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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSK vom 20.12.2011, RV/0103-K/09

Stellt der einmalige Verkauf von im Massagebetrieb verwendeten Therapiemagneten im Zuge einer Vortragstätigkeit ein Hilfs- oder ein Nebengeschäft dar?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0103-K/09-RS1
Die sich im Randbereich des Grundgeschäftes (Massageinstitut) abspielende Vortragstätigkeit ist mangels eines notwendigen Zusammenhanges zu dieser als Nebentätigkeit zu qualifizieren.
RV/0103-K/09-RS2
Der im Zuge der Vortragstätigkeit (Nebentätigkeit) erfolgte einmalige Verkauf von im Massageinstitut verwendeten Therapiemagneten stellt ein Hilfsgeschäft dar, weil es sich um die Veräußerung von Anlagevermögen handelt und aus diesem Grund ein notwendiger Zusammenhang zum Grundgeschäft gegeben ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Erwin Luggauer und die weiteren Mitglieder HR Dr. Helga Woschank, Heinz Hengl und Horst Hoffmann, im Beisein der Schriftführerin FOI Claudia Orasch über die Berufung des Bw., vertreten durch Stb, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend Umsatzsteuer 2006 nach der am in 9020 Klagenfurt, Dr. Herrmanngasse 3, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenem Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Bw. erzielte im Jahr 2004 neben Umsätzen als Masseur auch solche als Vortragender sowie aus dem Verkauf von Magneten und eines Sachbuches.

Im Zuge einer die Abgabenarten Umsatz- und Einkommensteuer betreffenden die Jahre 2003 bis 2006 umfassenden Außenprüfung traf das Finanzamt u.a. nachfolgende Feststellung:

TZ.: 1 Umsatzsteuer 1 bis 12 /2006


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2004
2006
Entgelte brutto
25.914,90
29.149,00
Entgelte netto
18.237,23
24.290,83
BFI steuerfrei
4.029,33
Entgelte netto
22.266,56
24.290,33
Kleinunternehmergrenze
22.000,00
22.000,00
plus 15 %
25.300,00
25.300,00

Die Verkäufe von Magneten stellen keine Hilfsgeschäfte dar, welche in die Kleinunternehmergrenze nicht einzubeziehen wären.Die Verkäufe zählen vielmehr zum Grundgeschäft des Unternehmens.Ebenso zählt ein Vortrag im Rahmen des Massagebetriebes nicht zu den Hilfsgeschäften.

Mit Umsatzsteuerbescheid vom setzte das Finanzamt für das Jahr 2006 eine Umsatzsteuer in Höhe von € 4.420,93 auf Basis einer Bemessungsgrundlage von € 24.290,83 (€ 4.858,17 minus Vorsteuern iHv € 437,24) fest.

In der gegen diesen fristgerecht erhobenen Berufungvom führte der Bw. -auszugsweise - ins Treffen:

. . . . . Im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung habe ich dem Finanzsamt schriftlich mitgeteilt, dass die Umsätze des Jahres 2004 neben den Grundgeschäften eines Masseurs und Privatlehrers auch Hilfsgeschäfte beinhalteten. Berücksichtigt man diese, trifft die behauptete Überschreitung der Umsatzgrenze um 266,56 Euro nicht zu:

Bei den Hilfsgeschäften handelt es sich im vorliegenden Fall um den Verkauf von Magneten in Höhe von 424,00 Euro und dem Verkauf eines Sachbuches in Höhe von 8,90 Euro. Diese Verkäufe erfolgten an die Teilnehmer eines Vortrages am .

Die Rz 207 UStR definiert Hilfsgeschäfte als Geschäfte, die nicht zu den Grundgeschäften (zur Kerntätigkeit des Unternehmens) gehören, aber in deren Gefolge vorkommen und diese ermöglichen. Als Beispiele werden die Veräußerung von Anlagevermögen und Abfällen genannt. Die Rz 979 UStR führt zB. bei Heimen (§ 6 Abs. 1 Z 23 UStG) ausdrücklich auch die Getränkeumsätze, den Verkauf von Gebrauchsgegenständen und die Ansichtskartenverkäufe als Hilfsgeschäfte des Heimbetriebes an.

