1 Allgemeiner Teil
Vereine
1Die Ausführungen der Vereinsrichtlinien sind formal auf Körperschaften in der Rechtsform des Vereins nach dem Vereinsgesetz beschränkt. Sie sind aber vor allem hinsichtlich der allgemeinen Ausführungen über die Begünstigungsvorschriften der Bundesabgabenordnung ( BAO) grundsätzlich auf alle Körperschaften anwendbar. Dies hat in der Praxis besonders für Stiftungen, Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts und Kapitalgesellschaften Bedeutung. Siehe auch Rz 9.
Die Ausführungen der Vereinsrichtlinien sind in solchen Fällen aber unter Beachtung der besonderen gesetzlichen Grundlagen dieser Rechtsformen zu sehen.
2Ein Verein im Sinne des § 1 Vereinsgesetz 2002 (VerG) ist ein freiwilliger, auf Dauer angelegter, mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteter Zusammenschluss von mindestens zwei Personen auf Grund von Statuten, zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen, ideellen Zwecks. Er darf nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein und sein Vermögen nur im Sinne des Vereinszwecks einsetzen. Das Vereinsgesetz 2002 ist auf Zusammenschlüsse, die, zwingend oder in freier Rechtsformwahl, in anderer Rechtsform gebildet werden, nicht anzuwenden.
Vom Vereinsgesetz 2002 sind daher neben Kapitalgesellschaften und Genossenschaften insbesondere ausgenommen:
auf Gewinn gerichtete Vereine nach dem Vereinspatent 1852, RGBl. 253 idF BGBl. Nr. 64/1979, die auf Grund der Aufhebung des Vereinspatents 1852 durch das Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz, BGBl. I Nr. 191/1999, seit 1.1.2000 nicht mehr gegründet werden können. Diese fallen auf Grund ihrer Gewinnorientierung als abgabenrechtlich begünstigungsfähige Körperschaften aus.
Vereine für Bank- und Kreditgeschäfte sowie Sparkassenvereine, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Sparkassen und Pfandleihanstalten. Diese sind auf Grund ihrer ausschließlich erwerbswirtschaftlichen Ausrichtung nicht den abgabenrechtlich begünstigungsfähigen Körperschaften zuzurechnen.
Orden und Kongregationen sowie Religionsgesellschaften überhaupt, die auf Grund ihrer Verankerung als kirchliche Organisationen abgabenrechtlich zu den Körperschaften öffentlichen Rechts zählen (vgl. Rz 31 ff).
Die gemäß der Gewerbegesetze errichteten Genossenschaften und Unterstützungskassen der Gewerbetreibenden. Diese sind auf Grund ihrer ausschließlich erwerbswirtschaftlichen Ausrichtung nicht den abgabenrechtlich begünstigungsfähigen Körperschaften zuzurechnen.
Verbindungen von Personen, die sich ohne ausdrücklich normierte Organisation und Mitgliedschaft zur Erreichung bestimmter erlaubter Ziele nicht auf Dauer oder nur fallweise zusammenfinden. Sie sind mangels körperschaftlicher Organisation nicht begünstigungsfähig.
Zur Umwandlung eines (begünstigten) Vereins in eine Genossenschaft gemäß § 91a GenG siehe KStR 2013 Rz 22a ff.
3Zweck des ideellen Vereins ist es, seinen ideellen Zweck ohne Gewinnabsicht zu erfüllen. Die Erfüllung seiner Aufgaben wird primär aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Subventionen finanziert. In der Regel wird damit nicht das Auslangen gefunden, weshalb ideelle Vereine oft eine wirtschaftliche (Neben-)Tätigkeit entfalten.
Mitgliedsbeiträge, Spenden und Erbschaften sind der allgemeinen Vereinssphäre und nicht einem bestimmten Geschäftsbetrieb des Vereins zuzurechnen (VwGH 26.5.2021, Ra 2019/15/0046; zur Veräußerung ererbter oder geschenkter Vermögensgegenstände vgl. Rz 305 sowie Rz 420a).
4Vereine können auch als Hauptvereine, Zweigvereine und (Dach-)Verbände auftreten.
Ein Zweigverein ist ein seinem Hauptverein statutarisch untergeordneter Verein, der die Ziele des übergeordneten Hauptvereins mitträgt ( § 1 Abs. 4 VerG). Ein Verband ist ein Verein, in dem sich in der Regel Vereine zur Verfolgung gemeinsamer Interessen zusammenschließen. Ein Dachverband ist ein Verein zur Verfolgung gemeinsamer Interessen von Verbänden ( § 1 Abs. 5 VerG). Alle vier Vereinsformen besitzen eigenständige Rechtspersönlichkeit (siehe auch Rz 121 f).
