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Richtlinie des BMF vom 07.05.2018, BMF-010203/0171-IV/6/2018
6 Bewertung (§ 6 EStG 1988)

6.4 Anschaffungs- und Herstellungskosten, Teilwert

6.4.1 Anschaffungskosten

6.4.1.1 Allgemeines

2164Das EStG 1988 enthält keine gesetzliche Umschreibung des Begriffes. Da die allgemeinen und die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung im Bereich der Anschaffungskosten nicht voneinander abweichen, gilt der unternehmensrechtliche Anschaffungskostenbegriff (§ 203 Abs. 2 UGB) für sämtliche Gewinnermittlungsarten und auch für die außerbetrieblichen Einkunftsarten (). Unterschiede können sich ua. aus der steuerlichen Angemessenheitsprüfung gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 () oder durch das Unterbleiben der Namensnennung des Vermittlungsprovisionsempfängers gemäß § 162 BAO ergeben.

2165Anschaffungskosten sind jene Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben und in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Wirtschaftsgut einzeln zugeordnet werden können, wobei zu den Anschaffungskosten auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten gehören. Anschaffungspreisminderungen sind abzusetzen (§ 203 Abs. 2 UGB).

6.4.1.2 Anschaffungszeitpunkt, Anschaffungszeitraum

6.4.1.2.1 Anschaffungszeitpunkt

2166Der Anschaffungszeitpunkt entspricht dem Zeitpunkt der Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums. Das ist jener Zeitpunkt, zu dem die Möglichkeit, ein Wirtschaftsgut wirtschaftlich zu beherrschen und den Nutzen aus ihm zu ziehen, übergeht (Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht). Es entscheidet die tatsächliche betriebliche Nutzungsmöglichkeit und nicht nur der rechtliche Übergang von Besitz, Preisgefahr, Nutzen und Lasten (; ; , ).

2167Der Anschaffungszeitpunkt ist für die Bilanzierung dem Grunde nach und für den Diskontierungszeitpunkt des Barwertes einer Renten- oder Ratenverpflichtung und somit auch für die Höhe der Anschaffungskosten (Bilanzierung der Höhe nach bzw. Bewertung) der auf diese Weise finanzierten Wirtschaftsgüter maßgebend.

6.4.1.2.2 Anschaffungszeitraum

2168Die Ermittlung der Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes erfolgt nicht zeitpunkt-, sondern zeitraumbezogen (, zur Anschaffung einer Beteiligung). Nur jene Aufwendungen, welche innerhalb dieses Zeitraumes anfallen, kommen als Anschaffungskosten in Frage. Der Anschaffungsvorgang ist bedeutsam vor allem für die Ermittlung der Anschaffungsnebenkosten und der nachträglichen Anschaffungskosten.

2169Als Anschaffungskosten kommen nur jene Aufwendungen in Frage, die auf Tätigkeiten zurückzuführen sind, die zur erstmaligen bestimmungsgemäßen Nutzbarmachung des Wirtschaftsgutes führen. Der Anschaffungszeitraum erfasst dabei nicht nur jene Aufwendungen ab der endgültigen Erwerbsentscheidung, sondern alle auf den Erwerb gerichteten Aufwendungen ab der Dokumentation der Absicht, ein bestimmtes Wirtschaftsgut erwerben zu wollen; dazu zählen auch Aufwendungen in Zusammenhang mit der Bestimmung der Beschaffenheit und des Wertes des zu erwerbenden Wirtschaftsgutes (). Das Ende des Anschaffungszeitraumes ist nicht bereits mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht erreicht, sondern erst dann, wenn der erworbene Gegenstand einen Zustand erreicht hat, der seine bestimmungsgemäße Nutzung am geplanten Einsatzort ermöglicht (objektive Betriebsbereitschaft).

Beispiel 1:

Ein defekt erworbener Lastkraftwagen ist für eine Reparaturwerkstätte oder einen Schrotthändler "betriebsbereit", nicht jedoch für ein Transportunternehmen.