Diesbezüglich sei auch auf die Definition von Hilfsgeschäften durch den UFS und den VwGH verwiesen. Laut , sind Hilfsgeschäfte "Geschäfte, die ohne den eigentlichen Gegenstand des Unternehmens zu bilden, neben den Grundgeschäften vorkommen, die also der Unternehmer zur Förderung, Aufrechterhaltung und Fortführung sowie zur allfälligen Auflösung des Unternehmens tätigt. Hilfsgeschäfte sind somit die Tätigkeiten, die die Haupttätigkeit mit sich bringt und die nur gelegentlich vorkommen". Der UFS übernimmt dabei die Definition des (ebenso -G/07).

Der Verkauf von Magneten und Büchern im Gefolge eines Vortrages zählt generell nicht zu den Grundgeschäften eines Massageinstitutes. Im vorliegenden Fall geschah dieser Verkauf darüber hinaus nur "gelegentlich", nämlich ein einziges Mal im Jahr (am ). . .

In der abweisenden Berufungsvorentscheidungvom bewertete das Finanzamt die Vortragstätigkeit sowie den Verkauf der Magnete und des Sachbuches als Nebengeschäfte.

Im Vorlageantrag vom brachte der Bw. - auszugsweise - vor:

. . . . Das Finanzamt stufte die Verkäufe zunächst (siehe Prüfungsbericht vom ) als "Grundgeschäfte des Massagebetriebes" ein, rechnet sie aber nunmehr (laut Begründung zur Berufungsvorentscheidung vom ) zu den Nebengeschäften und nicht zu den Hilfsgeschäften, weil die "Verkäufe als vereinzelte Leistungen gegen Entgelt neben dem eigentlichen Unternehmensgegenstand anzusehen" seien.

Dabei übersieht das Finanzamt, dass nicht nur Nebengeschäfte, sondern auch Hilfsgeschäfte "neben (!) den Grundgeschäften vorkommen" (siehe und -G/07, wo es ausschließlich hießt, dass Hilfsgeschäfte solche Geschäfte sind, "die neben den Grundgeschäften vorkommen"). . .

Der entscheidende Unterschied zwischen Hilfsgeschäften und Nebengeschäften (vgl. Rz 207 UStR und Rz 1003 EStR) ist, dass

- Hilfsgeschäfte im Gefolge von Grundgeschäften vorkommen und diese ermöglichen und - Nebengeschäfte im Randbereich von Grundgeschäften vorkommen und eigentlich zu einem anderen Berufsbild oder Tätigkeitszweig gehören.

Hilfsgeschäfte weisen daher - im Gegensatz zu Nebengeschäften - einen notwendigen Zusammenhang zu den Grundgeschäften auf (Rz 207 UStR).

Zutreffend stellt der UFS daher fest, dass Hilfsgeschäfte Tätigkeiten sind, "die die Haupttätigkeit mit sich bringt" (). Es besteht somit kein Nebeneinander (wie beim Nebengeschäft), sondern ein Verhältnis der Nachrangigkeit des Hilfsgeschäftes zum Grundgeschäft. Ohne Grundgeschäft kann es kein Hilfsgeschäft geben.

Bei einem Masseur mag die Vortragstätigkeit als Nebengeschäft zu qualifizieren sein (da sie zu einem anderen Berufsbild, nämlich dem eines Vortragenden, gehört).

Der im vorliegenden Fall strittige Verkauf von Magneten und eines Sachbuches kann demgegenüber aber nicht als eigenständiger anderer Tätigkeitszweig aufgefasst werden, da er lediglich "im Gefolge" des Vortragenden (des Magnetseminars) vorkam. Ohne Vortrag bzw. Seminar hätte es keine Magnetverkäufe an die Teilnehmer gegeben.

Da in der Begründung zur Berufungsvorentscheidung vorgetragene Argumentation des Finanzamts, dass "das Merkmal der Nachhaltigkeit vernachlässigt werden" könne, weil es nur bei Grundgeschäften vorliegen müsse, trägt nichts zur Abgrenzung zwischen Hilfs- und Nebengeschäften bei.

Bei der Frage, ob Geschäfte nachhaltig oder bloß gelegentlich vorkommen, handelt es sich um ein gemeinsames Abgrenzungskriterium der Hilfs- und Nebengeschäfte gegenüber den Grundgeschäften und nicht um ein Kriterium zur Differenzierung zwischen Hilfs- und Nebengeschäften. . . ..

