22.4.4.6.3 Zeitpunkt der Umwidmung
6670Der niedrigere pauschale Umwidmungssatz von 40% kommt nur für Umwidmungen von Altgrundstücken zur Anwendung, die ab erfolgen. Eine frühere Umwidmung bleibt außer Betracht. Die Eigenschaft als Bauland muss überdies im Veräußerungszeitpunkt noch gegeben sein. Wurde daher ein zunächst ab in Bauland umgewidmetes Grundstück später in Grünland rückgewidmet, ist der allgemeine Pauschalsatz von 86% anzuwenden. Eine vorübergehende Bausperre ist keine Rückwidmung. Wurde ein bereits vor dem als Bauland gewidmetes Grundstück in Grünland rückgewidmet und nach dem neuerlich in Bauland umgewidmet, liegt keine erstmalige Baulandwidmung vor, sodass ebenfalls der allgemeine Pauschalsatz von 86% anzuwenden ist.
6670aFür die Frage, ob eine Umwidmung ab 1988 oder vor 1988 stattgefunden hat, gilt Folgendes: Eine Umwidmung erfolgt zu jenem Zeitpunkt, in dem die Umwidmung wirksam wird. Erfolgt die Änderung des Flächenwidmungsplanes durch eine Verordnung der Gemeinde, ist für das In-Kraft-Treten der Verordnung deren Kundmachung erforderlich; Zeitpunkt der Umwidmung ist daher die Kundmachung der Verordnung. Erfolgt die Änderung durch Bescheid, erfolgt die Umwidmung mit der Rechtskraft des Bescheides.
6671Der Veräußerer muss sich auch eine Umwidmung in Bauland zurechnen lassen, die bereits bei einem unentgeltlichen Rechtsvorgänger ab 1988 erfolgt ist. Daher ist es bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken von keiner Bedeutung, ob die Umwidmung vor oder nach dem unentgeltlichen Erwerb erfolgt. Der niedrigere Pauschalsatz von 40% ist daher auch in solchen Fällen anzuwenden, in denen das Grundstück seit Generationen im Eigentum der Familie steht und immer unentgeltlich übertragen wurde (unabhängig davon, ob in der Vergangenheit ein entgeltlicher Erwerb festgestellt werden kann oder nicht). Auch Umwidmungen von Altgrundstücken ab sind beachtlich. Keine Bedeutung hat die Umwidmung für Neugrundstücke, weil hier ohnehin die Regeleinkünfteermittlung nach § 30 Abs. 3 EStG 1988 vorzunehmen ist.
6672Der niedrigere Pauschalsatz von 40% kommt grundsätzlich dann nicht zur Anwendung, wenn die Umwidmung vor dem entgeltlichen Erwerb durch den nunmehrigen Veräußerer erfolgte (zB Umwidmung 1996 und entgeltlicher Erwerb 2001, in diesem Fall wurde das Grundstück bereits um den höheren Baulandpreis erworben).
Eine Umwidmung nach der zur Besteuerung führenden Grundstücksveräußerung stellt grundsätzlich keinen Anwendungsfall für den Ansatz des niedrigeren Pauschalsatzes von 40% dar. Ausnahmsweise ist aber auch eine nach der Grundstücksveräußerung erfolgte Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 besteuerungsrelevant, wenn diese in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang steht (). Die Umwidmung stellt in diesem Fall ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO dar, wenn die Umwidmung innerhalb von fünf Jahren nach der Veräußerung erfolgt. Dies betrifft vor allem Veräußerungsfälle für Noch-Grünland-Grundstücke, für die bereits eine Art Umwidmungszusage der Gemeinde besteht. Erfolgt die Umwidmung noch vor der Berechnung der ImmoESt, ist die Umwidmung bereits bei der Berechnung der ImmoESt zu berücksichtigen, andernfalls sind die pauschalen Anschaffungskosten in Höhe von 86% des Veräußerungserlöses anzusetzen.
Erfolgt die Umwidmung zu einem späteren Zeitpunkt, ist dieser Umstand durch den Steuerpflichtigen gegenüber dem zuständigen Finanzamt bekanntzugeben. Durch die nachfolgende Umwidmung entfällt gemäß § 30b Abs. 2 EStG 1988 die Abgeltungswirkung der entrichteten ImmoESt und der Steuerpflichtige muss für das Kalenderjahr der Veräußerung eine Steuererklärung abgeben, in der die Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung erklärt werden. Kein rückwirkendes Ereignis stellt eine nachfolgende Umwidmung nur dann dar, wenn die Umwidmung mehr als fünf Jahre nach der Grundstücksveräußerung erfolgt, wobei diese Frist taggenau zu berechnen ist.
