OGH vom 30.03.2011, 7Ob36/11m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Dr. Gitschthaler und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Georg R*****, vertreten durch den Sachwalter *****, dieser vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer, Dr. Günter Secklehner, Rechtsanwalts OG in Liezen, gegen die beklagte Partei Dr. Gernot S*****, vertreten durch Mag. Margit Metz, Rechtsanwältin in Dobersberg, wegen Zuhaltung eines Vertrags (Streitwert: 29.578 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 168/10x 23, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 10 Cg 165/09x 19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.680,84 EUR (darin enthalten 280,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist der Cousin des Beklagten. Mit Übergabsvertrag vom übertrug der Kläger eine Liegenschaft in St. P***** in das Alleineigentum des Beklagten.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts W***** vom wurde ein Rechtsanwalt zum Sachwalter für den Kläger zur Vertretung in einem anhängigen Verlassenschaftsverfahren bestellt.
Aufgrund einer Mitteilung eines Dritten beauftragte das Pflegschaftsgericht einen Sachverständigen mit der Klärung der Frage, ob aus medizinischer Sicht die Geschäftsfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrags beurteilt werden könne. Der Sachverständige kam zum Schluss, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt des abgeschlossenen Übergabsvertrags im Februar 2000 eine Geschäftsfähigkeit nicht gegeben gewesen sei.
Aufgrund dieses Gutachtens suchte der Sachwalter Kontakt zum Beklagten, um die Aufhebung des Übergabsvertrags zu fordern. Er berief sich dabei auf den mündlichen Auftrag des Pflegschaftsrichters. Eine schriftliche Anfrage des Sachwalters beantwortete der Beklagte am dahin, er habe zwischenzeitig den Kläger besucht und den Eindruck gewonnen, dass der Kläger großes Vertrauen zum Sachwalter gefasst habe. Daher sei er zum Entschluss gekommen, der Aufhebung des Übergabsvertrags zuzustimmen, und er ersuche um Übersendung der nötigen Unterlagen, damit er sie unterfertigen könne. Der Sachwalter erstellte in weiterer Folge einen Entwurf eines Dissolutionsvertrags, der (mit Ausnahme der Adresse) mit dem im Klagebegehren enthaltenen Vertragstext übereinstimmt, und übermittelte diesen Entwurf dem Beklagten. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom , dass er mit dem Vertrag einverstanden sei. Dem Ersuchen des Sachwalters um gerichtlich oder notariell beglaubigte Unterfertigung des Vertrags entsprach der Beklagte aber nicht, sondern übermittelte dem Sachwalter am ein Schreiben, in dem er festhielt, dass es im Zusammenhang mit einem „Skandal wegen psychiatrischer Gutachten in Oberösterreich“ noch viel schwerer sein dürfte, das Zustandekommen des Vertrags aus dem Jahr 2000 anzuzweifeln. Auch in weiterer Folge kam es zu keiner Vertragsunterfertigung durch den Beklagten.
Auf Antrag des Sachwalters erteilte das Bezirksgericht W***** mit Beschluss vom der vorliegenden Klage die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung.
Mit Beschluss vom sprach das Pflegschaftsgericht aus, dass der Umfang der Angelegenheiten, die der Sachwalter zu besorgen habe, auch die Vertretung des Betroffenen in dem beim Erstgericht anhängigen Verfahren umfasse. Dieser Beschluss ist rechtskräftig.
Eine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung des Sachwalters durch den Kläger besteht nicht.
Der Kläger, vertreten durch den Sachwalter, begehrte mit der am eingebrachten Klage, den Beklagten schuldig zu erkennen, den Dissolutionsvertrag zu unterfertigen. Er brachte im Wesentlichen vor, für ihn sei ein Sachwalter bestellt worden. Im Sachwalterschaftsverfahren sei durch das eingeholte psychiatrische Gutachten festgestellt worden, dass der Kläger mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Zeitpunkt des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Übergabsvertrags nicht geschäftsfähig gewesen sei. Der Sachwalter sei an den Beklagten wegen Aufhebung des Vertrags herangetreten. Dieser habe einer solchen Aufhebung zugestimmt, worauf ihm ein Dissolutionsvertragsentwurf zugesandt worden sei. Der Beklagte habe geantwortet, mit dem Vertrag einverstanden zu sein, es sei lediglich eine Berichtigung der Adresse vorzunehmen; der Beklagte sei sodann um beglaubigte Unterfertigung des Vertrags ersucht worden. Trotz mehrfacher Aufforderung und vorangegangener ausdrücklicher Zustimmung sei der Beklagte nicht zur Unterfertigung bereit.
Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, der Abschluss des Dissolutionsvertrags sei nicht von der Sachwalterschaft umfasst gewesen; eine Vollmacht des Sachwalters zum Abschluss eines Dissolutionsvertrags oder einer sonstigen Vereinbarung sei nicht vorgelegen. Überdies sei nicht richtig, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Übergabe der Liegenschaft nicht geschäftsfähig gewesen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Entsprechend dem Bestellungsbeschluss umfasse der Wirkungsbereich des Sachwalters lediglich die Vertretung des Betroffenen in einem Verlassenschaftsverfahren. Seit Rechtskraft des weiteren Beschlusses vom sei von der Sachwalterschaft auch die Vertretung im gegenständlichen Verfahren umfasst. Die Vertretung gegenüber privaten Vertragspartnern sowie die Einkommens- und Vermögensverwaltung gehörten nicht zum Wirkungskreis des Sachwalters; diesem komme in diesen Angelegenheiten keine Vertretungsbefugnis zu. Bei den Verhandlungen über die Rechtsgültigkeit oder Auflösung des Übergabsvertrags habe der Sachwalter nicht die Stellung eines gesetzlichen Vertreters gehabt; ebenso wenig habe eine gewillkürte Bevollmächtigung bestanden. Der Sachwalter habe daher im Zuge der geführten Verhandlungen mit dem Beklagten für den Kläger keine rechtsverbindliche Erklärung abgeben können. Daran könne auch eine mündliche Ermächtigung oder ein mündlicher Auftrag des Pflegschaftsrichters, eine Dissolutionsvereinbarung zu erwirken, nichts ändern. Die Bestellung eines Sachwalters stelle die weitestgehende Einschränkung der Persönlichkeitsrechte dar, zu der Zivilgerichte befugt seien. Es bedürfe daher besonderer verfahrensrechtlicher Garantien und Schutzvorschriften, welche in den §§ 117 bis 127 und 129 AußStrG enthalten seien. Die Einhaltung dieser Verfahrensvorschriften sei unabdingbar; eine mündliche oder konkludente Sachwalterbestellung oder erweiterung komme nicht in Betracht. Unabhängig davon, dass der Beklagte eine ihn bindende Erklärung abgegeben habe, sei aufgrund der fehlenden Vertretungsmacht des Sachwalters ein Vertrag zwischen den Parteien über die Aufhebung des Übergabsvertrags nicht zustande gekommen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und führte ergänzend aus, in der Erweiterung des Befugnisbereichs des Sachwalters Vertretung des Betroffenen in diesem Verfahren könne nicht eine bereits zuvor außerhalb des Prozesses vollmachtslos abgegebene rechtsgeschäftliche Willenserklärung des Sachwalters „für den Kläger im Nachhinein ohne jeden Zweifel erblickt werden; nämlich dahin, dass der Kläger gleich das gesamte Handeln des (Sachwalters) einfach nachträglich genehmigt habe“. Für eine Außenvollmacht fehle eine entsprechende Erklärung des Vollmachtgebers (Kläger) dem Dritten (Beklagter) gegenüber, dass er eine bestimmte Person (Sachwalter) bevollmächtige. Allein aus dem Umstand, dass der Beklagte laut seinem Schreiben vom - ein allgemeines Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und dem Sachwalter bemerkt habe, könne „nicht zwingend“ auf einen konkreten Rechtsfolgewillen für ein entsprechendes Bevollmächtigungsverhältnis zum Abschluss des Auflösungsvertrags geschlossen werden. Mangels einer aus diesem Schreiben des Beklagten „zu gewinnenden geeigneten bindenden“ Erklärung des Klägers sei ein Vertragsabschluss der Parteien über die Aufhebung des Übergabsvertrags zu verneinen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige, und letztlich über Zulassungsvorstellung des Klägers, dass die Revision zulässig sei. Diesen Ausspruch begründete das Berufungsgericht damit, dass zur Frage, ob durch einen Gerichtsauftrag im Sinn des § 281 Abs 4 ABGB auch der Wirkungskreis eines bereits bestellten Sachwalters erweitert werden könne, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
1. Die Klage auf Zuhaltung des Dissolutionsvertrags wurde pflegschaftsgerichtlich genehmigt. Während des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgte die Erweiterung der Sachwalterschaft im Umfang der Vertretung des Klägers durch den Sachwalter im anhängigen Zivilprozess.
Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Klage (vgl § 275 Abs 2 ABGB) gilt bei unverändertem Streitgegenstand für das Verfahren bis zu dessen rechtskräftiger Beendigung, also insbesondere auch für das Rechtsmittelverfahren, weil nur dies als sinnvolle Verfahrenseinheit aufgefasst werden kann und Unklarheiten über den Eintritt der Rechtskraft eine Entscheidung vermeidet (7 Ob 45/05a = EFSlg 110.835 mwN [pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einer Klage eines Minderjährigen]). Entgegen der Ansicht des Beklagten bedurfte der Antrag des Klägers gemäß § 508 Abs 1 ZPO, verbunden mit der Ausführung der ordentlichen Revision keiner weiteren pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung. Zudem wurde diese Genehmigung mit Beschluss des Pflegschaftsgerichts vom erteilt.
2. Eine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung des Sachwalters durch den Kläger zum Abschluss des Dissolutionsvertrags besteht nicht. Zum Zeitpunkt des behaupteten Zustandekommens dieses Vertrags war für den Kläger (rechtskräftig) ein Sachwalter nur für die Vertretung in einem anhängigen Verlassenschaftsverfahren bestellt. Mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses über die Sachwalterbestellung wird die betroffene Person im Wirkungskreis des Sachwalters in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt (8 Ob 125/09d = iFamZ 2010/192, 276 [ Parapatits ] mwN). Der Umfang und Inhalt der Vertretungsbefugnis des Sachwalters ergibt sich aus der genauen Umschreibung des Sachwalterbestellungsbeschlusses (§ 123 Abs 1 Z 2 AußStrG; Maurer , Das österreichische Sachwalterrecht in der Praxis³ § 281 ABGB Rz 1; vgl Judmaier , Geschäftsfähigkeit besachwalteter Personen [2010] 27). Die Vertretungsmacht des Sachwalters kraft gerichtlicher Bestellung bestand daher nur für die Vertretung des Betroffenen im Verlassenschaftsverfahren, nicht aber im Zusammenhang mit der Auflösung des Übergabsvertrags. Bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz erfolgte auch keine Erweiterung der Sachwalterschaft auf den letztgenannten Wirkungskreis (vgl § 278 Abs 2 ABGB iVm § 128 AußStrG).
3. Nach den (auch vom Berufungsgericht so verstandenen) erstgerichtlichen Feststellungen hat das Pflegschaftsgericht dem Sachwalter mündlich den Auftrag zur Verhandlung der Auflösung des Übergabsvertrags erteilt. Durch einen solchen ausdrücklichen mündlichen Auftrag kann aber die Sachwalterschaft nicht erweitert werden. Auch die Bestimmungen der §§ 21 Abs 1, 275 Abs 1 und 281 Abs 4 ABGB, auf die sich die Revision ebenfalls beruft, stellen keine Rechtsgrundlage für eine Vertretungsmacht des Sachwalters für den Kläger zum Abschluss eines Dissolutionsvertrags dar.
3.1 Aus § 21 Abs 1 ABGB ist eine umfassende Fürsorgepflicht des Gerichts für Minderjährige und andere Pflegebefohlene abzuleiten. Zu den Aufgaben des Pflegschaftsgerichts gehört es auch, die Tätigkeit des gesetzlichen Vertreters der unter dem besonderen Schutz der Gesetze stehenden Personen zu überwachen, die Gesetzmäßigkeit und die Zweckmäßigkeit der von ihm getroffenen oder in Aussicht genommenen Rechtshandlungen zu prüfen und dazu bindende Weisungen zu erteilen. Das Pflegschaftsgericht hat aber auch selbst innerhalb seines Aufgabengebiets das Wohl der seinem Schutz anvertrauten Personen und deren Interessen in jeder Weise zu wahren (1 Ob 32/88 = SZ 61/231; 2 Ob 116/98t mwN).
