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VfGH vom 21.06.2000, g78/99

VfGH vom 21.06.2000, g78/99

Sammlungsnummer

15850

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung des AlVG betreffend den Ausschluß vom Bezug des Arbeitslosengelds für die Dauer von acht Wochen nach Beendigung einer nicht angezeigten (anzeigepflichtigen) Tätigkeit mangels sachlicher Rechtfertigung; keine Bedenken gegen die auch für geringfügige Beschäftigungen geltende Anzeigepflicht; keine Bedenken gegen die Rückforderung des Arbeitslosengelds für zumindest zwei Wochen im Fall der Betretung bei einer nicht angezeigten (auch nur geringfügigen) Beschäftigung

Spruch

I. In § 25 Abs 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 609/1977 in der Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 411, wird der dritte Satz ("Darüber hinaus ...") als verfassungswidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des in Kraft.

Frühere Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Die aufgehobene Bestimmung ist auch in den beim Verwaltungsgerichtshof zu Zlen. 2000/08/0081 und 2000/08/0082 anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden.

Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. In Ansehung des ersten und zweiten Satzes wird der Antrag abgewiesen.

Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Verwaltungsgerichtshof begehrt die Aufhebung des § 25 Abs 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz, BGBl. 609/1977, in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. 201, und des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996, BGBl. 411 (über die Einstellung und Rückforderungen von Arbeitslosengeld, wenn der Empfänger bei einer nicht unverzüglich dem Arbeitsmarktservice angezeigten Erwerbstätigkeit betreten wird), in eventu der Anführung der lit"a," des im ersten Satz dieser Bestimmung enthaltenen Hinweises auf Teile des § 12 Abs 3 (der unter anderem Tätigkeiten nennt, die Arbeitslosigkeit ausschließen).

Er hat über die Beschwerde einer Bezieherin von Arbeitslosengeld gegen einen Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien zu entscheiden, womit die Leistung für den Zeitraum vom bis - gestützt auf die angefochtene Bestimmung - widerrufen, ein Betrag von 61.961 S rückgefordert und der Anspruchsverlust für die Zeit bis ausgesprochen wird. Der Bescheid geht davon aus, daß die Beschwerdeführerin am bei Ausübung einer nicht angezeigten Tätigkeit in einem Dienstverhältnis betreten worden ist, die sie seit ausgeübt hat.

Der angegriffene Abs 2 des § 25 AlVG lautet (seit ):

"Wird ein Empfänger von Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) bei einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs 3 lita, b, d oder g betreten, die er nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle angezeigt hat (§50), so gilt die unwiderlegliche Rechtsvermutung, daß diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist. Das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) für zumindest zwei Wochen ist rückzufordern. Darüber hinaus verliert der Arbeitslose für die Dauer von acht auf die Beendigung der verschwiegenen Tätigkeit folgenden Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld (Notstandshilfe). Erfolgte in einem solchen Fall keine zeitgerechte Meldung durch den Dienstgeber an den zuständigen Träger der Krankenversicherung, so ist dem Dienstgeber von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ein Sonderbeitrag in der doppelten Höhe des Dienstgeber- und des Dienstnehmeranteiles zur Arbeitslosenversicherung (§2 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes, BGBl. Nr. 315/1994) für die Dauer von sechs Wochen vorzuschreiben. Als Bemessungsgrundlage dient der jeweilige Kollektivvertragslohn bzw., falls kein Kollektivvertrag gilt, der Anspruchslohn. Die Vorschreibung gilt als vollstreckbarer Titel und ist im Wege der gerichtlichen Exekution eintreibbar."

Der dem StrukturanpassungsG 1996 entstammende, ursprünglich schlechthin auf § 12 Abs 3 abstellende Text (Art23 Z 22) war durch das Sozialrechts-ÄnderungsG 1996 (ArtIV Z 3) - und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens - durch die Aufzählung bloß einzelner literae aus § 12 Abs 3 eingeschränkt worden.

1. Der Verwaltungsgerichtshof trägt in bezug auf den Inhalt der angegriffenen Vorschrift folgende Bedenken vor:

"1. Gemäß § 50 Abs 1 AlVG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes BGBl. Nr. 201/1996 ist, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs 3 AlVG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen.

§ 25 Abs 2 AlVG sanktioniert Verstöße gegen die in § 50 Abs 1 AlVG geregelte Meldeverpflichtung. Die gleiche Zielrichtung hat die als Strafbestimmung deklarierte Regelung des § 72 Abs 1 AlVG, wonach gegen Bezieher von Leistungen der Arbeitslosenversicherung, die eine ihnen nach diesem Bundesgesetz obliegende Anzeige unterlassen oder unwahre Angaben machen, die regionale Geschäftsstelle unbeschadet der Bestimmungen des § 71 Abs 2 AlVG (die letztgenannte Bestimmung ist eine Strafbestimmung, welche die vorsätzliche Inanspruchnahme nicht gebührender Leistungen sanktioniert), eine Geldstrafe bis zu S 2.000,-- verhängen kann.

§ 72 Abs 1 AlVG und § 25 Abs 2 AlVG enthalten (übereinstimmend) keine spezifisch arbeitslosenversicherungsrechtlichen Elemente als Voraussetzung für die jeweiligen Sanktionen, wie etwa eine Bedachtnahme auf Arbeitslosigkeit, Arbeitswilligkeit, Verfügbarkeit oder ähnliches, dh eine Bedachtnahme darauf, ob durch die Unterlassung der Meldung ein ungerechtfertigter Bezug herbeigeführt wurde. Sie intendieren ausschließlich die Durchsetzung der Meldepflicht hinsichtlich aller (auch geringfügiger) Erwerbstätigkeiten im Sinne des § 12 Abs 3 lita, b, d oder g AlVG.

2. § 25 Abs 2 AlVG unterscheidet sich von der zuvor genannten, als Strafbestimmung gekennzeichneten Norm des § 72 Abs 1 AlVG nur darin, daß das 'Betreten' bei der Tätigkeit (sc. durch Organe der Arbeitsmarktverwaltung: vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 98/08/0154) Voraussetzung für die Verhängung der (schärferen) Sanktion des § 25 Abs 2 AlVG ist. Diese schärfere Sanktion ist überdies dadurch gekennzeichnet, daß dem Arbeitslosen die Berufung darauf, nur eine geringfügig entlohnte (dh Arbeitslosigkeit und damit den Anspruch auf die bezogene Geldleistung nicht beeinträchtigende) Beschäftigung ausgeübt zu haben, durch die 'unwiderlegliche Rechtsvermutung, daß diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist', abgeschnitten wird.

