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ASVG § 351c. Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex, BGBl. I Nr. 32/2022, gültig von 01.01.2024 bis 08.04.2022

Sechster Teil Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Dachverbandes) zu den Angehörigen der Gesundheitsberufe und anderen Vertragspartnerinnen und Vertragspartnern

Abschnitt V Erstattungskodex

§ 351c. Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex

(1) Das vertriebsberechtigte Unternehmen beantragt beim Dachverband die Aufnahme einer Arzneispezialität in den gelben oder den grünen Bereich des Erstattungskodex. Mit Einlangen des Antrages, mit dem zumindest die Zulassungsnummer und ein Preis bekannt gegeben wird und dem eine Bestätigung der Lieferfähigkeit und eine Bestätigung über die Dauer der Patentlaufzeit angeschlossen ist, wird die Arzneispezialität zeitlich befristet in den roten Bereich aufgenommen. Stellt der Dachverband innerhalb von 90 Tagen (wird auch über den Preis entschieden, innerhalb von 180 Tagen) nach Einlangen des Antrages fest, dass die Arzneispezialität nicht in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex aufzunehmen ist, so ist sie aus dem roten Bereich des Erstattungskodex zu streichen. Der Dachverband hat die Änderungen des Erstattungskodex monatlich im Internet kundzumachen.

(2) Der Dachverband hat eine Liste jener Arzneimittelkategorien zu erstellen, die im Allgemeinen nicht zur Krankenbehandlung im Sinne des § 133 Abs. 2 geeignet sind, da sie zB überwiegend

– zur Behandlung in Krankenanstalten,

– unter ständiger Beobachtung oder

– zur Prophylaxe

verwendbar sind. Diese Liste samt einer Begründung für die Anführung der Arzneimittelkategorien ist im Internet zu veröffentlichen.

(3) Zur Beurteilung eines Antrages nach Abs. 1, insbesondere inwieweit ein wesentlicher therapeutischer Nutzen für Patienten und Patientinnen oder eine wesentliche therapeutische Innovation vorliegt, sind vom Antragsteller pharmakologische, medizinisch-therapeutische und gesundheitsökonomische Unterlagen vorzulegen. Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist verpflichtet, bei der Antragstellung auf Aufnahme in den Erstattungskodex mitzuteilen, wann der Patentschutz der in der jeweiligen Arzneispezialität enthaltenen Wirkstoffe in Österreich endet. Die näheren Bestimmungen über das Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex und über den Umfang, die Qualität und den Zeitpunkt der Vorlage von Unterlagen, werden in der Verfahrensordnung (§ 351g) geregelt. Abs. 1 letzter Satz ist anzuwenden.

(4) Bei Arzneispezialitäten, die vornehmlich der Behandlung von Akutkrankheiten dienen, ist nur jene Packungsgröße aufzunehmen, deren Inhalt für die Behandlung des Regelfalles ausreicht. Bei Arzneispezialitäten, die der Behandlung von chronischen Krankheiten dienen, ist eine Packungsgröße zur Anbehandlung oder Erprobung (Kleinpackung) und eine zweite Packungsgröße für die medikamentöse Versorgung für die Dauer eines Monates aufzunehmen.

(5) Der Dachverband ist berechtigt, das Verfahren über die Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex von sich aus unter sinngemäßer Anwendung der Voraussetzungen und Prüfmaßstäbe nach Abs. 1 bis 4 und 7 bis 9 sowie nach § 30b Abs. 1 Z 4 einzuleiten. Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist davon zu verständigen.

(6) Die Preiskommission (§ 9 Abs. 3 des Preisgesetzes 1992, BGBl. Nr. 145/1992) ermittelt für Zwecke der Preisfestsetzung einer Arzneispezialität im Rahmen des roten und gelben Bereiches des Erstattungskodex aus den Preisen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter Berücksichtigung der in den jeweiligen Mitgliedstaaten gewährten gesetzlichen Rabatte den EU-Durchschnittspreis. Dieser Preis ist von der Preiskommission sechs Monate nach Antragstellung nach Abs. 1 auf Basis der Meldungen der vertriebsberechtigten Unternehmen unter Beiziehung der Gesundheit Österreich GmbH zu ermitteln. Nach der erstmaligen Preisfeststellung hat die Preiskommission nach 18 Monaten sowie nach weiteren 24 Monaten neuerlich einen EU-Durchschnittspreis festzustellen. Darüber hinaus kann die Preiskommission nach weiteren 18 Monaten neuerlich einen EU-Durchschnittspreis feststellen. Die Preiskommission hat den jeweils ermittelten Preis dem Dachverband mitzuteilen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen hat die Vorgehensweise der Preiskommission für die Preisermittlung im Internet zu veröffentlichen.

