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Richtlinie des BMF vom 31.03.2023, 2023-0.039.376
6 Bewertung (§ 6 EStG 1988)

6.19 Tausch von Wirtschaftsgütern, Einlage oder Einbringung von Wirtschaftsgütern oder sonstigem Vermögen in eine Körperschaft

6.19.1 Tausch von Wirtschaftsgütern

2588Der Tausch stellt ein entgeltliches Rechtsgeschäft dar, da beim Tausch eines Wirtschaftgutes gegen ein anderes Wirtschaftsgut eine Anschaffung des erworbenen Wirtschaftsgutes und eine Veräußerung des hingegebenen Wirtschaftsgutes vorliegt (). Es muss beim Tausch grundsätzlich zu einer Gewinnrealisierung kommen (), wenn vorhandene stillen Reserven aufzudecken sind durch den Ansatz des gemeinen Werts des hingegebenen Wirtschaftsguts. Das Hinausschieben der Besteuerung kann bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 EStG 1988 durch die Übertragung stiller Rücklagen erreicht werden.

2589§ 6 Z 14 EStG 1988 überträgt den Tauschgrundsatz auch auf die Einlage und Einbringungen in eine Körperschaft und bewirkt, dass eine Sacheinlage in eine Körperschaft einerseits eine Veräußerung des eingelegten Wirtschaftsgutes, andererseits eine Anschaffung der Gesellschaftsanteile darstellt. Gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 führt daher eine Sacheinlage von Kapitalvermögen, dessen Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital iSd § 27 Abs. 2 EStG 1988 darstellen, zur Realisierung und Versteuerung der darin enthaltenen stillen Reserven. Ebenso stellt eine Sacheinlage von Grundstücken iSd § 30 Abs. 1 EStG 1988 einen Tausch dar und unterliegt der Immobilienertragsteuer iSd § 30 EStG 1988. Die Sacheinlage anderer Privatvermögenswerte aus dem Privatvermögen führt nur im Falle des Vorliegens eines Spekulationstatbestandes iSd § 31 Abs. 1 EStG 1988 zu einem steuerpflichtigen Vorgang nach dem Tauschgrundsatz. Im KStG 1988 wurde der Einlagentatbestand auch im Körperschaftsteuerrecht festgeschrieben, die durch die Einlage eintretende Erhöhung des Vermögens der Körperschaft wird steuerlich nicht erfasst.

6.19.1.1 Anschaffungskosten bei Tausch von Wirtschaftsgütern: Bewertungsgrundsatz Gemeiner Wert

2590Der gemeine Wert kommt als subsidiärer Wertmaßstab im EStG 1988 ua. auf Grund ausdrücklicher Regelung beim Tausch und diesem gleichgestellter Sacheinlage in Kapitalgesellschaften zur Anwendung. Die Bewertung des erworbenen Wirtschaftsguts erfolgt zu Anschaffungskosten, die dem gemeinen Wert des hingegebenen entsprechen. Der gemeine Wert ist im EStG 1988 nicht eigenständig definiert, es gelten daher die Bestimmungen des BewG 19551 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 BewG 1955).

2591Während bei Ermittlung des Teilwertes die Wiederbeschaffungskosten (, das von einem Beschaffungsmarkt ausgeht) im Vordergrund stehen, ergibt sich der gemeine Wert aus einem Marktwert ohne Zusammenhang mit einem Betrieb und entspricht dem Liquidationswert bei Einzelveräußerung (). Der gemeine Wert ist ein Verkaufswert und schließt die Anschaffungsnebenkosten nicht mit ein, während der Teilwert diese beinhaltet (). Ungewöhnliche und persönliche Verhältnisse einschließlich personenbezogener Verfügungsbeschränkungen sind bei Ermittlung des gemeinen Wertes auszuschalten (§ 10 Abs. 2 und 3 BewG 1955). Der gemeine Wert beinhaltet keine Umsatzsteuer ().

2592Beim Tausch mit Aufzahlung setzen sich die Anschaffungskosten aus dem gemeinen Wert der hingegebenen Sache zuzüglich der Aufzahlung zusammen. Beim Tauschpartner ergeben sich als Anschaffungskosten der Wert des von ihm hingegebenen Wirtschaftsgutes abzüglich der Barzahlung.

2593Eine mittelbare Wertermittlung aus dem gemeinen Wert des erworbenen Wirtschaftsguts als Hilfswert ist zulässig, wenn sich der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts schwieriger ermitteln lässt als der Wert des erworbenen Wirtschaftsguts, weil davon ausgegangen werden kann, dass etwa gleichwertige Leistungen getauscht werden.