Die Schwere der Sanktion (einerseits nur Geldstrafe bis zu S 2.000,-- in § 72 Abs 1 AlVG, andererseits Rückforderung von Arbeitslosengeld für mindestens zwei Wochen - im Beschwerdefall als Folge der genannten Rechtsvermutung für die gesamte Dauer der bei der Gebietskrankenkasse gemeldeten Tätigkeit im Ausmaß von S 61.961,-- zuzüglich des Verlustes des Anspruches für die Dauer von acht Wochen gemäß § 25 Abs 2 AlVG) hängt demnach ausschließlich davon ab, ob der in beiden Bestimmungen maßgebliche Umstand, daß ein Empfänger von Arbeitslosengeld die Meldepflicht des § 50 AlVG verletzt hat, bei der Arbeit durch Organe des Arbeitsmarktservice betreten wurde, wodurch die Meldepflichtverletzung offenbar wurde, oder ob dieser Umstand auf andere Weise festgestellt wurde.

2. 1. Zum einen widerspricht die Differenzierung der Sanktion nach Maßgabe, ob jemand bei einer nichtgemeldeten Tätigkeit 'betreten' (dabei handelt es sich letztlich um eine Form des Augenscheins) wurde oder ob sonstige, der Ermittlung dienende Beweismittel zur Feststellung einer solchen Tätigkeit geführt haben (etwa ein 'Betreten' durch andere Personen und nachfolgende Anzeige, Zeugeneinvernahmen, verspätete Meldung durch den Betroffenen selbst), den Gleichheitssatz, wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 4470/1963 ausgesprochen hat: Sind nämlich Tatbestand und Verschulden des Täters völlig gleich und ist nur das Vorliegen eines bestimmten Beweismittels für den höheren Strafsatz (hier: die weiterreichende Sanktion) maßgebend, so differenziert das Gesetz aus unsachlichem Beweggrund.

2.2. Zum anderen steht der Umstand, daß jemand bei einer Tätigkeit, die er nicht gemeldet hat, betreten wird, mit der Zumessung jeglicher Sanktionen, die auf eine Durchsetzung der Meldeverpflichtung abzielen, in keinem wie immer gearteten Sachzusammenhang: Es ist nämlich schlechthin unverständlich, welche Auswirkung das 'Betreten' durch andere Personen im allgemeinen und durch solche des Arbeitsmarktservice im besonderen auf die Sozialschädlichkeit des 'inkriminierten' Verhaltens (Nichtmeldung einer meldepflichtigen Tatsache) oder auf das Verschulden des Täters haben soll, welche Umstände allein aber differenzierte Sanktionen bei gleichem Tatbild zu rechtfertigen vermöchten.

2.3. Gleiches gilt für die im Gesetz als 'unwiderleglich' festgelegte Vermutung: der Verwaltungsgerichtshof hält es durchaus für sachlich, an die Unterlassung der an sich gebotenen Meldung einer Beschäftigung die Vermutung zu knüpfen, daß es sich dabei um eine anspruchsschädliche Beschäftigung gehandelt hat. Es ist aber schlechthin unerfindlich, welcher Umstand es rechtfertigen könnte, - erstens - über eine bloße Beweislastumkehr hinaus die Unwiderleglichkeit dieser Vermutung auch in Fällen festzulegen, in denen die Unrichtigkeit der Vermutung erwiesen wäre, und - zweitens - die Führung eines Gegenbeweises nur dem 'Betretenen' abzuschneiden.

3. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß die Bestimmung des § 25 Abs 2 AlVG der Bekämpfung von 'Schwarzarbeit' dienen soll. Er vermag aber vorerst nicht zu erkennen, daß diesem gewiß unbedenklichen gesetzgeberischen Ziel zu dienen sich eine Bestimmung eignen soll, welche die vom Gesetzgeber für erforderlich erachteten drakonischen Sanktionen nur für jene Fälle vorsieht, die bei 'Schwarzarbeit' betreten werden, nicht aber auch für jene, bei denen dieser Tatbestand auf andere Weise ermittelt wird. Das Betreten erscheint vielmehr - wie oben dargelegt - im gegebenen Zusammenhang und vor dem Hintergrund der gegebenen Zielsetzung des Gesetzgebers überhaupt kein taugliches und damit vor dem Gleichheitssatz zulässiges Differenzierungsmerkmal zu sein.

4. Darüber hinaus hegt der Verwaltungsgerichtshof das Bedenken, daß die Bestimmung im zweiten Satz, wonach das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) für mindestens zwei Wochen zurückzufordern ist, nicht hinreichend determiniert und überdies in sich gleichheitswidrig sein dürfte:

4.1. Es ist dieser Bestimmung kein Hinweis darauf zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen und bis zu welcher Höchstgrenze das Ausmaß von zwei Wochen überschritten werden darf. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, daß aufgrund der Rechtsvermutung einer nicht geringfügig entlohnten Tätigkeit der Beschwerdeführerin sich diese einer Rückforderung für den gesamten (vor der Betretung liegenden) Zeitraum der Parallelität von Tätigkeit und Leistungsbezug in der Höhe von S 61.961,-- ausgesetzt sieht, obgleich ihr Verschulden insoweit als gering zu beurteilen ist, als sie nicht 'Schwarzarbeit' im eigentlichen Sinne betrieben hat, sondern offenbar (als geringfügig entlohnt) ordnungsgemäß zur Sozialversicherung gemeldet gewesen ist.

4.2. Eine Gleichheitswidrigkeit erblickt der Verwaltungsgerichtshof darin, daß andererseits die Mindestsanktion für jene Bezieher von Geldleistungen nicht angewendet werden kann, die vor Ablauf von zwei Wochen des Bezuges betreten werden."

Darüber hinaus trägt der Verwaltungsgerichtshof noch folgendes vor:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat schließlich das Bedenken, daß die Bestimmung des § 25 Abs 2 AlVG, obgleich sie in jeder ihrer Einzelheiten, vor allem im reinen Sanktionscharakter zur Hintanhaltung einer Obliegenheitsverletzung, einer Verwaltungsstrafbestimmung entspricht, nicht als Verwaltungsübertretung oder Strafbestimmung bezeichnet ist, welcher Umstand im hier gegebenen Zusammenhang zu einer Verletzung des Rechtstaatsprinzips führt.

