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Richtlinie des BMF vom 13.03.2024, 2023-0.871.819
29 Kapitalertragsteuer ( §§ 93 bis 97 EStG 1988)
29.5 Einzelfragen
29.5.1 Pauschale Wertermittlung
29.5.1.1 Pauschale Ermittlung nach § 93 Abs. 4 EStG 1988
29.5.1.1.3 Pauschaler Ansatz der Anschaffungskosten

29.5.1.1.3.3 Ansatz im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot

7729Im Zeitpunkt eines realisierungsbedingten Ausscheides eines Wertpapiers aus dem Depot müssen für die Vornahme des Kapitalertragsteuerabzugs die Anschaffungskosten des Wertpapieres der depotführenden Stelle bekannt sein.

Zu diesem Zeitpunkt kommen die Pauschalbewertungsvorschriften des § 93 Abs. 4 dritter und vierter Satz EStG 1988 zur Anwendung. Die Bewertungsfiktion sieht vor, dass die Anschaffungskosten dem halben bzw. dem gemeinen Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot entsprechen. Dabei sind mehrere Fälle erfasst:

1.

der Fall, in dem der gemeine Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot bekannt ist, die Anschaffungskosten allerdings nicht;

2.

der Fall, in dem die Anschaffungskosten bekannt sind, der gemeine Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot allerdings nicht und

3.

der Fall, in dem weder die Anschaffungskosten noch der gemeine Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot bekannt sind.

29.5.1.1.3.3.1 Ableitung der Anschaffungskosten

7730Ist im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot ein Wert - etwa der Veräußerungserlös oder der gemeine Wert bei der Entnahme aus dem Depot - vorhanden, werden die nicht bekannten Anschaffungskosten aus dem vorhandenen Wert abgeleitet.

Dieser Fall tritt dann ein, wenn im Zeitpunkt des Depotzuganges weder die Anschaffungskosten bekannt, noch ein Kurs- oder Handelswert vorhanden war und der gemeine Wert durch die depotführende Stelle auch nicht mit zumutbarem Aufwand auf sonstige Weise festgestellt werden konnte, womit die Bewertungsvorschrift des § 93 Abs. 4 erster und zweiter Satz EStG 1988 nicht zur Anwendung gekommen ist (siehe oben Abschnitt 29.5.1.1.1).

Nach § 93 Abs. 4 dritter Satz EStG 1988 werden dabei die Anschaffungskosten mit dem halben gemeinen Wert im Zeitpunkt der Realisierung - dem Zeitpunkt, in dem das Wertpapier aus dem Depot ausscheidet - fingiert. Die Kapitalertragsteuer beträgt daher genau 27,5% (bis 25%) des halben gemeinen Wertes im Zeitpunkt des Realisierungsvorganges.

Beispiel 4:

A legt am eine Aktie mit unbekannten Anschaffungskosten auf sein Depot ein. Die Aktie wird nicht gehandelt und der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depoteinlage kann nicht festgestellt werden. Einige Jahre später wird die Aktie um 140 verkauft. Die für den KESt-Abzug notwendigen, aber unbekannten Anschaffungskosten werden in Höhe des halben Veräußerungserlöses, somit 70 fingiert.

Beispiel 5:

A legt am eine Aktie mit unbekannten Anschaffungskosten auf sein Depot ein. Die Aktie wird nicht gehandelt und der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depoteinlage kann nicht festgestellt werden. Einige Jahre später wird die Aktie aus dem Depot entnommen. Im Zeitpunkt der Depotentnahme wird die Aktie gehandelt und hat einen Kurswert von 140. Die für den KESt-Abzug notwendigen, aber unbekannten Anschaffungskosten werden in Höhe des halben gemeinen Wertes im Zeitpunkt der Depotentnahme, der dem Kurswert entspricht, somit 70 fingiert.

29.5.1.1.3.3.2 Ableitung des gemeinen Wertes

7731Ist im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot kein gemeiner Wert vorhanden, sind jedoch entweder die tatsächlichen oder die nach § 93 Abs. 4 erster und zweiter Satz EStG 1988 pauschal ermittelten (siehe dazu Abschnitt 29.5.1.1.3.2) Anschaffungskosten bekannt, wird der nicht vorhandene gemeine Wert von den bekannten Anschaffungskosten abgeleitet.

Nach § 93 Abs. 4 dritter Satz EStG 1988 wird der halbe gemeine Wert im Zeitpunkt der Realisierung den Anschaffungskosten gleichgesetzt, womit der gemeine Wert den doppelten Anschaffungskosten entspricht. Die Kapitalertragsteuer beträgt daher genau 27,5% (bis 25%) der Anschaffungskosten.

Beispiel 6:

A legt am eine Aktie mit unbekannten Anschaffungskosten auf sein Depot ein. Da die Aktie börsennotiert ist, womit der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depoteinlage festgestellt werden kann, werden die Anschaffungskosten pauschal mit 300 angesetzt. Einige Jahre später wird die Aktie aus dem Depot entnommen. Im Zeitpunkt der Depotentnahme wird die Aktie nicht mehr gehandelt und der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depotentnahme kann nicht festgestellt werden. Der für den KESt-Abzug notwendige, aber unbekannte halbe gemeine Wert wird in Höhe der bekannten Anschaffungskosten, somit 300 fingiert. Der gemeine Wert beträgt daher 600.

29.5.1.1.3.3.3 Entfall des KESt-Abzugs

7732Sind schließlich weder

  • im Zeitpunkt des Depotzuganges die Anschaffungskosten bekannt und fehlt auch ein Kurs- oder Handelswert bzw. kann der gemeine Wert durch die depotführende Stelle auch nicht mit zumutbarem Aufwand auf sonstige Weise festgestellt werden, womit weder die tatsächlichen noch pauschale Anschaffungskosten vorhanden sind, noch

  • im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot ein Kurs- oder Handelswert vorhanden ist und der gemeine Wert durch die depotführende Stelle auch nicht mit zumutbarem Aufwand auf sonstige Weise ermittelbar,

ist nach § 93 Abs. 4 vierter Satz EStG 1988 der gemeine Wert im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot in Höhe der Anschaffungskosten anzunehmen, womit die Bemessungsgrundlage Null beträgt und daher kein KESt-Abzug stattzufinden hat.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
Verweise:
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Abschnitt 29.5.1.1.1
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Abschnitt 29.5.1.1.3.2
§ 93 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte:
Einkommensteuer - pauschale Wertermittlung - Pauschalbewertungsvorschrift - pauschaler Ansatz - Zeitpunkt des Depotzugangs - Kurswert - Handelswert - Handelsaussetzung - Anschaffungszeitpunktfiktion - Ableitung - Steuerabgeltungswirkung
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448