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Richtlinie des BMF vom 13.03.2013, BMF-010216/0009-VI/6/2013
2. Persönliche Steuerbefreiungen ( §§ 5 bis 6b KStG 1988)

2.9 Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ( § 5 Z 9 KStG 1988)

2.9.1 Betroffene Genossenschaften

198Genossenschaften sind grundsätzlich unbeschränkt steuerpflichtig. Zur sachlichen Steuerpflicht siehe Rz 13 bis 18.

199§ 5 Z 9 lit. a KStG 1988 befreit die landwirtschaftlichen Nutzungsgenossenschaften. Diese Befreiung gilt nicht für andere Körperschaften in diesem Bereich (zB Vereine). Die gemeinschaftliche Nutzung muss der landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Tätigkeit des einzelnen Genossenschafters zugute kommen. Wenn sich Arbeitnehmer genossenschaftlich zusammenschließen, um ein größeres Areal als Kleingärten zu nutzen, liegt keine begünstigte landwirtschaftliche Nutzungsgenossenschaft vor.

§ 5 Z 9 lit. b KStG 1988 sieht eine Befreiung für Winzergenossenschaften vor.

Werden die nachfolgenden Voraussetzungen für die Steuerbefreiung im gesamten Besteuerungszeitraum nicht vollständig erfüllt, unterliegen auch diese Genossenschaften der Körperschaftsteuer.

2.9.1.1 Allgemeine Voraussetzungen für die Steuerbefreiung

200Die Bestimmungen des § 5 Z 9 lit. a und b KStG 1988 können nur die namentlich angeführten Spezialgenossenschaften in Anspruch nehmen. Die Genossenschaft muss auf einen ganz bestimmten Zweck ausgerichtet sein. Jede Tätigkeit, die mit diesem Zweck nicht im Zusammenhang steht (unabhängig davon, ob diese im Genossenschaftsvertrag angeführt ist, oder nicht), nimmt der Genossenschaft den Charakter der Spezialgenossenschaft. Damit geht auch die Abgabenbegünstigung verloren.

201Innerhalb des begünstigten (steuerfreien) Aufgabenkreises sind drei verschiedene Geschäftsarten zu unterscheiden:

  • Zweckgeschäfte

  • Gegengeschäfte

  • notwendige Hilfsgeschäfte

Zu den Begriffen siehe Rz 15 bis 18.

Gegengeschäfte und notwendige Hilfsgeschäfte können mit jedermann abgeschlossen werden. Die Zweckgeschäfte müssen auf die Mitglieder der Genossenschaft beschränkt werden.

Eine Ausnahme von dieser Grundregel bilden die so genannten zwangsweisen Nichtmitgliedergeschäfte. Dabei handelt es sich um solche Geschäfte, die auf Grund von Gesetzen, Verordnungen, oder behördlichen Anordnungen auch mit Nichtmitgliedern getätigt werden müssen. Siehe dazu Rz 1402.

Mitglieder sind alle jene Personen, die die im Genossenschaftsvertrag enthaltenen Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft (entsprechend der Satzung) vollständig erfüllt haben. Die Mitgliedschaft wird erst zu dem Zeitpunkt erworben, in dem sämtliche satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt sind. Mitglieder können nur Landwirte und Forstwirte sein.

Für die Befreiung ist die Tätigkeit im landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Bereich notwendig. Die Mechanisierung, Technisierung und Modernisierung der begünstigten Genossenschaften ist nicht schädlich.

Überschüsse einer Verwertungsgenossenschaft, die ausschließlich der Kapitalbildung dienen, stellen die Steuerfreiheit nicht in Frage, wenn sie zur Bildung von betriebswirtschaftlich erforderlichen Rücklagen für die Anlagenerneuerung und für andere Neuinvestitionen verwendet werden ().

2.9.1.2 Landwirtschaftliche Nutzungsgenossenschaften

202Der Zweck dieser Genossenschaften ist die gemeinschaftliche Benutzung landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände durch die Inhaber eines landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Betriebes.

Begünstigt ist nur die ausschließliche Nutzung von Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenständen im landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Bereich (keine Nebengeschäfte). Dabei ist es unbeachtlich, ob die Genossenschaft Eigentümer, Pächter bzw. Mieter dieser Anlagen ist.

Die Zweckgeschäfte (Verleih landwirtschaftlicher Maschinen, Benutzung von Zuchttieren, Weideflächen) müssen ausschließlich auf Mitglieder beschränkt werden. Auch durch gelegentliches oder vereinzeltes Überschreiten des Mitgliederkreises geht die Steuerbefreiung in dem betreffenden Jahr verloren (Wechsel zur unbeschränkten Steuerpflicht im Sinne des § 18 Abs. 2 KStG 1988; siehe dazu Rz 1421 f).

Beispiele:

    • Weideflächen

    • landwirtschaftliche Maschinen

    • Zuchtvieh

    • Grund und Boden

    • Grünfutteranlagen, Dämpfanlagen und Mühlenanlagen

Nicht als landwirtschaftliche Betriebsanlagen gelten Wasserversorgungsanlagen und Tiefgefrieranlagen.

Als Hilfsgeschäfte dieser Genossenschaften können nur solche Geschäfte behandelt werden, die mit dem Zweckgeschäft in ursächlichem Zusammenhang stehen.