Abschließend erlaube ich mir, einige Beispiele für Hilfsgeschäfte anzuführen, wie sie (zusätzlich zur Veräußerung von Anlagevermögen) vonseiten des BMF in den Richtlinien genannt werden:

- Veräußerung von Abfällen (Rz 207 UStR)- Verkauf von Vermögensgegenständen durch Vereine (Rz 461 VereinsR, Rz 1242 UStR)- Lieferung von gewerblichen Erzeugnissen sowie Buffet- und Kantinenumsätze von privaten Schulen (Rz 875 UStR)- Getränkeumsätze, Verkauf von Gebrauchsgegenständen und Ansichtskartenverkäufe durch Jugend-, Erziehungs-, Ausbildungs-, Fortbildungs- und Erholungsheime (Rz 489 VereinsR, Rz 979 UStR)- Veräußerung von Fachbüchern eines Rechtsanwaltes (Rz 1003 EStR)- gelegentliche Vermittlungstätigkeit eines Rechtsanwaltes (Rz 207 UStR)- Hausapotheke eines Arztes (Rz 2452 UStR)- Verkauf von Gebinden durch Winzergenossenschaften (Rz 175 KStR)- Verkauf von lebenden Tieren durch einen Zirkus (Rz 1292 UStR)- Überlassung von Plakatflächen und Parkplätzen durch gemeinnützige Bauträger (Rz 208 KStR)- Einnahmen aus der Führung von Bücherlisten und Mahngebühren einer Stadtbücherei (Rz 72 KStR)

Analog zu diesen Beispielen ist auch der Verkauf von Magneten und eines Sachbuches an die Teilnehmer eines Vortrages (im Gefolge dieses Vortrages) als Hilfsgeschäft des Vortragenden (Masseurs) anzusehen.

Über Ersuchen der Rechtsmittelbehörde übermittelte der Bw. die Vortragsunterlagen für den Vortrag am für den Verband "TAO" und führte aus: "TAO" stehe für Therapeuten-Ausbildungsorganisation, welche sich der Ausbildung von Therapeuten in Akupunkt-Meridian-Massage (AMM) in Kombination mit den Grundlagen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) widme. Die Teilnehmer hätten sich in Ausbildung in Akupunkt-Meridian-Massage in Kombination mit den Grundlagen der Traditionellen Chinesischen Medizin befunden. Entsprechend den vorgelegten Unterlagen seien Themenbereiche dieses Vortrages der therapeutische Einsatz von Permanentmagneten gewesen. Therapiemagnete würden von Therapeuten und Laien zur Förderung oder Wiederherstellung der Gesundheit eingesetzt. Durch den Einsatz von Magneten könnten zahlreiche körperliche Beschwerden schnell und nachhaltig beseitigt werden. Verwendet würden die Magnete beispielsweise im Rahmen der - Muskelbehandlung, Gelenksbehandlung, Reflexzonentherapie, Akupunktur, Akupunktmassage, Störfeldtherapie und Triggerpunkttherapie. Das am vorgetragene Wissen über den therapeutischen Einsatz von Magneten habe sich der Bw. zuvor ausschließlich im Selbststudium (Literaturstudium) aus diversen Büchern angeeignet.

Im Gefolge des Vortrages hätten die Teilnehmer auch die Möglichkeit gehabt, einige der vom Bw. zu Demonstrationszwecken mitgebrachten Therapiemagnete zu erwerben. Eine Teilnehmerin habe das gebrauchte Sachbuch "Die Biomagnet Hausapotheke" erworben, welches der Bw. für seine eigene Arbeit nicht mehr benötige, weil er es ohnedies auch in der englischsprachigen Originalausgabe besitze.

Die im Jahr 2004 vom Bw. abgehaltenen Kurse am BFI seien allgemeinbildende (schulische) Unterrichtsveranstaltungen in Anatomie und Physiologie gewesen.

Der Bw. legte in seinem Schreiben vom weiters dar:

. . Gemeinsam haben Hilfs- und Nebengeschäfte, dass sie - isoliert betrachtet - mangels Nachhaltigkeit keine unternehmerische Tätigkeit darstellen würden. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH, der Tätigkeiten dann nicht als Hilfstätigkeiten (Hilfsumsätze) anerkennt, wenn diese die unmittelbare, dauerhafte (!) und notwendige Erweiterung der Kerntätigkeit des Unternehmens darstellen (vgl. C-174/08, NCC Construction Danmark, Randnr. 31 und 35). Die Rechtsansicht des Finanzamts in der Berufungsvorentscheidung vom , wonach "das Merkmal der Nachhaltigkeit vernachlässigt werden" könne, entspricht somit nicht der geltenden Rechtslage.

