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Richtlinie des BMF vom 13.03.2024, 2023-0.871.819
30 Beschränkte Steuerpflicht (§ 98 bis 102 EStG 1988)
30.2 Erhebung der Einkommensteuer bei beschränkter Steuerpflicht (§§ 70, 93, 99 bis 102 EStG1988)

30.2.3. Veranlagung

8032§ 102 Abs. 1 EStG 1988 unterscheidet zwischen Pflichtveranlagung und Antragsveranlagung. Die Veranlagung zur Einkommensteuer bei beschränkter Steuerpflicht bezweckt eine Zusammenrechnung von Einkünften iSd § 98 EStG 1988. Ist bereits ein Steuerabzug erfolgt, sind die einbehaltenen Beträge anzurechnen (§ 102 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988).

8033Bei einer Veranlagung bleiben Einkünfte aus einer im Inland ausgeübten oder verwerteten nichtselbständigen Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen außer Ansatz, wenn Lohnsteuer nach § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 (das sind 20% des vollen Betrages) einbehalten und kein Antrag auf Veranlagung dieser Einkünfte gestellt wurde.

8034Die zu veranlagenden Einkünfte sind nach den allgemeinen Vorschriften über die Ermittlung des Gewinnes bzw. Überschusses zu ermitteln. So haben zB beschränkt Steuerpflichtige, die im Inland über eine Betriebsstätte verfügen, wie unbeschränkt Steuerpflichtige ua. vollen Zugang zu den steuerlichen Investitionsbegünstigungen, sie vereinnahmen steuerfrei, was auch bei unbeschränkter Steuerpflicht steuerfrei ist, die Progressionsermäßigung des § 37 EStG 1988 steht ihnen ebenso offen wie unbeschränkt Steuerpflichtigen.

Ab der Veranlagung 2009 ist vor der Anwendung des Tarifs zur Bemessungsgrundlage ein Betrag von 9.000 Euro hinzuzurechnen. Dies führt dazu, dass beschränkt Steuerpflichtige an der das Existenzminimum sichernden Null-Steuerzone nur im Ausmaß von 2.000 Euro teilhaben, da es in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH Sache des Ansässigkeitsstaates ist, das Existenzminimum steuerfrei zu stellen. Siehe dazu auch LStR 2002 Rz 1241m.

Die Hinzurechnung gemäß § 102 Abs. 3 EStG 1988 hat als reine Tarifmaßnahme keinen Einfluss auf die Höhe der Einkünfte. Wurde im Veranlagungsjahr ein Verlust erzielt, ist dieser ohne Berücksichtigung der Hinzurechnung gemäß § 102 Abs. 2 EStG 1988 vortragsfähig (siehe dazu Rz 8059).

30.2.3.1 Pflichtveranlagung

8035In den in § 102 Abs. 1 Z 1, 2 und 4 EStG 1988 genannten Fällen hat eine Veranlagung von Einkünften stattzufinden (Pflichtveranlagung). Die Veranlagungspflicht setzt Erklärungspflicht nach § 42 EStG 1988 voraus. Bei beschränkter Steuerpflicht besteht Erklärungspflicht, wenn die gesamten inländischen Einkünfte, die einer Pflichtveranlagung unterliegen, den für das jeweilige Kalenderjahr maßgeblichen Betrag gemäß § 42 Abs. 2 EStG 1988 übersteigen (dieser Betrag unterliegt der jährlichen Indexierung gemäß § 33 Abs. 1a iVm § 33a EStG 1988; siehe nachfolgende Tabelle).


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Kalenderjahr
maßgeblicher Betrag gemäß § 42 Abs. 2 EStG 1988
bis 2022
2.000 Euro
2023
2.126 Euro
2024
2.331 Euro

8036§ 41 EStG 1988 ist nicht anwendbar ( § 102 Abs. 2 Z 3 EStG 1988). Ab der Veranlagung 2020 ist jedoch der Veranlagungsfreibetrag gemäß § 41 Abs. 3 EStG 1988 in Fällen der Pflichtveranlagung gemäß § 102 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 anzuwenden.