Beispiele:

    • Ankauf von Anlagegütern und Betriebsmittel, die für das Zweckgeschäft benötigt werden.

    • Verkauf nicht mehr benötigter Maschinen und Anlagen.

Kauft eine Genossenschaft Futtermittel ein, um diese an ihre Mitglieder zu verkaufen, ist der ursächliche Zusammenhang mit dem Zweckgeschäft nicht gegeben. Dies gilt auch dann, wenn aus diesen Handelsgeschäften kein Gewinn erzielt wird.

2.9.1.3 Winzergenossenschaften

2.9.1.3.1 Allgemeines

203Die Steuerbefreiung ist nur dann gegeben, wenn der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft ausschließlich auf die Verwertung von Wein (auch Perlwein), Most, Maische oder Trauben ausgerichtet ist. Es dürfen nur selbstgewonnene Produkte der Mitglieder zur Verwertung übernommen werden. Die Verwertungstätigkeit muss im Bereich der Landwirtschaft liegen.

204Zum Bereich der Landwirtschaft zählen nachstehende Vorgänge:

  • Weinrebenkultur

  • Weinbereitung

  • Weinbehandlung

  • Absatz von Trauben, Most und Wein

205Nicht in den Bereich der Landwirtschaft fallen folgende Tätigkeiten:

  • Herstellung und Verkauf von Sekt. Wenn die Genossenschaft selbst Sekt erzeugt, ist diese Tätigkeit auch dann als gewerblich anzusehen, wenn die Grundweine ausschließlich von den Mitgliedern angeliefert werden. Die Ausnahme bildet der Verkauf des so genannten Lagensektes. Dieser Sekt wird von einem Winzer im eigenen Betrieb erzeugt. Die direkte Sektfertigung und Abfüllung kann auch im Lohnverfahren erfolgen. Es werden Weine getrennt nach Weinberglage, Rebsorte und Jahrgang zur Sekterzeugung verwendet. Die Beimischung von zugekauften Grundweinen ist nicht gestattet. Der Vertrieb dieser Lagensekten durch die Winzergenossenschaft ist nicht steuerschädlich, wenn es sich nach außen hin erkennbar ausschließlich um Produkte ihrer einzelnen Mitglieder handelt.

  • Herstellung und Verkauf von Branntweinerzeugnissen.

206Das Zweckgeschäft besteht im Übernehmen von Trauben, Traubensaft und Wein der Mitglieder zur gemeinsamen Verwertung. Das Gegengeschäft besteht im Vermarkten der Mitgliederprodukte oder des von der Genossenschaft hergestellten Weines.

Die Steuerbefreiung geht nicht verloren, wenn die Genossenschaft Trauben ihrer Mitglieder übernimmt, daraus Wein erzeugt und diesen Wein an die Mitglieder zurückgibt, welche für die vorgenommene Verarbeitung entsprechende Kostenersätze leisten und anschließend diesen Wein auf eigene Rechnung verkaufen.

2.9.1.3.2 Hilfsgeschäfte

207Folgende Hilfsgeschäfte sind nicht steuerschädlich:

  • Verkaufen von Gebinden

  • Anschaffen der technischen Einrichtungen

  • Verkauf nicht mehr benötigter Anlagegüter

  • Zukauf von Fremdwein zur Aufbesserung des aus den eigenen Trauben gewonnenen Weines. In einem solchen Fall muss das Beifügen des Fremdweines unumgänglich sein, um ein verkäufliches Gut überhaupt schaffen zu können. Es kann auch nur der Zukauf in der erforderlichen Menge (ca. 3 bis 5%) als steuerunschädliches Hilfsgeschäft angesehen werden. Erfolgt dagegen der Fremdweinzusatz lediglich zur Verbesserung der Qualität und damit zur Erzielung eines höheren Preises, geht die Steuerbegünstigung verloren.

  • Zukauf von fremden Deckweinen zur Farbverbesserung im erforderlichen Ausmaß (bis 3%).

208Die Steuerbefreiung geht hingegen bei folgenden Tätigkeiten verloren:

  • Überlassung von Betriebsanlagen zur Nutzung durch Nichtmitglieder.

  • Betrieb oder Verpachtung eines Ausschankes oder einer Gastwirtschaft, wenn andere Getränke als Weine der Genossenschaft, kalte oder warme Speisen oder sonstige Genussmittel abgegeben werden.

  • Der Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Es bestehen allerdings keine Bedenken, wenn es sich um eine geringfügige Beteiligung handelt.

2.9.2 Teilsteuerpflicht bei befreiten Genossenschaften

209Liegen die in den Rz 200 und 201 angeführten Voraussetzungen nicht vor, geht die Steuerbefreiung grundsätzlich zur Gänze verloren. Eine Ausnahme von dieser Grundregel bilden die so genannten zwangsweisen Nichtmitgliedergeschäfte. Siehe dazu Rz 1402.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
Verweise:
KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 13
KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 18
KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 15
KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 1402

KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 1421 f
KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 200
KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 201
Schlagworte:
Körperschaftsteuer - Auslegungsbehelf - Interpretation - Erwerbsgenossenschaften - Wirtschaftsgenossenschaften
Stammfassung:
BMF-010216/0009-VI/6/2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAA-76455