Die Unterschiede zwischen Hilfsgeschäften und Nebengeschäften lassen sich wie folgt überblicksartig darstellen (vgl. Rz 207 UStR und Rz 1003 EStR):


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Hilfsgeschäfte
Nebengeschäfte
Vorkommen
Kommen im Gefolge von Grundgeschäften vor
Kommen im Randbereich von Grundgeschäften vor
Zweck
Ermöglichen die Grundgeschäfte
Haben einen eigenen Zweck
Tätigkeitszweig
Gehören zum selben Berufsbild oder Tätigkeitszweig wie die Grundgeschäfte
Gehören einem anderen Berufsbild oder Tätigkeitszweig als die Grundgeschäfte an
Zusammenhang
Weisen einen notwendigen Zusammenhang mit den Grundgeschäften auf
Weisen keine notwendigen Zusammenhang mit den Grundgeschäften auf

Dementsprechend stellte der UFS fest, dass Hilfsgeschäfte Tätigkeiten sind, "die die Haupttätigkeit mit sich bringt" (). Es besteht somit kein Nebeneinander (wie beim Nebengeschäft), sondern ein Verhältnis der Nachrangigkeit des Hilfsgeschäftes zum Grundgeschäft. Ohne Grundgeschäft kann es kein Hilfsgeschäft geben.

Umgelegt auf den streitgegenständlichen Fall ist zu den Verkäufen der Therapiemagneten und des Sachbuches im Anschluss an den Vortrag Folgendes festzuhalten:

- Die Verkäufe erfolgten nur anlässlich des Vortrages und stellten daher mangels Nachhaltigkeit - isoliert betrachtet - keine unternehmerische Tätigkeit und auch keine dauerhafte Erweiterung der Kerntätigkeit des Unternehmens dar.

- Die Verkäufe kamen bloß im Gefolge des Vortrages vor. Der abgehandelte Vortrag brachte daher die Verkäufe mit sich.

- Die Verkäufe hatten keinen eigenen Zweck, sondern unterstützten bloß die Vortragstätigkeit.

- Die Verkäufe gehörten zum selben Tätigkeitszweig wie der Vortrag (nämlich zur Magnettherapie), sie können nicht als eigenständiger anderer Tätigkeitszweig aufgefasst werden.

- Die Verkäufe wiesen einen notwendigen Zusammenhang mit dem Vortrag auf. Ohne Vortrag wäre es nicht zu den Verkäufen gekommen.

Aus der Sicht des Bw. handelte es sich bei den Magneten und dem Sachbuch um sein Anlagevermögen bzw. Inventar, das er zu Demonstrationszwecken zu dem Vortrag mitgebracht hatte und aufgrund entsprechender Interessen der Teilnehmer an diese dann veräußerte.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung ergänzte der steuerliche Vertreter:

Der Bw. beschäftigt sich mit traditioneller chinesischer Medizin und Shiatsu-Massagen etc. Bei seinen Massagen verwendet er auch Magnete. Es handelt sich dabei um kleinere Magnete, die z.B. auf den Körper geklebt werden oder über die Körpermeridiane gezogen werden. Die Magnete haben entweder die Form von Stäbchen, Quader oder Scheiben. Sie sind hochwertig vernickelt oder versilbert. Der Bw. wurde zu einem Referat betreffend Massagen unter Magnetanwendungen eingeladen. Er hat dazu die Magnete mitgenommen, die er schon in Betrieb hatte. Er hat sich nicht extra welche gekauft. An diesem Kurs haben 30 bis 40 Personen teilgenommen. 20 Personen etwa haben Magnete gekauft. Dies war ein einmaliger Vorgang und ist wie ein Anlagenverkauf zu sehen, ähnlich wie bei einem Rechtsanwalt, der Fachliteratur verkauft. Diese Magnete sind in Sets zusammengestellt. Diese Sets können kleiner oder größer sein. Man kann sich das vorstellen wie ein Schraubenzieher-Set. Ein Magnet kostet etwa € 1,00. Dieser Kurs ist so gelaufen, dass der Bw. nicht einfach ein Referat gehalten hat, sondern an Hand eines Freiwilligen das Auflegen der Magneten gezeigt hat. Nach dieser Demonstration hatten die Kursteilnehmer Gelegenheit, dies auch an sich selbst oder an einem gewählten Partner zu üben. Rechtlich ist auszuführen, dass sich hier die Frage stellt, ob der Verkauf der Magnete ein Nebengeschäft oder ein Hilfsgeschäft darstellt. Ein Nebengeschäft ist nicht abhängig vom Grundgeschäft, während ein Hilfsgeschäft abhängig vom Grundgeschäft ist. Der UFS sagt Hilfsgeschäft ist eine Tätigkeit die die Haupttätigkeit mit sich bringt. Es stellt sich die Frage, ist der Verkauf der Magnete ein eigenes Tätigkeitsfeld oder nur Ausfluss einer anderen Tätigkeit. Ohne Vortrag hätte es keine Verkäufe gegeben. Der Bw. hatte nicht die Absicht, Magnete zu verkaufen, sondern er führte diese nur als Demonstrationsobjekte mit sich. Es war für ihn nicht vorhersehbar, dass er diese Magnete verkaufen werde können. Diesen Kurs hatte er erst das erste Mal durchgeführt. Nach dem Verkauf der Magnete musste er sich wieder neue für seinen Massagebetrieb kaufen. Man muss nicht für jeden Patienten neue Magnete verwenden. Diese Magnete sind nach Reinigung wiederverwendbar. Ein Hilfsgeschäft ist nur dann möglich, wenn es ein Hauptgeschäft gibt. Insoweit kann man vielleicht von einem notwendigen Zusammenhang sprechen. Es braucht notwendigerweise ein Hauptgeschäft damit ein Hilfsgeschäft vorliegen kann.