1. Die Eigenschaft der in Rede stehenden Bestimmung als Verwaltungsstrafbestimmung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes daraus abzuleiten, daß der Gesetzgeber - wie dies für Strafbestimmungen typisch ist - die Sanktion von allen administrativrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen abgekoppelt hat:

1.1. Die Sanktion für die Nichtmeldung einer Beschäftigung trifft die betreffende Person auch dann, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe an sich immer vorlagen und auch weiterhin vorliegen. Die Norm will also - insoweit vollkommen gleichgelagert der Bestimmung des § 72 Abs 1 AlVG - an die Nichtmeldung einer Beschäftigung eine Sanktion mit dem Ziele knüpfen, daß die Androhung dieser Sanktion dahin verhaltenssteuernd wirken möge, daß die nach § 50 AlVG gebotenen Meldungen auch tatsächlich erstattet werden.

1.2. Sie verfolgt auch keine anderen, der Verwaltung etwa sonst im öffentlichen Interesse obliegenden Ziele (wie dies etwa bei Maßnahmen, die zwar auch Sanktionscharakter aufweisen, darüberhinaus aber als Administrativmaßnahme den Schutz Dritter bezwecken, so zB beim Entzug eines Führerscheins oder einer Gewerbeberechtigung als Reaktion auf Verbotsübertretungen, welche die Verläßlichkeit in Zweifel ziehen, der Fall ist).

1.3. Der Gesetzeswortlaut sucht nur den Eindruck zu erwecken, als sei § 25 Abs 2 AlVG systematisch bei den Widerrufs- bzw. Rückforderungstatbeständen beheimatet: gerade dieser Zusammenhang wird durch die 'unwiderlegliche Rechtsvermutung, daß diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist' zerstört. Es kommt dem Gesetzgeber nicht darauf an, ob die Tätigkeit anspruchsschädlich ist, sondern nur auf die Sanktion für die Nichtmeldung.

Würde die Bestimmung etwa wie folgt formuliert sein:

'Hat der Empfänger von Arbeitslosengeld eine Tätigkeit gem. § 12 Abs 3 lita, b, d oder g AlVG entgegen § 50 AlVG nicht gemeldet und wird er bei einer solchen Tätigkeit betreten, dann ist er mit dem Entzug von Arbeitslosengeld für die Dauer von acht Wochen und mit der Rückforderung von Arbeitslosengeld im Ausmaß von mindestens zwei Wochen zu bestrafen.'

so bestünde inhaltlich kein Unterschied zur geltenden Fassung.

1.4. Es ist somit kein Umstand erkennbar, der diese Bestimmung von einer Verwaltungsstrafbestimmung unterscheidet, wenn man davon absieht, daß die Höhe der Strafe nicht in absoluten Zahlen festgelegt ist, sondern vielmehr von der Höhe des (entzogenen bzw. zurückzufordernden) Geldleistungsanspruches abhängt und - wie oben (4.1.) dargelegt - eine Höchstgrenze überhaupt fehlt.

2. Es kann von verfassungswegen nicht im Belieben des Gesetzgebers liegen, Bestimmungen, die von ihrem Inhalt her zweifelsfrei und ausschließlich Strafcharakter aufweisen, durch bloße Nichtkennzeichnung diese Eigenschaft zu nehmen und damit den in solchen Fällen verfassungsgesetzlich angeordneten Instanzenzug zu verändern.

Der verfassungsrechtliche Begriff der Verwaltungsübertretung in Art 129a B-VG ist ein an sich materieller und würde es daher dem Verwaltungsgerichtshof auch erlauben, entweder die Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die gegenständliche Berufung (anstelle des zuständigen unabhängigen Verwaltungssenates) oder seine eigene Unzuständigkeit mit der Begründung wahrzunehmen, daß vor der Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates der Instanzenzug nicht erschöpft ist.

Diese Möglichkeit ändert aber nichts an der nach der hier gegebenen Sachlage unzureichenden Kennzeichnung der Norm als Verwaltungsstrafnorm, da dies hier zu einer nicht eindeutigen Festlegung der Behördenzuständigkeit führt:

2.1. Liegt eine Verwaltungsstrafbestimmung vor, dann gebietet Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges den Rechtszug an einen Unabhängigen Verwaltungssenat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes müssen Behördenzuständigkeiten in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise vom Gesetz selbst festgelegt werden (vgl. dazu VfSlg. 2909/1955; 8349/1978; 9937/1984; 13816/1994; E vom , G450/97).

2.2. Das AlVG enthält in dem mit 'Rechtsmittel' überschriebenen § 56, und zwar in dessen Abs 1 folgende Regelung:

'(1) Gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstelle in Angelegenheiten des Arbeitslosengeldes ist die Berufung an die Landesgeschäftsstelle zulässig. Gegen die Entscheidung der Landesgeschäftsstelle ist keine weitere Berufung zulässig.'

Ferner enthält das AlVG einerseits in den §§71 und 72 AlVG ausdrücklich als solche gekennzeichnete Strafbestimmungen und andererseits die dem § 72 völlig gleichgeartete Norm des § 25 Abs 2 AlVG, welche nicht als Strafbestimmung (oder Verwaltungsübertretung) gekennzeichnet ist.

2.3. Da § 56 Abs 1 AlVG 'gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstelle in Angelegenheiten des Arbeitslosengeldes' (gemäß § 58 AlVG: auch der Notstandshilfe) die Berufung an die Landesgeschäftsstelle zulässt, Bescheide in Strafsachen aber keine 'in Angelegenheiten des Arbeitslosengeldes' sind, hängt somit von der Kennzeichnung als Strafbestimmung allein die im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung hinreichend bestimmte Anordnung der Behördenzuständigkeit ab.

Wenn nämlich die Sanktion teils in Versagung, teils in Rückforderung von Arbeitslosengeld besteht, kann ohne eine solche Kennzeichnung dem Gesetz der Instanzenzug in diesen Fällen nicht mit der verfassungsgesetzlich gebotenen Eindeutigkeit entnommen werden, weil sowohl - nach dem Wortlaut - nur eine Berufung nach § 56 Abs 1 AlVG in Betracht käme, andererseits aber auch - nach dem Inhalt der Norm - die Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates, und diese wieder entweder nach der Berufungsentscheidung der Landesgeschäftsstelle oder unmittelbar nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides (also als Berufungsbehörde anstelle der Landesgeschäftsstelle).

2.4. Wird daher in einer solchen Konstellation der Sache nach eine Verwaltungsstrafbestimmung geschaffen, ohne sie ebenso als solche zu kennzeichnen wie andere, im Gesetz enthaltene Strafnormen, so wird weder die zuständige Behörde (berücksichtigt man die Regelung des Berufungsverfahrens in § 56 AlVG einerseits und Art 129a Abs 1 Z. 1 B-VG andererseits) mit der von verfassungswegen gebotenen Eindeutigkeit klargestellt, noch das anzuwendende Verfahrensrecht.

