6. TEIL KAPITALERTRAGSTEUER
§ 95. Schuldner und Abzugsverpflichteter
(1) Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Empfänger der Kapitalerträge. Der Abzugsverpflichtete (Abs. 2) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. Wird Kapitalertragsteuer auf Grundlage von Meldungen gemäß § 186 Abs. 2 Z 2 des Investmentfondsgesetzes 2011 und gemäß § 40 Abs. 2 Z 1 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes einbehalten, haften für die Richtigkeit der gemeldeten Beträge der Rechtsträger des Investmentfonds und der steuerliche Vertreter zur ungeteilten Hand; in den Fällen des Abs. 2 Z 4 haften die Wertpapierfirma, der Zahlungsdienstleister, das E-Geldinstitut sowie ein allenfalls erforderlicher steuerlicher Vertreter zur ungeteilten Hand. Die Haftung ist vom Finanzamt für Großbetriebe geltend zu machen.
(2) Abzugsverpflichteter ist:
1. Bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital, einschließlich tatsächlich ausgeschütteter Erträge und als ausgeschüttet geltender Erträge aus einem § 186 oder § 188 des Investmentfondsgesetzes 2011 oder einem § 40 oder § 42 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes unterliegende Gebilde:
a) Der Schuldner der Kapitalerträge, wenn dieser Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder inländische Zweigstelle eines ausländischen Kreditinstituts ist und es sich um Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 1, § 27 Abs. 5 Z 7 oder Zinsen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten und aus sonstigen Geldforderungen gegenüber Kreditinstituten im Sinne des § 27a Abs. 1 Z 1 handelt.
b) die auszahlende Stelle in allen anderen Fällen. Auszahlende Stelle ist:
– das Kreditinstitut, das an den Kuponinhaber Kapitalerträge im Zeitpunkt der Fälligkeit und anteilige Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers auszahlt,
– der inländische Emittent, der an den Kuponinhaber solche Kapitalerträge auszahlt,
– die Zweigstelle eines Dienstleisters mit Sitz in einem Mitgliedstaat, der auf Grund der Richtlinie 2013/36/EU, ABl. Nr. L 176 vom S. 338, oder auf Grund der Richtlinie 2004/39/EG, ABl. Nr. L 145 vom S. 1, in der Fassung der Richtlinie 2010/78/EU, ABl. Nr. L 331 vom S. 120, zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen im Inland berechtigt ist,
– eine Wertpapierfirma im Sinne des § 3 WAG 2018, die an den Kuponinhaber solche Kapitalerträge auszahlt.
– Ein Dritter, der Kapitalerträge im Sinne des § 27 Abs. 5 Z 1 und 2 gewährt.
– Bei ausländischen Kapitalerträgen im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a bis c das Kreditinstitut oder die Wertpapierfirma, die die Kapitalerträge auszahlen.
2. Bei Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und bei Einkünften aus Derivaten, ausgenommen jenen der Z 4:
a) Die inländische depotführende Stelle.
b) Die inländische auszahlende Stelle, wenn keine inländische depotführende Stelle vorliegt, es sich bei der depotführenden Stelle um eine Betriebsstätte der auszahlenden Stelle oder ein konzernzugehöriges Unternehmen handelt und die auszahlende Stelle in Zusammenarbeit mit der depotführenden Stelle die Realisierung abwickelt und die Erlöse aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen, aus dem Differenzausgleich, aus der Veräußerung von Derivaten oder die Stillhalterprämie gutschreibt.
Als inländische depotführende oder auszahlende Stellen kommen in Betracht:
– Kreditinstitute im Sinne des Bankwesengesetzes (§ 1 BWG),
– Zweigstellen eines Kreditinstituts aus Mitgliedstaaten (§ 9 BWG),
– Zweigstellen eines Dienstleisters mit Sitz in einem Mitgliedstaat, der auf Grund der Richtlinie 2013/36/EU, ABl. Nr. L 176 vom S. 338, oder auf Grund der Richtlinie 2004/39/EG, ABl. Nr. L 145 vom S. 1, in der Fassung der Richtlinie 2010/78/EU, ABl. Nr. L 331 vom S. 120, zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Nebendienstleistungen im Inland berechtigt ist,
– eine Wertpapierfirma im Sinne des § 3 WAG 2018.
3. Bei Einkünften aus Kryptowährungen:
a) Bei laufenden Einkünften aus Kryptowährungen der inländische Schuldner der Kryptowährungen oder sonstigen Entgelte; wenn kein inländischer Schuldner vorliegt, der inländische Dienstleister (lit. b), der die Kryptowährungen oder sonstigen Entgelte gutschreibt.
b) Bei Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von Kryptowährungen der inländische Dienstleister.