Die Vertreterin des Finanzamtes brachte vor, damit ein Geschäft als Hilfsgeschäft qualifiziert werden könne, bedürfe es eines notwendigen Zusammenhanges mit dem Hauptgeschäft. Diesen notwendigen Zusammenhang könne man im gegenständlichen Fall nicht erblicken. Verkaufen könne man auch ohne eine Vortragstätigkeit unter Verweis auf Beispiele von Hilfsgeschäften aus den Einkommensteuerrichtlinien Rz 1003. Die Definition des Begriffes "Hilfsgeschäft" sei in USt und ESt gleich.

Dem hielt der steuerliche Vertreter entgegen, dass der Bw. ohne die Vortragstätigkeit die Magnete nicht verkauft hätte, denn der Verkauf sei zwangsläufig mit dem Vortrag angefallen. Die vom FA angeführten Beispiele für Hilfsgeschäfte bestätigten den Standpunkt des Bw. Darüber hinaus gebe es Beispiele von Hilfsgeschäften, die den Standpunkt des Bw. stützten, wie z.B. der Verkauf von Abfällen, die Hausapotheke des Arztes, der Verkauf von Gebinden von Winzergenossenschaften und die Kantinenumsätze bei Privatschulen.

Über die Berufung wurde erwogen:

A) Nachfolgender Sachverhalt wird auf Basis des übermittelten Veranlagungsaktes - der Arbeitsbogen der Außenprüfung wurde vom Finanzamt wegen Unauffindbarkeit nicht vorgelegt - und den Ergebnissen des Beweisverfahrens im Rechtsmittelverfahren sowie den Ausführungen in der Berufungsverhandlung zugrunde gelegt:

Der Bw. erzielte die sich aus der Aktenlage ergebenden nachfolgend dargestellten Umsätze:


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2004
2006
brutto
netto
netto
Erlöse als Masseur
19.702,67
16.418,89
24.290,83
Erlöse als Privatlehrer
am Berufsförderinstitut (BFI)
4.029,33
4.029,33
am Lehrinstitut Akupunkt-Massage
750,00
625,00
Vortrag TAO
1.000,00
833,33
Verkauf Magnete
424,00
353,33
Verkauf Sachbuch
8,90
8,09
Gesamterlöse
25.914,90
22.267,97
24.290,83
minus Verkauf Magnete
353,33
minus Verkauf Sachbuch
8,09
Gesamterlöse
21.906,55
24.290,83

Der Bw. betreibt ein Massageinstitut. Er beschäftigt sich mit traditioneller chinesischer Medizin und Shiatsu-Massagen, wobei er bei seinen Massagen auch Magnete verwendet. Bei diesen handelt es sich um kleinere Magnete, welche auf den Körper geklebt oder über die Körpermeridiane gezogen werden. Diese Magnete haben die Form von Stäbchen, Quader oder Scheiben und sind hochwertig vernickelt oder versilbert.

