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Richtlinie des BMF vom 31.03.2023, 2023-0.039.376
29 Kapitalertragsteuer ( §§ 93 bis 97 EStG 1988)
29.5 Einzelfragen

29.5.5 Ausländische Anleger

29.5.5.1 Beschränkte Steuerpflicht

7742Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unterliegen mit Kapitalerträgen im Sinne des § 27 EStG 1988 nach Maßgabe des § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht. Diese erstreckt sich auf

  • Einkünfte, die einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind

  • Inländische Dividenden, soweit keine Befreiung vom KESt-Abzug vorliegt

  • Ausschüttungen aus Gesellschaften mit beschränkter Haftung, soweit keine Befreiung vom KESt-Abzug vorliegt

  • Bezüge aus Partizipationskapital im Sinne des BWG und VAG 2016 und aus Genussscheinen, soweit jeweils keine Befreiung vom KESt-Abzug vorliegt

  • inländische Zinsen gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 oder inländische Stückzinsen gemäß § 27 Abs. 6 Z 5 EStG 1988 (einschließlich solche bei Nullkuponanleihen und sonstigen Forderungswertpapieren), soweit keine Befreiung vom KESt-Abzug vorliegt

  • Gewinnanteile stiller Gesellschafter

  • Ausschüttungen aus Agrargemeinschaften

  • Immobiliengewinne inländischer Immobilien eines in- oder ausländischen § 40 oder § 42 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes unterliegenden Gebildes

  • Wertsteigerungen von Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft, soweit

    • diese Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat und

    • der Steuerpflichtige oder im Falle eines unentgeltlichen Erwerbs der Steuerpflichtige oder sein Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1% beteiligt war.

7742aEinkünfte aus Derivaten gemäß § 27 Abs. 4 EStG 1988 sowie Einkünfte aus Kryptowährungen, sowohl laufende Einkünfte gemäß § 27b Abs. 2 EStG 1988 als auch Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kryptowährungen gemäß § 27b Abs. 3 EStG 1988, unterliegen nicht der beschränkten Steuerpflicht.

Sofern dem Abzugsverpflichteten bekannt ist, dass es sich um keinen unbeschränkt steuerpflichtigen Anleger handelt, kann der Kapitalertragsteuerabzug unterbleiben, sofern auch keine beschränkte Steuerpflicht vorliegt (zum Nachweis siehe dazu Rz 7745; zur Ausnahme von der Abzugspflicht bei Einkünften gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 siehe Rz 7777). Wird vom Abzugsverpflichteten dennoch Kapitalertragsteuer einbehalten, kann diese gemäß § 240 Abs. 3 BAO rückerstattet werden.

29.5.5.2 Doppelwohnsitz

7743Haben Personen neben ihrem ausländischen Wohnsitz einen weiteren österreichischen Wohnsitz, so unterliegen sie - ungeachtet einer nach Doppelbesteuerungsabkommen allenfalls gegebenen ausländischen Ansässigkeit - innerstaatlich der unbeschränkten Steuerpflicht. § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 ist auf sie nicht anwendbar. Eine Befreiung von der Kapitalertragsteuerpflicht kann daher niemals auf Basis dieser Bestimmung zum Zuge kommen, sondern nur auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen (allenfalls auf Grund von Maßnahmen nach § 103 EStG 1988 oder § 48 BAO). Dies gilt auch für Staatsbürger der nicht an Österreich angrenzenden Staaten.

29.5.5.3 Zweitwohnsitz

7744Personen, die sich länger als fünf Kalenderjahre im Ausland befinden und im Inland lediglich über einen Zweitwohnsitz verfügen, den sie allein oder gemeinsam mit anderen inländischen Wohnungen nicht länger als 70 Tage pro Jahr benützen ( § 1 Abs. 1 der Zweitwohnsitzverordnung, BGBl. II Nr. 528/2003), haben keinen Wohnsitz im Sinne des § 1 EStG 1988 und unterliegen daher nicht der unbeschränkten, sondern der beschränkten Steuerpflicht. Der Abzugsverpflichtete ist im Zusammenhang mit der Kapitalertragsteuer-Erhebung nicht verpflichtet, das Vorliegen der Verordnungsvoraussetzungen (Vorlage des gemäß § 1 Abs. 2 Zweitwohnsitzverordnung, BGBl. II Nr. 528/2003, zu führenden Verzeichnisses über die Tage der inländischen Wohnungsbenützung) zu prüfen, wenn vom Anleger eine entsprechende Erklärung abgegeben wird. Die Verantwortung für die Richtigkeit der Erklärung liegt beim Anleger. Ergeben sich jedoch auf Grund der nach dem BWG durchzuführenden Prüfungen oder aus sonstigen Gründen Zweifel daran, sind diese Erkenntnisse auch für steuerliche Zwecke zu verwerten. Bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts ist jedenfalls ein KESt-Abzug vorzunehmen.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§§ 93 bis 97 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise:
§ 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 103 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 48 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Inländische Zweitwohnsitze, BGBl. II Nr. 528/2003
§ 40 ImmoInvFG, Immobilien-Investmentfondsgesetz, BGBl. I Nr. 80/2003
§ 42 ImmoInvFG, Immobilien-Investmentfondsgesetz, BGBl. I Nr. 80/2003
VAG 2016, Versicherungsaufsichtsgesetz 2016, BGBl. I Nr. 34/2015
§ 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27 Abs. 6 Z 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27b Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27b Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 240 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7745
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7777
Schlagworte:
Einkommensteuer - beschränkte Steuerpflicht - Doppelwohnsitz - Zweitwohnsitz - Zweitwohnsitzverordnung - Zurechnung - ausländische Stiftungen - Einsichtnahme
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448