3. Sorgfaltspflichten bei bestehenden Konten natürlicher Personen ( §§ 10 bis 28 GMSG, § 81 GMSG)
3.1. Allgemeines
10Wenn von einem bestehenden Konto natürlicher Personen gesprochen wird, ist ein Konto angesprochen, dessen Inhaber eine natürliche Person ist oder mehrere natürliche Personen sind ( § 81 GMSG).
3.2. Konten von geringem Wert ( §§ 10 bis 16 GMSG)
3.2.1. Wohnsitzadresse
11Bei Konten von geringem Wert (Gesamtsaldo oder -wert in Höhe eines Betrags im Gegenwert von höchstens 1.000.000 US-Dollar zum ) kann das meldende Finanzinstitut die natürliche Person, die Kontoinhaber ist, als in dem Staat steuerlich ansässig behandeln, in dem die Adresse liegt, wenn
das Finanzinstitut in seinen Unterlagen eine Wohnsitzadresse des Kontoinhabers hat,
diese Adresse aktuell ist und
diese Adresse anhand von erfassten Belegen vorliegt.
Die Identifizierung anhand der Wohnsitzadresse kann dabei vom meldenden Finanzinstitut hinsichtlich aller Konten oder auch nur für bestimmte Gruppen von Konten angewandt werden. Ein Postlagerungsauftrag bzw. eine c/o-Adresse gelten nicht als Wohnsitzadresse. Als Postlagerungsauftrag gilt ein Auftrag des Kontoinhabers oder dessen Bevollmächtigten, so lange die Post für den Kontoinhaber aufzubewahren, bis der Auftrag geändert wird (Sec. III Rz 26 CRS-Kommentar). Ein Auftrag, alle Nachrichten elektronisch zu schicken, gilt hingegen nicht als Postlagerungsauftrag. Ein Postfach kann als Wohnsitzadresse gelten, wenn es mit anderen Adresselementen, wie Straße und Hausnummer, verknüpft ist, welche auf das Vorliegen einer Wohnsitzadresse hindeuten (Sec. III Rz 8 CRS-Kommentar).
Ist der Kontoinhaber eine natürliche Person, kann das meldende Finanzinstitut diese Person als in dem Staat ansässig ansehen, in dem anhand der erfassten Belege eine aktuelle Wohnsitzadresse entsprechend der im Kernsystem erfassten Adresse vorliegt. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Wohnsitzadresse, die sich in den Unterlagen des Finanzinstituts befindet, aktuell ist, wenn Nachrichten an diese Adresse als nicht zustellbar retourniert werden (Sec. III Rz 9 CRS-Kommentar).
Das meldende Finanzinstitut kann eine meldepflichtige Person jedenfalls als in einem Staat steuerlich ansässig behandeln, in dem die Adresse liegt, wenn die in den Unterlagen erfasste aktuelle Wohnsitzadresse in jenem Staat gelegen ist, der den genannten erfassten Beleg - wie etwa eine Ansässigkeitsbescheinigung oder einen gültigen Ausweis - ausgestellt hat (zu Belegen siehe Rz 86 ff). Es ist nicht notwendig, dass dem meldenden Finanzinstitut Kopien von Belegen in Papierform vorliegen. Die Anforderungen sind auch erfüllt, wenn das meldende Finanzinstitut in seinen Unterlagen einen Vermerk in Bezug auf die Belege hat, aus dem die Art des Belegs, das Datum der Vorlage und, wenn vorhanden, die Nummer des Belegs (etwa Reisepassnummer) hervorgehen (FAQ 1 vom Februar 2019 zu Sec. II-VII). Darüber hinaus ist keine Suche in den Papierunterlagen notwendig, um Belege zu überprüfen (FAQ 2 vom Februar 2019 zu Sec. II-VII).
Beispiel:
Ein Finanzinstitut sieht Verfahren vor, wonach es in Bezug auf bestehende Konten Kopien von vorgelegten Personalausweisen in seine Unterlagen aufgenommen hat. Liegt die in den Unterlagen befindliche aktuelle Wohnsitzadresse im selben Staat, der den Personalausweis ausgestellt hat, kann das Finanzinstitut davon ausgehen, dass der Kontoinhaber in dem Staat ansässig ist, in dem die Adresse liegt.
3.2.2. Suche in elektronischen Datensätzen
12Verlässt sich das meldende Finanzinstitut hinsichtlich einer aktuellen Wohnsitzadresse nicht auf die erfassten Belege, führt das meldende Finanzinstitut eine Indiziensuche in den elektronisch durchsuchbaren Daten zur Feststellung durch, ob der Kontoinhaber anhand der gespeicherten Informationen als Ansässiger eines anderen Staates anzusehen ist. Ein Finanzinstitut kann sich dann nicht auf die erfassten Belege verlassen, wenn dem meldenden Finanzinstitut bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass die Belege nicht zutreffend oder unglaubwürdig sind ( § 47 GMSG, Rz 43 ff).
