5.5.4a.4 Materielle Voraussetzungen
5.5.4a.4.1 Voraussetzungen nach § 4a Abs. 4 Z 1 EStG 1988
5.5.4a.4.1.1 Abgabenrechtliche Begünstigungen
1315Für die begünstigten Spendenempfänger im Sinne des § 4a Abs. 3 Z 1, 2 und 4 sieht § 4a Abs. 4 Z 1 lit. a EStG 1988 vor, dass die Empfängerkörperschaft alle in den §§ 34 ff BAO festgelegten grundlegenden Voraussetzungen für die Erlangung von Abgabenbegünstigungen erfüllen muss, um als begünstigter Spendenempfänger in Betracht zu kommen. Die VereinsR 2001, insbesondere die Rz 6 bis 9 und Rz 105 bis 135, sind zu beachten.
1315aZur Erlangung der Spendenbegünstigung ist es erforderlich, dass die Rechtsgrundlage der antragstellenden Organisation den allgemeinen Anforderungen der §§ 34 ff BAO entspricht. Zusätzlich muss sie aber hinsichtlich Art und Umfang der begünstigten Tätigkeit an die Vorgaben des § 4a EStG 1988 angepasst sein. Dies betrifft vor allem die Konzentration auf im Wesentlichen spendenbegünstigte Zwecke (siehe Rz 1316a), sowie die Vermögensbindung für diese in der Rechtsgrundlage genannten spendenbegünstigten Zwecke.
Als Rechtsgrundlage kommen zB in Betracht:
Vereinssatzungen oder Statuten,
Gesellschaftsverträge von Kapitalgesellschaften,
das nach kanonischem Recht ergangene Einsetzungsdekret,
Rechtsgrundlagen, die auf einem Gesetz basieren,
Beschlüsse der Leitungsgremien von Körperschaften öffentlichen Rechts.
Eine mangelhafte Rechtsgrundlage schließt die Aufnahme in die Liste aus. Die Aufnahme in die Liste kann erst nach der tatsächlichen Behebung der Mängel erfolgen. Als behoben ist ein Mangel dann anzusehen, wenn das zur Gestaltung der Rechtsgrundlage berufene Gremium die entsprechenden Änderungen beschlossen hat und die Änderung in das Firmenbuch eingetragen wurde bzw. bei einem Verein die Frist gemäß § 14 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 1 VerG abgelaufen ist oder eine Einladung zur Fortsetzung der Vereinstätigkeit erfolgte (siehe dazu VereinsR 2001 Rz 111).
5.5.4a.4.1.2 Inhaltliche Voraussetzungen
1316Um einen effizienten Mitteleinsatz zu garantieren, wird eine Kontinuität der begünstigten Betätigung über mindestens ein zwölf Monate umfassendes Wirtschaftsjahr vorausgesetzt, wobei auch Zeiten einer allfälligen Vorgängerorganisation in diese Bestandsdauer einzubeziehen sind. Das Wirtschaftsjahr muss zwölf volle Monate, dh. 365 (366) Tage umfassen. Zum Beginn der Steuerrechtssubjektivität eines Vereins vgl. VereinsR 2001 Rz 5a.
Unter Vorgängerorganisationen sind Körperschaften zu verstehen, die ihren Tätigkeitsbereich im Sinne der Spendenbegünstigungsregel ganz oder teilweise auf eine andere auch neu entstandene Rechtsperson übertragen oder übertragen haben. Als Vorgängerorganisation im Sinne des § 4a EStG 1988 gelten aber auch unselbständige Einheiten wie Teilorganisationen, als eigene Abteilungen geführte Aktivitäten oder als eigene Verwaltungseinheiten geführte Tätigkeitsfelder.
Die Anerkennung als Vorgängerorganisation im Sinne des § 4a Abs. 4 Z 1 lit. b EStG 1988 setzt voraus, dass die bisherige Tätigkeit der Vorgängerorganisation den begünstigten Zwecken im Sinne des § 4a Abs. 2 EStG 1988 entsprochen hat und dass ihre Tätigkeit in einem eigenen Rechnungskreis erfasst wurde .