Als inländische Dienstleister kommen in Betracht:
– Dienstleister mit Sitz, Wohnsitz oder Ort der Geschäftsleitung im Inland, welche Dienste zur Sicherung privater kryptografischer Schlüssel anbieten, um Kryptowährungen im Namen eines Kunden zu halten, zu speichern und zu übertragen (§ 2 Z 22 lit. a FM-GwG),
– Dienstleister mit Sitz, Wohnsitz oder Ort der Geschäftsleitung im Inland, die den Tausch von Kryptowährungen in gesetzlich anerkannte Zahlungsmittel und umgekehrt anbieten (§ 2 Z 22 lit. b FM-GwG),
– Die inländische Zweigstelle oder Betriebsstätte von ausländischen Dienstleistern im Sinne des § 2 Z 22 lit. a und b FM-GwG.
4. Bei Einkünften aus nicht verbrieften Derivaten:
a) Die inländische auszahlende Stelle gemäß Z 2 lit. b;
b) Eine Wertpapierfirma im Sinne des § 3 WAG 2018, die sich für den Einbehalt und die Abfuhr einer der Kapitalertragsteuer entsprechenden Steuer eines konzessionierten Zahlungsdienstleisters im Sinne des § 7 ZaDiG 2018, eines E-Geldinstitutes im Sinne des § 3 Abs. 2 E-Geldgesetz oder eines zum Abzug einer der Kapitalertragsteuer vergleichbaren Steuer sonst Berechtigten bedient.
Dies gilt auch im Falle einer/eines ausländischen mit einer inländischen vergleichbaren auszahlenden Stelle oder einer Wertpapierfirma bzw. eines Zahlungsdienstleisters, sofern mit deren Ansässigkeitsstaat umfassende Amtshilfe besteht und ein steuerlicher Vertreter bestellt ist. Als steuerlicher Vertreter kann nur ein inländischer Wirtschaftstreuhänder oder eine Person bestellt werden, die vergleichbare fachliche Qualifikationen dem zuständigen Finanzamt nachweist.
(3) Der Abzugsverpflichtete hat die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Kapitalerträge gelten für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer als zugeflossen:
1. Bei Kapitalerträgen, deren Ausschüttung von einer Körperschaft oder deren Zuwendung durch eine nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallende Privatstiftung beschlossen wird, an jenem Tag, der im Beschluss als Tag der Auszahlung bestimmt ist. Wird im Beschluss kein Tag der Auszahlung bestimmt, gilt der Tag nach der Beschlussfassung als Zeitpunkt des Zufließens.
2. Bei anderen Kapitalerträgen aus der Überlassung von Kapital
– nach Maßgabe des § 19, wenn es sich um Zinserträge aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten oder nicht unter Z 1 fallende sonstige Bezüge im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a handelt,
– im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge bei allen sonstigen Kapitalerträgen aus der Überlassung von Kapital.
Bei Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht beenden oder begründen (insbesondere digitale Befreiungserklärung oder deren Widerruf), oder bei Zustellung eines Bescheides im Sinne des § 94 Z 5 letzter Satz gelten der Zinsertrag, der auf den Zeitraum vom letzten Zufließen gemäß § 19 bis zur Meldung oder Zustellung entfällt, bzw. die anteiligen Kapitalerträge im Rahmen der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen als Stückzinsen als zugeflossen. Im Falle einer Depotentnahme oder eines Wegzugs im Sinne der Z 3 sind der Zinsertrag, der auf den Zeitraum vom letzten Zufließen gemäß § 19 bis zur Meldung oder Zustellung entfällt, bzw. die anteiligen Kapitalerträge im Rahmen der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen als Stückzinsen zu erfassen.
3. Bei Kapitalerträgen gemäß § 27 Abs. 3 bis 4a
– nach Maßgabe des § 19;
– im Falle der Einschränkung des Besteuerungsrechts im Sinne des § 27 Abs. 6 Z 1 im Zeitpunkt der Veräußerung, der Entnahme oder des sonstigen Ausscheidens aus dem Depot, jedoch höchstens im Ausmaß des Erlöses oder des gemeinen Wertes im Zeitpunkt der Entnahme oder des sonstigen Ausscheidens; bei Geldeinlagen bei Kreditinstituten und sonstigen Geldforderungen gegenüber Kreditinstituten im Sinne des § 27a Abs. 1 Z 1 jedoch nach Maßgabe des § 19. Der Abzugsverpflichtete kann die herauszugebenden Wirtschaftsgüter und Derivate im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 bis zum Ersatz der voraussichtlich anfallenden Kapitalertragsteuer durch den Schuldner zurückbehalten;
– im Falle der Entnahme aus dem Depot im Sinne des § 27 Abs. 6 Z 2 im Entnahmezeitpunkt.
(4) Dem Empfänger der Kapitalerträge ist die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn
1. der Abzugsverpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat und die Haftung nach Abs. 1 nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre oder
2. der Empfänger weiß, dass der Abzugsverpflichtete die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.
(5) Werden gutgeschriebene Kapitalerträge aus der Überlassung von Kapital nachträglich gekürzt, ist vom Abzugsverpflichteten die auf die nachträglich gekürzten Kapitalerträge entfallende Kapitalertragsteuer gutzuschreiben. Verluste aus der Einlösung von Wirtschaftsgütern im Sinne des § 27 Abs. 3 stellen keine nachträgliche Kürzung dar.
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.at - Gesamte Rechtsvorschrift (RIS)
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