Das meldende Finanzinstitut muss seine elektronisch durchsuchbaren Daten auf folgende Indizien anwenden ( § 12 GMSG):
Identifizierung des Kontoinhabers als Ansässiger eines teilnehmenden Staates: Dieses Indiz bezieht sich auf die Ansässigkeit für steuerliche Zwecke;
aktuelle Postadresse oder Wohnsitzadresse (einschließlich einer Postfachadresse) in einem teilnehmenden Staat: Befinden sich im Datensatz zumindest zwei Adressen und eine dieser Adresse ist diejenige eines Dienstleisters des Kontoinhabers, muss diese Adresse nicht als Indiz für die Ansässigkeit des Kontoinhabers herangezogen werden (Sec. III Rz 22 CRS-Kommentar);
eine oder mehrere Telefonnummern in einem teilnehmenden Staat und keine Telefonnummer in Österreich: Auch hier gilt, dass Telefonnummern von Dienstleistern des Kontoinhabers nicht als Indiz für die Ansässigkeit des Kontoinhabers herangezogen werden (Sec. III Rz 23 CRS-Kommentar);
Dauerauftrag (ausgenommen bei Einlagenkonten) für Überweisungen auf ein in einem teilnehmenden Staat geführtes Konto: Ein Dauerauftrag liegt vor, wenn dieser unbefristet erteilt wurde, auch wenn dieser nach einer Überweisung geändert wurde (Sec. III Rz 24 CRS-Kommentar);
aktuell gültige, an eine Person mit Adresse in einem teilnehmenden Staat erteilte Vollmacht oder Zeichnungsberechtigung oder
ein Postlagerungsauftrag oder eine c/o-Adresse in einem teilnehmenden Staat, sofern dem meldenden Finanzinstitut keine andere Adresse des Kontoinhabers vorliegt.
3.2.3. Folgen der Feststellung von Indizien
3.2.3.1. Änderung der Gegebenheiten und des Kontowerts ( § 13 GMSG)
13Werden bei der elektronischen Suche keine Indizien im Sinne von § 12 GMSG festgestellt, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich, bis eine Änderung der Gegebenheiten eintritt, die dazu führt, dass dem Konto ein oder mehrere Indizien zugeordnet werden können oder das Konto zu einem Konto mit hohem Wert wird ( § 13 Abs. 1 GMSG).
Hat sich ein meldendes Finanzinstitut auf die Überprüfung der Wohnsitzadresse verlassen und tritt eine Änderung der Gegebenheiten ein, aufgrund welcher dem meldenden Finanzinstitut bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass die ursprünglichen Belege oder andere gleichwertige Dokumente nicht zutreffend oder unglaubwürdig sind, muss das meldende Finanzinstitut entweder bis zum letzten Tag des maßgeblichen Kalenderjahres oder 90 Kalendertage nach Mitteilung oder Feststellung einer solchen Änderung der Gegebenheiten - je nachdem, welches Datum später ist - eine Selbstauskunft und neue Belege beschaffen, um die steuerliche(n) Ansässigkeit(en) des Kontoinhabers festzustellen. Kann das meldende Finanzinstitut bis zu diesem Datum keine Selbstauskunft und keine neuen Belege beschaffen, muss es die Suche in den elektronischen Datensätzen ( §§ 12 bis 16 GMSG) durchführen.
Beispiel:
Ein Finanzinstitut hat sich bei der Überprüfung eines bestehenden Kontos auf die erfasste aktuelle Wohnsitzadresse verlassen. Fünf Jahre nach Überprüfung des Kontos meldet der Kontoinhaber, dass er in einen anderen Staat gezogen ist, und übermittelt dem Finanzinstitut die neue Wohnsitzadresse, jedoch keine Selbstauskunft und keine neuen Belege. In diesem Fall muss das Finanzinstitut eine Suche in den elektronischen Datensätzen durchführen und den Kontoinhaber im Ergebnis als zumindest im neuen Staat ansässig behandeln.
3.2.3.2. Vorliegen von Indizien ( § 14 GMSG)
14Werden bei der elektronischen Suche Indizien im Sinne von § 12 Z 1 bis 5 GMSG festgestellt oder tritt eine Änderung der Gegebenheiten ein, die dazu führt, dass dem Konto ein oder mehrere Indizien zugeordnet werden können, muss das meldende Finanzinstitut den Kontoinhaber als steuerlich ansässige Person in jedem teilnehmenden Staat, für den ein Indiz festgestellt wird, betrachten, wenn die Ansässigkeit in einem teilnehmenden Staat nicht gemäß § 16 GMSG (Rz 16) widerlegt wird ( § 14 GMSG).
