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Richtlinie des BMF vom 08.05.2025, 2025-0.171.410
19 Mitunternehmerschaften, Vermögensverwaltende Personengesellschaften
19.2 Gewinnermittlung, (Sonder-)Betriebsvermögen
19.2.6 Vermögensübertragungen und ihre Folgen

19.2.6.6 "Unentgeltliche" Übertragung (Überführung) einzelner Wirtschaftsgüter

19.2.6.6.1 "Unentgeltliche" Übertragung (Überführung) einzelner Wirtschaftsgüter aus dem eigenen Betrieb des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen und umgekehrt

5931Im Falle der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter aus einem eigenen (anderen) Betrieb des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft außerhalb eines fremdüblichen Geschäftes (dazu Rz 5928) liegt eine Entnahme gemäß § 6 Z 4 EStG 1988 mit nachfolgender Einlage aus dem Privatvermögen vor. Erfolgt die Entnahme zum Teilwert, kommt es zur Aufdeckung der stillen Reserven.

Auf die nachfolgende Einlage ist § 32 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 anwendbar, sodass hinsichtlich der Eigenquote keine (über eine allfällige vorgelagerte Entnahmebesteuerung hinausgehende) Realisierung stiller Reserven vorliegt, während die auf die Fremdquote entfallenden stillen Reserven realisiert werden. Erfolgt die Einlage in das Gesellschaftsvermögen gemäß § 6 Z 5 EStG 1988 nicht mit dem Teilwert, ist Vorsorge gegen die Verschiebung von Steuerbelastungen zu treffen. Im Falle einer 100%-Substanzbeteiligung kommt es zu keiner Änderung der Zurechnung, sodass die nachfolgende Einlage zu keiner Realisierung stiller Reserven führt.

Spiegelbildlich zu § 32 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 liegt im Falle der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter aus dem Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft in einen eigenen (anderen) Betrieb des Gesellschafters außerhalb eines fremdüblichen Geschäftes (dazu Rz 5928) eine Entnahme vor, auf die § 32 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 anwendbar ist (Übertragungen nach dem ), mit einer nachfolgenden Einlage ( § 6 Z 5 EStG 1988) in den eigenen (anderen) Betrieb.

Gehört die Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft hingegen zum Betriebsvermögen des Betriebes des Gesellschafters und kommt es zur Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen diesem Betrieb und dem Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft oder umgekehrt (kein "anderer Betrieb"), ist hingegen § 32 Abs. 3 Schlussteil EStG 1988 zu beachten (siehe bereits Rz 5928).

19.2.6.6.2 "Unentgeltliche" Übertragung (Überführung) einzelner Wirtschaftsgüter aus dem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen und umgekehrt

5931aDie Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen in das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft unterliegt der gespaltenen Betrachtung gemäß § 32 Abs. 3 Z 1 EStG 1988, auch wenn die Übertragung ohne Gewährung einer Gegenleistung ("schlichte Einlage") erfolgt. Folglich kommt es nur hinsichtlich der Fremdquote zu einer Veräußerung. Zur Erhöhung des variablen Kapitalkontos siehe Rz 5929.

Von der Ausnahme betreffend nahe Angehörige, wonach im Ausmaß der Fremdquote von einer Schenkung ausgegangen werden kann, wenn auch das variable Kapitalkonto der anderen (beschenkten) Gesellschafter entsprechend der Substanzbeteiligung anteilig erhöht wird (Rz 5927b), ist die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens in das Gesellschaftsvermögen nicht erfasst. Dies deshalb, weil einer "Schenkung" von Betriebsvermögen stets eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen vorausgehen muss. Daher liegt im Falle einer "Schenkung" aus dem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen eine Entnahme mit nachfolgender Schenkung und Einlage aus dem Privatvermögen vor (vgl. Rz 5927b). Da die Einlage in den Betrieb eines anderen Mitunternehmers erfolgt, kann die Teilwertvermutung gemäß Rz 5926 in einem solchen Fall nicht zur Anwendung gelangen.

