13.4 Voraussetzungen
600Für die Annahme einer verdeckten Ausschüttung ist das Vorliegen der objektiven und der subjektiven Voraussetzung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erforderlich. Änderungen, die sich nach Abschluss einer Vereinbarung zwischen Körperschaft und Anteilsinhaber ergeben, haben auf die Beurteilung, ob eine verdeckte Ausschüttung vorliegt, grundsätzlich keinen Einfluss.
13.4.1 Objektives Tatbild
601Das objektive Tatbild der verdeckten Ausschüttung setzt eine Vermögensminderung bei der Körperschaft voraus, die
durch erhöhte Aufwendungen der Körperschaft oder
durch das Fehlen von Erträgen der Körperschaft
verursacht sein kann.
602Die Belastung des Gewinnes kann ihre Grundlage
entweder auf der Ebene der gesellschaftsrechtlichen Rechtsbeziehung
oder auf der Ebene der rechtsgeschäftlichen Rechtsbeziehung haben.
In den ersten Bereich fallen Belastungen, für die keine andere Ursache als die Eigentümerstellung besteht, in den zweiten Bereich fallen solche, für die rechtsgeschäftliche Beziehungen tatsächlich oder formal bestehen. Auf die Beispiele in Rz 633 bis 647 wird hingewiesen.
603Das Einkommen von Körperschaften kann sich aus betrieblichen und aus außerbetrieblichen Einkünften zusammensetzen. Durch die Verwendung der Begriffe "verdeckte Ausschüttung" und "Entnahme" in § 8 Abs. 2 KStG 1988 wird klargestellt, dass verdeckte Ausschüttungen auch bei Körperschaften mit außerbetrieblichen Einkünften hinsichtlich der Gewinneinkünfte auftreten können. Keinesfalls darf aus dem Umstand, dass Vermögenszuwendungen an bestimmte Anteilseigner tatsächlich keine Besteuerung auslösen, auf das Nichtvorliegen einer verdeckten Ausschüttung auf Ebene der Körperschaft geschlossen werden.
604Zu den grundsätzlichen Fragen der verdeckten Ausschüttung gehören der Zweck und die Ausstattung der Körperschaft auf Grund ihrer Geschäftsgrundlage. Ist die Körperschaft laut ihrem Geschäftsgegenstand zum Ausüben einer wirtschaftlichen Tätigkeit berufen, ist davon auszugehen, dass sie als Gewerbetreibender auftritt und eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Die Körperschaft kann daher durch eigene Geschäftstätigkeit Überschüsse erwirtschaften und originär körperliche und unkörperliche Werte schaffen.
Die Anteilsinhaber haben daher weder auf das Einkommen noch auf die der Körperschaft gehörenden Werte einen unmittelbaren Anspruch oder ein unmittelbares Zugriffsrecht; eine gegenteilige Handlung stellt eine verdeckte Ausschüttung dar.
605Sind sowohl die Körperschaft als auch der Anteilsinhaber in der gleichen Branche tätig, wird zur Vermeidung von Zurechnungsproblemen eine eindeutige und klare Regelung darüber zu treffen sein, welche Geschäfte der Körperschaft zuzurechnen und welche Geschäfte höchstpersönliche Erfolge im Unternehmen des Anteilsinhabers sind (; , siehe auch Rz 644).
Das objektive Tatbild kann weder durch zivil- oder unternehmensrechtliche Regelungen noch durch gesellschaftsvertragliche Regelungen beseitigt oder verhindert werden, soweit nicht abgabenrechtliche Vorschriften (siehe § 11 KStG 1988) etwas anderes vorsehen.
606Eine bereits verwirklichte verdeckte Ausschüttung kann nach Ablauf des jeweiligen Wirtschaftsjahres nicht mit steuerlicher Wirkung rückgängig gemacht werden, es sei denn, die Körperschaft fordert diese noch vor dem Bilanzstichtag zurück und bilanziert eine Rückzahlungsforderung (vgl. ; , 96/15/0204, und ; siehe Rz 666 bis 675).
