2.10.5 Ausnahmebescheid (§ 6a Abs. 2 KStG 1988)
2.10.5.1 Antrag
250Nach § 6a Abs. 2 KStG 1988 kann die gemeinnützige Bauvereinigung einen Antrag auf Einschränkung der Steuerpflicht auf ein begünstigungsschädliches Geschäft (Ausnahmeantrag) vor Aufnahme dieses Geschäftes stellen. Der Ausnahmeantrag ist grundsätzlich für jedes einzelne Geschäft zu stellen, allerdings können in einem Antrag mehrere noch nicht aufgenommene Geschäfte zusammengefasst werden. Der Antrag unterliegt keinen Formvorschriften, er muss aber jedes einzelne Geschäft genau bezeichnen und auf seine Abgrenzbarkeit hinweisen. Wird der Antrag nicht rechtzeitig gestellt, tritt die unbeschränkte Steuerpflicht der gemeinnützigen Bauvereinigung ein.
251Ein Ausnahmeantrag nach der Aufnahme eines Geschäftes kann nur dann als rechtzeitig eingebracht gelten,
wenn im Zuge eines auszuführenden begünstigungsunschädlichen Projektes Änderungen vorgenommen werden sollen, die begünstigungsschädlich sind, oder
wenn die gemeinnützige Bauvereinigung von begünstigungsschädlichen Tatbeständen, die von anderen Personen gesetzt worden sind, trotz Wahrung der Sorgfaltspflicht keine Kenntnis haben konnte.
Ist eine Änderung geplant oder erhält die gemeinnützige Bauvereinigung von begünstigungsschädlichen Tatbeständen Kenntnis, gilt der Antrag als rechtzeitig eingebracht, wenn die gemeinnützige Bauvereinigung ihn vor dem Beginn der Verwirklichung des geänderten Projektes oder binnen Monatsfrist nach Bekanntwerden der begünstigungsschädlichen Tatbestände bei der zuständigen Abgabenbehörde (seit : Finanzamt für Großbetriebe) einbringt.
Ein in einem Feststellungsantrag gemäß § 6a Abs. 3 KStG 1988 enthaltenes Eventualbegehren auf Erteilung eines Ausnahmebescheides gilt als rechtzeitig gestellter Antrag.
252Hat eine gemeinnützige Bauvereinigung nachweislich Baulichkeiten (zB Einstellplätze, Garagen oder Abstellplätze), Wohnungen und Geschäftsräume im Sinne des § 15b Abs. 1 WGG mit der Absicht errichtet, diese bereits im Zuge der ersten Überlassung ins Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum) zu übertragen, und werden später einzelne davon (bis zu 20% des Bauvorhabens ohne Grünanlagen, bemessen nach Quadratmetern) mangels Verkaufserfolges vorübergehend zur Nutzung überlassen (in Miete oder zur sonstigen Nutzung im Sinne des § 15b Abs. 1 lit. a WGG) und zu einem späteren Zeitpunkt, jedoch vor Ablauf der Fünfjahresfrist gemäß § 15b Abs. 1 lit. b WGG ins Eigentum übertragen, stellt diese spätere Übertragung bzw. deren konkrete Vorbereitung (nicht aber bereits die Nutzungsüberlassung) ein begünstigungsschädliches Geschäft dar.
Das begünstigungsschädliche Geschäft wird in solchen Fällen daher nicht bereits mit der Errichtung oder den erstmaligen, erfolglosen Veräußerungsversuchen aufgenommen, sondern erst später, mit der ersten Handlung, die erkennbar auf die Eigentumsübertragung vor Ablauf der Fünfjahresfrist gerichtet ist, wie zB durch Abschluss eines Mietvertrages oder einer sonstigen Nutzungsvereinbarung mit Kaufoption vor Ablauf der Fünfjahresfrist oder durch nochmalige/erneute Bewerbung der bereits vorübergehend vermieteten Baulichkeiten, Wohnungen und Geschäftsräume zur nachträglichen Übertragung ins Eigentum.
Nach § 6a Abs. 2 KStG 1988 kann die gemeinnützige Bauvereinigung einen Antrag auf Einschränkung der Steuerpflicht auf ein begünstigungsschädliches Geschäft (Ausnahmeantrag) vor Aufnahme dieses Geschäftes stellen. Wird der Antrag nicht rechtzeitig gestellt, tritt die unbeschränkte Steuerpflicht der gemeinnützigen Bauvereinigung ein (siehe Rz 250).
Anträge nach § 6a KStG 1988 sind daher in diesen Fällen auch nach erfolgter Errichtung und auch noch nach erfolglosen Veräußerungsversuchen, jedoch nur vor Aufnahme des erneuten (nachträglichen) Eigentumsübertragungsgeschäfts zulässig (vgl. Rz 250 und 251).
253Die gemeinnützige Bauvereinigung hat dem Antrag auf Erteilung eines Ausnahmebescheides alle Unterlagen, die eine Beurteilung eines gegenständlichen Geschäftes ermöglichen (insbesondere die Anzahl und Nutzfläche der zu errichtenden Wohneinheiten, Geschäftslokale und Gemeinschaftseinrichtungen, die in derselben Gemeinde bereits ausgeführten Projekte usw.), anzuschließen. Die Abgabenbehörde ist aber jederzeit berechtigt, vor allem im Hinblick auf einen Antrag gemäß § 35 WGG, weitergehende, die allgemeine Geschäftstätigkeit der gemeinnützigen Bauvereinigung betreffende Unterlagen anzufordern bzw. Prüfungshandlungen zu setzen.