(7) Sonderbestimmungen für den roten Bereich (red box) des Erstattungskodex:

1. Der Preis der Arzneispezialität darf den EU Durchschnittspreis nicht überschreiten.

2. So lange ein EU-Durchschnittspreis nicht festgestellt wurde, ist vorläufig der vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldete Preis heranzuziehen. Wird durch die Preiskommission festgestellt, dass der vorläufige österreichische Erstattungspreis über dem ermittelten EU-Durchschnittspreis liegt, so hat das vertriebsberechtigte Unternehmen den Differenzbetrag innerhalb von sechs Monaten ab begründeter Aufforderung an die Sozialversicherungsträger zurückzuzahlen.

(8) Sonderbestimmungen für den gelben Bereich (yellow box) des Erstattungskodex: Eine Arzneispezialität kann in den gelben Bereich aufgenommen werden, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission (§ 351g) eine wesentliche therapeutische Innovation festgestellt hat.

(9) Sonderbestimmungen für den grünen Bereich (green box) des Erstattungskodex:

1. Eine Arzneispezialität wird dann in den grünen Bereich aufgenommen, wenn die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung eine gleiche oder ähnliche therapeutische Wirkung im Vergleich zu bereits im grünen Bereich vorhandenen Arzneispezialitäten festgestellt hat, und ein ausreichend großer Preisunterschied zu diesen Produkten vereinbart werden kann.

2. Wird für die beantragte Arzneispezialität ein höherer Preis, als der für die in diesem Bereich angeführten Vergleichspräparate geltende Preis angestrebt, so muss die Heilmittel-Evaluierungs-Kommission in ihrer Empfehlung einen therapeutischen Mehrwert im Vergleich zu Arzneispezialitäten im grünen Bereich feststellen.

(9a) Sonderbestimmungen für nicht im Erstattungskodex angeführte Arzneispezialitäten:

1. Der Preis der Arzneispezialität, sofern für diese in den vorangegangenen zwölf Monaten ein Umsatz über 750 000 € auf der Basis des Fabriksabgabepreises (maschinelle Heilmittelabrechnung) erzielt wurde, darf den EU-Durchschnittspreis nicht überschreiten. Bei der Umsatzermittlung sind die für Rechnung der Krankenversicherungsträger erzielten Umsätze aller Wirkstoffstärken und Packungsgrößen der Arzneispezialität, die nicht in den Erstattungskodex aufgenommen sind, zusammenzurechnen. Sobald diese Umsatzschwelle überschritten wurde, hat der Dachverband der Preiskommission diesen Umstand unverzüglich mitzuteilen. Innerhalb von acht Wochen nach dieser Mitteilung hat die Preiskommission einen EU-Durchschnittspreis festzustellen; Abs. 6 ist mit Ausnahme der im zweiten Satz genannten Frist anzuwenden.

2. So lange ein EU-Durchschnittspreis nicht festgestellt wurde, ist vorläufig der vom vertriebsberechtigten Unternehmen gemeldete Preis heranzuziehen. Wird durch die Preiskommission festgestellt, dass der vorläufige österreichische Erstattungspreis über dem ermittelten EU-Durchschnittspreis liegt, so hat das vertriebsberechtigte Unternehmen ab dem Zeitpunkt der Umsatzschwellenüberschreitung nach Z 1 den Differenzbetrag und zusätzlich einen Abschlag von 6,5% zum ermittelten EU-Durchschnittspreis innerhalb von sechs Monaten ab begründeter Aufforderung an die Sozialversicherungsträger zurückzuzahlen.

3. Die Z 1 und 2 gelten nicht für Arzneispezialitäten, die auf der vom Dachverband gemäß § 351c Abs. 2 erstellten Liste aufgeführt sind.

(10) (Anm. 1) Liegt für eine Arzneispezialität ein wirkstoffgleiches Nachfolgeprodukt (Generikum) vor, so gilt zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit Folgendes:

1. Der Dachverband hat mit dem vertriebsberechtigten Unternehmen des Originalprodukts eine Preisreduktion von 30% zu vereinbaren, womit die Arzneispezialität weiter im Erstattungskodex bleibt. Für die Aufnahme des Generikums in den Erstattungskodex vereinbart der Dachverband mit dem vertriebsberechtigten Unternehmen einen Preis, der um 25,7% unter dem abgesenkten Preis des Originalprodukts liegt. Alle weiteren Generika werden vom Dachverband in den Erstattungskodex aufgenommen, wenn ein genügend großer Preisunterschied zum ersten Generikum besteht. Sobald durch ein Generikum eine dritte Preisreduktion erfolgt ist, kann der Dachverband mit dem vertriebsberechtigten Unternehmen des Originalprodukts eine neuerliche Preisreduktion vereinbaren. Kann eine Einigung nicht erzielt werden, so ist die Arzneispezialität aus dem Erstattungskodex zu streichen.

2. Der Dachverband kann bei ausgewählten Indikationsgruppen zur Förderung der Verfügbarkeit eines Generikums abweichende Regelungen zur Anwendung bringen.

