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Richtlinie des BMF vom 06.05.2021, 2021-0.103.726
30 Beschränkte Steuerpflicht (§ 98 bis 102 EStG 1988)
30.2 Erhebung der Einkommensteuer bei beschränkter Steuerpflicht (§§ 70, 93, 99 bis 102 EStG1988)
30.2.3. Veranlagung
30.2.3.3 ABC der Veranlagung bei beschränkter Steuerpflicht

Verlustabzug

8059Gemäß § 102 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 steht der Verlustabzug nur für Verluste zu, die in inländischen Betriebsstätten entstanden sind, die der Erzielung von Einkünften iSd § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 dienen, oder für Verluste, die - unabhängig vom Vorliegen einer Betriebsstätte - aus unbeweglichem Vermögen im Sinne des ersten Satzes des § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 stammen.

Ein Verlustabzug ist nur zulässig, wenn der Verlust die übrigen Einkünfte im Verlustentstehungsjahr oder in einem der folgenden Jahre übersteigt (§ 102 Abs. 2 Z 2 letzter Satz EStG 1988). Die Regelung bezweckt, dass Österreich bei Unternehmen mit Steuerausländereigenschaft eine Verlustverwertung nur subsidiär gegenüber dem Ansässigkeitsstaat zulässt. Ob der Ansässigkeitsstaat des beschränkt Steuerpflichtigen seine ihn primär treffende Aufgabe der Berücksichtigung von Auslandsverlusten wahrnimmt oder nicht, ist für die Verlustabzugsfähigkeit der in inländischen Betriebsstätten angefallenen Verluste unerheblich; entscheidend ist einzig und allein, ob der beschränkt Steuerpflichtige über ausreichende Einkünfte verfügt, in denen die österreichischen Verluste Deckung finden.

Beispiel:

Ein ausländischer Unternehmer hat im Jahr 2001 ein insgesamt negatives Welteinkommen von - 1.800 (darin enthalten der inländische Betriebsstättenverlust von -1.000) und im Jahr 2002 ein insgesamt negatives Welteinkommen von -400 (inländischer Betriebsstättenverlust -500, Gewinn im Ansässigkeitsstaat +100) erlitten. Auf einen allfälligen Betriebsstättengewinn im Jahr 2003 ist der nicht verwertbare Verlust (1.000+500-100) vortragsfähig.

Die Regelung des § 102 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 über den Verlustabzug bei beschränkter Steuerpflicht widerspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz. Der Gleichheitssatz verhält den Gesetzgeber nämlich nicht, unterschiedliche Rechtslagen im Verhältnis zu fremden Staaten, die sich aus zwischenstaatlichen Abkommen oder der Rechtslage im Ansässigkeitsstaat ergeben, durch Differenzierungen im innerstaatlichen Recht auszugleichen. Ist die getroffene Regelung für sich allein gesehen sachlich, so wird sie nicht schon dadurch gleichheitswidrig, dass sie Personen mit Wohnsitz in verschiedenen fremden Staaten verschieden trifft. Eine vollständige Harmonisierung der Rechtslage ist durch innerstaatliche Maßnahmen nicht zu erreichen. Hängt die Sachlichkeit der Regelung an sich nicht davon ab, dass inländische Verluste im Ausland tatsächlich ausgeglichen werden können, so führen unterschiedliche Folgen je nach einem DBA oder der Rechtslage im Ansässigkeitsstaat noch zu keiner Verfassungswidrigkeit. Selbst die vollkommene Außerachtlassung einer in Österreich gelegenen Einkunftsquelle durch den Ansässigkeitsstaat verpflichtet Österreich nicht dazu, den Verlustabzug in diesen Fällen trotz ausgleichsfähiger anderweitiger Einkünfte zuzulassen. Die aus der Nichtbeachtung der österreichischen Einkunftsquelle im Ansässigkeitsstaat folgende Unverwertbarkeit von Verlusten liegt zwar außerhalb der Zielrichtung dieser Vorschrift und ist nur eine zufällige, durch eine unterschiedliche Sachlage entstehende Wirkung, sie ist aber doch nur die Kehrseite des gegenwärtig international praktizierten Systems der zwischenstaatlichen Abgrenzung von Besteuerungsrechten und insofern nicht ohne jeden sachlichen Grund (, G 192/94).