Auch ein (Geschäfts)Betrieb, der im Zuge einer Umgründung von einer anderen Körperschaft übernommen wird, kann grundsätzlich als Vorgängerorganisation bezüglich der Erteilung der Spendenbegünstigung an die aufnehmende Körperschaft gewertet werden. Allerdings muss die aufnehmende Körperschaft ab dem Tag der Übernahme der begünstigten Tätigkeit durch die Vorgängerorganisation (bei Umgründungen daher ab Beginn des dem Umgründungsstichtag folgenden Tages) selbst die Voraussetzungen des § 4a EStG 1988 erfüllen. Ist dies auf Grund der tatsächlichen Geschäftsführung bzw. wegen Nichterfüllung des Wesentlichkeitskriteriums (siehe Rz 1316a) nicht der Fall, geht der Status als Vorgängerorganisation verloren. Im Ergebnis ist somit ein nahtloser Übergang der Erfüllung der Begünstigungsvoraussetzungen von der Vorgängerorganisation auf die aufnehmende Körperschaft erforderlich. Erfüllt somit die aufnehmende Körperschaft die Voraussetzungen des § 4a EStG 1988 nach Aufnahme der Vorgängerorganisation nicht, sind die Voraussetzungen des § 4a EStG 1988 nicht erfüllt.
1316aDie in § 4a Abs. 2 EStG 1988 verankerten begünstigten Zwecke müssen den Hauptzweck der begünstigten Rechtsträger darstellen. Eine wesentliche Verfolgung der begünstigten Zwecke liegt vor, wenn zumindest 75% der Gesamtressourcen (Arbeitsleistung, Sachaufwand und Geldeinsatz) für diese Zwecke eingesetzt werden (siehe UFS 11.8.2009, RV/1823-W/09). Als Tätigkeiten zur direkten Erfüllung des Hauptzweckes können nur solche betrachtet werden, die dessen Erfüllung unmittelbar dienen. Dazu gehört auch die Ausbildung von eigenem Personal für den Einsatz im wesentlichen Tätigkeitsbereich (zB für Pflege von Menschen mit Behinderungen oder Katastropheneinsätze usw.). Daneben kann auch das Personal anderer vergleichbarer Organisationen in die Ausbildung einbezogen werden. Eine Tätigkeit zur direkten Erfüllung des Hauptzweckes ist auch die Durchführung von Informationskampagnen mit dem Ziel, das Bewusstsein der Allgemeinheit für den nachhaltigen Ressourceneinsatz zu stärken. Tätigkeiten, die nicht unmittelbar auf die Verwirklichung begünstigter Zwecke gerichtet sind (zB Erste-Hilfe-Kurse für Führerscheinwerber), stellen keine Erfüllung des Hauptzweckes dar und zählen daher zu den Nebentätigkeiten. Allerdings ist eine gemäß § 40a BAO unschädliche Tätigkeit, bei tatsächlichem Vorliegen einer unmittelbaren Zweckverfolgung, für Zwecke der Beurteilung der Wesentlichkeit der unmittelbaren Zweckverfolgung wie eine unmittelbare Zweckverfolgung zu sehen. Gleiches gilt für eine gemäß § 40b BAO unschädliche Tätigkeit.
Beispiel 1:
Ein Kulturverein betreibt selbst eine Theaterbühne, unterstützt aber auch andere Kulturvereine, indem er diesen gegen Selbstkosten sein Theater samt Ausstattungsgegenständen und Personal zu Probe- und Aufführungszwecken überlässt. Zudem wendet er finanzielle Mittel an andere Kulturvereine zu. Auf die unmittelbare künstlerische Tätigkeit dieses Vereines entfallen weniger als 75% der Gesamttätigkeit des Vereines; der Verein dient somit nicht im Wesentlichen seinem begünstigten Zweck. Erfüllen die zusätzlich erbrachten Leistungen die Voraussetzungen des § 40a BAO, sind diese aber bei der Ermittlung des Ausmaßes der unmittelbaren Zweckverfolgung mitzuberücksichtigen, sodass eine wesentliche Zweckverfolgung vorliegen kann.
