Erster Teil Allgemeine Bestimmungen
Abschnitt V Mittel der Sozialversicherung
1. Unterabschnitt Beiträge zur Pflichtversicherung auf Grund des Arbeitsverdienstes (Erwerbseinkommens)
§ 67a. Haftung bei Beauftragung zur Erbringung von Bauleistungen
(1) Wird die Erbringung von Bauleistungen nach § 19 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes 1994 von einem Unternehmen (Auftrag gebendes Unternehmen) an ein anderes Unternehmen (beauftragtes Unternehmen) ganz oder teilweise weitergegeben, so haftet das Auftrag gebende Unternehmen für alle Beiträge und Umlagen (§ 58 Abs. 6), die das beauftragte Unternehmen an österreichische Krankenversicherungsträger abzuführen hat oder für die es nach dieser Bestimmung haftet, bis zum Höchstausmaß von 20 % des geleisteten Werklohnes, wenn kein Befreiungsgrund nach Abs. 3 vorliegt.
(2) Die Haftung nach Abs. 1 tritt mit dem Zeitpunkt der Zahlung des Werklohnes ein und umfasst alle vom beauftragten Unternehmen zu entrichtenden Beiträge und Umlagen, die bis zum Ende jenes Kalendermonates fällig werden, in dem die Leistung des Werklohnes erfolgt. Als Werklohn gilt das gesamte für die Erfüllung des Auftrages zu leistende Entgelt; als Leistung des Werklohnes gilt auch jede Teilleistung dieses Entgeltes; als Leistung gilt insbesondere auch die Erfüllung durch Aufrechnung seitens des Auftrag gebenden Unternehmens oder des beauftragten Unternehmens. Die Haftung kann geltend gemacht werden, wenn zur Hereinbringung der in Abs. 1 genannten Beiträge und Umlagen erfolglos Exekution geführt wurde oder bezüglich des beauftragten Unternehmens ein Insolvenztatbestand nach § 1 IESG vorliegt. Die Haftung besteht unbeschadet von Ansprüchen nach § 13a IESG.
(3) Die Haftung nach Abs. 1 entfällt,
1. wenn das beauftragte Unternehmen zum Zeitpunkt der Leistung des Werklohnes in der Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Gesamtliste) nach § 67b Abs. 6 geführt wird oder
2. – wenn Z 1 nicht zutrifft - das Auftrag gebende Unternehmen 20 % des zu leistenden Werklohnes (Haftungsbetrag) gleichzeitig mit der Leistung des Werklohnes an das Dienstleistungszentrum (§ 67c) überweist.
Als Leistungszeitpunkt nach Z 1 gilt der Kalendertag, an dem die entscheidende Rechtshandlung zur Erfüllung der Werklohnschuld gesetzt wurde; den Zeitpunkt der entscheidenden Rechtshandlung hat das Auftrag gebende Unternehmen nachzuweisen. Abweichend davon ist der dem Leistungszeitpunkt vorangehende Kalendertag maßgeblich, wenn an diesem die elektronische Einsichtnahme in die HFU-Gesamtliste erfolgte und die tagesgleiche Erteilung des Auftrages zur Zahlung des Werklohnes unmöglich oder unzumutbar war.
(4) Die Überweisung nach Abs. 3 Z 2 wirkt gegenüber dem beauftragten Unternehmen schuldbefreiend; sie gilt als Drittleistung und unterliegt nicht dem Zweiten Abschnitt des Ersten Hauptstückes des Ersten Teiles der Insolvenzordnung. Der Überweisungsdatensatz bzw. die elektronische Überweisung ist mit dem Vermerk „AGH“ zu versehen und hat folgende Daten zu enthalten:
1. die DienstgeberInnennummer, wenn nicht vorhanden den Firmennamen und die Adresse des Auftrag gebenden Unternehmens,
2. a) die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, wenn nicht vorhanden die Finanzamts- und Steuernummer sowie
b) die DienstgeberInnennummer, in Ermangelung einer solchen bei Personen nach § 67e die Versicherungsnummer mit dem Zusatz „v“, in sonstigen Fällen den Firmennamen
des beauftragten Unternehmens und
3. das Datum und die Nummer der Rechnung über den Werklohn.