Werden Auslandseinkünfte im Ansässigkeitsstaat nicht besteuert und bleibt folglich ein Verlustausgleich dort ohne steuerliche Wirkung, lässt dies nach dem Wortlaut des § 102 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 keine inländische Vortragsfähigkeit aufleben. Die Vortragsfähigkeit von Inlandsverlusten eines beschränkt Steuerpflichtigen hängt nach § 102 EStG 1988 nicht von der Gewinnsituation des ausländischen Unternehmens in den Jahren vor der Entstehung der österreichischen Verluste ab. Sollte daher im Ausland - ohne Berücksichtigung der Rechtslage in Österreich - ein Rücktrag der österreichischen Verluste erfolgen, würde dies nach dem Wortlaut des § 102 EStG 1988 einen Verlustabzug in Österreich nicht beeinträchtigen.

Erleidet ein im Ausland ansässiger Gesellschafter einer österreichischen Personengesellschaft Verluste, hat er gemäß § 102 Abs. 2 Z 2 letzter Satz EStG 1988 nur dann Anspruch auf Verlustabzug, wenn der Verlust seine übrigen Einkünfte im Verlustentstehungsjahr oder in einem der folgenden Jahre übersteigt. Beteiligt sich ein beschränkt Steuerpflichtiger als atypisch stiller Gesellschafter an einer österreichischen Kapitalgesellschaft, dann sind allfällige Verlustanteile, die er aus seiner Beteiligung an der österreichischen "Kapitalgesellschaft & Still" erleidet, nur dann von der Vortragsfähigkeit auf Gewinnanteile späterer Jahre ausgeschlossen, wenn das übrige Einkommen des stillen Gesellschafters für die Verlustverwertung ausreicht. Hiebei ist nur auf die Einkommensverhältnisse des beschränkt steuerpflichtigen Gesellschafters abzustellen.

Will der beschränkt Steuerpflichtige vom Verlustabzug Gebrauch machen, müssen die erzielten Auslandseinkünfte nach § 1 EStG 1988 in Anwendung des österreichischen Steuerrechts ermittelt und offen gelegt werden. Ob seitens des Finanzamtes zur Ermittlung des Welteinkommens lediglich die ausländischen Abgabenbescheide oder auch dem österreichischen Steuerrecht angepasste Bilanzen der ausländischen betrieblichen Betätigungen des Steuerpflichtigen abverlangt werden, liegt in der Entscheidungsbefugnis der Abgabenbehörde, die sich bei Auslandsbeziehungen auf eine erhöhte Mitwirkungspflicht berufen kann.

Verluste, die im Ausland vor Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich erlitten wurden, kommen weder für einen Verlustausgleich nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 noch für einen Verlustabzug nach § 18 Abs. 6 EStG 1988 in Betracht (). Dies gilt auch dann, wenn der beschränkt Steuerpflichtige in den Folgejahren unbeschränkt steuerpflichtig wird.

Ungeachtet des § 102 Abs. 2 Z 2 letzter Satz EStG 1988 ist einem beschränkt Steuerpflichtigen, der im Inland eine Betriebsstätte unterhält, der Verlustabzug jedoch in folgenden Fällen einzuräumen:

  • generell bei Ansässigkeit in einem EU-/EWR-Staat (Niederlassungsfreiheit; , Philips Electronics) oder

  • bei Ansässigkeit in einem Drittstaat, mit dem ein dem Art. 24 Abs. 3 OECD-Musterabkommen nachgebildetes Diskriminierungsverbot besteht, wenn in diesem Fall der Nachweis erbracht wird, dass eine Verlustverwertung im Ansässigkeitsstaat nicht möglich ist oder trotz Verlustverwertung im Ansässigkeitsstaat der Nachweis einer etwaigen Nachversteuerung im Ansässigkeitsstaat erbracht wird.

Verlustrücktrag und vorzeitige Verlustberücksichtigung

8059aDie Möglichkeit eines Verlustrücktrages und einer vorzeitigen Verlustberücksichtigung für (voraussichtliche) betriebliche Verluste aus 2020 nach Maßgabe des § 124b Z 355 EStG 1988 und der dazu ergangenen COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung, BGBl. II Nr. 405/2020 (siehe dazu daher näher Rz 3901 ff) besteht grundsätzlich auch für beschränkt Steuerpflichtige.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
Verweise:
§ 48 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 24 Abs. 3 OECD-MA, OECD-Musterabkommen


§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

, Philips Electronics
§ 124b Z 355 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung, BGBl. II Nr. 405/2020
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 3901 ff
Schlagworte:
Einkommensteuer - beschränkte Steuerpflicht
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448