Werden Grundstücke zum Grünlandpreis veräußert, wird aber vereinbart, dass im Falle einer Umwidmung in Bauland innerhalb einer bestimmten Frist die Differenz auf den Baulandpreis (teilweise) nachzuzahlen ist (Besserungsvereinbarung) oder ist eine solche Besserungsverpflichtung gesetzlich vorgesehen (zB im Raumordnungsgesetz eines Landes), sind die pauschalen Anschaffungskosten in Höhe von 86% vom Veräußerungserlös anzusetzen. Wird die Besserungsvereinbarung bzw. -verpflichtung später wirksam, stellt dies ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO dar. Es sind daher auf Basis des gesamten Veräußerungserlöses (Grundpreis plus Nachzahlung auf Grund der Besserungsvereinbarung) die niedrigeren pauschalen Anschaffungskosten von 40% vom Veräußerungserlös anzusetzen. Der Eintritt der Besserungsvereinbarung- bzw. -verpflichtung ist nur insoweit unbeachtlich, als für das Kalenderjahr der Grundstücksveräußerung auf Grund verfahrensrechtlicher Bestimmungen keine Veranlagung mehr vorgenommen bzw. eine solche nicht mehr geändert werden kann (zB Kaufpreiserhöhung nach Eintritt der Festsetzungsverjährung nach Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts). Für die nachträglich zufließende Kaufpreiserhöhung sind allerdings die niedrigeren pauschalen Anschaffungskosten nach § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 anzusetzen, sofern nicht von der Regeleinkünfteermittlung nach § 30 Abs. 3 EStG 1988 Gebrauch gemacht wird.
Erfolgt die Umwidmung in Bauland zwar nach Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts, aber noch vor Abschluss der Selbstberechnung/Abgabenerklärung durch den Parteienvertreter (dh. bevor der Parteienvertreter diese mittels Monatsmeldung an das FA übermittelt), ist dieser Umstand bereits bei der Einkünfteermittlung zu berücksichtigen und sind die pauschalen Anschaffungskosten nach § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 mit 40% anzusetzen.
6672aNach dem Telos der Einkünfteermittlungsbestimmung des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 soll - bei Grundstücken des Altvermögens - die aufgrund einer Umwidmung eingetretene Wertsteigerung eines Grundstückes zu einer höheren Besteuerung bei demjenigen führen, der wirtschaftlich von der Umwidmung profitiert hat. Dementsprechend wirken auch nach der Veräußerung vorgenommene Umwidmungen, die in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung stehen, auf den Veräußerungszeitpunkt zurück und führen beim Veräußerer zu einer höheren Besteuerung (siehe Rz 6672). Dies muss auch für in der Vergangenheit vorgenommene Veräußerungen beachtet werden. Wurde somit bei einer in der Vergangenheit abgewickelten Grundstücksveräußerung durch den Erwerber - in Erwartung einer baldigen Umwidmung - zwar Grünland erworben, aber bereits der volle Baulandpreis entrichtet, ist die umwidmungsbedingte Wertsteigerung des Grundstückes nicht in der Vermögenssphäre des Erwerbers, sondern noch in jener des Veräußerers eingetreten, weil dieser bereits vor der Umwidmung wirtschaftlich die gesamte Wertsteigerung realisiert hat. Die nach dem Erwerb vorgenommene Umwidmung des Grundstückes gilt daher im Fall einer späteren Veräußerung des Grundstückes nicht als Umwidmung iSd § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988.
6673Wurde das gesamte Grundstück in Bauland umgewidmet, führt der Umstand, dass vorübergehende Bebauungsbeschränkungen für Teilflächen bestehen, nicht zu einer anteiligen Betrachtung.
Wurde allerdings nur ein Teil eines Altgrundstückes in Bauland umgewidmet, ist der Veräußerungserlös aufzuteilen. Bei der Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage sind die unterschiedlichen Wertverhältnisse des Baulandanteils und des Grünlandanteils zu berücksichtigen, weil davon auszugehen ist, dass der für Bauland erzielte Quadratmeterpreis höher ist als der für Grünland erzielte Quadratmeterpreis. Als Grundlage für die Aufteilung des Veräußerungserlöses können Kaufpreise vergleichbarer Baulandgrundstücke bzw. vergleichbarer Grünlandgrundstücke der Umgebung herangezogen werden.