Der Bw. hielt im Jahr 2004 einen Vortrag für den Verband "TAO", der sich der Ausbildung von Therapeuten in Akupunkt-Meridian-Massage (AMM) in Kombination mit den Grundlagen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) widmet. Die Teilnehmer (eine Gruppe von Akupunktmasseuren) befanden sich in Ausbildung in Akupunkt-Meridian-Massage in Kombination mit den Grundlagen der Traditionellen Chinesischen Medizin. Entsprechend den vorgelegten Unterlagen war der Themenbereich dieses Vortrages der therapeutische Einsatz von Permanentmagneten. Diese werden von Therapeuten und Laien zur Förderung oder Wiederherstellung der Gesundheit eingesetzt, um körperliche Beschwerden schnell und nachhaltig zu beseitigen, z.B. bei der Muskel- und Gelenksbehandlung, Reflexzonentherapie, Akupunktur, Akupunktmassage, Störfeldtherapie und - Triggerpunkttherapie.

Während des Vortrages wurde die Anwendung der Magnete, z.B. das Auflegen der Magnete gezeigt. Nach der Demonstration der Anwendung, bestand die Möglichkeit den Einsatz der Magnete an sich selbst oder an einem gewählten Partner zu üben.

Danach ergab sich für die Kursteilnehmer die Möglichkeit, einige der vom Bw. zu Demonstrationszwecken bzw. Übungszwecken mitgebrachten Therapiemagnete, die bereits für den (Massage-) Betrieb angeschafft und auch teilweise verwendet worden waren, zu erwerben. Laut den im Zuge der mündlichen Verhandlung zur Einsichtnahme vorgelegten Verkaufsparagons kauften 19 Personen Magnete, die in Sets - für verschiedene Anwendungen - zusammengestellt waren und zwischen 10 und 20 Magnete umfassten. Bei durchschnittlich 15 Magneten pro Set handelte es sich um rund 28 Sets.

Laut Vorbringen des steuerlichen Vertreters hatte der Bw. nach Abhalten dieses Vortrages neue Magnete für den Einsatz im Massagebetrieb anzuschaffen.

Das um € 13,30 angeschaffte und um € 8,90 verkaufte Sachbuch mit dem Titel "Die Biomagnet Hausapotheke" behandelt die Selbstheilung mit Magneten und gibt praktische Anleitungen.

B) Rechtliche Würdigung:

Strittig ist, ob der Verkauf der Magnete und des Sachbuches als Hilfsgeschäfte, die bei Berechnung der Kleinunternehmergrenze gem. § 6 Abs.1 Z 27 UStG 1994 in Höhe von € 22.000,00 außer Ansatz zu bleiben haben, oder als Nebengeschäfte zu qualifizieren sind und ob bereits 2004 oder erstmals 2006 die Kleinunternehmergrenze um nicht mehr als 15% überschritten wurde.

Der Bw. führt dazu ins Treffen, dass der Verkauf der Magnete und des Sachbuches nicht zu den Grundgeschäften eines Massageinstitutes zähle. Vielmehr handle es sich hierbei um Hilfsgeschäfte, da einerseits ohne die Vortragstätigkeit die Verkäufe nicht erfolgt wären und es sich zudem um Anlagevermögen handle.

§ 6 (1) Z 27UStG normiert, dass von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 leg.cit. fallenden Umsätzen die Umsätze der Kleinunternehmer steuerfrei sind. Kleinunternehmer in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung ist ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum € 22.000 nicht übersteigen. Bei dieser Umsatzgrenze bleiben die Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen außer Ansatz. Das einmalige Überschreiten der Umsatzgrenze um nicht mehr als 15% innerhalb eines Zeitraumes von fünf Kalenderjahren ist unbeachtlich. Nicht unter die Steuerbefreiung fallen die Umsätze, die nach § 20 Abs. 4 und 5 besteuert werden.

Umsätze sind steuerbar, wenn sie von einem Unternehmer iSd § 2 Abs. 1 UStG 1994 im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt werden. Zwischen dem einzelnen Umsatzgeschäft und der auf die Erzielung von Einnahmen gerichteten selbständigen Tätigkeit des Unternehmers muss ein Zusammenhang bestehen.

