25.2.2 Bewertungsfragen bei Kreditinstituten
25.2.2.1 "Überpari" begebene Wertpapiere
1344Werden Wertpapiere "überpari" begeben, hat jener Teil des Ausgabebetrages, der über dem Nennwert des Papiers liegt, eine regulierende Wirkung auf den Zinsertrag aus dem Papier. Die effektive Verzinsung liegt dadurch unter der nominellen Verzinsung. Im Sinne einer periodengerechten Erfassung des effektiven Zinssatzes ist der "Überparibetrag" aktiv abzugrenzen und auf die Laufzeit des Papiers finanzmathematisch verteilt abzuschreiben. Davon getrennt sind die Anschaffungskosten des Papiers anzusetzen. Diese Anschaffungskosten sind auch Ausgangspunkt für die weitere Bewertung des Papiers.
1345Wird ein "pari" begebenes Wertpapier am Sekundärmarkt zu einem "Überparipreis" erworben, handelt es sich beim "Überparibetrag" nicht um ein regulierendes Instrument für den Zinsertrag, sondern um einen echten Bestandteil des Kaufpreises. Es ist daher der volle Betrag, der für den Erwerb des Papiers aufgewendet wurde, als Ausgangspunkt für die weitere Bewertung des Papiers zu nehmen. Sollte die Entwicklung des Teilwertes des Papiers nicht erheblich von jenem Ergebnis abweichen, das bei der Verteilung des "Überparibetrages" nach Art einer Abgrenzung eintritt, bestehen gegen eine derartige Vorgangsweise keine Bedenken.
Wurde ein bereits überpari begebenes festverzinsliches Forderungswertpapier am Sekundärmarkt zu einem noch höheren Betrag (Agio, Überparibetrag) erworben, ist jener Überparibetrag, der bei Begebung bereits im Kaufpreis des Forderungswertpapiers enthalten war und dem Emittenten als Zinsregulativ gedient hat, weiterhin bis zur Tilgung finanzmathematisch verteilt abzuschreiben, der restliche Kaufpreis ist allerdings einheitlich als Anschaffungskosten des Forderungswertpapiers anzusehen ().
Beispiel:
Ein festverzinsliches Wertpapier mit einem Nominale von 100, das überpari zu 104 im Jahr 00 mit einer Laufzeit von 10 Jahren begeben wurde, wird durch eine Bank am Sekundärmarkt um 110 im Jahr 04 erworben. Restlaufzeit ist 5 Jahre. Der Überparibetrag von 4 hätte vom Veräußerer bereits finanzmathematisch abgegrenzt und auf 10 Jahre verteilt abgeschrieben werden müssen, sodass sich bei Veräußerung im fünften Jahr ein Restbetrag von 2,03 ergeben müsste. Aus dem Kaufpreis von 110 ist daher ein Betrag von 2,03 herauszuschälen und auf die Restlaufzeit von 5 Jahren verteilt abzuschreiben, 107,97 sind Anschaffungskosten für das Wertpapier und unterliegen der Teilwertbetrachtung. Wäre der Teilwert des Forderungswertpapiers im Jahr 06 106, käme es zu einer Teilwertabschreibung von 1,97.
25.2.2.2 Wertpapiere in fremder Währung
1346Bei Wertpapieren, die auf eine ausländische Währung lauten, ist nicht zwischen einer Bewertung in der Originalwährung, auf die das Wertpapier lautet, und der Umrechnung in inländische Währung zu differenzieren, sondern es ist von einem einheitlichen umgerechneten Wert für die weitere Bewertung auszugehen. Die Umrechnung hat gemäß § 58 Abs. 1 BWG zwingend zum Mittelkurs am Bilanzstichtag zu erfolgen.
25.2.2.3 Einzelwertberichtigungen zu Ausleihungen
1347Wertberichtigungen sind steuerlich nur anzuerkennen, wenn zum Bilanzstichtag konkrete Risiken bestehen, die einzelnen Forderungen direkt zugerechnet werden können und eine Einstellung von Kreditrückzahlungen vorliegt. Es muss mit großer Wahrscheinlichkeit zu rechnen sein, dass bestimmte Forderungen nicht mit dem vollen Nennbetrag eingehen werden. Solche konkrete Risiken können sein:
Nichteinhaltung einer Ratenvereinbarung,
dauernde Einstellung von Kreditrückzahlungen,
schlechte Vermögens- und Liquiditätslage des Schuldners,
Währungsverlust.
Ein unbesicherter Blankoanteil allein reicht keinesfalls für die Bildung einer Einzelwertberichtigung aus, da er als allgemeines Bankrisiko in der Bildung der Haftrücklage Berücksichtigung findet. Sicherheiten sind entsprechend zu berücksichtigen.
Nach dem Erkenntnis des , liegt weder bei einem Tilgungsrückstand noch bei einer Kontoüberziehung allein eine vorübergehende oder dauernde Einstellung von Kreditrückzahlungen vor, die eine Einzelwertberichtigung rechtfertigt, da diese auch saisonbedingt sein kann oder auch andere ausreichende Sicherheiten vorliegen können.
