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Richtlinie des BMF vom 19.04.2020, 2020-0.236.027

7. Besondere Sorgfaltsvorschriften ( §§ 47 bis 53 GMSG)

7.1. Verlass auf Selbstauskünfte und Belege ( § 47 GMSG)

43Ein meldendes Finanzinstitut darf sich nicht auf eine Selbstauskunft oder auf Belege verlassen, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein müsste, dass die Selbstauskunft oder Belege nicht zutreffend oder unglaubwürdig sind.

Es darf sich nicht auf eine Selbstauskunft oder auf Belege verlassen, wenn

  • eine sorgfältige Person in der Position des meldenden Finanzinstituts die Selbstauskunft oder die Belege angesichts des vorliegenden Wissens über die maßgeblichen Tatsachen und Umstände (einschließlich des Wissens des Kundenbetreuers), die in der Selbstauskunft enthalten sind, in Frage stellen würde oder

  • die Informationen in den Unterlagen oder in den Akten zum Konto, die dem meldenden Finanzinstitut vorliegen, der Behauptung der Person bezüglich ihres Status widersprechen (Sec. VII Rz 3 CRS-Kommentar).

Beispiel 1:

Bei Kontoeröffnung erhält ein meldendes Finanzinstitut vom Kontoinhaber eine Selbstauskunft. Der dort angegebene Staat der steuerlichen Ansässigkeit steht im Widerspruch zu den Belegen, die zwecks Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche beschafft wurden. Somit ist keine Plausibilität gegeben.

Beispiel 2:

Das meldende Finanzinstitut kann ebenfalls nicht von der Plausibilität der Selbstauskunft ausgehen, wenn sich die dort angegebene Wohnsitzadresse nicht in demjenigen Staat befindet, in dem der Kontoinhaber laut dieser Selbstauskunft angibt, steuerlich ansässig zu sein.

7.1.1. Verlass auf Selbstauskünfte

44Ein meldendes Finanzinstitut kann sich nicht auf eine Selbstauskunft verlassen, wenn

  • diese im Hinblick auf einen Teil, der für die Behauptung der Person maßgeblich ist, unvollständig ist,

  • diese eine Information enthält, die mit der Behauptung der Person nicht im Einklang steht oder

  • dem meldenden Finanzinstitut sonstige Kontoinformationen vorliegen, die mit der Behauptung der Person nicht im Einklang stehen.

Bei einem meldenden Finanzinstitut, das einen Dienstleister in Anspruch nimmt, wird davon ausgegangen, dass ihm dieselben Tatsachen bekannt sind oder bekannt sein müssten wie dem Dienstleister (Sec. VII Rz 4 CRS-Kommentar).

7.1.2. Verlass auf Belege

45Ein meldendes Finanzinstitut darf sich nicht auf Belege verlassen,

  • die nicht angemessen die Identität der Person, die den Beleg erbringt, nachweisen,

  • die Informationen enthalten, welche nicht mit der Behauptung der Person in Bezug auf ihren Status im Einklang stehen,

  • wenn dem meldenden Finanzinstitut andere Kontoinformationen vorliegen, die mit dem Status der Person nicht im Einklang stehen, oder

  • wenn in den Belegen Informationen fehlen, die für den Nachweis des Status der Person notwendig sind (Sec. VII Rz 5 CRS-Kommentar).

Ein meldendes Finanzinstitut ist nicht verpflichtet, sich auf einen geprüften Jahresabschluss zu verlassen, um nachzuweisen, dass ein Kontoinhaber eine bestimmte Vermögensgrenze einhält. Entscheidet sich jedoch ein meldendes Finanzinstitut dafür, muss ihm nur dann bekannt sein, dass der behauptete Status unglaubwürdig oder nicht zutreffend ist, wenn das Gesamtvermögen im für den Kontoinhaber geprüften Jahresabschluss nicht innerhalb der zulässigen Grenzen liegt, oder wenn die Anmerkungen oder Fußnoten im geprüften Jahresabschluss einen Hinweis darauf geben, dass der Kontoinhaber in Bezug auf den behaupteten Status nicht berechtigt ist.

Entscheidet sich ein meldendes Finanzinstitut dafür, sich auf einen geprüften Jahresabschluss zu verlassen, um festzustellen, dass es sich beim Kontoinhaber um einen aktiven NFE handelt, ist es erforderlich, die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung zu überprüfen, um zu bestimmen, ob der Kontoinhaber die Einkünfte- und Vermögensgrenzen nach § 95 Z 1 GMSG einhält, und die Anmerkungen und Fußnoten zum Jahresabschluss im Hinblick auf einen Hinweis zu überprüfen, ob es sich beim Kontoinhaber um ein Finanzinstitut handelt. Entscheidet sich ein meldendes Finanzinstitut dafür, sich auf einen geprüften Jahresabschluss zu verlassen, um den Status eines Kontoinhabers festzustellen, der keine Einkünfte- oder Vermögensgrenze einhalten muss, ist es lediglich erforderlich, die Anmerkungen und Fußnoten zum Jahresabschluss zu überprüfen, um zu bestimmen, ob dieser den behaupteten Status bekräftigt. Wenn sich ein meldendes Finanzinstitut nicht dafür entscheidet, sich auf einen geprüften Jahresabschluss zu verlassen, um den Status des Kontoinhabers zu bestimmen, ist es für das meldende Finanzinstitut nicht erforderlich, den Jahresabschluss nur deshalb unabhängig zu prüfen, weil es auch im Zuge der Kontoeröffnung oder eines anderen Verfahrens den geprüften Jahresabschluss erhalten hat (Sec. VII Rz 6 CRS-Kommentar).

