 Abs. 3 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992
Verweise:
Schlagworte:
Normverbrauchsabgabe - NoVA - Kraftfahrzeugsteuer - motorbezogene Versicherungssteuer - Fahrzeuge - Kraftfahrzeuge - KFZ - Motorrad - Motorräder - Mopeds - Personenkraftwagen - PKW - Kombinationskraftwagen - Kombi - Lastkraftwagen - LKW - widerrechtliche Verwendung
Stammfassung:
2021-0.410.665

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
WAAAA-76453