5931bFür Übertragungen nach dem gilt:

Spiegelbildlich zu § 32 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 (Rz 5931a) unterliegt auch der umgekehrte Vorgang der Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen der gespaltenen Betrachtung gemäß § 32 Abs. 3 Z 2 EStG 1988, wenn die Übertragung nicht gegen Aufgabe von Gesellschafterrechten ("schlichte Entnahme") erfolgt. Folglich kommt es nur hinsichtlich der Fremdquote zu einer Veräußerung.

Wirtschaftsgüter aus Mitunternehmerschaften können auch unter nahen Angehörigen nicht ohne vorangehende Entnahme (aus dem Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft) in das Sonderbetriebsvermögen "geschenkt" werden, weil einer "Schenkung" von Betriebsvermögen stets eine Entnahme vorausgeht ( § 32 Abs. 3 Z 2 iVm § 6 Z 4 EStG 1988). Erfolgt die Entnahme der Wirtschaftsgüter zum Buchwert (zB Grundstück), führt dies zu keiner Aufdeckung stiller Reserven.

19.2.6.6.3 "Unentgeltliche" Übertragung (Überführung) einzelner Wirtschaftsgüter aus dem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters in ein anderes Sonderbetriebsvermögen

5932Die Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers in das Sonderbetriebsvermögen eines anderen Mitunternehmers ist nur im Wege der Entnahme und Einlage steuerlich durchführbar (). Gleiches gilt für die Überführung des Sonderbetriebsvermögens in sonstige Vermögenssphären eines anderen Gesellschafters, aber auch für die Überführung von einem Sonderbetriebsvermögen in ein anderes Sonderbetriebsvermögen ein- und desselben Gesellschafters (bei mehreren Beteiligungen). Für Überführungen innerhalb der verschiedenen Sonderbetriebsvermögen desselben Gesellschafters kann von der vereinfachten Bewertung Gebrauch gemacht werden (Rz 5926).

19.2.6.6.4 "Unentgeltliche" Übertragung (Überführung) einzelner Wirtschaftsgüter aus dem eigenen Betrieb des Gesellschafters in dessen Sonderbetriebsvermögen und umgekehrt

5933Die Übertragung eines Wirtschaftsgutes aus einem Betriebsvermögen in das Sonderbetriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen und umgekehrt ist steuerneutral, wenn der Mitunternehmeranteil zu demselben Betriebsvermögen gehört ( § 32 Abs. 3 Schlussteil EStG 1988; siehe auch KStR 2013 Rz 406). Bei Übertragung eines Wirtschaftsgutes aus einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen in das Sonderbetriebsvermögen und umgekehrt kommt § 32 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 hingegen nicht zur Anwendung; es liegt eine Entnahme mit nachfolgender Einlage vor, die wiederum § 32 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 unterliegt (siehe Rz 5931).

Beispiel 1:

A, B und C sind zu je einem Drittel an der ABC-OG beteiligt. A unterhält einen Betrieb, dem seine Beteiligung an der ABC-OG zuzurechnen ist. A vermietet ein Grundstück aus dem Betriebsvermögen seines Betriebes an die ABC-OG, wodurch das Grundstück zu Sonderbetriebsvermögen des A in der ABC-OG wird.

Die Übertragung des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen des Betriebes von A in das Sonderbetriebsvermögen des A bei der ABC-OG stellt einen steuerneutralen Vorgang dar ( § 32 Abs. 3 Schlussteil EStG 1988), weil das Wirtschaftsgut innerhalb desselben Betriebs übertragen wird. Es kommt zu keiner Realisierung von stillen Reserven, weil das Grundstück dem A vor und nach der Übertragung zu 100% zuzurechnen ist.

Beispiel 2:

A, B und C sind zu je einem Drittel an der ABC-OG beteiligt. A unterhält einen anderen Betrieb, zu dessen Anlagevermögen eine Maschine gehört. Da die ABC-OG dringenden Bedarf an dieser Maschine hat, entnimmt A diese aus dem anderen Betrieb und vermietet sie an die ABC-OG, wodurch sie zu Sonderbetriebsvermögen des A in der ABC-OG wird.