3. Die Nichtkennzeichnung des § 25 Abs 2 AlVG in der im Spruch genannten Fassung als Verwaltungsübertretung bzw. als Strafbestimmung widerspricht daher vor dem Hintergrund des Art 129a Abs 1 Z. 1 B-VG dem Rechtstaatsgebot."

Würde man die ersten drei Sätze des § 25 Abs 2 AlVG zur Prüfung stellen, bliebe ein nicht vollziehbarer Torso übrig. Zur Lösung des Anlaßfalles würde allerdings eine Aufhebung des "a," aus dem Zitat des § 12 Abs 3 lita, b, d oder g ausreichen.

2. Die Bundesregierung bezweifelt mit Hinweis auf die letzten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs die Zulässigkeit des Antrages. Das Begehren nach Aufhebung des ganzen Absatzes sei auch deshalb überschießend, weil die Aufhebung von Teilen einer Bestimmung, gegen die keine Bedenken erhoben sind, nicht allein deshalb begehrt werden könne, weil sie durch Aufhebung der bedenklichen Teile unanwendbar würden.

Auch das Eventualbegehren sei insoweit unzulässig, als es sich auf die Fassung des StrukturanpassungsG 1996 beziehe; die lita sei eben erst mit dem Sozialrechts-ÄnderungsG 1996 eingefügt worden.

In der Sache führt die Bundesregierung folgendes aus:

1. Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes:

1.1. Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung sind gemäß § 50 Abs 1 AlVG in der Fassung des Strukturanpassung sgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs 3 AlVG unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) zu melden. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zielt die Bestimmung des § 25 Abs 2 AlVG in der Fassung des Art 23 Z 22 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, und des ArtIV Z 3 des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 411, ebenso wie die als Strafbestimmung gekennzeichnete Bestimmung des § 72 Abs 1 AlVG - wonach gegen Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, die eine ihnen nach dem AlVG obliegende Anzeige unterlassen oder unwahre Angaben machen, von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice un beschadet der Strafbestimmung des § 71 Abs 2 AlVG eine Geldstrafe bis zu S 2000,- verhängt werden kann - darauf ab, Verstöße gegen die Meldeverpflichtung des § 50 Abs 1 AlVG zu sanktionieren. § 25 Abs 2 AlVG unterscheide sich von § 72 Abs 1 AlVG nur dahingehend, daß das 'Betreten' bei der Tätigkeit durch Organe des Arbeitsmarktservice Voraussetzung für die Verhängung der (schärferen) Sanktion des § 25 Abs 2 sei. Diese schärfere Sanktion sei auch durch die 'unwiderlegliche Rechtsvermutung' gekennzeichnet, daß die ausgeübte Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze gelegen habe. Dem Arbeitslosen werde hiedurch die Berufung darauf, nur eine geringfügig entlohnte (d.h. Arbeitslosigkeit und damit den Anspruch auf die bezogene Geldleistung nicht beeinträchtigende) Beschäftigung ausgeübt zu haben, abgeschnitten. Da die Schwere der zu verhängenden Sanktion bei gleichem Tatbestand und Verschulden ausschließlich davon abhänge, ob die Meldepflichtverletzung durch das 'Betreten' des Empfängers von Arbeitslosengeld durch Organe des AMS oder auf andere Weise festgestellt worden sei, differenziere das Gesetz aus unsachlichem Beweggrund. § 25 Abs 2 AlVG widerspreche daher dem Gleichheitssatz.

1.2. Weiters sei für die über eine bloße Beweislastumkehr hinausgehende 'unwiderlegliche Rechtsvermutung' des § 25 Abs 2 AlVG, der Betretene habe die Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze ausgeübt, in Fällen, in denen die Unrichtigkeit der Vermutung erwiesen wäre, keine sachliche Rechtfertigung erkennbar. § 25 Abs 2 AlVG widerspreche daher nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch aus diesem Grund dem Gleichheitssatz.

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof hegt auch das Bedenken, daß die Bestimmmung des § 25 Abs 2 zweiter Satz AlVG, wonach das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe für mindestens zwei Wochen zurückzufordern ist, im Hinblick auf Art 18 B-VG nicht hinreichend determiniert sei und dem Rechtsstaatsprinzip widerspreche, da ihr kein Hinweis zu entnehmen sei, wann und bis zu welcher Höchstgrenze das Ausmaß von zwei Wochen überschritten werden dürfe. Dies führe im Anlaßbeschwerdefall dazu, daß sich die Beschwerdeführerin einer Rückforderung für den gesamten vor der Betretung liegenden Zeitraum der Parallelität von Leistungsbezug und Tätigkeit ausgesetzt sehe, obgleich ihr Verschulden als geringfügig anzusehen sei, als sie offenbar (geringfügig) entlohnt ordnungsgemäß zur Sozialversicherung gemeldet gewesen sei. Weiters widerspreche § 25 Abs 2 zweiter Satz auch dem Gleichheitssatz, da die Mindestsanktion für jene Bezieher von Geldleistungen, die vor Ablauf von zwei Wochen des Bezuges betreten werden, nicht angewendet werden könne.

1.4. Der Verwaltungsgerichtshof äußerte schließlich das Bedenken, die Bestimmung des § 25 Abs 2 AlVG sei, obwohl ihr nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes der Charakter einer Verwaltungsstrafbestimmung zukomme, nicht als solche gekennzeichnet und verletze daher das Rechtsstaatsprinzip. Eine weitere Verletzung des Rechtsstaatsgebotes sei darin zu erblicken, daß durch die Nichtkennzeichnung als Strafbestimmung auch der gemäß Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges vorgesehene Rechtszug an die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern ausgeschlossen werde.

2. Vorbemerkung:

2.1. Die Bundesregierung weist darauf hin, daß sich der Verfassungsgerichtshof mit der Bestimmung des § 25 Abs 2 AlVG in der angefochtenen Fassung bereits im Rahmen des bei ihm anhängig gewesenen Bescheidbeschwerdeverfahrens B36/97 zu beschäftigen hatte:

Dem Beschwerdeverfahren lag ein Berufungsbescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) Oberösterreich vom , GZ B1-12896813-8, zugrunde. § 25 Abs 2 AlVG in der - vom Verwaltungsgerichtshof im gegenständlichen Gesetzesprüfungsverfahren G78/99 angefochtenen - Fassung des Art 23 Z 22 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, und des ArtIV Z 3 des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 411, ist mit in Kraft getreten. Die Berufungsbehörde hatte daher im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides die nunmehr angefochtene Fassung des § 25 Abs 2 AlVG anzuwenden.