8037Rechtslage bis Veranlagung 2019

Der Pflichtveranlagung unterliegen vornehmlich jene Einkünfte, welche mangels Steuerabzugspflicht einkommensteuerlich noch nicht erfasst wurden ( § 102 Abs. 1 Z 1 EStG 1988). Weiters werden unabhängig von einem Steuerabzug jene Fälle von der Pflichtveranlagung erfasst, welche im Zusammenhang mit einer betrieblichen Tätigkeit einer oder mehrerer Personen stehen ( § 102 Abs. 1 Z 2 EStG 1988). Außerdem unterliegen auch Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen im Sinne des § 30 EStG 1988 der Pflichtveranlagung, wenn für diese keine Immobilienertragsteuer gemäß § 30c Abs. 2 EStG 1988 entrichtet wurde oder wenn keine Abgeltung gemäß § 30b Abs. 2 EStG 1988 gegeben ist ( § 102 Abs. 1 Z 1 EStG 1988; gilt für Grundstücksveräußerungen ab dem ; BGBl. I Nr. 22/2012).

Rechtslage ab Veranlagung 2020

Der Pflichtveranlagung unterliegen vornehmlich jene Einkünfte, welche mangels Steuerabzugspflicht einkommensteuerlich noch nicht erfasst wurden ( § 102 Abs. 1 Z 1 EStG 1988). Weiters werden von der Pflichtveranlagung erfasst

  • Einkünfte unabhängig von einem Steuerabzug im Zusammenhang mit einer betrieblichen Tätigkeit einer oder mehrerer Personen ( § 102 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988)

  • Lohnsteuerpflichtige Einkünfte, auf die gemäß § 70 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 der Lohnsteuertarif zur Anwendung kommt, wenn daneben entweder andere veranlagungspflichtige Einkünfte mit einem Gesamtbetrag von mehr als 730 Euro oder im Kalenderjahr zumindest zeitweise gleichzeitig zwei oder mehrere lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen werden ( § 102 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988)

Außerdem unterliegen auch Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen im Sinne des § 30 EStG 1988 der Pflichtveranlagung, wenn für diese keine Immobilienertragsteuer gemäß § 30c Abs. 2 EStG 1988 entrichtet wurde oder wenn keine Abgeltung gemäß § 30b Abs. 2 EStG 1988 gegeben ist.

30.2.3.2 Antragsveranlagung

8038Rechtslage bis Veranlagung 2019

In den in § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 genannten Fällen hat eine Veranlagung nur über Antrag des Steuerpflichtigen zu erfolgen (Antragsveranlagung), und zwar unabhängig davon, ob eine (Pflicht-)Veranlagung von Einkünften stattfindet.

Beispiel:

Ein beschränkt Steuerpflichtiger bezieht Einkünfte aus Gewerbebetrieb ( § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ( § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988), die dem Lohnsteuerabzug ( § 70 Abs. 2 Z 1 EStG 1988) unterliegen. Eine (Pflicht-)Veranlagung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat stattzufinden ( § 102 Abs. 1 Z 1 EStG 1988). Bei der Veranlagung kommt es nur dann zur Zusammenrechnung mit den (bereits im Wege des Lohnsteuerabzugs erfassten) Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn ein Antrag auf Veranlagung dieser Einkünfte gestellt wird.

Rechtslage ab Veranlagung 2020

In Fällen mit nicht unter § 102 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 fallenden lohnsteuerpflichtigen Einkünften hat eine Veranlagung nur über Antrag des Steuerpflichtigen zu erfolgen (Antragsveranlagung), und zwar unabhängig davon, ob eine (Pflicht-)Veranlagung von Einkünften stattfindet.

Beispiel:

Ein beschränkt Steuerpflichtiger bezieht Einkünfte aus Gewerbebetrieb ( § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Vortragender ( § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988), die dem Lohnsteuerabzug in Höhe von 20% unterliegen ( § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988) unterliegen. Eine (Pflicht-)Veranlagung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb hat stattzufinden ( § 102 Abs. 1 Z 1 EStG 1988). Bei der Veranlagung kommt es nur dann zur Zusammenrechnung mit den (bereits im Wege des Lohnsteuerabzugs erfassten) Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn ein Antrag auf Veranlagung dieser Einkünfte gestellt wird.