Nicht nur die Genehmigung der in den zeitlichen Rahmen eines Sachwalterschaftsverfahrens fallenden Rechtsgeschäfte oder einer solchen Prozessführung fällt in die Aufgaben des Sachwalterschaftsgerichts für die unter dem besonderen Schutz der Gesetze stehenden Personen vor Übervorteilungen im geschäftlichen Verkehr. Auch die Prüfung der Frage, ob ein Betroffener schon vor Eröffnung der Sachwalterschaft nachteilige Rechtsgeschäfte abgeschlossen hat, kann zum Aufgabenkreis des Sachwalterschaftsgerichts gehören, sofern ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass nachteilige Geschäfte abgeschlossen wurden und diese noch immer nachteilige Folgen nach sich ziehen, und der Verdacht besteht, dass der Mangel der Geschäftsfähigkeit schon zum Zeitpunkt der Vornahme dieser Geschäfte bestanden hat (2 Ob 116/98t; 1 Ob 193/03v). Wenn dies der Fall ist und es sich wie hier - um außerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters liegende Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen handelt, muss allerdings der Wirkungskreis des Sachwalters darauf erstreckt werden (2 Ob 116/98t). Dies ist aber nicht erfolgt.
3.2 Gemäß § 275 Abs 1 erster Satz ABGB umfasst die Sachwalterschaft alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die dem Sachwalter übertragenen Angelegenheiten zu besorgen. Diese Bestimmung stellt klar, dass zum Wirkungsbereich eines Sachwalters alle Aufgaben und Befugnisse gehören, die zur Besorgung der übertragenen Angelegenheiten erforderlich sind, auch wenn sie nicht im Bestellungsbeschluss angeführt sind. Das bezieht sich insbesondere auf die Vertretung des Pflegebefohlenen ( Hopf in KBB³ § 275 Rz 1; Weitzenböck in Schwimann , ABGB³ ErgBd § 275 Rz 1). Neben der Vertretung des Klägers im Verlassenschaftsverfahren (und nunmehr im Zivilverfahren) bestand aber keine weitere übertragene Angelegenheit, für welche ein Vertretungsrecht des Sachwalters für den Kläger bestanden hätte.
3.3 Gemäß § 281 Abs 4 ABGB hat das Gericht bei Gefährdung des Wohls der behinderten Person jederzeit, von wem immer es angerufen wird, die zur Sicherung ihres Wohls nötigen Verfügungen zu treffen. Im Fall der (mangels Vorbringens hier nicht zu klärenden Frage der) Gefährdung des Wohls des Klägers durch den Abschluss des Übergabsvertrags im Jahr 2000 mit dem Beklagten soll diese Bestimmung - in Anlehnung an § 176 Abs 1 ABGB - verdeutlichen, dass das Gericht bei Bekanntwerden von Missständen jederzeit tätig werden kann. § 281 Abs 4 ABGB verfolgt eine andere Zielrichtung als § 176 Abs 1 ABGB. Diese Bestimmung dient nicht auch dem Schutz der rechtlichen Position des Sachwalters; gefährdet dieser das Wohl des Betroffenen, so hat das Gericht die Sachwalterschaft an eine andere Person zu übertragen (§ 278 Abs 1 ABGB). § 281 Abs 4 ABGB weist vielmehr auf die Aufgabe des Pflegschaftsgerichts hin, die Tätigkeit des Sachwalters bei Beeinträchtigungen der behinderten Person durch Dritte zu unterstützen. Anders als nach § 176 Abs 1 ABGB wird die „Verfügung“ des Sachwalterschaftsgerichts dabei oftmals nicht in Beschlussform erfolgen können, sondern darin bestehen, die zuständige Behörde etwa die Heimaufsichtsbehörde bei Vorfällen in einem Heim zu verständigen. Bei strafrechtlichen Vorwürfen ist (schon nach § 84 StPO) durch Anzeige an die Staatsanwaltschaft vorzugehen (so die ErlRV 1420 BlgNR XXII. GP 19).