Es liegt eine Entnahme gemäß § 6 Z 4 EStG 1988 der Maschine aus dem Betriebsvermögen des anderen Betriebes von A vor, die zur Realisierung stiller Reserven führt, sofern nicht die Teilwertfiktion zur Anwendung kommt (siehe Rz 5926). Nachgelagert erfolgt eine Einlage der Maschine in das Sonderbetriebsvermögen der ABC-OG, auf die § 32 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 anwendbar ist.

Gleiches gilt bei Übertragungen zwischen durch dieselben Gesellschafter verbundenen inländischen Schwester-Mitunternehmerschaften sowie auch für die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern des Gesellschafter-Betriebs an die Gesellschaft; zur Bewertung siehe Rz 5926.

19.2.6.6.5 "Unentgeltliche" Übertragung des Gesellschaftsanteils samt Sonderbetriebsvermögen oder unter Zurückbehaltung desselben

5934Eine unentgeltliche Übertragung bloß von Teilen des Gesellschaftsanteiles löst keine Entnahme beim Sonderbetriebsvermögen oder beim Gesellschaftsvermögen aus.

5935Eine unentgeltliche Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteiles samt Sonderbetriebsvermögen (unter Lebenden oder von Todes wegen) auf mehrere Personen setzt voraus, dass eine Person entweder einen Teil des Gesellschaftsanteiles oder daneben auch einen Teil des Sonderbetriebsvermögens erhält. In einem einheitlichen Übertragungsakt kann zB auf eine Person 80% des Gesellschaftsanteiles und kein Sonderbetriebsvermögen und auf eine andere Person 20% des Gesellschaftsanteiles und das gesamte Sonderbetriebsvermögen unentgeltlich (ohne Gewinnrealisierung) übertragen werden. Geht hingegen auf eine Person der gesamte Gesellschaftsanteil und ein Teil des Sonderbetriebsvermögens über, dann führt die Übertragung des restlichen Sonderbetriebsvermögens auf eine andere Person oder auf den übertragenden Gesellschafter zur Entnahme; ob die andere Person bereits Mitunternehmer der Personengesellschaft ist oder im Rahmen der Übertragung zum Mitunternehmer wird (zB durch Beitritt als reiner Arbeitsgesellschafter), ist dabei ohne Belang.

5936Wird ein Teil des Gesellschaftsanteiles unentgeltlich übertragen, kann Sonderbetriebsvermögen ohne Gewinnrealisierung nur insoweit mitübertragen werden, als die übertragene Quote am Gesellschaftsanteil und am Sonderbetriebsvermögen übereinstimmt bzw. die Quote des Sonderbetriebsvermögens in der Quote des Gesellschaftsanteiles Deckung findet. Daher führt zB die unentgeltliche Übertragung von 40% des Gesellschaftsanteils und 100% des Sonderbetriebsvermögens zu 60% zu einer Entnahme des Sonderbetriebsvermögens mit nachfolgender Einlage. Es können auch einzelne Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens ohne Gewinnrealisierung zur Gänze übertragen werden, soweit der Teilwert der einzelnen übertragenen Wirtschaftsgüter zum Teilwert des gesamten Sonderbetriebsvermögens eine Quote ergibt, die in der Quote des unentgeltlich übertragenen Gesellschaftsanteiles Deckung findet.

5937Wird in der Ergänzungsbilanz zu einem Mitunternehmeranteil aufgrund einer oder mehrerer Anschaffungen ein derivativer Firmenwert ausgewiesen und dieser Mitunternehmeranteil in der Folge ganz oder teilweise unentgeltlich übertragen, so geht dieser Firmenwert stets im Verhältnis der unentgeltlich übertragenen Quote zur gesamten Beteiligungsquote des Mitunternehmers auf den Rechtsnachfolger über, da es sich beim Firmenwert nicht um Sonderbetriebsvermögen handelt. Eine von dieser quotalen Betrachtung abweichende Disposition ist daher steuerlich nicht beachtlich.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 32 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 32 Abs. 3 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Z 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 32 Abs. 3 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise:
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 5926

UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002 Rz 1445
KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 406
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 5928
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 5929
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 5927b
Schlagworte:
Einkommensteuer
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448