2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde gegen den Berufungsbescheid des AMS Oberösterreich mit Beschluß vom abgelehnt. Die Ablehnung wurde wie folgt begründet:

'Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie eine Verletzung in sonstigen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen Norm. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht erforderlich. Die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage ist von der Entscheidung in diesen Punkten nicht zu erwarten.

Soweit die Beschwerde aber verfassungsrechtliche Fragen berührt, läßt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bei Abwägung der leichten Erfüllbarkeit der Meldepflicht mit den Schwierigkeiten einer Kontrolle und der deutlich besseren Kontrollmöglichkeit im Fall der Meldung sowie in Anbetracht des Gegenstandes der 'Vermutung', die nur das Motiv der angeordneten Rechtsfolge bildet, die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß sie - unter dem Blickwinkel der vom Verfassungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtsverletzungen - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.'

2.3. Mit Beschluß vom wurde die Beschwerde sodann an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

3. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art 7 B-VG:

3.1. Die Stammfassung des § 25 Abs 2 wurde mit BGBl. Nr. 502/1993 im Rahmen der Beschäftigungssicherungsnovelle 1993 in das Arbeitslosenversicherungsgesetz eingefügt. Sie geht auf einen Maßgabebeschluß der Bundesregierung vom zurück (vgl. TOP 28 der 110. Ministerratssitzung). Dabei wurden auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1194 BlgNR 18. GP, 132) abgeändert und zu § 25 Abs 2 angemerkt:

'Zur Bekämpfung von Schwarzarbeit soll festgelegt werden, daß Bezieher von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe, die eine Beschäftigung mit einem Verdienst über der Geringfügigkeitsgrenze ausüben oder ausgeübt haben und denen sohin mangels Arbeitslosigkeit kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe gebührt, nicht nur das unberechtigt bezogene Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) zurückzuzahlen haben, sondern auch mit einer Sanktion, in Form des Verlustes von Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) für vier Wochen, belegt werden.'

Die in Prüfung gezogene Fassung des § 25 Abs 2 ist im wesentlichen das Ergebnis einer Novelle im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201. Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 411, erfolgte lediglich eine Anpassung in der Zitierung des Begriffes der Arbeitslosigkeit in § 12 AIVG. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Strukturanpassungsgesetzes 1996 (72 BlgNR 20. GP, 236) führen folgendes aus:

'Um Mißbräuche, die dadurch entstehen, daß ein Arbeitsloser neben dem Bezug von Arbeitslosengeld unangemeldet beschäftigt ist, hintanzuhalten, soll die Sanktion der Aberkennung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe von vier Wochen auf acht Wochen verdoppelt werden. Zugleich wird die unwiderlegliche Rechtsvermutung aufgestellt, daß jede nicht zeitgerecht gemeldete unselbständige oder selbständige Tätigkeit die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt. Als zusätzliche Sanktion werden dabei für den Arbeitnehmer eine Rückforderung der Leistung für zumindest zwei Wochen (sodaß insgesamt zehn Wochen kein Anspruch besteht) und für den Arbeitgeber die Vorschreibung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung in der Höhe von derzeit 12 vH für die Dauer von sechs Wochen vom Kollektiv/Anspruchslohn festgelegt.'

3.2. Wie den Erläuternden Bemerkungen zu § 25 Abs 2 AlVG zu entnehmen ist, richtet sich diese Regelung gegen die mißbräuchliche Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe. Wer, ohne es dem Arbeitsmarktservice zu melden (§50 AlVG), einer Beschäftigung nachgeht, soll nicht uneingeschränkt Leistungen der Arbeitslosenversicherung beziehen können. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind auch geringfügige Beschäftigungen dem Arbeitsamt (nunmehr dem Arbeitsmarktservice) zu melden. Die Beurteilung und Wertung, ob das Arbeitslosengeld einzustellen oder zu ändern ist, obliegt der Behörde und kann nicht dem Empfänger des Arbeitslosengeldes anheimgegeben sein (vgl. Zl. 1567/1568/55/2).

3.3. Die Sanktion für die Verletzung der Meldepflicht kann eine Geldstrafe gemäß der Verwaltungsstrafbestimmung des § 72 Abs 1 AlVG sein, sie kann aber unter den erschwerten Voraussetzungen des § 25 Abs 2 AlVG auch (d.h. zusätzlich zu einer Verwaltungsstrafe) zum Entzug von bisher gewährten Rechten und Leistungen führen, die nur bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gewährt werden, wie z.B. bei Vorliegen von Arbeitslosigkeit. Dem Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, der Gesetzgeber mache bei 'völlig gleichem Tatbestand und Verschulden' die Anwendbarkeit des (im Vergleich zu § 72 Abs 1 AlVG) höheren 'Strafsatzes' ausschließlich vom Vorliegen eines bestimmten Beweismittels abhängig und differenziere aus unsachlichem Beweggrund, ist entgegenzuhalten, daß das vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 4470/1963, eine Verwaltungsstrafnorm betraf, die die Bindung der Anwendung eines höheren Strafsatzes an das Vorliegen eines bestimmten Beweismittels vorsah. § 25 Abs 2 AlVG stellt jedoch keine Verwaltungsstrafbestimmung, sondern eine leistungsrechtliche Bestimmung dar, die neben die Verwaltungsstrafbestimmung tritt. Die Sanktionen des § 25 Abs 2 AlVG betreffen nämlich die leistungsrechtlichen Ansprüche; ihre sachliche Rechtfertigung ist darin zu erblicken, daß der Betretene, der seine Arbeitslosigkeit nur vortäuscht, nicht ungerechtfertigterweise in den Genuß der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung kommen soll. Auch wenn das den Entzug der Leistungen auslösende sozialschädliche Verhalten, nämlich die Verletzung der Meldepflicht, auch unter den Tatbestand des § 72 Abs 1 AlVG subsumierbar ist, so ist das Vorliegen eines 'Verschuldens' bzw. einer 'Schuld' im Sinne des § 5 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, - nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 25 Abs 2 AlVG.

