4. Hauptstück Asylverfahrensrecht
6. Abschnitt Sonderbestimmungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof
§ 42. Grundsatzentscheidungen
(1) Stellt sich dem in einem anhängigen Verfahren zur Entscheidung berufenen Einzelrichter oder Senat des Asylgerichtshofes
1. eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil
a) von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen werden würde,
b) eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder
c) die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, oder
2. eine Rechtsfrage, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartenden Verfahren stellt,
so hat darüber auf Antrag des zuständigen Einzelrichters oder Senates ein verstärkter Senat des Asylgerichtshofes (Kammersenat) zu entscheiden (Grundsatzentscheidung).
(2) Der für die Grundsatzentscheidung zuständige Kammersenat kann die Behandlung einer Rechtsfrage ablehnen, wenn seiner Ansicht nach die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht gegeben sind.
(3) Der zuständige Kammersenat hat eine Grundsatzentscheidung zu treffen, wenn dies der Bundesminister für Inneres aus Anlass einer Entscheidung des Asylgerichtshofes aus den Gründen des Abs. 1 beantragt. Dieser Antrag hat keine Auswirkungen auf den entschiedenen Anlassfall.
(4) Wurde die Erlassung einer Grundsatzentscheidung beantragt und im Fall eines Antrages nach Abs. 1 deren Behandlung nicht abgelehnt, so hat der Vorsitzende des Kammersenates den Präsidenten darüber in Kenntnis zu setzen. Der Präsident hat unverzüglich alle übrigen Richter des Asylgerichtshofes und das Bundesasylamt von der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens zu informieren.
(5) Grundsatzentscheidungen der Kammersenate sind von Amts wegen vom Präsidenten des Asylgerichtshofes dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen.
(6) Ist bei einem Kammersenat ein Verfahren zur Erlassung einer Grundsatzentscheidung anhängig, so können bei den Einzelrichtern und Senaten anhängige Verfahren – einschließlich des Anlassfalles für die Grundsatzentscheidung – mit Verfahrensanordnung ausgesetzt werden, wenn die Grundsatzentscheidung auch für diese Verfahren maßgeblich sein könnte. Der Ablauf gesetzlicher Entscheidungsfristen wird gehemmt.
(7) Die nach Abs. 6 ausgesetzten Verfahren sind jedenfalls fortzusetzen, wenn der Kammersenat eine Grundsatzentscheidung getroffen hat und der Verwaltungsgerichtshof
1. über die Grundsatzentscheidung in der Sache selbst entschieden hat oder
2. nicht innerhalb von sechs Monaten nach Vorlage der Grundsatzentscheidung des Kammersenates eine Entscheidung getroffen hat, wobei eine allfällige Hemmung oder Unterbrechung dieser Frist zu berücksichtigen ist.
(8) Die Aussetzung und die Fortsetzung des Verfahrens nach Abs. 6 und 7 sind dem Beschwerdeführer und dem Bundesasylamt mitzuteilen.
(9) Grundsatzentscheidungen der Kammersenate sind auf geeignete Weise zu veröffentlichen.
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