8039Rechtslage bis Veranlagung 2019

Die Antragsveranlagung betrifft Einkünfte gemäß § 99 Abs. 1 Z 1, 3, 4, 5 oder 6 EStG 1988, Einkünfte aus Bezügen als Arbeitnehmer ( § 70 Abs. 2 Z 1 und 2 EStG 1988; § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 idF AbgÄG 2004), kapitalertragsteuerpflichtige Einkünfte (Rz 8044) und Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen, für die Immobilienertragsteuer entrichtet wurde und Abgeltungswirkung gegeben ist (Rz 7985 und 8043a). Wird ein Antrag auf Veranlagung gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 gestellt, sind sämtliche steuerabzugspflichtigen Einkünfte mit Ausnahme derjenigen, von denen ein Lohnsteuerabzug in Höhe von 20% vorgenommen worden ist, in die Veranlagung jedenfalls einzubeziehen. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Lohnsteuerabzug in Höhe von 20% vorgenommen worden ist, sind auch bei einer Antragsveranlagung anderer steuerabzugspflichtiger Einkünfte gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 nur auf gesonderten Antrag einzubeziehen.

Beispiel:

A bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Lehrer ( § 70 Abs. 2 Z 1 EStG 1988), weiters Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Vortragender ( § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Lohnsteuerabzug in Höhe von 20%) sowie Aufsichtsratsvergütungen ( § 99 Abs. 1 Z 4 EStG 1988). Wird ein Antrag auf Veranlagung ( § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) gestellt, sind die nichtselbständigen Einkünfte als Lehrer und die Aufsichtsratsvergütungen jedenfalls einzubeziehen. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Vortragender, die dem Lohnsteuerabzug von 20% unterlegen sind, sind hingegen nur dann einzubeziehen, wenn auch hinsichtlich dieser Einkünfte die Veranlagung beantragt wird.

Rechtslage ab Veranlagung 2020

Die Antragsveranlagung betrifft Einkünfte gemäß § 99 Abs. 1 Z 1, 3, 4, 5 oder 6 EStG 1988, Einkünfte aus Bezügen als Arbeitnehmer ( § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988; § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988), kapitalertragsteuerpflichtige Einkünfte (Rz 8044) und Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen, für die Immobilienertragsteuer entrichtet wurde und Abgeltungswirkung gegeben ist (Rz 7985 und 8043a). Wird ein Antrag auf Veranlagung gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 gestellt, sind sämtliche steuerabzugspflichtigen Einkünfte mit Ausnahme derjenigen, von denen ein Lohnsteuerabzug in Höhe von 20% vorgenommen worden ist, in die Veranlagung jedenfalls einzubeziehen. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Lohnsteuerabzug in Höhe von 20% vorgenommen worden ist, sind auch bei einer Antragsveranlagung anderer steuerabzugspflichtiger Einkünfte gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 nur auf gesonderten Antrag einzubeziehen.

Beispiel:

A bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Vortragender ( § 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Lohnsteuerabzug in Höhe von 20%) sowie Aufsichtsratsvergütungen ( § 99 Abs. 1 Z 4 EStG 1988). Wird ein Antrag auf Veranlagung ( § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988) gestellt, sind die Aufsichtsratsvergütungen jedenfalls einzubeziehen. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Vortragender, die dem Lohnsteuerabzug von 20% unterlegen sind, sind hingegen nur dann einzubeziehen, wenn auch hinsichtlich dieser Einkünfte die Veranlagung beantragt wird.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
Verweise:
LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 1241m
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 8044
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 8059
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7985
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 8043a
§ 41 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 41 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 102 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 102 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 102 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 70 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30c Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30b Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 102 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 99 Abs. 1 Z 1, 3, 4, 5 oder 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 99 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 1a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte:
Einkommensteuer - beschränkte Steuerpflicht
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448