Darüber hinaus kann eine verdeckte Ausschüttung bis zum Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, wahlweise auch als Einlagenrückzahlung gemäß § 4 Abs. 12 EStG 1988 behandelt werden (vgl. ).
13.4.2 Subjektives Tatbild
13.4.2.1 Willensentscheidung
607Subjektive Voraussetzung für eine verdeckte Ausschüttung ist eine ausdrücklich auf Vorteilsgewährung gerichtete Willensentscheidung - das Wissen und Wollen - der Körperschaft, wobei sich die Absicht der Vorteilsgewährung auch schlüssig aus den Umständen des jeweiligen Falles ergeben kann. Sie liegt daher auch vor, wenn die Körperschaft von einem zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorteil Kenntnis erlangt und nichts unternimmt, um diesen rückgängig zu machen (, ; ; ; , 0149).
Dulden und Unterlassen wirksamer Gegenmaßnahmen kann dem aktiven Handeln der Gesellschaftsorgane aber nur dann gleichgehalten werden, wenn wirksame Gegenmaßnahmen tatsächlich zu Gebote stehen ().
Zur Verwirklichung einer verdeckten Ausschüttung bedarf es rechtlich eines der Körperschaft zuzurechnenden Verhaltens des vertretungsbefugten Organs, das für sie auftritt und entscheidet (; ; ).
Dieses Verhalten muss den Schluss ermöglichen, auch wenn dieses nur in einem Dulden oder Unterlassen besteht, dass die durch das Organ vertretene Körperschaft die Verminderung des Gesellschaftsvermögens durch den Anteilsinhaber akzeptiert hat (). Eine auf Vorteilszuwendung gerichtete Willensentscheidung der Körperschaft liegt auch dann vor, wenn der Zuwendung das Verlangen Dritter (zB Bank, Subventionsgeber) nach Erbringung von Gesellschafterbeiträgen zur Sanierung einer gesellschaftlich verbundenen Körperschaft zu Grunde liegt (, 0149). Unmaßgeblich ist hingegen, ob der Anteilsinhaber von der Vorteilszuwendung Kenntnis hat oder sie will.
Fehlt es bei der Verschaffung eines ungerechtfertigten Vorteils durch den vertretungsbefugten Anteilsinhaber an einer nach außen, einem Dritten gegenüber erkennbaren Handlung, ist eine direkte Zurechnung des entzogenen Gewinnes und damit die Verwirklichung einer verdeckten Ausschüttung erst im Falle des Verzichts auf Rückforderung möglich ().
13.4.2.2 Irrtum
608Zur subjektiven Tatseite gehört auch, dass eine irrtümlich zustande kommende, objektiv ungerechtfertigte Vorteilseinräumung die Annahme einer verdeckten Ausschüttung ausschließt, soweit es sich um einen Tatbestandsirrtum handelt.
Beispiel:
War eine Verzinsung der Verrechnungsforderung an den Anteilsinhaber vereinbart, kann eine glaubhaft irrtümlich unterbliebene Anlastung der vereinbarten Zinsen eine verdeckte Ausschüttung nicht bewirken ().
Ob ein erkannter Irrtum von der Körperschaft eine Berichtigungshandlung erfordert um eine aus dem Verzicht abzuleitende verdeckte Ausschüttung zu vermeiden, wird nach den Grundsätzen des Fremdvergleiches zu beurteilen sein.
Ein Rechtsirrtum betreffend die Beurteilung der steuerlichen Wirkungen einer Rechtsbeziehung ist dagegen steuerlich unbeachtlich und hebt das subjektive Tatbild nicht auf (vgl. , 85/14/0052).
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 11 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 4 Abs. 12 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 633 KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 647 KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 644 KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 666 KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 675 |
Schlagworte: | Körperschaftsteuer - Auslegungsbehelf - Interpretation |
Stammfassung: | BMF-010216/0009-VI/6/2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
QAAAA-76455