Ruppe führt bezüglich der Abgrenzung von Hilfs- und Nebengeschäften in Tz 290 ff. zu § 1 UStG (Kommentar zum UStG, 3. Auflage) Folgendes aus:

Zu den Leistungen im Rahmen des Unternehmens gehören nicht nur die Leistungen, die den eigentlichen Gegenstand der unternehmerischen Tätigkeit ausmachen (Grundgeschäfte) sondern auch Hilfsgeschäfte und Nebengeschäfte. Hilfsgeschäfte sind Geschäfte, die nicht zu den Grundgeschäften gehören, die aber in ihrem Gefolge vorkommen und diese ermöglichen. Insbesondere zählt dazu die Veräußerung von Anlagevermögen (ausführlich Bauer, UR1991, 246). Nebengeschäfte sind Geschäfte, die für sich betrachtet eigentlich einem anderen Berufsbild oder Tätigkeitszweig als die Grundgeschäfte angehören, diesen aber im konkreten Fall benachbart sind, in ihrem Randbereich vorkommen. Von den Hilfsgeschäften unterscheiden sich die Nebengeschäfte dadurch, dass sie keinen notwendigen Zusammenhang mit den Grundgeschäften aufweisen:

Hilfsgeschäft ist z.B. die Veräußerung von Inventargegenständen, die vorübergehende Vermietung von Anlagevermögen, die Anlage liquider Mittel auf Bankkonten oder in Wertpapieren, die Veräußerung eines Teilbetriebes oder des ganzen Betriebes.

Nebengeschäft ist etwa die Schätzungstätigkeit eines Kunsthändlers, die gelegentliche Vermittlungstätigkeit eines Rechtsanwaltes (Ruppe, § 1 Rz 290).

Die nicht zu den Grundgeschäften eines Masseurs zählende Vortragstätigkeit des Bw. ist für sich betrachtet einem anderen Berufsbild bzw. Tätigkeitszweig zuzuordnen, spielt sich aber in seinem Unternehmensbereich ab. Da die gegenständliche Vortragstätigkeit insoweit eine Konnexität mit der Haupttätigkeit aufweist, als die im eigenen Massagebetrieb angewendeten Techniken vermittelt wurden, sich also im Randbereich des Massagebetriebes abspielt, aber insofern keinen notwendigen Zusammenhang mit diesem aufweist (der Massagebetrieb wäre auch ohne Vortragstätigkeit möglich), ist sie als Nebentätigkeit zu qualifizieren.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung trat das Finanzamt der Qualifizierung des Verkaufes des Sachbuches als Anlagevermögen und demzufolge als Hilfsgeschäft nicht entgegen, strittig blieb zwischen den Parteien, wie der im Rahmen der Vortragstätigkeit vorgenommene Verkauf der Therapiemagnete einzuordnen ist.

Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, USTG 1994, grenzen Hilfsgeschäfte und Nebengeschäfte zu § 2 in Rz 287 ff wie folgt ab:

Im Rahmen seines Unternehmens führt der Unternehmer aus:- die nachhaltig entgeltliche Tätigkeit (Grundgeschäfte)- nicht nachhaltig ausgeführte Hilfs- oder Nebengeschäfte durch entgeltliche Tätigkeit, wenn sie nach den Umständen des Falles auf die übrige Unternehmertätigkeit zurückgeht, weil sie ohne sie nicht erklärbar ist.

Grundgeschäfte führt der Unternehmer mit seiner Haupttätigkeit aus. Sie dienen dem eigentlichen (typischen) Zweck der unternehmerischen Betätigung. Diese - meist branchentypischen - Geschäfte (Leistungen) erfüllt der Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens.

Hilfsgeschäfte sind die Tätigkeiten, die die Haupttätigkeit mit sich bringt und die nur gelegentlich vorkommen (Beispiel: Lieferung von gebrauchten Einrichtungsgegenständen oder von Abfällen durch den Unternehmer).

Hilfsgeschäfte sind Teil der (gesamten) gewerblichen oder beruflichen Haupttätigkeit. Sie brauchen - anders als die Haupttätigkeit - nicht nachhaltig ausgeführt werden. Hilfsgeschäfte können - für sich beurteilt - die Unternehmereigenschaft nicht begründen, es sei denn, sie werden nachhaltig gegen Entgelt ausgeführt. Tätigkeiten, die eine nachhaltig ausgeübte Tätigkeit mit sich bringt, sind keine Hilfsgeschäfte.

Nebengeschäfte stehen mit der nachhaltig ausgeübten Haupttätigkeit des Steuerpflichtigen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, ohne dass Haupt- oder Hilfsgeschäfte vorliegen (z.B. Steuerberater ist als Prüfer bei der Steuerberaterprüfung tätig).

Wie gerade ausgeführt, sind also Hilfsgeschäfte solche Geschäfte, die die Haupttätigkeit mit sich bringt und die nur gelegentlich vorkommen, wie die Lieferung gebrauchter Einrichtungsgegenstände oder von Abfällen durch den Unternehmer.