254Wird bei solchen Überprüfungen festgestellt, dass sich die Verhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt, zu dem ein Feststellungsbescheid erlassen wurde, in der Art geändert haben, dass bei ihrer Kenntnis ein anders lautender Bescheid ergehen hätte müssen, ist nach § 294 BAO vorzugehen. Eine nachträgliche Antragstellung auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ist dann nicht mehr möglich. Kommen Umstände zutage, die zum Verlust der Abgabenbegünstigung insgesamt führen (ex tunc oder ex nunc), werden auch Feststellungsbescheide unwirksam, mit denen einzelne Geschäfte als dem § 7 Abs. 1 bis 3 WGG entsprechend beurteilt wurden.
2.10.5.2 Ausnahmebescheid
255Für die Erteilung eines Ausnahmebescheides betreffend Beteiligungen gemäß § 7 Abs. 4 und 4b WGG ist die Einhaltung folgender Auflagen erforderlich:
Die Beteiligung ist zur Durchführung der Aufgaben der gemeinnützigen Bauvereinigung erforderlich.
Die Beteiligung ist in der Rechtsform einer inländischen Kapitalgesellschaft bzw. einer ausländischen Kapitalgesellschaft, die einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist ( § 7 Abs. 4 WGG), bzw.
einer inländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ( § 7 Abs. 4b WGG) zu gründen.
Die Höhe der Beteiligung der gemeinnützigen Bauvereinigung(en) muss (müssen) mehr als 50% des Kapitals und der Stimmrechte an den Unternehmungen iSd § 7 Abs. 4b WGG umfassen.
Das Kapital der Bauvereinigung darf durch die Beteiligung nicht übermäßig gebunden sein (wobei nicht nur die Zurverfügungstellung von Stammkapital, sondern auch Kreditgewährungen und Haftungen usw. bei der Beurteilung der Kapitalbindung einzubeziehen sind).
256Nimmt die gemeinnützige Bauvereinigung eine Geschäftstätigkeit außerhalb des vom § 7 Abs. 1 bis 3 WGG umschriebenen Geschäftskreises auf, ohne einen Antrag auf Erlassung eines Ausnahmebescheides an die zuständige Abgabenbehörde zu stellen, geht die Steuerbefreiung gemäß § 5 Z 10 KStG 1988 auch dann verloren, wenn die gemeinnützige Bauvereinigung bei der Landesregierung einen Antrag gemäß § 7 Abs. 4 WGG gestellt hat und eine Bewilligung erteilt wurde.
257Stellt die gemeinnützige Bauvereinigung vor Beginn eines begünstigungsschädlichen Geschäftes einen Ausnahmeantrag, ist wie folgt vorzugehen:
Liegen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 2 KStG 1988 vor, hat die zuständige Abgabenbehörde einen Ausnahmebescheid zu erlassen.
Widerspricht das Geschäft den Grundsätzen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, hat die Abgabenbehörde einen Antrag gemäß § 35 WGG an die Landesregierung zu stellen. Die vorgesehenen Maßnahmen sind ohne unnötige Verzögerungen zu ergreifen. Eine eigenständige Abweisung des Antrages ist im Gesetz grundsätzlich nicht vorgesehen; sie kann daher formell nur nach Entziehung der Gemeinnützigkeit durch die Landesregierung erfolgen.
Wurde der Antrag nicht rechtzeitig, dh. vor der Aufnahme des Geschäftes gestellt, ist der Antrag zurückzuweisen.
Betrifft der Antrag ein gemäß § 7 Abs. 1 bis 3 WGG zulässiges Geschäft, ist er abzuweisen.
Der auf Grund eines Antrages nach § 6a Abs. 2 KStG 1988 ergangene Bescheid ist von der Abgabenbehörde unverzüglich dem Revisionsverband zu übermitteln ( § 7 Abs. 4c WGG).
258Leitet die Landesregierung über Antrag der zuständigen Abgabenbehörde (seit : Finanzamt für Großbetriebe) ein Entziehungsverfahren im Sinne des § 35 WGG ein, hindert dies den weiteren Gang der Besteuerung nicht. Die zuständige Abgabenbehörde kann vielmehr gemäß § 200 BAO vorläufige Bescheide erlassen. Die Behörde hat jedenfalls die antragstellende gemeinnützige Bauvereinigung vom Antrag auf Einleitung des Entziehungsverfahrens in Form einer Zwischenerledigung in Kenntnis zu setzen.
259Die zuständige Abgabenbehörde hat den Ausnahmebescheid unter der in § 6a Abs. 2 KStG 1988 vorgesehenen Auflage zu erlassen, dass für das Ausnahmegeschäft ein gesonderter Rechnungskreis bestehen muss.
260Wird von der zuständigen Abgabenbehörde ein Entziehungsverfahren im Sinne des § 35 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz beantragt, steht der damit in Zusammenhang stehenden Offenbarung von Verhältnissen und Umständen der betroffenen gemeinnützigen Bauvereinigung an die zuständige Landesregierung nicht die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit im Sinne des Art. 20 Abs. 3 B-VG entgegen und stellt daher auch keine Verletzung der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht dar. Dies gilt auch für Stellungnahmen der zuständigen Abgabenbehörde (seit : Finanzamt für Großbetriebe) zu Anträgen einer gemeinnützigen Bauvereinigung nach § 7 Abs. 4 WGG.
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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
QAAAA-76455