3. Ist abzusehen, dass bei einer Arzneispezialität trotz rechtlicher Möglichkeit in Österreich kein Generikum vorliegen wird und der Dachverband mit dem vertriebsberechtigten Unternehmen ab diesem Zeitpunk keine Preisreduktion vereinbaren kann, so kann der Dachverband ein Jahr davor den Wirkstoff oder die Wirkstoffklasse auf Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission ausschreiben.

(11) Sind für eine Arzneispezialität im grünen Bereich wirkstoffgleiche Arzneispezialitäten (auf der 5. Ebene des ATC-Codes) im Erstattungskodex angeführt, so hat der Dachverband für Arzneispezialitäten, die die im § 351c Abs. 10 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2003 und/oder § 351c Abs. 10 Z 1 bis 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 49/2017 vorgesehenen Preisreduktionen bereits durchlaufen haben, ein Preisband festzulegen, wobei der Höchstpreis der wirkstoffgleichen Arzneispezialitäten 30% über dem Preis der günstigsten Arzneispezialität desselben Wirkstoffs liegen darf. Der günstigste Preis ist, abgestellt auf die gleiche oder praktisch gleiche Darreichungsform und Wirkstoffstärke, mit Stichtag zu ermitteln. Das Preisband ist vom Dachverband bis nach vorheriger Anhörung der Wirtschaftskammer im Internet zu veröffentlichen. Die vertriebsberechtigten Unternehmen haben die Preise für wirkstoffgleiche Arzneispezialitäten längstens bis innerhalb des Preisbandes entsprechend zu senken. Nimmt das vertriebsberechtigte Unternehmen diese Preissenkung nicht fristgerecht vor, sind die Arzneispezialitäten vom Dachverband mit schriftlicher Entscheidung aus dem Erstattungskodex zu streichen, wobei einer Beschwerde abweichend vom § 351h Abs. 3 aufschiebende Wirkung im Ausmaß von 90 Tagen ab Einbringung der Beschwerde zukommt. Das Preisband berechtigt nicht zu einer Preiserhöhung nach § 351e Abs. 2.

(12) Abs. 11 ist auch auf jene Arzneispezialitäten anzuwenden, die nach § 609 Abs. 13 aus dem Heilmittelverzeichnis in den Erstattungskodex überführt wurden. Dies gilt auch dann, wenn die im § 351c Abs. 10 Z 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 145/2003 vorgesehenen Preisreduktionen nicht durchgeführt wurden.

(13) Im Jahr 2019 ist das in Abs. 11 und 12 vorgesehene Verfahren zu den Stichtagen , und erneut durchzuführen.

(14) Im Jahr 2021 ist das in Abs. 11 und 12 vorgesehene Verfahren zu den Stichtagen , und erneut durchzuführen.

(15) Im Jahr 2023 ist das in Abs. 11 und 12 vorgesehene Verfahren zu den Stichtagen , und letztmalig durchzuführen, wobei abweichend von Abs. 11 der Höchstpreis der wirkstoffgleichen Arzneispezialitäten 20% über dem Preis der günstigsten Arzneispezialität desselben Wirkstoffs liegen darf. Außerdem gilt zusätzlich, dass bei der Feststellung des Höchstpreises auf die günstigste, wirkstoffgleiche Arzneispezialität in der gleichen oder praktisch gleichen Darreichungsform in der Schlüsselstärke abzustellen ist. Liegt aber der Preis der günstigsten Arzneispezialität in der betroffenen Wirkstoffstärke unter dem Preis der günstigsten Arzneispezialität in der Schlüsselstärke, so darf der Höchstpreis 20% über dem Preis der günstigsten Arzneispezialität der betroffenen Wirkstoffstärke liegen. Als Schlüsselstärke gilt die Wirkstoffstärke, die bei Betrachtung über alle vertriebsberechtigten Unternehmen hinweg in Summe die meisten auf Rechnung der Krankenversicherungsträger abgegebenen Verordnungen aller Wirkstoffstärken gemäß maschineller Heilmittelabrechnung aufweist und somit auf Grund der Erfahrungen in der Praxis für eine Behandlung mit der betreffenden Arzneispezialität hauptsächlich angewendet wird.

(16) Bei einer aufgrund von Abs. 15 durchzuführenden Preissenkung muss der Preis nur soweit abgesenkt werden bis der mit den Sozialversicherungsträgern verrechnete Preis (inklusive Umsatzsteuer) der Rezeptgebühr (§ 136 Abs. 3) zum 1. Februar entspricht. Arzneispezialitäten, deren mit den Sozialversicherungsträgern verrechneter Preis (inklusive Umsatzsteuer) die am geltende Rezeptgebühr nicht überschreitet, sind zur Feststellung des Höchstpreises heranzuziehen, jedoch von der Verpflichtung zur Preissenkung nach Abs. 15 ausgenommen.

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Anm. 1: Art. 1 Z 17 der Novelle BGBl. I Nr. 100/2018 wurde sinngemäß eingearbeitet.)

Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)

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