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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2025, RV/1100069/2024

Stabilitätsabgabe - Abzugsfähigkeit der Liquiditätsreserve im zweistufigen Bankenverbund

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, Steuernummer ***BF1StNr1***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Großbetriebe vom über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2017 bis 2020 bzw vom über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2021 und 2022 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Zuge einer Außenprüfung wurden der Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf) gegenüber Bescheide über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2017 bis 2020 vom erlassen und in der Folge die Stabilitätsabgabe ebenso jeweils mit Bescheid vom für die Jahre 2021 und 2022 festgesetzt. Dagegen wurde mit Eingabe vom , innerhalb verlängerter Frist, Beschwerde erhoben. Strittig ist, ob bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe in der Bilanz ausgewiesene Forderungen an das Zentralinstitut, entstanden aus der Einhaltung von Liquiditätshaltungsbestimmungen, von der unkonsolidierten Bilanzsumme abgezogen werden können, weil sie iSd § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG als "Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entstanden sind" zu werten wären.

Die belangte Behörde legte die gegenständlichen Beschwerden - auf Grundlage entsprechender Anträge der Bf - ohne Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom führte sie im Wesentlichen zusammengefasst aus, abzugsfähig seien nur Verbindlichkeiten gegenüber anderen Kreditinstituten, die aus deren Erfüllung der Liquiditätshaltungsbestimmungen entstanden seien. Die Kürzung der Bemessungsgrundlage sei nur insoweit zulässig, als das steuerpflichtige Kreditinstitut seinerseits Guthaben bei und Forderungen an ein Zentralinstitut habe, die dort die Steuerpflicht auslösten. Soweit daher keine Verbindlichkeiten gegenüber anderen Kreditinstituten (also entsprechende Passivposten), die aus deren Erfüllung der Liquiditätshaltungsbestimmungen entstanden seien, beim steuerpflichtigen Institut vorhanden seien, sei kein Abzug möglich.

Zu dieser Thematik langten beim Bundesfinanzgericht im Frühjahr 2024 im Wesentlichen gleichlautende 43 Beschwerden betreffend die Stabilitätsabgabe von 22 beschwerdeführenden Banken ein.

Einen dieser Fälle entschied das Bundesfinanzgericht am stattgebend (RV/3100153/2024). Der dagegen erhobenen Amtsrevision folgend hob der VwGH dieses Erkenntnis auf ().

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zum Vorbringen der Bf auf das, vom Sachverhalt und von der Rechtsfrage her, idente obgenannte Verfahren verwiesen. Neben den vom VwGH behandelten einfachgesetzlichen Rechtsfragen machte die Bf weiters geltend, die Kürzungsbestimmungen des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG auf die Liquiditätsreserve in den zweistufigen Sektoren nicht anzuwenden, stelle einen unsachlichen Systembruch, eine unsachliche Differenzierung zwischen Einlagensicherung und Liquiditätsverbund, eine sachwidrige Besteuerung gedeckter Einlagen, eine Benachteiligung gegenüber Kreditinstituten, die keinem Liquiditätsverbund angehören müssen, sowie eine gleichheitswidrige Differenzierung innerhalb der dezentralen Sektoren dar.

Mit Schriftsatz vom zog die steuerliche Vertretung die Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück und hielt im Übrigen alle in den Beschwerden erhobenen Bedenken hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der bekämpften Bescheide aufrecht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf ist ein Kreditinstitut im Rahmen eines zweistufigen Bankenverbundes, das der Stabilitätsabgabe unterliegt und hält als Teil dieses Bankenverbundes eine Liquiditätsreserve im Sinne des § 27a BWG bei ihrem Zentralinstitut.

Betreffend die Jahre 2017 bis 2022 hat sie die jeweils in der Bilanz ausgewiesene Forderung an das Zentralinstitut, entstanden aus der Erfüllung von Liquiditätshaltungsbestimmungen, von der durchschnittlichen unkonsolidierten Bilanzsumme iSd § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG als "Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entstanden sind", abgezogen. Vom Finanzamt für Großbetriebe wurde dieser Abzug nicht anerkannt.

[...]

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten, ist zwischen den Parteien des finanzgerichtlichen Verfahrens unstrittig und kann daher vom erkennenden Gericht ohne Bedenken seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Zur Anwendbarkeit des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG auf die vorliegende Fallkonstellation hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Ro 2024/13/0019, auszugsweise ausgesprochen:

Die Bemessungsgrundlage vermindern Verpflichtungen, die ("soweit diese") aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses "entstanden" sind. Dies kann nicht dahin verstanden werden, dass es sich um "Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten aus den Liquiditätsbestimmungen" handle. Hiezu ist zunächst zu bemerken, dass Verpflichtungen (im Allgemeinen; anders etwa bei einem Realkontrakt, z.B. "Darleihen" nach § 983 ABGB idF vor BGBl. I Nr. 28/2010; anders allenfalls auch im Sinne eines aufschiebend bedingten Entstehens durch Erbringung der Gegenleistung) durch Gesetz oder durch ein Rechtsgeschäft begründet werden (vgl. § 859 ABGB). Der Gesetzgeber, der die Bemessungsgrundlage (insbesondere zur Vermeidung zusätzlichen Verwaltungsaufwandes) an Rechnungslegungsvorschriften anknüpfen wollte, meint hier wohl die Realisierung (vgl. dazu - wenn auch zum Entstehen einer Forderung, nicht hingegen einer Verpflichtung - Mayr/Fritz-Schmied in Doralt et al, EStG24, § 6 Tz 36) der "Verpflichtung", die in diesem Fall (erst) mit der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses angenommen wird. Aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses, das im Rahmen eines Bankenverbundes im Halten der Liquiditätsreserve beim Zentralinstitut (oder einem anderen Kreditinstitut) besteht, entsteht aber keine Verpflichtung des Kreditinstituts, das diese Liquiditätsreserve geleistet hat (dieses wird vielmehr berechtigt), sondern eine Verpflichtung jenes Kreditinstitutes, an das diese Liquiditätsreserve geleistet wurde (also des Zentralinstituts). Dieses trifft eine im Vertrag oder im Statut näher auszugestaltende Leistungsverpflichtung. Das Zentralinstitut muss im Bedarfsfall rasch und ohne administrative Hindernisse Liquiditätsunterstützung gewährleisten, die auch über den Betrag der entgegengenommenen Einlagen hinausgehen soll (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I Nr. 108/2007, mit welchem § 25 Abs. 13 BWG neu gefasst worden war, 313 BlgNR 23. GP 5 f). Lediglich eine derartige Verpflichtung des Zentralinstituts (oder eines anderen bestimmten Kreditinstituts), die gegenüber dem einlegenden Kreditinstitut besteht, ist aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses entstanden und könnte daher nach § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG die Bemessungsgrundlage vermindern (vgl Rz 27-28).

Da überdies eine Verminderung nur in jenem Ausmaß zulässig ist, als Forderungen an das Zentralinstitut (oder ein anderes Kreditinstitut) bestehen, kann die Verminderung der Bemessungsgrundlage nach dieser Ziffer nur im Fall eines mehrstufigen Bankenverbundes eintreten, da nur in diesem Fall sowohl Verpflichtungen gegenüber einem Kreditinstitut (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses), anderseits aber auch Forderungen an das Zentralinstitut bestehen können. Eine derartige Verminderung der Bemessungsgrundlage wird daher insbesondere bei einem dreistufigen Bankenverbund, und zwar auf Ebene der Landesbank eintreten können, bei welcher Verpflichtungen gegenüber dem Primärinstitut und Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut bestehen (vgl Rz 29).

Bei einem (wie hier vorliegenden) zweistufigen Bankenverbund liegen hingegen nicht (beim selben Kreditinstitut) sowohl Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) als auch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vor (vgl Rz 31).

Wie auch seitens der Bf im Schriftsatz vom ausdrücklich mitgeteilt wurde, ist der Sachverhalt im vorliegenden Verfahren mit jenem, welcher der oben zitierten Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes () sowie des Verwaltungsgerichtshofes () zugrunde lag, vergleichbar und sind dieselben Rechtsvorschriften betroffen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorgenannten Erkenntnis dargelegt, dass die fragliche Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Bei einem zweistufigen Bankenverbund liegen nicht beim selben Kreditinstitut sowohl Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) als auch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vor.

Die gegenständliche Beschwerde war daher - der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend - als unbegründet abzuweisen.

Zu den von der Bf geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken ist festzuhalten, dass sich das Bundesfinanzgericht nicht veranlasst sieht, diese an den VfGH heranzutragen.

Gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzten auf Antrag eines Gerichts.

Nach Art 89 Abs 2 B-VG iVm Art 135 Abs 4 B-VG hat ein Verwaltungsgericht dann, wenn es gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, den Antrag auf Aufhebung dieser Rechtsvorschrift beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Wie bereits in zum Ausdruck kommt, ist die Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Ein Antrag gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG erforderte aber, dass "die Anwendung eines Gesetzes" Bedenken des Verwaltungsgerichtes hervorruft. Zumal auch der Verwaltungsgerichtshof keine verfassungsrechtlichen Überlegungen angestellt hat, hegt das Bundesfinanzgericht in diesem Fall ebenso keine derartigen Bedenken (vgl ebenso ; , RV/7101003/2024; , RV/3100112/2024; , RV/5100193/2024; , RV/7101005/2024; , RV/7101164/2024; , RV/4100097/2024; , RV/3100133/2024; , RV/5100194/2024; , RV/3100135/2024; , RV/2100186/2024; , RV/6100089/2024; , RV/7101001/2024; , RV/1100071/2024; , RV/1100202/2024).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Rechtsfrage ist durch , gelöst. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt damit nicht vor, weswegen die ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.1100069.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAF-72987