Ein meldendes Finanzinstitut ist nicht verpflichtet, sich auf organisatorische Unterlagen zu stützen, um nachzuweisen, dass ein Rechtsträger einen bestimmten Status hat. Entscheidet sich jedoch ein meldendes Finanzinstitut dafür, ist es lediglich erforderlich, die Unterlagen insoweit zu überprüfen um festzustellen, dass die anwendbaren Voraussetzungen in Bezug auf einen bestimmten Status erfüllt sind und dass eine Durchführung erfolgte, aber es ist nicht erforderlich, das sonstige Dokument zu überprüfen (Sec. VII Rz 7 CRS-Kommentar).

7.1.3. Grenzen dessen, was bekannt sein müsste

46Um zu bestimmen, ob einem meldenden Finanzinstitut, bei dem ein bestehendes Konto eines Rechtsträgers gehalten wird, bekannt sein müsste, dass der Status, der auf den Rechtsträger angewendet wurde, nicht zutreffend oder unglaubwürdig ist, ist es für das meldende Finanzinstitut lediglich erforderlich, Informationen zu überprüfen, die dem behaupteten Status widersprechen, wenn diese Informationen in der aktuellen Kundenstammakte, der aktuellen Selbstauskunft, den aktuellen Belegen, dem letzten Kontoeröffnungsvertrag und den letzten Unterlagen, die das meldende Finanzinstitut aufgrund von Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche (AML/KYC) erfasst hat, enthalten sind (Sec. VII Rz 8 CRS-Kommentar).

Hält ein meldendes Finanzinstitut für eine einzelne Person mehrere Konten, muss diesem nur dann bekannt sein, dass der Status in Bezug auf Kontoinformationen eines anderen Kontos dieser Person nicht zutreffend ist, wenn es diese nach §§ 51 bis 53 GMSG zusammenfassen muss oder die Konten sonst als einheitliches Konto behandelt werden (Sec. VII Rz 9 CRS-Kommentar).

Einem meldenden Finanzinstitut ist es nicht bekannt oder muss es bekannt sein, dass eine Selbstauskunft oder ein Beleg nicht zutreffend oder unglaubwürdig ist, wenn sich eine Adresse ändert, die im selben Staat wie die vorherige Adresse liegt. Dasselbe gilt, wenn es bemerkt, dass die Indizien nach § 12 Z 3 bis 5 GMSG im Widerspruch zur Selbstauskunft oder zu den Belegen stehen (Sec. VII Rz 10 CRS-Kommentar).

Beispiel:

Eine Versicherungsgesellschaft, die ein meldendes Finanzinstitut ist, hat mit der Person A einen rückkaufsfähigen Versicherungsvertrag abgeschlossen. Da es sich beim Vertrag um ein neues Konto einer natürlichen Person handelt, hat die Versicherungsgesellschaft von der Person A eine Selbstauskunft beschafft und aufgrund der von der Person A im Rahmen der Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche (AML/KYC) beschafften Unterlagen die Plausibilität der Selbstauskunft bestätigt. Die Selbstauskunft bestätigt, dass die Person A für Steuerzwecke im Staat A ansässig ist. Zwei Jahre, nachdem die Person A den Vertrag mit der Versicherungsgesellschaft abgeschlossen hat, übermittelt die Person A der Versicherungsgesellschaft eine Telefonnummer im Staat B. Selbst wenn die Versicherungsgesellschaft vorher in ihren Unterlagen keine Information über eine Telefonnummer von der Person A hatte, bedeutet der Umstand, dass der Versicherungsgesellschaft eine Telefonnummer im Staat B mitgeteilt worden ist, nicht, dass dem meldenden Finanzinstitut bekannt sein hätte müssen, dass die ursprüngliche Selbstauskunft unzuverlässig oder falsch war.

Somit stehen Informationen, welche Indizien gemäß § 12 Z 3 bis 5 GMSG entsprechen, auch dann nicht einer gültigen Selbstauskunft entgegen, wenn sie im Rahmen der Eröffnung eines Neukontos bekannt gegeben werden.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§§ 47 bis 53 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 47 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 95 Z 1 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§§ 51 bis 53 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 12 Z 3 bis 5 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
Schlagworte:
Finanzinstitut - Meldepflicht - Konto - Finanzkonto
Stammfassung:
BMF-010221/0820-VI/8/2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
CAAAA-76451