Sektionen (Zweigstellen) sind rechtlich unselbständige Teile des Gesamtvereins, denen lediglich (in der Art einer Betriebsstätte) eine gewisse Selbständigkeit in der Tätigkeit zukommt.
5Die Organisation des Vereins wird in den Statuten geregelt. Der Mindestinhalt der Statuten ist in § 3 Abs. 2 VerG geregelt. Die Vereinstätigkeit muss auf Dauer ausgerichtet sein. Als Mitglieder können grundsätzlich sowohl natürliche wie auch juristische Personen beitreten, wobei in den Statuten diesbezüglich Einschränkungen vorgesehen werden können. Die Organe des Vereins sind in der Regel die Mitglieder- bzw. Generalversammlung, das Leitungsorgan (oft als Vorstand bezeichnet), das aus mindestens zwei natürlichen Personen bestehen muss, die Rechnungsprüfer und allenfalls ein Aufsichtsorgan (vergleichbar dem Aufsichtsrat) sowie ein Schiedsgericht ( § 5 VerG).
Die Bildung des Vereins muss der Vereinsbehörde angezeigt werden, welche binnen vier (ggf. sechs) Wochen mit Bescheid zu erklären hat, dass die Gründung eines Vereins nicht gestattet wird, wenn der Verein nach seinem Zweck, seinem Namen oder seiner Organisation gesetzwidrig wäre ( § 12 VerG). Wenn dem Verein kein Nichtgestattungsbescheid zugeht oder wenn die Vereinsbehörde vor Ablauf der Frist mit Bescheid erklärt, von einer Nichtgestattung abzusehen (Einladung zur Aufnahme der Vereinstätigkeit, § 13 VerG), kann der Verein seine Tätigkeit aufnehmen.
Vereinsbehörde ist die Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion ( § 9 VerG). Gegen von den Vereinsbehörden erlassene Bescheide kann Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erhoben werden. Die Vereinsbehörden haben für ihren Bereich ein lokales Vereinsregister zu führen, das Bundesministerium für Inneres ein Zentrales Vereinsregister (ZVR). Das Vereinsregister ist als öffentliches Buch anzusehen, in das jedermann nach Maßgabe der §§ 17 bzw. 19 VerG Einsicht zu gewähren ist. Es beinhaltet die wesentlichen Daten über den Verein wie Name, Sitz, organschaftliche Vertreter usw.
Der Verein kann sich freiwillig auflösen oder behördlich unter bestimmten Voraussetzungen aufgelöst werden. Im Liquidationsstadium bleibt der Verein unbeschränkt rechtsfähig ( §§ 27 ff VerG).
5aVereinsgesetzlich ist zwischen Errichtung und Entstehung des Vereins zu unterscheiden ( §§ 2, 11 VerG). Die Errichtung ist mit der Vereinbarung von Statuten (Gründungsvereinbarung) erfolgt. Rechtspersönlichkeit erlangt der Verein aber erst mit Entstehung, die gegeben ist, sobald von der Vereinsbehörde eine Einladung zur Aufnahme der Vereinstätigkeit ergangen ist, oder die vier(sechs)wöchige Frist ab der Anmeldung verstrichen ist.
Abgabenrechtlich ist die Steuerrechtssubjektivität des Vereins mit der Errichtung anzunehmen, sofern es in der Folge zur Entstehung kommt. Steuerlich relevante Sachverhalte, die von den handelnden Personen im Namen des Vereins in der Zeit zwischen Errichtung und Entstehung verwirklicht worden sind, sind dem Verein zuzurechnen (vgl. auch § 4 Abs. 1 KStG 1988).
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | 31.01.2025 |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 GrStG 1955, Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 Werbeabgabegesetz 2000, BGBl. I Nr. 29/2000 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 4 Abs. 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 91a GenG, Genossenschaftsgesetz, RGBl. Nr. 70/1873 § 1 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 1 Abs. 4 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 1 Abs. 5 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 2 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 3 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 3 Abs. 2 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 5 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 9 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 11 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 12 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 13 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 17 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 19 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 § 27 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002 |
Verweise: | VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 9 VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 31 ff VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 121 f VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 305 VereinsR 2001, Vereinsrichtlinien 2001 Rz 420a KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 22a ff VwGH 26.05.2021, Ra 2019/15/0046 |
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Stammfassung: | 06 5004/10-IV/6/01 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
FAAAA-76463