FinStrG § 85., BGBl. I Nr. 124/2003, gültig von 01.05.2004 bis 31.12.2007

ARTIKEL I. Strafrecht und Strafverfahrensrecht in Angelegenheiten der bundesrechtlich oder durch Rechtsvorschriften der Europäischen Union geregelten Abgaben und der Monopole

ZWEITER ABSCHNITT. Finanzstrafverfahren.

ZWEITER UNTERABSCHNITT. Verwaltungsbehördliches Finanzstrafverfahren.

IV. Hauptstück. Aufdeckung und Verfolgung der Finanzvergehen.

B. Festnahme, Vorführung, vorläufige Verwahrung und Untersuchungshaft.

§ 85.

(1) Die Finanzstrafbehörde erster Instanz kann zum Zweck der Vorführung und vorläufigen Verwahrung die Festnahme des eines vorsätzlichen Finanzvergehens, mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit, Verdächtigen anordnen:

a) wenn der Verdächtige auf frischer Tat betreten oder unmittelbar nach Begehung eines Finanzvergehens mit Gegenständen betreten wird, die vom Finanzvergehen herrühren oder sonst auf seine Beteiligung an dem Finanzvergehen hinweisen;

b) wenn er flüchtig ist oder sich verborgen hält oder wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, er werde wegen der Größe der ihm mutmaßlich bevorstehenden Strafe oder aus anderen Gründen flüchten oder sich verborgen halten;

c) wenn er andere an der Tat Beteiligte, Hehler, Zeugen oder Sachverständige zu beeinflussen, die Spuren der Tat zu beseitigen oder sonst die Ermittlung der Wahrheit zu erschweren versucht hat oder wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr besteht, er werde dies versuchen; oder

d) wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er werde das ihm angelastete versuchte Finanzvergehen ausführen oder in unmittelbarer Folge ein weiteres gleichartiges Finanzvergehen begehen.

(2) Die Anordnung der Festnahme bedarf eines Bescheides des Vorsitzenden des Spruchsenates, dem gemäß § 58 Abs. 2 unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde. Auf Grund dieser Anordnung sind die hiefür vom Vorstand des Finanzamtes bestellten Organe sowie die Organe der Zollämter und des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Festnahme der verdächtigen Person befugt. Der Bescheid muß sogleich bei der Festnahme oder doch innerhalb der nächsten 24 Stunden dem Festgenommenen zugestellt werden.

(3) Ausnahmsweise kann die Festnahme durch die im Abs. 2 genannten Organe auch ohne schriftliche Anordnung vorgenommen werden

a) in den Fällen des Abs. 1 lit. a sowie

b) in den Fällen des Abs. 1 lit. b bis d, wenn die Einholung der schriftlichen Anordnung wegen Gefahr im Verzug nicht tunlich ist.

Dem Festgenommenen sind die Gründe für die Festnahme und für die Annahme von Gefahr im Verzug mündlich bekanntzugeben.

(4) Jeder Festgenommene ist unverzüglich der zuständigen Finanzstrafbehörde erster Instanz vorzuführen und von dieser sofort, spätestens aber binnen 24 Stunden nach der Übergabe, zur Sache und zu den Voraussetzungen der Verwahrung zu vernehmen. Ergibt sich, daß kein Grund zu seiner weiteren Verwahrung vorhanden ist, oder ist der Zweck der Verwahrung durch die Anwendung eines oder mehrerer gelinderer Mittel (§ 88 Abs. 1) oder durch eine Sicherheitsleistung (§ 88 Abs. 2) erreicht, so ist er sogleich freizulassen; sonst aber hat die Finanzstrafbehörde spätestens vor Ablauf von 48 Stunden nach der Festnahme zu veranlassen, daß die Untersuchungshaft (§ 86) verhängt wird.

(5) Bei der Festnahme, Vorführung und vorläufigen Verwahrung ist mit möglichster Schonung der Person und der Ehre des Festgenommenen vorzugehen.

(6) Dem Festgenommenen ist ohne unnötigen Aufschub zu gestatten, einen Angehörigen sowie eine Person, die gemäß § 77 Abs. 1 als Verteidiger zugelassen ist, von der Festnahme zu verständigen; bestehen gegen eine Verständigung durch den Festgenommenen selbst Bedenken, so hat die Finanzstrafbehörde die Verständigung vorzunehmen. Ist bei Ausländern die Verständigung eines Angehörigen im Inland nicht möglich, so genügt die Unterrichtung ihrer konsularischen oder diplomatischen Vertretung. Der Angehörige eines Minderjährigen kann auch ohne dessen Zustimmung verständigt werden.

(7) Über Beschwerden gegen Bescheide nach Abs. 2 entscheidet der Vorsitzende des Berufungssenates, der über Rechtsmittel gegen Erkenntnisse des im Abs. 2 genannten Spruchsenates zu entscheiden hätte.

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