Beispiel 2:
Eine spendenbegünstigte Forschungseinrichtung vergibt Stipendien und Preise iSd § 40b BAO im Ausmaß von 20% der Mittel, die ihr für ihre Gesamttätigkeit zur Verfügung stehen. Auch wenn dies insoweit unschädlich ist, dient die Forschungseinrichtung somit nicht ausschließlich ihrem begünstigten Zweck. Erfüllen die zusätzlich erbrachten Leistungen die Voraussetzungen des § 40b BAO, sind diese aber bei der Ermittlung des Ausmaßes der unmittelbaren Zweckverfolgung mitzuberücksichtigen, sodass eine ausschließliche Zweckverfolgung vorliegen kann.
Neben der unmittelbaren Zweckverfolgung sind dem begünstigten Rechtsträger - abgesehen von völlig untergeordneten Nebentätigkeiten - die Führung von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben gemäß § 45 Abs. 1 BAO (entbehrlicher Hilfsbetrieb), § 45 Abs. 2 BAO (unentbehrlicher Hilfsbetrieb) oder Vermögensverwaltung oder eine begünstigungsschädliche Tätigkeit, für die eine Ausnahmegenehmigung besteht, erlaubt (siehe Rz 1317).
1316bDie spendenbegünstigten Zwecke sind von der Einrichtung unmittelbar zu verfolgen. Der Begriff der Unmittelbarkeit des § 4a Abs. 4 Z 1 lit. b EStG 1988 entspricht dem der BAO. Die unmittelbare Zweckverwirklichung kann auch durch Erfüllungsgehilfen gemäß § 40 Abs. 1 BAO durchgeführt werden (siehe dazu VereinsR 2001 Rz 120).
§ 40a BAO begründet keine Unmittelbarkeitsfiktion (siehe dazu VereinsR 2001 Rz 120a). Allerdings ist eine gemäß § 40a BAO unschädliche Tätigkeit bei tatsächlichem Vorliegen einer unmittelbaren Zweckverfolgung für Zwecke der Beurteilung der Wesentlichkeit der unmittelbaren Zweckverfolgung wie eine unmittelbare Zweckverfolgung zu sehen (siehe dazu Rz 1316a).
1316cAus den Begünstigungsvoraussetzungen der BAO ergibt sich, dass die satzungsgemäße Tätigkeit grundsätzlich vom begünstigten Rechtsträger selbst - also unmittelbar - durchgeführt werden muss. Da es sich bei den genannten Rechtsträgern ausschließlich um juristische Personen handelt, sind sie zur Zweckerfüllung auf Funktionäre, Mitglieder oder Dienstnehmer angewiesen. Es ist aber auch ein fremder (auch entgeltlich tätiger) Dritter als Erfüllungsgehilfe zu betrachten und dessen Tätigkeit unmittelbar dem begünstigten Rechtsträger zuzurechnen, wenn das Verhältnis zwischen begünstigtem Rechtsträger und Erfüllungsgehilfen auf einer Rechtsgrundlage beruht, die dem begünstigten Rechtsträger bestimmenden Einfluss auf die Gestaltung der Ausführung ermöglicht (zB bedient sich das ÖRK zur Ausführung einer internationalen Hilfsaktion des internationalen Roten Kreuzes Genf). Dieser Einfluss kann durch eine zivilrechtliche Vertragsgestaltung hergestellt werden oder auch durch eine auf gesellschaftsrechtlicher Basis bestehende Einflussnahmemöglichkeit gegeben sein (siehe dazu auch VereinsR 2001 Rz 119 und Rz 120). Hat zB die Organisation eine beherrschende Gesellschafterstellung in einer GmbH mit entsprechendem satzungsmäßigem Zweck, kann sie sich der GmbH als Erfüllungsgehilfe bedienen, wobei die Tätigkeit der Gesellschaft wie eine unmittelbare Tätigkeit der Organisation anzusehen ist. Gleiches gilt für den Fall, dass Körperschaften des öffentlichen Rechts bestimmte Tätigkeiten über eine weitere Körperschaft öffentlichen Rechts abwickeln, der durch ihre Rechtsgrundlage eben diese dienende Funktion für die anderen Körperschaften öffentlichen Rechts zugewiesen ist und in deren Leitungsgremium die Mitglieder der Leitungsgremien der beauftragenden Körperschaften vertreten sind.
