Stabilitätsabgabe - Abzugsfähigkeit der Liquiditätsreserve in zweistufigem Bankenverbund, verfassungsrechtliche Bedenken?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache der bf. Bank, N-Straße-xx, Gde X, vertreten durch die XY Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., R-Straße-xy, GDe Y, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe, Postfach 251, 1000 Wien, vom betreffend Festsetzung der Stabilitätsabgabe für das Jahr 2023 (Steuernummer xx abc/defg) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Im Frühjahr 2024 langten beim Bundesfinanzgericht von 22 beschwerdeführenden Banken desselben Sektors 43 im Wesentlichen gleichlautende Beschwerden derselben steuerlichen Vertretung betreffend Stabilitätsabgabe ein. Strittig ist in all diesen Verfahren, ob Forderungen an das Zentralinstitut, entstanden aus der Erfüllung von Liquiditätshaltungsbestimmungen, von der unkonsolidierten Bilanzsumme (Bemessungsgrundlage der Stabilitätsabgabe) abgezogen werden können, weil sie iSd § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG (Stabilitätsabgabegesetz, BGBl. I Nr. 111/2010) als "Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entstanden sind" zu werten wären.
Einer dieser Beschwerden gab das Bundesfinanzgericht mit Entscheidung vom , RV/3100153/2024, statt. Der dagegen erhobenen Amtsrevision folgend hat der Verwaltungsgerichtshof dieses Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben (vgl. ).
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zu den Vorbringen der Beschwerdeführerin (Bf.) auf das vom Sachverhalt und von der Rechtsfrage her idente obgenannte Beschwerde-bzw. Revisionsverfahren verwiesen. Neben den vom Höchstgericht behandelten einfachgesetzlichen Rechtsfragen macht die Bf. weiters geltend, die Kürzungsbestimmungen des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG auf die Liquiditätsreserve in den zweistufigen Sektoren nicht anzuwenden, stelle einen unsachlichen Systembruch, eine unsachliche Differenzierung zwischen Einlagensicherung und Liquiditätsverbund, eine sachwidrige Besteuerung gedeckter Einlagen, eine Benachteiligung gegenüber Kreditinstituten, die keinem Liquiditätsverbund angehören müssen, sowie eine gleichheitswidrige Differenzierung innerhalb der dezentralen Sektoren dar.
In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom hat die Bf. gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO beantragt, dass eine Beschwerdevorentscheidung unterbleiben möge. Die belangte Behörde hat die Beschwerde in weiterer Folge - nach Ablauf der nach § 262 Abs. 2 lit. b BAO vorausgesetzten Dreimonatsfrist - mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Mit dem dagegen erhobenen Vorlageantrag vom (am über FinanzOnline eingebracht) begehrte die steuerliche Vertretung der Bf., die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen, woraufhin das Finanzamt für Großbetriebe diese mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht vorgelegte.
Auf die mit Beschwerdeschriftsatz wie auch mit Vorlageantrag beantragte mündliche Verhandlung wurde von Seiten der beschwerdeführenden Partei mit Schriftsatz vom aus verfahrensökonomischen Gründen verzichtet.
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:
Sachverhalt:
Die Bf. ist ein Kreditinstitut im Rahmen eines zweistufigen Bankenverbundes, das der Stabilitätsabgabe unterliegt. Im Zeitraum 2017 bis 2022 hat sie die jeweils in der Bilanz ausgewiesene Forderung an das Zentralinstitut, entstanden aus der Erfüllung von Liquiditätshaltungsbestimmungen, von der durchschnittlichen unkonsolidierten Bilanzsumme iSd § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG als "Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entstanden sind", abgezogen. Vom Finanzamt für Großbetriebe wurde dieser Abzug nicht anerkannt.
Die strittige Bemessungsgrundlage bzw. Abgabe beträgt:
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bekämpfter Bescheid | Beschwerdebegehren | |||
Bemessungsgrundlage | Stabilitätsabgabe | Bemessungsgrundlage | Stabilitätsabgabe | |
2023 | 460.398.049,33 | 38.495,53 | 361.480.719,33 | 14.755,37 |
Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten, ist zwischen den Parteien des finanzgerichtlichen Verfahrens unstrittig und konnte daher vom erkennenden Gericht ohne Bedenken seiner Entscheidung zugrunde gelegt werden.
Rechtliche Beurteilung:
Zur Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG auf die vorliegende Fallkonstellation hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ro 2024/13/0019, ua. Nachstehendes ausgesprochen (vgl. Rzen 29 und 31):
"Da […] eine Verminderung nur in jenem Ausmaß zulässig ist, als Forderungen an das Zentralinstitut (oder ein anderes Kreditinstitut) bestehen, kann die Verminderung der Bemessungsgrundlage nach dieser Ziffer nur im Fall eines mehrstufigen Bankenverbundes eintreten, da nur in diesem Fall sowohl Verpflichtungen gegenüber einem Kreditinstitut (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses), anderseits aber auch Forderungen an das Zentralinstitut bestehen können. Eine derartige Verminderung der Bemessungsgrundlage wird daher insbesondere bei einem dreistufigen Bankenverbund, und zwar auf Ebene der Landesbank eintreten können, bei welcher Verpflichtungen gegenüber dem Primärinstitut und Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut bestehen.
Bei einem (wie hier vorliegenden) zweistufigen Bankenverbund liegen hingegen nicht (beim selben Kreditinstitut) sowohl Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) als auch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vor."
Die steuerliche Vertretung der Bf. hat in ihrem Schreiben vom ausdrücklich mitgeteilt, dass der Sachverhalt im vorliegenden Verfahren mit dem Sachverhalt, welcher den oben zitierten Entscheidungen des Bundesfinanzgerichtes () sowie des Verwaltungsgerichtshofes () wie auch den BFG-Entscheidungen vom , RV/7101161/2024 und RV/7101003/2024, zugrunde lag, vergleichbar ist und dieselben Rechtsvorschriften betroffen sind.
Das Höchstgericht hat im vorgenannten Erkenntnis dargelegt, dass die fragliche Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Bei einem zweistufigen Bankenverbund liegen beim selben Kreditinstitut weder Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) noch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vor.
Die gegenständliche Beschwerde war daher - der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend - als unbegründet abzuweisen.
Gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag eines Gerichts.
Nach Art. 89 Abs. 2 B-VG iVm Art. 135 Abs. 4 B-VG hat ein Verwaltungsgericht dann, wenn es gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, den Antrag auf Aufhebung dieser Rechtsvorschrift beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
Die Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens auf Antrag eines Gerichts ist somit davon abhängig, dass das Gericht die angefochtene Vorschrift in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte (vgl. Grabenwarter/Frank, B-VG Art 140, Rz 18, Stand , rdb.at).
Das Bundesfinanzgericht sieht sich nicht veranlasst, die von der Bf. geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken aufzugreifen bzw. an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, zumal einerseits die Bestimmung des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG nach der vom erkennenden Gericht geteilten Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist (wie erwähnt, würde ein Normprüfungsantrag aber erfordern, dass "die Anwendung des Gesetzes" Bedenken des Verwaltungsgerichtes hervorruft) und andererseits auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ro 2024/13/0019, keine derartigen Bedenken aufzeigt (vgl. dazu auch ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ).
Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, welcher grundsätzliche Bedeutung zukam. Die gegenständliche Rechtsfrage ist durch , bereits gelöst. Eine (ordentliche) Revision ist damit nicht zulässig.
Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG, Stabilitätsabgabegesetz, BGBl. I Nr. 111/2010 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.1100202.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
KAAAF-57180