3.2.3.3. Postlagerungsauftrag oder c/o-Adresse ( § 15 GMSG)
15Werden bei der elektronischen Suche ein Postlagerungsauftrag oder eine c/o-Adresse und keine andere Adresse und keine der in § 12 Z 1 bis 5 GMSG angeführten Indizien für den Kontoinhaber festgestellt, wendet das meldende Finanzinstitut in der jeweils geeignetsten Reihenfolge die Suche in Papierunterlagen gemäß § 19 GMSG (Rz 19) an oder versucht, vom Kontoinhaber eine Selbstauskunft oder Belege zu beschaffen, um die steuerliche(n) Ansässigkeit(en) des Kontoinhabers festzustellen. Wird bei der Suche in Papierunterlagen kein Indiz festgestellt und ist der Versuch, eine Selbstauskunft oder Belege zu beschaffen erfolglos, meldet gemäß § 4 GMSG (Rz 4) das meldende Finanzinstitut dem für die Körperschaftsteuer des meldenden Finanzinstituts zuständigen Finanzamt ( § 3 Abs. 1 GMSG, Rz 3) das Konto als nicht dokumentiertes Konto.
3.2.3.4. Widerlegung der Ansässigkeit in einem teilnehmenden Staat ( § 16 GMSG)
16Auch wenn Indizien festgestellt wurden, ist das meldende Finanzinstitut berechtigt aber nicht verpflichtet, das Konto dennoch nicht als meldepflichtiges Konto eines bestimmten teilnehmenden Staates zu behandeln, wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Die Daten des Kontoinhabers enthalten:
eine aktuelle Postadresse oder Wohnsitzadresse jenes teilnehmenden Staates,
eine oder mehrere Telefonnummern in jenem teilnehmenden Staat und keine Telefonnummer in Österreich oder
einen Dauerauftrag (ausgenommen bei Einlagenkonten) für Überweisungen auf ein in einem teilnehmenden Staat geführtes Konto und
das meldende Finanzinstitut beschafft die nachstehenden Dokumente oder hat diese bereits geprüft und erfasst:
Eine Selbstauskunft des Kontoinhabers über seine(n) Ansässigkeitsstaat(en), die jenen teilnehmenden Staat nicht umfassen und
Belege für den nicht meldepflichtigen Status des Kontoinhabers.
Die Daten des Kontoinhabers beinhalten eine aktuell gültige, an eine Person mit Adresse in jenem teilnehmenden Staat erteilte Vollmacht oder Zeichnungsberechtigung und das meldende Finanzinstitut beschafft die nachstehenden Dokumente oder hat diese bereits geprüft und erfasst:
Eine Selbstauskunft des Kontoinhabers über seine(n) Ansässigkeitsstaat(en), die jenen teilnehmenden Staat nicht umfassen oder
Belege für den nicht meldepflichtigen Status des Kontoinhabers.
In der Selbstauskunft muss nicht ausdrücklich bestätigt werden, dass der Kontoinhaber nicht in jenem teilnehmenden Staat, für den Indizien festgestellt wurden, ansässig ist, sofern er bestätigt, dass diese alle Ansässigkeitsstaaten umfasst (Sec. III Rz 32 CRS-Kommentar). Enthält die Selbstauskunft, die in diesem Zusammenhang vorgelegt wird, keine Steueridentifikationsnummer, betreibt das meldende Finanzinstitut angemessene Anstrengungen, um diese zu erhalten. Dies bedeutet, dass das meldende Finanzinstitut zumindest den Kontoinhaber darum ersucht, eine Selbstauskunft mit Steueridentifikationsnummer vorzulegen, sofern diese verfügbar ist. Wenn das meldende Finanzinstitut weiterhin angemessene Anstrengungen betreibt, um die Steueridentifikationsnummer bis zum Ende des zweiten Kalenderjahrs, das dem Jahr folgt, in dem das Konto als meldepflichtiges Konto identifiziert wurde, zu beschaffen (vgl. § 6 GMSG, Rz 6), kann es sich auch dann auf die bereits erhaltene Selbstauskunft verlassen, wenn diese keine Steueridentifikationsnummer enthält (FAQ 19 vom Februar 2019 zu Sec. II-VII).
Belege sind geeignet darzulegen, dass der Kontoinhaber nicht in jenem teilnehmenden Staat ansässig ist, wenn sie:
bestätigen, dass der Kontoinhaber in einem anderen als jenem teilnehmenden Staat ansässig ist,
eine aktuelle Wohnsitzadresse außerhalb jenes teilnehmenden Staates enthalten oder
von einer autorisierten staatlichen Stelle eines anderen als jenes teilnehmenden Staates ausgestellt wurden
(Sec. III Rz 32 CRS-Kommentar).
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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
CAAAA-76451