§ 281 Abs 4 ABGB spricht aus, dass die Sachwalterschaftsführung vom Pflegschaftsgericht kontrolliert und begleitet wird und das Gericht bei Bekanntwerden von Missständen zur Sicherung des Behindertenwohls amtswegig tätig werden muss ( Schwimann , Neuerungen im Obsorge , Kuratel und Sachwalterrecht, EF Z 2006/40, 68 [70]) und die erforderlichen Maßnahmen treffen kann ( Hopf aaO § 281 Rz 4). Das Gericht kann gestützt auf § 281 Abs 4 ABGB dem Sachwalter auch - nicht selbstständig durchsetzbare - Aufträge erteilen, für die ansonsten keine besondere Rechtsgrundlage besteht ( Weitzenböck in Schwimann aaO § 281 Rz 5). Mangels Einhaltung der Vorschriften über das Verfahren zur Erweiterung der Sachwalterschaft kann aber durch einen mündlichen Auftrag des Sachwalterschaftsgerichts der Wirkungskreis des Sachwalters und damit dessen Vertretungsbefugnis für den Kläger nicht ausgedehnt werden.
3.4 Gemäß § 128 Abs 1 AußStrG sind die Vorschriften für das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters auch auf das Verfahren über die Erweiterung der Sachwalterschaft sinngemäß anzuwenden. Unter den „Vorschriften für das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters“ sind insbesondere die §§ 117 bis 127 AußStrG zu verstehen (2 Ob 101/10g mwN; vgl weiters Hengl/Mänhardt in Barth/Ganner , Handbuch des Sachwalterrechts² 584 f). Insbesondere hat die Erweiterung der Sachwalterschaft gemäß § 123 AußStrG mit Beschluss zu erfolgen. Erst mit dessen Rechtskraft vermindert sich die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen im Umfang der beschriebenen Angelegenheiten und erhöht sich der Aufgabenbereich des Sachwalters (vgl Zankl/Mondel in Rechberger , AußStrG § 128 Rz 1). Wie bereits dargelegt, lag hier aber bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz ein solcher Beschluss über die Erweiterung der Sachwalterschaft zur Rückabwicklung des Übergabsvertrags nicht vor.
4. Primäre Konsequenz eines vollmachtslosen Auftretens des Sachwalters ist die Unwirksamkeit seiner Vertretungshandlung. Die im fremden Namen abgegebene Willenserklärung des Scheinvertreters (Sachwalter) bindet den Vertretenen (Kläger) nicht. So entsteht insbesondere kein Vertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten ( P. Bydlinski in KBB³ § 1016 Rz 2; Strasser in Rummel ³ §§ 1016, 1017 Rz 11). Eine Sanierung des Vollmachtsmangels ist nicht erfolgt. Die in der Revision erstmals aufgestellte Vermutung, dass der Kläger seinen „Willen“, den Übergabsvertrag aufzuheben, dem Pflegschaftsrichter mitgeteilt und dieser den „Willen“ dem Sachwalter weitergegeben habe, ist schon als unzulässige Neuerung unbeachtlich. Weder die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Klage noch die während des erstinstanzlichen Verfahrens erfolgte Erweiterung der Sachwalterschaft im Umfang der Vertretung des Betroffenen im gegenständlichen Verfahren führt dazu, dass die fehlende Vertretungsmacht des Sachwalters zur Abgabe einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung für den Kläger nachträglich saniert wird. Der letztgenannte Beschluss erweitert wohl die Befugnis des Sachwalters zur Vertretung des Betroffenen im Zivilprozess, enthält aber keine Erweiterung der Sachwalterschaft zum Abschluss des behauptungsgemäß dem Klagsanspruch zu Grunde liegenden Dissolutionsvertrags. Da mangels Vertretungsmacht des Sachwalters ein Vertrag zwischen den Parteien über die Aufhebung des Übergabsvertrags nicht zustande kam, haben die Vorinstanzen zutreffend das (allein) auf Unterfertigung des Dissolutionsvertrags gerichtete Klagebegehren abgewiesen.
5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.