Ruppe beschreibt Hilfsgeschäfte als solche, die im Gefolge der Haupttätigkeit vorkommen und diese ermöglichen, wobei er als Beispiel die Veräußerung von Inventargegenständen, die vorübergehende Vermietung von Anlagevermögen, die Anlage liquider Mittel auf Bankkonten oder in Wertpapieren, die Veräußerung eines Teilbetriebes oder des ganzen Betriebes anführt.

Der in Rede stehende Verkauf der Therapiemagnete, die im Massagebetrieb bereits teilweise zum Einsatz gekommen waren, also dem Massagebetrieb als Anlagevermögen zugeordnet waren, dient nicht dem eigentlichen Zweck des Grundgeschäftes ist aber als eine Tätigkeit zu sehen, die sich im Gefolge der Grundtätigkeit ergibt und die mit den eben aufgezählten Beispielen vergleichbar ist.

Auf Basis der Aktenlage kann dem diesbezüglichen Vorbringen des Bw., es handle sich bei den Magneten - wie auch beim Sachbuch - um sein Anlagevermögen, welche er bereits im Betrieb einsetzte und die er zu Demonstrationszwecken zu dem Vortrag mitgebracht hatte, nicht entgegen getreten werden. Weder aufgrund der Aktenlage noch auf Basis des Verfahrens haben sich Umstände ergeben, die gegen das diesbezügliche Vorbringen des Bw. sprechen würden, wobei der erkennende Senat es nicht für ungewöhnlich erachtet, rund 28 Sets an Therapiemagneten in einem Massagebetrieb zum Einsatz vorrätig zu haben.

Dass die verkauften Magnete durch ihren Einsatz und ihre Verwendung im Hauptgeschäft (Massageinstitut) des Bw. einen notwendigen Zusammenhang mit diesem aufweisen, ist ebenso nicht von der Hand zu weisen wie der Umstand, dass der Verkauf der Magnete sowohl gegenüber der Vortragstätigkeit als auch bezüglich der Massagetätigkeit als nachrangig - weil einmalig - einzustufen ist.

Der - einmalige - Verkauf der Magnete anlässlich eines Vortrages würde - isoliert betrachtet - mangels Nachhaltigkeit keine unternehmerische Tätigkeit darstellen und daher auch keine dauerhafte Erweiterung der Kerntätigkeit (Massagebetrieb) des Unternehmens bedeuten, was für die Qualifizierung als Hilfsgeschäft schädlich wäre.

Aus den angeführten Gründen erblickt der erkennende Senat im vorliegend zu beurteilenden einmaligen Verkauf von Therapiemagneten, der im Rahmen der Nebentätigkeit erfolgt ist, ein Hilfsgeschäft. Einerseits weil die vorliegende Fallkonstellation auch mit den vom steuerlichen Vertreter ins Treffen geführten Beispielen (wie der Veräußerung von Abfällen (Rz 207 UStR), der Hausapotheke eines Arztes (Rz 2452 UStR) oder dem Verkauf von Gebinden durch Winzergenossenschaften (Rz 175 KStR)) vergleichbar ist, welcher Umstand im Übrigen auch auf die in RZ 1003 EStR angeführten, vom Finanzamt ins Treffen geführten Beispiele (Veräußerung von Anlagen, Veräußerung von Fachbüchern eines Rechtsanwaltes, Veräußerung des Kundenstocks eines Versicherungsvertreters sowie die Vermietung von Anlagegütern) zutrifft. Andererseits kann der Umstand, dass die dem Massagebetrieb zuzuordnenden Magnete im Rahmen der Nebentätigkeit veräußert wurden, zu keinem anderen Ergebnis führen, als wenn diese im Rahmen des Grundgeschäftes veräußert worden wären, spielt sich der Verkauf der Magnete doch im unternehmerischen Bereich als Folge deren Zugehörigkeit (als Anlagevermögen) zum Grundgeschäft ab.

Der Berufung war Folge zu geben, weil auf Basis dieser Ausführungen die Kleinunternehmergrenze erstmals im Jahr 2006 um nicht mehr als 15% überschritten wurde.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Massageinstitut
Vortragstätigkeit
Verkauf von Therapiemagneten
Anlagevermögen
Hilfsgeschäft
Nebengeschäft
Überschreiten der Kleinunternehmergrenze
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2012/01

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at