Beispiel 2:

Die Betriebsbereitschaft einer Anlage, für die der Verkäufer eine bestimmte während eines Garantielaufes zu erreichende Anlagenleistung verspricht, ist mit der Beendigung der mechanischen Fertigstellung und der Eignung zum Probebetrieb gegeben ().

Zu den anschaffungsnahen Erhaltungsaufwendungen siehe Rz 2620 ff.

6.4.1.3 Anschaffungspreisprinzip

2170Anschaffungskosten müssen auf tatsächlich am Markt realisierte Zahlungs- oder Austauschvorgänge zurückführbar sein. Anschaffungskosten können daher teilweise oder zur Gänze etwa durch Hingabe von Sachgütern oder durch Überlassung von Nutzungsmöglichkeiten erbracht werden, wenn diesen im wirtschaftlichen Verkehr ein Geldwert beigemessen wird.

6.4.1.4 Finanzierungsaufwendungen

2171Die Aktivierung von Fremdkapitalzinsen ist grundsätzlich unzulässig (Aktivierungsverbot). Ausnahmsweise ist im Falle von kreditfinanzierten Anzahlungen oder Vorauszahlungen im Zusammenhang mit der Anschaffung von Neuanlagen mit längerer Bauzeit von einem unternehmensrechtlichen Aktivierungswahlrecht der bis zum Anschaffungszeitpunkt anfallenden Zinsen auszugehen. Wird dieses Wahlrecht in Anspruch genommen, dann ist dem auch steuerlich zu folgen.

2172Eine Abzinsung einer Verbindlichkeit im Zusammenhalt mit der Ermittlung von Anschaffungskosten ist dann notwendig, wenn im Rückzahlungsbetrag Zinskomponenten enthalten sind, die nicht Bestandteil der Anschaffungskosten des fremdfinanzierten Wirtschaftsgutes sind ().

2173Eigenkapitalzinsen kommen nicht als Teil der Anschaffungsneben- oder als nachträgliche Anschaffungskosten in Frage, da diese zu keiner Zeit zu Ausgaben, aber auch nicht zum Verzicht auf ein geldwertes Recht führen.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 162 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 203 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
Verweise:
§ 203 Abs. 2 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897

§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988





EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 2620
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 2621
Schlagworte:
Einkommensteuer - Herstellungskosten - Teilwert - Anschaffungskosten - ordnungsmäßige Buchführung - handelsrechtlich - außerbetriebliche Einkunftsarten - Angemessenheitsprüfung - Namensnennung - Vermittlungsprovisionsempfänger - betriebsbereiter Zustand - Nebenkosten - nachträgliche Anschaffungskosten - Anschaffungspreisminderung - Anschaffungszeitpunkt - Anschaffungszeitraum - Erlangung - wirtschaftliches Eigentum - Verfügungsmacht - Nutzungsmöglichkeit - Besitz - Preisgefahr - Nutzen - Lasten - Diskontierungszeitpunkt - Barwert - Ratenverpflichtung - Höhe - zeitraumbezogen - Anschaffungsvorgang - Anschaffungsvorgänge - Anschaffungsnebenkosten - nachträglich - bestimmungsgemäße Nutzbarmachung - objektive Betriebsbereitschaft - anschaffungsnahe Erhaltungsaufwendungen - Anschaffungspreisprinzip - Finanzierungsaufwendungen - Aktivierung - Fremdkapitalzinsen - Aktivierungsverbot - kreditfinanzierte Anzahlung - Vorauszahlung - Bauzeit - Aktivierungswahlrecht - Zinsen - Wahlrecht - Abzinsung - Rückzahlungsbetrag - Zinskomponente - fremdfinanziertes Wirtschaftsgut - fremdfinanzierte Wirtschaftsgüter - Eigenkapitalzinsen.
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448