23.3.3 Hybride Gestaltungen (§ 14 Abs. 3 KStG 1988)
23.3.3.1 Allgemeines
1309gtIn § 14 Abs. 3 KStG 1988 werden in zwei Ziffern die Anwendungsvoraussetzungen für das Vorliegen einer hybriden Gestaltung geregelt. Eine hybride Gestaltung liegt nur dann vor, wenn beide Ziffern kumulativ erfüllt sind.
1309gu§ 14 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 enthält einen taxativen Katalog jener - eine Steuerdiskrepanz bewirkenden - Konstellationen, die entsprechend den Vorgaben des Art. 2 Nr. 9 Unterabs. 1 der ATAD als hybride Gestaltung bezeichnet werden. Dabei werden hybride Gestaltungen im Zusammenhang mit D/NI-Steuerdiskrepanzen in lit. a und hybride Gestaltungen im Zusammenhang mit DD-Steuerdiskrepanzen in lit. b aufgelistet.
1309gvGemäß § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a KStG 1988 liegt eine hybride Gestaltung nur dann vor, wenn eine D/NI-Steuerdiskrepanz aufgrund von Unterschieden hinsichtlich der
Einstufung eines Finanzinstruments (hybrides Finanzinstrument),
Zurechnung der Einkünfte aus einem übertragenen Finanzinstrument (hybride Übertragung),
Beurteilung der Steuersubjektivität des Zahlers oder Zahlungsempfängers (hybrides Unternehmen),
Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen zu einer Betriebsstätte (hybride Betriebsstätte) oder
Beurteilung über das Bestehen einer Betriebsstätte (unberücksichtigte Betriebsstätte)
entsteht.
1309gw§ 14 Abs. 3 Z 1 lit. b KStG 1988 definiert bestimmte DD-Steuerdiskrepanzen im Sinne des § 14 Abs. 2 Z 2 KStG 1988 als hybride Gestaltung. Erfasst sind der doppelte Abzug von Aufwendungen eines hybriden Unternehmens, einer Betriebsstätte oder einer doppelt ansässigen Körperschaft aufgrund von steuerlichen Sondervorschriften (siehe dazu näher Rz 1309hv ff).
1309gx§ 14 Abs. 3 Z 2 KStG 1988 schränkt den Anwendungsbereich des § 14 KStG 1988 auf jene Fallgruppen ein, in denen es bei einer aufgrund der Z 1 entstandenen Steuerdiskrepanz im Sinne des § 14 Abs. 2 KStG 1988 wahrscheinlich ist, dass die beteiligten Personen diese gezielt gestalterisch genutzt haben (siehe dazu näher Rz 1309ib).
23.3.3.2 Hybrides Finanzinstrument
1309gy § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a erster Teilstrich KStG 1988 erfasst hybride Gestaltungen im Zusammenhang mit hybriden Finanzinstrumenten, die zu einer D/NI-Steuerdiskrepanz führen. Dem Begriff des Finanzinstruments ist ein wirtschaftliches Verständnis zu Grunde zu legen. Als Finanzinstrument ist jedes Instrument zu bezeichnen, soweit es zu einem Finanzierungs- oder Eigenkapitalertrag führt, der gemäß den Vorschriften für die Besteuerung von Schulden, Kapital oder Finanzderivaten nach den Rechtsvorschriften des Steuergebiets entweder des Zahlungsempfängers oder des Zahlenden besteuert wird. Finanzierungserträge führen bei Körperschaften in der Regel zu steuerpflichtigen Zinserträgen, während Eigenkapitalerträge bei diesen in der Regel zu steuerfreien Beteiligungserträgen führen.
1309gzBei Zahlungen im Rahmen eines Finanzinstruments liegt ein D/NI-Ergebnis dann vor, wenn der steuerliche Abzug der Aufwendungen bei gleichzeitiger steuerlicher Nichtberücksichtigung der Erträge auf Unterschiede bei der steuerlichen Einstufung des Finanzinstruments zurückzuführen ist. Schädlich ist es daher, wenn ein Finanzinstrument im Zahlerstaat als Fremdkapital behandelt wird und zu einem Betriebsausgabenabzug führt, während das Finanzinstrument im Empfängerstaat als Eigenkapital behandelt wird und die Zahlung als steuerfreie Dividende angesehen wird (siehe dazu das Beispiel in Rz 1309iq).
1309haWird ein Finanzinstrument im Zahlerstaat als Fremdkapital, im Empfängerstaat jedoch als Eigenkapital eingestuft, liegt eine D/NI-Steuerdiskrepanz iZm einem hybriden Finanzinstrument auch dann vor, wenn der Empfänger im Ausland auch aus anderen Gründen steuerbefreit wäre (zB aufgrund einer persönlichen Befreiung).