(5) Das Dienstleistungszentrum (§ 67c) hat die bei ihm eingelangten Haftungsbeträge unverzüglich an den oder die für die Beitragseinhebung zuständigen Krankenversicherungsträger weiterzuleiten. Sind mehrere Krankenversicherungsträger zuständig, so sind die Haftungsbeträge im Verhältnis der Zahl der versicherten Personen, die im Weiterleitungszeitpunkt auf die jeweiligen DienstgeberInnenkonten (Beitragskonten) des beauftragten Unternehmens entfallen, aufzuteilen. Das Nähere ist durch Richtlinien des Hauptverbandes zu regeln.
(5a) Bei Überweisungen von Haftungsbeträgen durch Auftrag gebende Unternehmen von Personen nach § 67e hat das Dienstleistungszentrum die bei ihm eingelangten Haftungsbeträge an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft weiterzuleiten, sofern nicht ein anderer in Betracht kommender Krankenversicherungsträger diese Haftungsbeträge innerhalb von 14 Tagen ab deren Einlangen anfordert.
(6) Guthaben auf einem Beitragskonto des beauftragten Unternehmens, die sich auf Grund der Überweisung von Haftungsbeträgen nach Abs. 3 Z 2 ergeben, sind auf schriftlichen Antrag, der innerhalb von fünf Jahren ab Einlangen der Zahlung an das Dienstleistungszentrum (§ 67c) zu richten ist, durch den jeweils zuständigen Krankenversicherungsträger auszuzahlen. Dem Antrag ist insbesondere dann nicht stattzugeben, wenn am Letzten des Kalendermonats nach dem Einlangen des Antrages beim Dienstleistungszentrum (§ 67c)
1. nicht alle Beitragskonten nach dem ASVG und GSVG des beauftragten Unternehmens ausgeglichen sind oder
2. eine oder mehrere Beitragsgrundlagenmeldungen fehlen oder
3. die vorliegenden Beitragsgrundlagenmeldungen in auffälligem Widerspruch zur Zahl der versicherten Personen stehen, die beim beauftragten Unternehmen beschäftigt sind, oder
4. die Höhe des Werklohnes in auffälligem Widerspruch zur Zahl der versicherten Personen steht, es sei denn, das beauftragte Unternehmen weist nach, dass
a) für die Erbringung der Bauleistung nur die entsprechende Zahl von Dienstnehmern und Dienstnehmerinnen notwendig war oder
b) ein weiteres Unternehmen ganz oder teilweise mit der Erbringung der Leistungen beauftragt wurde und hinsichtlich dieser Beauftragung ein Haftungsbefreiungsgrund nach Abs. 3 vorliegt.
Wird dem Antrag nicht stattgegeben, so ist das Guthaben mit offenen Beitragsschulden des beauftragten Unternehmens sowie mit Ansprüchen gegenüber dem beauftragten Unternehmen auf Grund einer Haftung nach Abs. 1 zu verrechnen.
(6a) Bei Unternehmen ohne DienstgeberInnennummer, die nicht unter § 67e fallen, sind die Haftungsbeträge auf schriftlichen Antrag, der innerhalb von fünf Jahren ab Einlangen der Zahlung an das Dienstleistungszentrum zu richten ist, vom Dienstleistungszentrum auszuzahlen, sofern nicht ein in Betracht kommender Krankenversicherungsträger diese Haftungsbeträge innerhalb von 14 Tagen ab deren Einlangen anfordert. Wird von einem Krankenversicherungsträger oder der Finanzbehörde die Sozialversicherungs- oder Lohnsteuerpflicht in Österreich geprüft oder eine Ermittlung zur Feststellung dieser eingeleitet, so kann bis zum Abschluss der Prüfungshandlung die Auszahlung verweigert werden.