6.19.1.2 Zeitpunkt der Gewinnrealisierung bei Tausch

2594Die Gewinnrealisierung beim Tausch ist bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich mit der Hingabe des Wirtschaftsgutes anzunehmen; wird das im Tauschwege erworbene Wirtschaftsgut später geliefert, ist eine entsprechende Forderung auszuweisen.

Wird der Gewinn mittels Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt, erfolgt die Erfassung der Einnahme im Zeitpunkt der Erlangung der betrieblichen Nutzungsmöglichkeit iSd faktischen Verfügungsmacht über das eingetauschte Wirtschaftsgut (vgl. ). Der Buchwert des hingegebenen Wirtschaftsgutes ist grundsätzlich im Zeitpunkt von dessen Hingabe als Aufwand zu erfassen. Es bestehen aber keine Bedenken, den Buchwertabgang erst im Zeitpunkt der Erfassung der Einnahme als Aufwand zu erfassen (vgl. auch Rz 774).

Kommt es somit zu einem Auseinanderfallen von Hingabe des Wirtschaftsgutes und Zufluss der Einnahme aus dem Tauschgeschäft, ist dies wirtschaftlich einer Akontozahlung vergleichbar. In Höhe des gemeinen Wertes des erhaltenen Wirtschaftsgutes kommt es insoweit zum Zufluss des Veräußerungserlöses.

Übersteigt sodann der gemeine Wert des in einem späteren Zeitraum hingegebenen Wirtschaftsgutes den gemeinen Wert des erhaltenen Wirtschaftsgutes, ist die positive Differenz im Zeitpunkt der Hingabe des eingetauschten Wirtschaftsgutes als Veräußerungserlös aus dem Tauschgeschäft zu erfassen. Grundsätzlich sind vom zugeflossenen Veräußerungserlös die Anschaffungskosten des hingegebenen Wirtschaftsgutes erst im Zeitpunkt der Hingabe in Abzug zu bringen; es bestehen aber keine Bedenken, den Buchwertabgang bereits im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses insoweit zu berücksichtigen, als er im zugeflossenen Veräußerungserlös Deckung findet.

Beispiel:

A und B tauschen zwei Grundstücke. Das Grundstück von A hat einen gemeinen Wert in Höhe von 100.000 und das Grundstück von B einen gemeinen Wert in Höhe von 110.000 und dessen Anschaffungskosten betragen 80.000.

A überträgt sein Grundstück an B bereits im Jahr 01, erhält von diesem aber das andere Grundstück erst im Jahr 02.

Mit der Übernahme des Grundstückes von A kommt es bei B bereits im Jahr 01 zum Zufluss des Veräußerungserlöses in Höhe von 100.000. Soweit der gemeine Wert des erhaltenen Grundstückes die Anschaffungskosten des noch hinzugebenden Grundstückes nicht übersteigt, wird bei B noch kein Zufluss von Einkünften aus diesem Tauschgeschäft bewirkt. Da die Anschaffungskosten des Grundstückes von B 80.000 betragen, fließen bei B im Jahr 01 Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung in Höhe von 20.000 zu.

Mit der Hingabe des Grundstückes durch B im Jahr 02 fließt auch der Rest des Veräußerungserlöses in Höhe von 10.000 zu (Gesamtveräußerungserlös ist der gemeine Wert des hingegebenen Grundstückes in Höhe von 110.000). Da die Anschaffungskosten bereits beim Erhalt des Grundstückes von A im Jahr 01 berücksichtigt wurden, sind im Jahr 02 Einkünfte aus der Grundstücksveräußerung in Höhe von 10.000 zu erfassen (Gesamteinkünfte aus der Grundstücksveräußerung bei B 30.000).

6.19.2 Tauschgrundsätze bei Einlage oder Einbringung von Wirtschaftsgütern oder sonstigem Vermögen in eine Körperschaft

6.19.2.1 Allgemeines

2595Durch die Aufnahme der Geltung des Tauschgrundsatzes für die Einlage oder Einbringung von Wirtschaftsgütern oder sonstigem Vermögen in § 6 Z 14 EStG 1988 wurde klargestellt, dass die Einlagenbewertungsvorschrift des § 6 Z 5 EStG 1988 auf gesellschaftsrechtliche Einlagen nicht anwendbar ist und bei der die Einlage empfangenden Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft ein Anschaffungsvorgang vorliegt.

2596War der die Einlage bewirkende Steuerpflichtige bereits vor der Einlage an die Körperschaft beteiligt, so ist

  • im Falle einer Einlage anlässlich einer Kapitalerhöhung die Anschaffung weiterer Anteile,

  • im Falle einer Einlage ohne Kapitalerhöhung die nachträgliche Erhöhung der seinerzeitigen Anschaffungskosten der bisherigen Anteile anzunehmen.