1309hbWird ein Finanzinstrument hingegen sowohl im Zahler- als auch im Empfängerstaat als Fremdkapital eingestuft, liegt keine hybride Gestaltung im Sinne des § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a erster Teilstrich KStG 1988 vor. Dies gilt unabhängig davon, ob der Zahlungsempfänger in seinem Ansässigkeitsstaat mit den Zinseinkünften steuerbefreit oder niedrigbesteuert ist. In solchen Fällen kann aber dem steuerlichen Abzug solcher Zinsaufwendungen im Inland das Abzugsverbot gemäß § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 entgegenstehen (siehe dazu näher Rz 1266ai ff).
1309hcIm Zusammenhang mit hybriden Finanzinstrumenten wird in vielen Fällen bereits durch die primär anzuwendenden Vorschriften des § 10 Abs. 4 KStG 1988 oder des § 12 Abs. 1 Z 10 KStG 1988 eine D/NI-Steuerdiskrepanz vermieden. Diesfalls liegt keine nach § 14 KStG 1988 zu neutralisierende D/NI-Steuerdiskrepanz mehr vor.
23.3.3.3 Hybride Übertragung eines Finanzinstruments
1309hd § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a zweiter Teilstrich KStG 1988 erfasst als hybride Gestaltung eine D/NI-Steuerdiskrepanz aufgrund von Unterschieden hinsichtlich der Zurechnung der Einkünfte aus einem übertragenen Finanzinstrument (hybride Übertragung). Dieser Begriff beschreibt eine Vereinbarung über die Übertragung eines Finanzinstruments, bei der die Steuerrechtsordnungen zweier Staaten die Einkünfte aus einem übertragenen Finanzinstrument unterschiedlichen Personen zurechnen. Beim übertragenen Finanzinstrument muss es sich selbst nicht um ein hybrides Finanzinstrument handeln.
1309heZahlungen im Rahmen einer hybriden Übertragung können zu einem D/NI-Ergebnis führen, wenn ein Staat eine Zahlung im Zusammenhang mit dem zugrundeliegenden Ertrag des übertragenen Instruments als abzugsfähige Aufwendung behandelt, während der andere Staat den gleichen Betrag als (steuerfreien) Ertrag des zugrundeliegenden Vermögenswertes ansieht. Dies ist die Folge der unterschiedlichen steuerlichen Zurechnung des wirtschaftlichen Eigentums an dem übertragenen Wirtschaftsgut aufgrund von unterschiedlichen Zurechnungsgrundsätzen zweier Staaten.
1309hfEine hybride Übertragung eines Finanzinstruments im Sinne dieser Bestimmung kann insbesondere bei Repo-Geschäften (siehe dazu das Beispiel) und Wertpapierleihegeschäften vorliegen.
Beispiel:
Die im Staat A ansässige A Co nimmt von der im Staat B ansässigen B Co ein Darlehen in Form eines Repo-Geschäfts auf. Im Rahmen des Repo-Geschäfts überträgt A Co Aktien an B Co mit der Vereinbarung, diese zu einem späteren Zeitpunkt zu demselben Preis zuzüglich Repozinsen wieder zurückzukaufen. Der vereinbarte Preis ist um die während der Kreditlaufzeit auf die Aktien von der B Co erhaltenen Ausschüttungen zu kürzen.
Im Staat A wird die Gestaltung als Darlehen behandelt, das durch die übertragenen Aktien abgesichert ist. A Co wird weiterhin als wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien betrachtet. Die Dividenden werden bei der A Co als steuerfreie Beteiligungserträge qualifiziert.
Nach den Rechtsvorschriften von Staat B wird B Co als wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien behandelt und die Dividenden werden ebenso als steuerfreie Beteiligungserträge qualifiziert.
Die Unterschiede hinsichtlich der steuerlichen Zuordnung der Aktien führen dazu, dass die Beteiligungserträge sowohl A Co als auch B Co zugerechnet werden und aufgrund der Beteiligungsertragsbefreiungen in keinem Steuergebiet besteuert werden. Entsprechen die Repozinsen den zwischenzeitlichen Dividenden, ergibt sich im Staat B kein Veräußerungsgewinn. A Co kann jedoch die Repozinsen als Zinsaufwand für das Darlehen abziehen. Die hybride Übertragung des Finanzinstruments führt zu einer Steuerdiskrepanz iSd § 14 Abs. 2 Z 1 KStG 1988. Es liegt daher eine hybride Gestaltung iSd § 14 Abs. 3 Z 1 lit. a zweiter Teilstrich KStG 1988 vor.
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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
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QAAAA-76455