Im Falle einer unterschiedlichen Widmung eines Grundstückes (Grünland und Bauland) ist der Veräußerungserlös daher nach der Verhältnismethode aufzuteilen. Dabei ist der Marktpreis für Bauland bezogen auf die Baulandfläche mit dem Marktpreis für Grünland bezogen auf die Grünlandfläche in ein Verhältnis zu setzen und der Veräußerungserlös in diesem Verhältnis aufzuteilen.
Beispiel 1:
Es wird eine Liegenschaft (2.000 m²) veräußert. Ein Teil dieser Liegenschaft (800 m²) wurde 2005 in Bauland umgewidmet, der Rest (1.200 m²) ist weiterhin Grünland. Der Baulandpreis für vergleichbare Liegenschaften in dieser Gegend beträgt rund 450 Euro/m², der Grünlandpreis 10 Euro/m².
Umgelegt auf die Liegenschaft ergibt dies einen Preis von 360.000 Euro für den Baulandteil (450*800) und einen Preis von 12.000 Euro für den Grünlandteil (10*1.200). Dies ergibt ein Verhältnis von 30:1.
Wird für die Liegenschaft ein Veräußerungserlös von 434.000 Euro erzielt, ist dieser Erlös im Verhältnis 30:1 auf Bauland und Grünland aufzuteilen, dh. auf den Baulandanteil entfallen 420.000 Euro und auf den Grünlandanteil 14.000 Euro.
Beispiel 2:
Es wird eine Liegenschaft (Altvermögen) im Ausmaß von 1.800 m² um 450.000 Euro veräußert. Ein Teil der Liegenschaft ist seit 2001 als Bauland gewidmet (400 m²), der zweite Teil als Grünland (1.400 m²). Für das Gebäude und 1.000 m² Grund und Boden kommt die Hauptwohnsitzbefreiung zur Anwendung.
Sind Grundstücksflächen, die als Hauptwohnsitz genutzt werden, sowohl als Bau- als auch als Grünland gewidmet, sind die unterschiedlich gewidmeten Flächen in ein Verhältnis zu setzen. In diesem Verhältnis ist sodann die 1.000 m²-Grenze auf die Bau- und Grünlandfläche umzulegen (siehe Rz 6634c). Dies ergibt 22% Bauland und 78% Grünland. 1000 m² Grund und Boden sind von der HWS-Befreiung mit umfasst, das sind 220 m² vom Bauland und 780 m² vom Grünland. Somit bleiben 800 m² steuerpflichtiger GuB übrig, davon sind 176 m² Bauland und 624 m² Grünland.
Im nächsten Schritt ist der Veräußerungserlös nach der Verhältnismethode aufzuteilen. Der Grünlandpreis beträgt in der betr. Gemeinde 4 Euro/m², der Baulandpreis beträgt laut Immobilienpreisspiegel durchschnittlich 90 Euro/m².
4 x 1.400 m² Grünland = 5.600 Euro
90 x 400 m² Bauland = 36.000 Euro
Das Verhältnis beträgt somit 13% Grünland zu 87% Bauland.
Der Veräußerungserlös für den GuB beträgt entsprechend der GrundanteilV 2016 20% vom gesamten Veräußerungserlös, das sind 90.000 Euro. 13% davon entfallen auf Grünland, das sind 11.700 Euro; 87% davon entfallen auf Bauland, das sind 78.300 Euro. Von diesen Beträgen sind aber nur 176 m² vom Bauland sowie 624 m² vom Grünland steuerpflichtig, das ergibt 34.452 Euro für Bauland (78.300/400x176) bzw. 5.215 Euro für Grünland (11.700/1400x624).
Vom anteiligen Veräußerungserlös sind die pauschalen AK abzuziehen: 34.452 x 40% (weil die Umwidmung nach dem stattfand) = 13.780,80 Euro und 5.215 x 86% = 4.484,90 Euro. Somit ergeben sich insgesamt Einkünfte iHv 21.401,30 (20.671,20 + 730,10), die mit 30% ImmoESt zu versteuern sind (6.420,39 Euro).
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | § 30 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 30b Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6634c GrundanteilV 2016, BGBl. II Nr. 99/2016 |
Schlagworte: | Einkommensteuer - Grundstück - Grund und Boden - grundstücksgleiche Rechte - Umwidmung - Bausperre - Rückwidmung - Besserungsvereinbarung - Altgrundstück |
Stammfassung: | 06 0104/9-IV/6/00 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAA-76448