25.2.2.4 Pauschale Einzelwertberichtigungen zu Ausleihungen
1348Für Wirtschaftsjahre, die vor dem beginnen, gilt:
Pauschalwertberichtigungen, die einem allgemeinen Forderungs-, Kredit- oder Branchenrisiko Rechnung tragen, ohne dass eine Risikozuordnung zu bestimmten Forderungen vorgenommen werden kann, sind steuerlich nicht zulässig ( § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG; siehe EStR 2000 Rz 2372).
Laut Erkenntnis des , ist es jedoch denkbar, dass eine Einzelwertberichtigung von verschiedenen Forderungen bei tatsächlich gleichartigem Sachverhalt im Wege einer Schätzung in gleichem Ausmaß vorgenommen wird.
Pauschal ermittelte Einzelwertberichtigungen sind in jenen Fällen zulässig, in denen ein vereinbarter Überziehungsrahmen überschritten wird, ohne dass mit dem Kontoinhaber ein entsprechender Kreditvertrag geschlossen wurde, oder wenn ein Rückstand von mehr als drei Kreditraten besteht und der Rückstand bei schriftlicher Krediteinräumung mehr als 15% des eingeräumten Kreditrahmens beträgt, ohne dass ausreichende Sicherheiten vorhanden sind. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Überziehungsrahmen schriftlich oder - wie bei Intern- und Disporahmen mündlich oder konkludent - eingeräumt wurde. In diesen Fällen bestehen keine Bedenken, eine pauschale Berichtigung in Höhe von bis zu 2,5% der jeweiligen unter den Gefährdungstatbestand fallenden Gruppensummen anzusetzen, sofern die Summe der gruppenweisen Einzelwertberichtigungen den durchschnittlichen Jahresbedarf an tatsächlichen Einzelwertberichtigungen in der einzelnen Gruppe innerhalb der letzten fünf Jahre nicht übersteigt. Sind, wenn auch nicht in vollem Umfang, Sicherheiten vorhanden, mindern diese die Bemessungsgrundlage der pauschal zu ermittelnden Einzelwertberichtigung. Siehe EStR 2000 Rz 2376.
1349Für Wirtschaftsjahre, die nach dem beginnen, gilt:
Aufgrund von § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF COVID-19-StMG ist eine pauschale Wertberichtigung von Forderungen unter den Voraussetzungen des § 201 Abs. 2 Z 7 UGB idF BGBl. I Nr. 22/2015 zulässig. Danach muss die Bestimmung eines Wertes, die nur auf Basis von Schätzungen möglich ist, auf einer umsichtigen Beurteilung beruhen (allgemeiner Bewertungsgrundsatz der verlässlichen Schätzung). Liegen statistisch ermittelbare Erfahrungswerte aus gleichgelagerten Sachverhalten vor, sind diese gemäß § 201 Abs. 2 Z 7 UGB bei der umsichtigen Beurteilung zu berücksichtigen (zB statistisch ermittelte Ausfallswahrscheinlichkeiten), dh., sie müssen diesfalls in die Schätzung einfließen.
Zur Zulässigkeit pauschaler Wertberichtigungen von Forderungen gemäß § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF COVID-19-StMG unter den Voraussetzungen des § 201 Abs. 2 Z 7 UGB sowie zur erstmaligen Anwendung der Neuregelung unter Berücksichtigung des über fünf Jahre zu verteilenden "Altbestandes" ( § 124b Z 372 lit. a iVm lit. c EStG 1988) siehe EStR 2000 Rz 2373.
25.2.2.5 Zuschreibungsrücklage für Kreditinstitute bei Wechsel des Wertberichtigungssystems (§ 124b Z 270 lit. c EStG 1988)
1349aDie Bestimmung des § 124b Z 270 lit. c EStG 1988 betrifft eine Besonderheit bei Kreditinstituten. Im Zuge der Bewertung von Forderungen wird zunehmend das System der Einzelwertberichtigung durch ein System von pauschalen Wertberichtigungen nach aufsichtsrechtlich anerkannten Methoden ersetzt. Diese Wertberichtigungen werden anhand von Bonitätsklassen nach Erfahrungssätzen aus der Vergangenheit ermittelt. Liegen bei der gebildeten Wertberichtigung die Voraussetzungen für eine steuerliche Anerkennung aufgrund von § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG nicht vor, hätte der Wechsel des Wertberichtigungssystems zu einer steuerlich wirksamen Auflösung der Einzelwertberichtigung einerseits und der steuerlich nicht abzugsfähigen Bildung der pauschalen Wertberichtigung andererseits geführt.
Beispiel:
Vom K-Kreditinstitut wurden insgesamt Einzelwertberichtigungen iHv 1.000.000 Euro steuerlich wirksam gebildet. Die Überführung in steuerlich aufgrund von § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG nicht anerkannte pauschale Wertberichtigungen in gleicher Höhe hat keine unternehmensrechtliche Erfolgsauswirkung; Auflösung und Zuführung heben einander auf. Steuerlich entsteht ein Gewinn von 1.000.000 Euro, weil der steuerwirksamen Auflösung die steuerneutrale Zuführung gegenübersteht.