§ 25 Abs 2 AlVG ist daher insoweit mit der Bestimmung des § 113 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, über die Beitragszuschläge vergleichbar, die neben einer Verwaltungsstrafe nach § 111 ASVG vorgeschrieben werden können. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 89/08/0050, zu § 113 ASVG in der Fassung BGBl. Nr. 111/1986 festgestellt:

'Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist auch der Beitragszuschlag nach § 113 Abs 1 ASVG nF - so wie jener nach § 113 Abs 1 ASVG aF - nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine (neben der Bestrafung nach den §§111, 112 ASVG ermöglichte) wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten. Demgemäß darf der Beitragszuschlag dann, wenn mit dem festgestellten Meldeverstoß auch eine Beitragsnachentrichtung verbunden ist, - bei Bedachtnahme auf den Regelungszusammenhang des § 113 ASVG mit § 59 leg. cit. - ähnlich wie nach der alten Rechtslage weder den durch den Meldeverstoß verursachten Verwaltungsmehraufwand zuzüglich der Verzugszinsen infolge der verspäteten Beitragsentrichtung noch das Doppelte der näher umschriebenen Beiträge übersteigen; er darf aber in solchen Fällen - anders als nach der alten Rechtslage - nach dem klaren Wortlaut des § 113 Abs 1 ASVG nF, unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beitragsschuldners und der Art des Meldeverstoßes, auch eine Untergrenze nicht unterschreiten, nämlich die Höhe der Verzugszinsen, die ohne seine Vorschreibung auf Grund des § 59 Abs 1 ASVG für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären. Der Art des Meldeverstoßes und damit dem Verschulden des Meldepflichtigen an diesem Verstoß kommt - neben anderen Umständen, wie z.B. den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beitragsschuldners - nur bei der Ermessensübung innerhalb dieser objektiven Grenzen Bedeutung zu (vgl. u.v.a. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 89/08/0189, AW 89/08/0039, mit weiteren Judikaturhinweisen).'

In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, daß die Bestimmung über die Beitragszuschläge nach § 113 ASVG systematisch sogar im Abschnitt VIII, bei den Strafbestimmungen geregelt ist.

Im Lichte dieser Rechtsprechung wäre ein Verschulden des Betretenen daher im Rahmen des § 25 Abs 2 AlVG nur bei der Ermessensübung der Behörde innerhalb der objektiven Grenzen der Mindestsanktion des § 25 Abs 2 zweiter Satz (Rückforderung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe für zumindest zwei Wochen bzw. für die Dauer des zwei Wochen unterschreitenden tatsächlichen Bezuges) bzw. der sich aus der Dauer des tatsächlichen Bezuges ergebenden Höchstgrenze zu berücksichtigen. Damit erscheint aber auch der vom Verwaltungsgerichtshof angestellte Vergleich zwischen den vom Gesetzgeber vorgesehenen Sanktionen nicht zwingend.

3.4. Die sachliche Rechtfertigung für die Anknüpfung der leistungsrechtlichen Folgen des § 25 Abs 2 AlVG an das 'Betreten' des Arbeitslosen bei einer Beschäftigung nach § 12 Abs 3 lita, b, d oder g AlVG ist darin zu erblicken, daß der Nachweis einer unerlaubten Tätigkeit durch den Arbeitslosen in der Praxis oft schwer zu erbringen ist, zumeist von Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgestritten wird und die Beweislast meist ungesichert ist. Der Gesetzgeber hat daher aus Gründen der Rechtssicherheit die leistungsrechtlichen Folgen des § 25 Abs 2 AlVG nur dann vorgesehen, wenn die unerlaubte Tätigkeit des Arbeitslosen durch Kontrollorgane unmittelbar wahrgenommen wird. Dies entspricht auch der Erfahrung des täglichen Lebens, wonach andere Fälle in der Praxis kaum auftreten.

Was die 'unwiderlegliche Rechtsvermutung' des § 25 Abs 2 anlangt, ist folgendes zu bemerken: Bereits die Erläuterungen lassen erkennen, daß der Gesetzgeber die hier in Rede stehende Regelung vor dem Hintergrund praktischer Erfahrungen getroffen hat. In vielen in der Praxis auftretenden Fällen wird eine geringfügige Beschäftigung nur behauptet, während dies oft nicht den Tatsachen entspricht. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Beschluß vom , B36/97-9, festgestellt hat, ist die leichte Erfüllbarkeit der Meldepflicht nach § 50 Abs 1 AlVG mit den Schwierigkeiten einer Kontrolle und der deutlich besseren Kontrollmöglichkeit im Fall der Meldung abzuwägen. Dabei ist zu unterstreichen, daß die unverzügliche Meldung der Aufnahme einer Tätigkeit nach § 12 Abs 3 AlVG an die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice dem Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zumutbar ist und die im Zuge der Meldung erfolgte Beurteilung der Tätigkeit durch das Arbeitsmarktservice als geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 5 Abs 2 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der Fassung BGBl. I Nr. 16/1999, gemäß § 12 Abs 6 AlVG Arbeitslosigkeit nicht ausschließt. Wenn nun der Gesetzgeber, aus Gründen der Rechtssicherheit in jenen Fällen, in denen keine Meldung erfolgte, die unwiderlegbare Vermutung aufstellt, daß eine über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnte Tätigkeit vorliegt, so ist zwar einzuräumen, daß die vorgesehene Unwiderleglichkeit der Vermutung als überschießend angesehen werden könnte. Es wird nicht verkannt, daß sich die gesetzliche Vermutung auch auf Fälle erstrecken kann, in denen tatsächlich eine unter der Geringfügigkeitsgrenze entlohnte Tätigkeit ausgeübt wurde. Man darf aber auf der anderen Seite auch nicht übersehen, daß eine Feststellung der materiellen Wahrheit im konkreten Fall angesichts der gerade in diesem Bereich besonders schwierigen Beweislage in zahlreichen Fällen kaum möglich sein wird. Diese Situation könnte es rechtfertigen, daß der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und auf den Regelfall abstellt (vgl. VfSlg. 3568/1959, 5098/1965, 5958/1966, 6260/1970, 6419/1971, 6471/1971, 7891/1976, 8767/1980, 8871/1980, 13.026/1992, 14.212/1995 u.a.).

3.5. Der Verwaltungsgerichtshof äußerte hinsichtlich der Bestimmung des § 25 Abs 2 zweiter Satz AlVG, wonach (im Falle der Betretung) das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe für zumindest zwei Wochen zurückzufordern ist, gleichheitsrechtliche Bedenken, als nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die 'Mindestsanktion für jene Bezieher von Geldleistungen nicht angewendet werden kann, die vor Ablauf von zwei Wochen des Bezuges betreten werden.' Hiezu ist zu bemerken, daß der Gesetzgeber bei Erlassung dieser Regelung von den Erfahrungen des Lebens und damit von der Annahme ausgegangen ist, daß ein bei Schwarzarbeit betretener Arbeitsloser diese Tätigkeit schon längere Zeit, etwa zwei Wochen, ausgeübt hat. Ist der Leistungsbezug aber tatsächlich kürzer gewesen, so ist auch der Schaden für die Gebarung der Arbeitslosenversicherung nur im Ausmaß des Leistungsbezuges gegeben. Der Wortlaut des § 25 Abs 2 zweiter Satz AlVG ist daher dahingehend auszulegen, daß in diesem Fall die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung nur für die Dauer des Bezuges zurückverlangt wird. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ('rückzufordern'); eine Rückforderung einer nicht erbrachten Leistung würde der Bestimmung vielmehr einen gleichheitswidrigen und sogar verfassungswidrigen Inhalt unterstellen.

4. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art 18 B-VG:

4.1. Zum Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, § 25 Abs 2 zweiter Satz AlVG sei kein Hinweis zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen und bis zu welcher Höchstgrenze das Ausmaß von zwei Wochen überschritten werden darf, ist festzuhalten, daß die Höchstgrenze zweifelsfrei die Dauer des tatsächlichen, den Zeitraum von zwei Wochen überschreitenden Bezuges von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bildet. Wie unter Pkt. 3.5. dargelegt, ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ('rückzufordern'), daß die Behörde vom Bezieher von Geldleistungen nicht mehr zurückverlangen darf, als dieser an Leistungen erhalten hat, ist doch die sachliche Rechtfertigung dieser Regelung in einer Rückabwicklung der zu Unrecht bezogenen Leistungen zu erblicken. Im übrigen hat die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung innerhalb der objektiven Grenzen des § 25 Abs 2 zweiter Satz AlVG neben anderen Umständen, wie z. B. den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beitragsschuldners, auch das Verschulden zu berücksichtigen (vgl. die Ausführungen unter Pkt. 3.3).

4.2. Hinsichtlich der Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, die Bestimmung des § 25 Abs 2 AlVG sei, obwohl ihr nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes der Charakter einer Verwaltungsstrafbestimmung zukomme, nicht als solche gekennzeichnet und verletze daher das rechtsstaatliche Prinzip nach Art 18 B-VG, wird auf die unter Pkt. 3.3 getätigten Ausführungen verwiesen. Auf die vom Verwaltungsgerichtshof angestellten Überlegungen über die Zuständigkeit der Behörde bzw. das anzuwendende Verfahren ist daher nicht näher einzugehen. Der Vollständigkeit halber sei wiederholt, daß die Sanktionen des § 25 Abs 2 AlVG die leistungsrechtlichen Ansprüche betreffen. Sie sind damit Teil des Leistungsrechtes und nach den Bestimmungen des AlVG über das Leistungsverfahren zu behandeln."

Soweit die Anträge nicht zurückgewiesen würden, wolle der Gerichtshof die angefochtene Gesetzesbestimmung nicht als verfassungswidrig aufheben und für den Fall der Aufhebung für deren Inkrafttreten eine Frist von 18 Monaten zur Ermöglichung der allenfalls erforderlichen legistischen Vorkehrungen bestimmen.

Die Beschwerdeführerin des Anlaßverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof tritt dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofs bei.

3. Schließlich ist am aus Anlaß vom beim Verwaltungsgerichtshof zu Zlen. 2000/08/0081 und 2000/08/0082 anhängigen Verfahren, in denen es um das Betreten des Beschwerdeführers bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit iSd § 12 Abs 3 litb AlVG geht (in eventu wird hier die Aufhebung der Wendung "b," im ersten Satz des § 25 Abs 2 AlVG in den genannten Fassungen beantragt), ein weiterer, nahezu gleichlautender Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung der genannten Bestimmungen eingelangt (G70/00).

II. Der Antrag ist nur in bezug auf die ersten drei Sätze des § 25 Abs 2 AlVG zulässig.

1. Für die Entscheidung des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahrens über die Beschwerde einer Arbeitslosen kommen die ersten drei Sätze der angegriffenen Vorschrift in Betracht. Wie der Verwaltungsgerichtshof selbst betont, ist zur Lösung des Anlaßfalles zwar nur die Aufhebung des "a," im ersten Satz der angegriffenen Gesetzesstelle erforderlich. Der vom § 12 Abs 3 lita umschriebene Anwendungsbereich läßt sich ohne Veränderung des verbleibenden Restes aus der angegriffenen Vorschrift herausnehmen. Fällt "a," weg, so ist § 25 Abs 2 AlVG auf den beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall nicht mehr anzuwenden. Treffen aber die vorgetragenen Bedenken nicht alle drei für die Lage des Arbeitslosen maßgebenden Sätze, kann es sich erweisen, daß die Aufhebung eines Teiles - wie etwa allein des dritten Satzes - trotz der Auswirkung auf die nicht präjudiziellen Fallgruppen der litb, d oder g des § 12 Abs 3 den geringeren Eingriff in das Gesetz darstellt, weil sie den verfassungsrechtlich unbedenklichen Teil auch für die Fallgruppe der lita aufrecht hält. Bei dieser Sachlage ist das Ergebnis der erforderlichen Abwägung im Zuge der Prüfung der Prozeßvoraussetzungen noch nicht vorwegzunehmen.

Wäre nur das "a," im ersten Satz der angegriffenen Vorschrift präjudiziell, würde es sich erübrigen, auf die Frage eines untrennbaren Zusammenhanges der ersten drei Sätze mit dem die Lage des Arbeitgebers regelnden Rest einzugehen. Ein solcher Zusammenhang ist aber auch bei Annahme der Präjudizialität der ersten drei Sätze im Ergebnis zu verneinen: Erweist sich der präjudizielle Teil zur Gänze als verfassungswidrig, kommt nur die Aufhebung des "a," in Betracht, ist hingegen nur ein Teil - etwa allein der zweite oder dritte Satz - aufzuheben, bleibt die Bedeutung des die Lage des Arbeitgebers betreffenden Restes unverändert. Es sind daher nur die ersten drei Sätze des § 25 Abs 2 präjudiziell. Nach ständiger, hier nicht weiter auszubreitender Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs hat sich ein Antrag aber auf den präjudiziellen Teil der als verfassungswidrig angegriffenen Bestimmung zu beschränken.

2. Der Einwand der Bundesregierung, das in Rede stehende "a," sei nur in der Fassung des Sozialrechts-ÄnderungsG 1996 enthalten, beruht auf einem Mißverständnis: Dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofs ist nicht zu entnehmen, daß er die Aufhebung dieses Teiles des § 25 Abs 2 sowohl in der Fassung des StrukturanpassungsG als auch in jener des Sozialrechts-ÄnderungsG begehrt; es soll nur die ganze Gesetzesstelle oder das "a," in jener Fassung aufgehoben werden, die § 25 Abs 2 durch die beiden Gesetze zusammen erhalten hat.

