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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.02.2025, RV/3100135/2024

Bei Zentralinstitut im zweistufigen Bankensystem gehaltene Liquiditätsreserve nach § 2 Abs. 2 Zif. 3 und 3a StabAbgG nicht abziehbar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungs- gesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, über die Beschwerde vom ***2*** gegen die Bescheide des ***1*** vom ***3*** betreffend die Festsetzung der Stabilitätsabgaben ***4*** und den Bescheid des ***1*** vom ***5*** über die Festsetzung der Sonderzahlung zur Stabilitätsabgabe gemäß § 201 Bundesabgabenordnung und die Beschwerde vom ***6*** gegen den Bescheid des ***1*** vom ***7*** über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe ***8***, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die beschwerdeführende Gesellschaft zog für die Bemessung der Stabilitätsabgabe die jeweils in der Bilanz ausgewiesenen, aus der Erfüllung von Liquiditätshaltungsbestimmungen entstandenen Forderungen an das Zentralinstitut von der durchschnittlichen unkonsolidierten Bilanzsumme im Sinne des § 2 Abs. 2 Zif. 3a Stabilitätsabgabegesetz (StabAbgG) als "Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entstanden sind" ab.

Das ***1*** setzte mit Bescheiden vom ***3*** die Stabilitätsabgaben für die Jahre ***20*** bis ***26***, mit Bescheid vom ***5*** die Sonderzahlung zur Stabilitätsabgabe gemäß § 201 Bundesabgabenordnung und mit Bescheid vom ***7*** die Stabilitätsabgabe für das Jahr ***8*** ohne Abzug der genannten Forderungen fest. Das Abweichen von der Abgabenerklärung begründete es damit, dass der von der beschwerdeführenden Gesellschaft in einer Ergänzung mitgeteilte Abzug der bei deren Zentralinstitut zur Erfüllung ihrer Liquiditätshaltungspflicht zu haltenden Guthaben nicht anzuerkennen sei. § 2 Abs. 2 Zif. 3a StabAbgG lasse eine Kürzung der Bemessungsgrundlage um Verbindlichkeiten gegenüber anderen Kreditinstituten nur insoweit zu, als diese ihrerseits Guthaben bei und Forderungen an ein Zentralinstitut hätten.

In den nach den Fristverlängerungsanträgen rechtzeitig eingebrachten Beschwerden vom ***2*** und ***6*** beantragte die beschwerdeführende Gesellschaft den Abzug der bekanntgegebenen Liquiditätsreserven anzuerkennen und die angefochtenen Bescheide entsprechend abzuändern.

Die belangte Behörde legte nach dem antragsgemäßen Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung die Beschwerden am ***9*** dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte die beschwerdeführende Gesellschaft mit Beschluss vom ***10*** um die Darlegung und den Nachweis der den beschwerdehängigen Minderungen der Bemessungsgrundlagen zugrundgelegten Verpflichtungen gegenüber einlegenden Kreditinstituten samt deren Entstehen aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses und Forderungen an ein anderes Kreditinstitut. In der Begründung teilte es mit, dass aus dem Halten einer Liquiditätsreserve beim Zentralinstitut oder einem anderen Kreditinstitut keine dem § 2 Abs. 2 Z 3 oder Z 3a StabAbgG entsprechende Verpflichtung des Kreditinstituts entsteht, das die Liquiditätsreserve hält und eine Verminderung der Bemessungsgrundlage nach der genannten Bestimmung nur in jenem Ausmaß zulässig ist, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut bestehen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft antwortete mit Schriftsatz vom ***11***. Sie wiederholte die in der Beschwerde vorgetragene Rechtsauffassung und zog die in den Beschwerden gestellten Anträge auf eine mündliche Verhandlung zurück.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist ein Kreditinstitut im Rahmen eines zweistufigen Bankenverbundes. Sie hielt zur Erfüllung ihrer Liquiditätshaltungsverpflichtungen eine Liquiditätsreserve in Höhe von ***12*** Euro im Jahr ***20***, ***13*** Euro im Jahr ***21***, ***14*** Euro im Jahr ***22***, ***15*** Euro im Jahr ***23***, ***16*** Euro im Jahr ***24***, ***17*** Euro im Jahr ***25***, ***18*** Euro im Jahr ***26*** und ***19*** Euro im Jahr ***8*** bei ihrem Zentralinstitut. Dem standen keine Verpflichtungen der beschwerdeführenden Gesellschaft gegenüber einlegenden Kreditinstituten gegenüber.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den widerspruchsfreien Behauptungen und Angaben der Verfahrensparteien, die sich mit den vorgelegten Auszügen des beim Finanzamt geführten Veranlagungsaktes decken. Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft bekanntgegebenen Höhen und Verpflichtungsgrundlagen zu den beschwerdehängigen Liquiditätsreserven blieben von der belangten Behörde unbestritten und wurden auch sonst im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht in Zweifel gezogen. Das Bestehen von den gehaltenen Guthaben zuzurechnenden Verpflichtungen der beschwerdeführenden Gesellschaft gegenüber einlegenden Kreditinstituten wurde von dieser nicht behauptet und ergab sich auch nicht aus den vorgelegten Dokumenten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 2 Abs. 2 StabAbgG lautete in der Stammfassung (Budgetbegleitgesetz 2011 , BGBl. I Nr. 1 1 1/2010) auszugsweise:

"[...] Die Bilanzsumme des Jahresabschlusses und die Vermögensausweise gemäß § 74 BWG sind dabei jeweils um folgende Beträge zu vermindern:

[…]

3.

Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordemisses gemäß § 25 BWG entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut im Sinne des § 25 Abs. 13 BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß § 25 BWG dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut im Sinne des § 25 Abs. 13 BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt;

[…]"

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 184/2013 wurden § 2 Abs. 2 Z 3 StabAbgG geändert und eine Z 3a eingefügt:

"3. Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordemisses gemäß § 25 BWG entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß § 27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß § 25 BWG dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß § 27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt;"
"3a. Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß § 27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß § 27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt;
"

Aufgrund der Vorbringen der Verfahrensparteien steht in Streit, ob die beschwerdeführende Gesellschaft die aus der Erfüllung von Liquiditätshaltungsbestimmungen entstandenen Forderungen an das Zentralinstitut von der unkonsolidierten Bilanzsumme abziehen darf, weil sie im Sinne des § 2 Abs. 2 Zif. 3a StabAbgG als "Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entstanden sind" zu werten wären.

Das Bundesfinanzgericht entschied mit Erkenntnis vom eine vergleichbare Rechtssache stattgebend (RV/3100153/2024). Der dagegen erhobenen Amtsrevision folgend hob der Verwaltungsgerichtshof dieses Erkenntnis auf. Zur Nichtanwendbarkeit des § 2 Abs. 2 Zif. 3a StabAbgG sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, da eine Verminderung nur in jenem Ausmaß zulässig ist, als Forderungen an das Zentralinstitut (oder ein anderes Kreditinstitut) bestehen, kann die Verminderung der Bemessungsgrundlage nach dieser Ziffer nur im Fall eines mehrstufigen Bankenverbundes eintreten, weil nur in diesem Fall sowohl Verpflichtungen gegenüber einem Kreditinstitut (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses), anderseits aber auch Forderungen an das Zentralinstitut bestehen können. Eine derartige Verminderung der Bemessungsgrundlage wird daher insbesondere bei einem dreistufigen Bankenverbund, und zwar auf Ebene der Landesbank eintreten können, bei welcher Verpflichtungen gegenüber dem Primärinstitut und Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut bestehen. Bei einem zweistufigen Bankenverbund liegen hingegen nicht beim selben Kreditinstitut sowohl aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses bestehende Verpflichtungen als auch Forderungen gegenüber einem Zentralinstitut vor (vgl. ).

Da nach den getroffenen Feststellungen den beschwerdehängigen Liquiditätsreserven keine Verpflichtungen der beschwerdeführenden Gesellschaft gegenüber einlegenden Kreditinstituten gegenüberstanden war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Nach Art. 89 Abs 2 iVm Art. 135 Abs. 4 B-VG hat ein Verwaltungsgericht dann, wenn es gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, den Antrag auf Aufhebung dieser Rechtsvorschrift beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Der Verwaltungsgerichtshof äußerte in der zitierten Entscheidung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch das Bundesfinanzgericht teilt die von der beschwerdeführenden Gesellschaft geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht und stellt daher keinen Antrag auf Aufhebung der Rechtsvorschrift beim Verfassungsgerichtshof.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die in der Beschwerdesache aufgetretene Rechtsfrage wurden anhand der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Dem Erkenntnis liegt daher nicht die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100135.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
UAAAF-46959