13 Zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben (§ 19 EStG 1988)
13.1 Vereinnahmung
13.1.1 Allgemeines
4601Einnahmen sind einem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald er die volle Verfügungsmacht über sie erhält (; ). Bei geldwerten Vorteilen ist ein Zufluss auch dann gegeben, wenn der Empfänger den Vorteil auf Grund einer Verfügungsbeschränkung nicht weitergeben bzw. weiterveräußern kann (zB Aktien, die einem zeitlich befristeten Veräußerungsverbot unterliegen).
Entscheidend ist die objektive Verfügungsmöglichkeit und nicht die Kenntnis des Steuerpflichtigen von einem Geldeingang. Somit ist ein auf das Bankkonto des Zahlungsempfängers eingezahlter Betrag mit dem Zeitpunkt der Gutschrift durch die Bank und nicht erst im Zeitpunkt der Verständigung von dieser Gutschrift zugeflossen ().
4602Für den Zeitpunkt der Vereinnahmung von Geld (oder geldwerten Vorteilen) ist es ohne Bedeutung, wann der obligatorische Anspruch (Übergang des bürgerlich-rechtlichen Eigentums) darauf entstanden ist. Wird ein Geschäft zB am 22. Dezember eines Kalenderjahres abgeschlossen, erhält der Steuerpflichtige aber die ihm aus dem Geschäft zustehende Geldleistung erst am 15. Jänner des folgenden Kalenderjahres auf seinem Konto gutgeschrieben, so ist der Zufluss erst im folgenden Kalenderjahr erfolgt ().
Ist der Steuerpflichtige aber gleichzeitig Mehrheitsgesellschafter der Schuldner-Körperschaft, ist der Zufluss grundsätzlich mit der Fälligkeit der Forderung anzunehmen, außer die Gesellschaft ist zahlungsunfähig (). Entscheidend für die Annahme eines Zuflusses von Gesellschafter-Geschäftsführerbezügen bereits mit deren Fälligkeit ist das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses des Gesellschafter-Geschäftsführers auf die Gesellschaft über die Gesellschafterversammlung () und damit ein besonderes Naheverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Aus welchen Umständen sich ein solcher beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft ergibt, ist dabei nicht wesentlich, womit neben dem Fall des Mehrheitsgesellschafters auch andere Konstellationen beherrschenden Einflusses möglich sind, wie etwa aufgrund eines Naheverhältnisses zu anderen Anteilsinhabern ().
4603Daher bewirken auch Gutschriften in den Büchern des Schuldners oder die Zustellung einer Gutschriftsanzeige in der Regel kein Zufließen beim Gläubiger, weil damit noch keine Verfügungsmacht über den gutgeschriebenen Betrag erlangt wird; maßgeblich ist die reine Geldbewegung (). Gibt der Schuldner jedoch zusätzlich zur Gutschrift in seinen Büchern zu erkennen, dass der Betrag von nun an dem Gläubiger zur tatsächlichen Verwendung zur Verfügung steht, ist damit der Zufluss verwirklicht. Dies wird etwa dann anzunehmen sein, wenn der Schuldner dem Gläubiger eine Auszahlungsverfügung in die Hand gibt, mit der dieser jederzeit bei ihm (zB bei der Betriebskasse) oder bei der kontoführenden Bank das Geld abholen kann (; ) bzw. bei Benachrichtigung des Berechtigten über die jederzeit behebbare Gutbuchung auf einem Verrechnungskonto.
4604Ist der Schuldner zahlungsunfähig, begründet die Gutschrift keinen Zufluss (). Die Zahlungsunfähigkeit setzt ein dauerndes Nichtzahlenkönnen voraus. Eine bloße Zahlungsstockung, dh. ein lediglich vorübergehend und kurzzeitiger Mangel an Zahlungsmitteln, der durch alsbaldige Mittelbeschaffung - wie etwa durch kurzfristig mögliche Verwertung vorhandener Aktiva oder Aufnahme eines Überbrückungskredites - wieder behebbar ist, stellt keine Zahlungsunfähigkeit dar (vgl. ). Ist der Schuldner zahlungsunwillig oder unterbleibt die Auszahlung, weil der Schuldner in Täuschungs- bzw. Betrugsabsicht handelt, liegt ebenfalls kein Zufluss vor.
4605Bei einer Gutschrift von Betriebssteuern wird der Zufluss mit der Gutschrift am Konto des Steuerpflichtigen beim Finanzamt bewirkt, und zwar auch dann, wenn es zu keiner Rückzahlung, sondern zu einer Guthabensverwendung gemäß § 215 BAO kommt (). Verfügungsbeschränkungen iSd § 239 BAO hindern nicht die Annahme eines Zuflusses.
4606Die Vereinnahmung eines Geldbetrages durch einen Bevollmächtigten bewirkt einen Einnahmenzufluss beim Vollmachtgeber (; ).
4607Ein steuerlich wirksamer Zufluss liegt weiters bei Anzahlungen auf noch nicht erbrachte Leistungen, Akontozahlungen oder Vorauszahlungen vor (; , betreffend vorausgezahlte Provisionen; , betreffend Handelsvertreter; , betreffend Rechtsanwalt). Auf die Fälligkeit wirtschaftlich bereits zugegangener Einnahmen kommt es grundsätzlich nicht an (; ); daher sind auch Vorauszahlungen vor Fälligkeit zugeflossen und - trotz Fälligkeit nicht gezahlte Beträge - nicht zugeflossen.
4608Vorauszahlungen wie insbesondere Bezugsvorschüsse und Mietvorauszahlungen sind grundsätzlich nach den allgemeinen Zufluss-Grundsätzen - unabhängig von der Fälligkeit, nach Maßgabe der Erlangung der Verfügungsmacht - zu beurteilen. Zur Abgrenzung zum Darlehen siehe Rz 6411, zu Bezugsvorschüssen siehe LStR 2002 Rz 632 und 633.
4609Änderungen in den Folgejahren, insbesondere die Rückzahlung, können den einmal erfolgten Zufluss nicht mehr rückgängig machen (, betreffend verdeckte Ausschüttung). Auch die Rückgängigmachung des Rechtsgeschäftes ändert nichts am bereits erfolgten Zufluss (, betreffend Spekulationsgeschäft; , betreffend Rückzahlung von Vorauszahlungen bei nicht zustandegekommenen Verträgen). Auch das weitere Schicksal zugeflossener Beträge beim Steuerpflichtigen ist unmaßgeblich (; ). Siehe im Übrigen auch LStR 2002 Rz 631 bis 639.
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 19 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | |
Schlagworte: | Einkommensteuer - Vertreter |
Stammfassung: | 06 0104/9-IV/6/00 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAA-76448