In beiden Fällen ist der gemeine Wert des eingelegten Wirtschaftsgutes anzusetzen. Aber auch die Vermögenszuwendung durch einen nicht unmittelbar an der Gesellschaft Beteiligten gilt als über den unmittelbar beteiligten Gesellschafter eingelegt und daher als steuerneutraler Vermögenszugang.

2597Auf der Seite der Körperschaft, die die Einlage erhält, liegt eine Anschaffung in Form eines Tausches vor. Die durch die Einlage eintretende Erhöhung des Vermögens der Körperschaft wird steuerlich nicht erfasst ( § 8 Abs. 1 KStG 1988). Das im Wege der Einlage zugegangene Wirtschaftsgut gilt als angeschafft; als Anschaffungskosten ist der gemeine Wert des eingelegten Wirtschaftsguts anzusetzen. § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988 kann nicht angewendet werden.

2598Die Zuführung eines Wirtschaftsguts an eine Körperschaft kann auch anteilig als Einlage anzusehen sein. Dies wäre dann der Fall, wenn ein Anteilsinhaber der Körperschaft ein Wirtschaftsgut zu einem unangemessen niedrigen Preis verkauft. In diesem Fall ist in Höhe der Differenz zum gemeinen Wert eine Einlage anzunehmen.

Der gemeine Wert eingelegter Wirtschaftsgüter erhöht die Anschaffungskosten der Beteiligung ().

2599Unter den dargestellten Einlagentatbestand des § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 fällt nicht nur die Übertragung von Geld oder Sachen, sondern auch der Verzicht auf eine unter den Wirtschaftsgutbegriff fallende Forderung gegenüber der Kapitalgesellschaft aus gesellschaftsrechtlichen Motiven (causa societatis).

Beispiel:

Der Gesellschafter gewährt der Gesellschaft ein zinsloses Darlehen zur Finanzierung von Investitionen. Nach zwei Jahren beschließt der Gesellschafter, auf die werthaltige Darlehensforderung zu verzichten. In Höhe des der Verbindlichkeit entsprechenden gemeinen Wertes der Kapitalforderung liegt einlagebedingt ein Veräußerungstatbestand (Buchwert der wegfallenden Forderung = gemeiner Wert, daher keine Steuerpflicht) und eine Beteiligungsanschaffung im Wege der Aktivierung des gemeinen Wertes der Forderung auf die Beteiligung an der Tochter vor. Bei der Gesellschaft liegt ein einlagebedingt steuerneutraler Vermögenszugang im Wege der Aktivierung der erworbenen Forderung mit dem gemeinen Wert und der Passivierung auf Kapitalrücklage vor. Eine juristische Sekunde später bewirkt die Vereinigung von Forderung und Verbindlichkeit (Confusio) den Wegfall von Aktivum und Passivum, der sich ergebende Saldo ist Null.

Der gesellschaftlich veranlasste (causa societatis) Verzicht des Gesellschafters auf seine Forderung gegen die Gesellschaft ist nur mit jenem Betrag eine gesellschaftlich veranlasste Einlage, der dem Tageswert entspricht (). Der Wegfall des nicht mehr werthaltigen Teiles der Forderung ist bei der Gesellschaft nicht mehr gesellschaftsrechtlich, sondern betrieblich veranlasst und deshalb steuerwirksam (§ 8 Abs. 1 KStG 1988 idF des Budgetbegleitgesetzes 2007, wirksam ab ).

Fortsetzung des Beispiels:

Der Gesellschafter sieht nach zwei Jahren die Werthaltigkeit der Forderung nicht mehr gegeben und nimmt eine steuerwirksame Teilwertabschreibung iHv 70% auf die Forderung vor. Im dritten Jahr verzichtet der Gesellschafter außerhalb eines allgemeinen Gläubigerverzichtes auf die Forderung. In Höhe des gemeinen Wertes der Forderung (30% der Nominalforderung) liegt ein einlagebedingter Veräußerungstatbestand (steuerneutral) in Verbindung mit der Aktivierung des gemeinen Wertes auf die Beteiligung vor. Bei der Gesellschaft liegt ein einlagebedingt steuerneutraler Vermögenszugang im Wege der Aktivierung der erworbenen Forderung mit dem gemeinen Wert (30% der Nominalforderung) und der Passivierung auf Kapitalrücklage in gleicher Höhe vor. Eine juristische Sekunde später bewirkt die Vereinigung von Forderung und Verbindlichkeit (Confusio) den Wegfall von Aktivum und Passivum, der sich ergebende Saldo ist als "nicht mehr werthaltiger Teil der Forderung" ein steuerwirksamer Buchgewinn.


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Zusatzinformationen
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Steuer
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Schlagworte:
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Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448