1349bUm diesen Effekt zu verhindern bzw. zu entschärfen, sieht die Übergangsbestimmung des § 124b Z 270 lit. c EStG 1988 vor, dass der Ertrag aus der Auflösung von Einzelwertberichtigungen, die durch eine pauschale Wertberichtigung ersetzt werden, einer speziellen Zuschreibungsrücklage zugeführt werden kann. Diese ist bis zur Veranlagung 2020 unverändert beizubehalten und ab der Veranlagung 2021 jährlich um ein Fünftel steuerwirksam aufzulösen (zur steuerwirksamen Auflösung der Zuschreibungsrücklage und der steuerlichen Anerkennung künftiger pauschaler Forderungswertberichtigungen aufgrund von § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF COVID-19-StMG siehe Rz 1349e). Durch die Bildung einer Zuschreibungsrücklage wird die sofortige Erfassung des Auflösungsbetrages verhindert. Die Bestimmung ist auf Auflösungen anzuwenden, die im ersten Geschäftsjahr, das nach dem begonnen hat, erfolgen.
1349cDie Höhe des Zuführungsbetrages ist dabei durch die Auflösung der bestehenden steuerwirksam gebildeten Einzelwertberichtigungen begrenzt.
Beispiel 1:
Vom K-Kreditinstitut wurden insgesamt Einzelwertberichtigungen iHv 1.000.000 Euro steuerlich wirksam gebildet. Diese werden aufgelöst und durch steuerlich aufgrund von § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG nicht abzugsfähige pauschale Wertberichtigungen iHv 1.200.000 Euro ersetzt.
Der gesamte Auflösungsbetrag iHv 1.000.000 Euro kann der Zuschreibungsrücklage gemäß § 124b Z 270 lit. c EStG 1988 zugeführt werden.
Beispiel 2:
Vom K-Kreditinstitut wurden insgesamt Einzelwertberichtigungen iHv 1.000.000 Euro steuerlich wirksam gebildet. Diese werden aufgelöst und durch steuerlich aufgrund von § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG nicht abzugsfähige pauschale Wertberichtigungen iHv 750.000 Euro ersetzt.
Der Auflösungsbetrag kann iHv 1.000.000 Euro der Zuschreibungsrücklage gemäß § 124b Z 270 lit. c EStG 1988 zugeführt werden.
1349dSoweit die neugebildete Wertberichtigung steuerlich abzugsfähig ist, kann die Zuschreibungsrücklage nur in Höhe der steuerlich nicht abzugsfähigen Zuführung gebildet werden.
Beispiel:
Vom K-Kreditinstitut wurden insgesamt Einzelwertberichtigungen iHv 1.000.000 Euro steuerlich wirksam gebildet. Diese werden aufgelöst und durch Wertberichtigungen iHv 1.100.000 Euro ersetzt, davon sind 150.000 Euro als steuerlich abzugsfähige Einzelwertberichtigungen zu qualifizieren, die restlichen 950.000 Euro stellen steuerlich aufgrund von § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF vor COVID-19-StMG nicht abzugsfähige pauschale Wertberichtigungen dar. Der Auflösungsbetrag kann iHv 950.000 Euro der Zuschreibungsrücklage gemäß § 124b Z 270 lit. c EStG 1988 zugeführt werden; insoweit wird anstelle einer bestehenden Einzelwertberichtigung eine pauschale Wertberichtigung gebildet.
1349eWerden in der Folge pauschale Wertberichtigungen aufgelöst bzw. erhöht, sind diese Änderungen steuerlich unbeachtlich. Die Zuschreibungsrücklage bleibt unverändert; auch bei Ausscheiden der Forderung für die die Einzelwertberichtigung ursprünglich gebildet wurde. Die Zuschreibungsrücklage ist in der Steuerbilanz evident zu halten und ab der Veranlagung 2021 jährlich zu je einem Fünftel steuerwirksam zu verringern.
Aufgrund von § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 idF COVID-19-StMG sind pauschale Forderungswertberichtigungen nach Maßgabe von § 201 Abs. 2 Z 7 UGB nunmehr auch steuerlich anerkannt. Die Bildung von pauschalen Wertberichtigungen nach diesen Voraussetzungen ist erstmals für nach dem beginnende Wirtschaftsjahre möglich, dh. im Falle eines Regelwirtschaftsjahres somit erstmalig zum (siehe Rz 1349 sowie EStR 2000 Rz 2373). Der mit der Veranlagung 2021 beginnenden steuerwirksamen Auflösung der Zuschreibungsrücklage steht folglich die steuerliche Anerkennung der nach Maßgabe von § 201 Abs. 2 Z 7 UGB gebildeten Pauschalwertberichtigungen von Forderungen gegenüber.
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 58 Abs. 1 BWG, Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993 § 124b Z 270 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 6 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 6 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 201 Abs. 2 Z 7 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 § 124b Z 372 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 124b Z 372 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: | EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 2376 EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 2372 EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 2373 KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 1349e KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 1349 |
Schlagworte: | Körperschaftsteuer - Auslegungsbehelf - Interpretation |
Stammfassung: | BMF-010216/0009-VI/6/2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
QAAAA-76455