(7) Zum Zweck der Antragstellung nach Abs. 6 haben die DienstgeberInnen das Recht, auf elektronischem Weg uneingeschränkt und kostenlos Einsicht in ihr Beitragskonto zu nehmen.
(8) Die Auftrag gebenden Unternehmen haben den Krankenversicherungsträgern wahrheitsgemäß längstens binnen 14 Tagen Auskunft über die von ihnen beauftragten Unternehmen und über die weitergegebenen Bauleistungen zu erteilen. Erteilt ein auskunftspflichtiges Unternehmen keine Auskunft, so gilt es, so lange die erforderliche Auskunft nicht erteilt wird, bezüglich der weitergegebenen Bauleistungen jedenfalls als Auftrag gebendes Unternehmen aller nachfolgend beauftragten Unternehmen, wenn gegen diese Unternehmen zur Hereinbringung von Beiträgen und Umlagen erfolglos Exekution geführt wurde oder bezüglich dieser Unternehmen ein Insolvenztatbestand nach § 1 IESG vorliegt, es sei denn, dass ein Haftungsbefreiungsgrund nach Abs. 3 nachgewiesen werden kann.
(8a) Alle Unternehmen, die einen Antrag auf Aufnahme in die HFU-Liste stellen bzw. in der Liste geführt werden oder für die Haftungsbeträge von Auftrag gebenden Unternehmen geleistet wurden, haben den Krankenversicherungsträgern wahrheitsgemäß binnen 14 Tagen alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, die im Zusammenhang mit den § 67a bis 67e von Bedeutung sind. Hat der Krankenversicherungsträger Zweifel an der Richtigkeit der Angaben oder der vorgelegten Unterlagen, so kann er auch die Vorlage der Originalurkunden verlangen.
(9) Die Auftrag gebenden Unternehmen haben den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Krankenversicherungsträger während der Betriebszeit Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstige Aufzeichnungen zu gewähren, die für die Haftung nach Abs. 1 von Bedeutung sind.
(10) Die Haftung des Auftrag gebenden Unternehmens nach Abs. 1 erstreckt sich auf jedes weitere beauftragte Unternehmen, wenn die Auftragserteilung als Rechtsgeschäft anzusehen ist, das darauf abzielt, die Haftung zu umgehen (Umgehungsgeschäft), und das Auftrag gebende Unternehmen dies wusste oder auf Grund offensichtlicher Hinweise ernsthaft für möglich halten musste und sich damit abfand.
(11) Liegen Gründe für die Annahme eines Umgehungsgeschäftes nach Abs. 10 vor, so haben die Auftrag gebenden Unternehmen auf Anfrage durch die Krankenversicherungsträger binnen 14 Tagen alle Auskünfte über die weitergegebenen Bauleistungen zu erteilen, soweit diese Auskünfte nicht vom beauftragten Unternehmen innerhalb von 14 Tagen gegeben werden.
(12) Die Abgabenbehörden des Bundes, die örtliche Baupolizei sowie die Baustellenkoordinatoren und –koordinatorinnen haben den Krankenversicherungsträgern auf deren Anfrage Auskunft über alle für die Geltendmachung der Haftung nach Abs. 1 maßgebenden Umstände zu erteilen, soweit ihnen diese aus ihrer Vollzugstätigkeit bekannt sind. Die Baustellenkoordinatoren und –koordinatorinnen haben darüber hinaus besondere Aufzeichnungen über die ArbeitgeberInnen und die auf der Baustelle tätigen Selbständigen zu führen.
(13) Ansprüche aus der Haftung der Auftrag gebenden Unternehmen sind im Zivilrechtsweg vor den zur Ausübung der Gerichtsbarkeit in Handelssachen berufenen Gerichten geltend zu machen.
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)
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