Beispiel:
Eine Hilfsorganisation hat neun Landesorganisationen, die Körperschaften öffentlichen Rechts sind. Eine weitere Körperschaft öffentlichen Rechts wird für Zwecke der internationalen Katastrophenhilfe errichtet. Diese stellt einen Erfüllungsgehilfen für die 9 Landesorganisationen dar.
Die Tätigkeit eines Rechtsträgers als Erfüllungsgehilfe schließt dessen eigene "Gemeinnützigkeit" nicht aus (siehe dazu VereinsR 2001 Rz 120).
1316dBegünstigte Rechtsträger können ihre begünstigten Zwecke unter den Voraussetzungen des § 40 Abs. 3 BAO auch durch Kooperation mit anderen Rechtsträgern (so genannte Arbeitsgemeinschaften) erfüllen. Vgl. VereinsR 2001 Rz 122a.
1316eNeben den direkt und unmittelbar der Erfüllung der in § 4a Abs. 2 EStG 1988 genannten begünstigten Zwecke dienenden Organisationen kommen auch so genannte "Mittelbeschaffungskörperschaften" als begünstigte Spendenempfänger in Betracht ( § 4a Abs. 4 Z 1 lit. b EStG 1988). Sie müssen die Voraussetzungen der §§ 34 ff BAO iVm § 40a Z 1 BAO erfüllen. Nach der Rechtsgrundlage der Körperschaft ist ein begünstigter Zweck gemäß § 4a Abs. 2 EStG 1988 zu verfolgen. Die Sammlung von Spenden in der Rechtsgrundlage muss nicht als begünstigter Zweck angeführt werden. Diese stellt ein Mittel zur Erreichung der begünstigten Zwecke dar (siehe dazu VereinsR 2001 Rz 120c).
5.5.4a.4.1.3 Erlaubte Tätigkeiten
1317Um eine Bündelung der Spendenmittel auf die "begünstigten" Zwecke zu erreichen, sind andere gemäß den §§ 34 ff BAO nicht begünstigte Zwecke für die Erlangung oder den Fortbestand der Stellung als begünstigter Spendenempfänger nur dann unschädlich, wenn sie ein völlig untergeordnetes Ausmaß nicht überschreiten.
Eine betriebliche Tätigkeit darf gemäß § 4a Abs. 4 Z 1 lit. c EStG 1988 nur in einem eingeschränkten Rahmen erfolgen: Unschädlich sind nur Tätigkeiten, die entweder
als unentbehrlicher Hilfsbetrieb im Sinne des § 45 Abs. 2 BAO oder
als entbehrlicher Hilfsbetrieb im Sinne des § 45 Abs. 1 BAO zu qualifizieren sind, oder
nicht über die bloße Verwaltung eigenen Vermögens hinausgehen ( § 47 BAO) oder
gemäß § 44 Abs. 2 oder § 45a BAO nicht zum Entfall der abgabenrechtlichen Begünstigung führen.
Dies soll eine Vermischung des begünstigten Zweckes mit nicht begünstigten Zwecken ausschließen, ohne aber jegliche mit dem eigentlichen Zweck der Organisation in Zusammenhang stehende betriebliche Tätigkeit zu verhindern.
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | 31.01.2025 |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 §§ 34 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 4a Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 13 Abs. 1 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 14 Abs. 1 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 40 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 40 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 40a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 40b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 44 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 45 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 45 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 45a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 47 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise: | VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 6 VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 9 VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 105 VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 135 VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 111 VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 5a UFS 11.08.2009, RV/1823-W/09 VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 120 VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 120a VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 119 VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 122a VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 120c |
Schlagworte: | Einkommensteuer - begünstigter Spendenempfänger - Vereinssatzung - Vereinsstatut - Erfüllung des Hauptzweckes - erlaubter Nebenzweck - Vorgängerorganisation - abgegrenzter Rechnungskreis - Hilfsbetrieb - Erfüllungsgehilfe - Spendenbegünstigung - Satzung - tatsächliche Geschäftsführung |
Stammfassung: | 06 0104/9-IV/6/00 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAA-76448