Auch im übrigen sind die Prozeßvoraussetzungen im genannten Umfang gegeben. In Ansehung des Restes ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

III. Der Antrag ist aber nur teilweise begründet. Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofs wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz treffen nur für den dritten Satz zu.

1. § 25 AlVG findet sich im ArtII ("Leistungen") Abschnitt 1 ("Arbeitslosengeld") unter der die §§24 und 25 zusammenfassenden Überschrift "Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes". Strafbestimmungen enthält ArtVI ("Allgemeine Bestimmungen") in den §§71 bis 73.

Anspruch auf Arbeitslosengeld (und gleiches gilt gemäß § 38 für die Notstandshilfe) hat, wer der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (§7 Abs 1 Z 1), das ist, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf und arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist (§7 Abs 2). Arbeitslos ist, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat (§12 Abs 1). Als arbeitslos gilt insbesondere - was hier allein interessiert - nicht (§12 Abs 3), wer in einem Dienstverhältnis steht (lita). Als arbeitslos gilt jedoch, wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die in § 5 Abs 2 ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt (§12 Abs 6 lita).

Nach § 50 AlVG ist, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs 3 unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice anzuzeigen (Abs1 Satz 1). Die regionale Geschäftsstelle ist berechtigt, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen durch zweckdienliche Erhebungen zu überprüfen (Abs2).

Vor dem Hintergrund dieser Vorschriften kann der von Leistungsansprüchen handelnde § 25 Abs 2 AlVG dahin verstanden werden, daß die Aufnahme einer Beschäftigung (das Eingehen eines Dienstverhältnisses) gegen ein unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs 2 ASVG liegendes Entgelt nur unter der Voraussetzung den Anspruch auf Arbeitslosengeld wahrt, daß eine Anzeige nach § 50 erfolgt, die das Arbeitsmarktservice in die Lage versetzt, die Einhaltung der Geringfügigkeitsgrenze gezielt zu überprüfen. Die Versagung des Anspruchs wegen Unterlassung der Anzeige soll offenkundig vermeiden, daß jemand sich der wirksamen Überprüfung der Umstände eines eingegangenen Dienstverhältnisses in der Hoffnung entzieht, die Beschäftigung werde dem Arbeitsmarktservice entweder gar nicht oder erst so spät zur Kenntnis kommen, daß sich Dauer der Beschäftigung oder Höhe des Entgelts nicht oder nur mehr schwer überprüfen lassen.

Die "unwiderlegliche Rechtsvermutung", daß diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist, stellt demgemäß nur eine wenig glückliche, weil irreführende (veraltete) Technik für die Anordnung dar, daß dem Vorhalt der Nichtanzeige eines Dienstverhältnisses die Geringfügigkeit der Entlohnung nicht entgegengehalten werden kann.

Entstehungsgeschichte und Zweck der Bestimmung bestätigen diese Annahme. § 25 Abs 2 und § 50 Abs 1 erster Satz AlVG haben ihren Inhalt im wesentlichen durch das StrukturanpassungsG 1996 erhalten (Art23 Z 22 und 48). Nach dem bis geltenden Recht hatte die Unterlassung der rechtzeitigen Meldung einer Tätigkeit, die das Vorliegen von Arbeitslosigkeit ausschließt, unbeschadet einer Rückforderung und allfälliger Strafen zur Folge, daß der Anspruch für die Dauer von vier auf die Beendigung der verschwiegenen Tätigkeit folgenden Wochen abzuerkennen war (§25 Abs 2 idF BGBl. 502/1993). Die Regierungsvorlage zum StrukturanpassungsG, 72 BlgNR 20. GP, 236, motivierte die Verschärfung der Anforderungen und Folgen so:

"Um Mißbräuche, die dadurch entstehen, daß ein Arbeitsloser neben dem Bezug von Arbeitslosengeld unangemeldet beschäftigt ist, hintanzuhalten, soll die Sanktion der Aberkennung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe von vier Wochen auf acht Wochen verdoppelt werden. Zugleich wird die unwiderlegliche Rechtsvermutung aufgestellt, daß jede nicht zeitgerecht gemeldete unselbständige oder selbständige Tätigkeit die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt. Als zusätzliche Sanktion werden dabei für den Arbeitnehmer eine Rückforderung der Leistung für zumindest zwei Wochen (sodaß insgesamt zehn Wochen kein Anspruch besteht) und für den Arbeitgeber die Vorschreibung eines Sonderbeitrages zur Arbeitslosenversicherung in der Höhe von derzeit 12 vH für die Dauer von sechs Wochen vom Kollektiv/Anspruchslohn festgelegt."

2. Es steht dem Gesetzgeber frei, die Gewährung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung davon abhängig zu machen, daß ein nach dem Verlust des Arbeitsplatzes gleichwohl eingegangenes Dienstverhältnis unverzüglich dem Arbeitsmarktservice angezeigt wird und das daraus erzielte Entgelt die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt. Wie es sachlich gerechtfertigt ist, Leistungen ungeachtet bereits längeren Vorliegens der materiellen Voraussetzungen erst mit dem Tag der Geltendmachung zu gewähren (§17 Abs 1 AlVG), weil die Feststellung bereits vergangener Umstände wesentlich größere Schwierigkeiten verursachen kann, ist es auch nicht sachfremd, die Duldung einer auch nur geringfügigen Beschäftigung neben dem Arbeitslosengeldbezug von einer Anzeige abhängig zu machen, die eine jederzeitige Überprüfung der behaupteten Geringfügigkeit des Entgelts zumindest ermöglicht. Zieht man in Betracht, daß es um Leistungen zulasten der Versichertengemeinschaft geht, über deren Zuerkennung in Massenverfahren möglichst rasch entschieden werden muß und deren allfällige Rückforderung wegen unberechtigten Bezuges angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen regelmäßig schwer durchzusetzen ist, muß der Arbeitsmarktverwaltung angesichts ihrer begrenzten Möglichkeiten, den Lebensumständen der Arbeitslosen im Einzelfall nachzugehen, im Fall der Beschäftigungsaufnahme die Gelegenheit einer begleitenden Kontrolle geboten werden. Da der Nachweis der näheren Umstände im nachhinein beiden Teilen schwerfällt, ist andernfalls die Versuchung groß, das Risiko der Entdeckung (und Bestrafung) gegenüber der Chance eines längerfristigen Bezuges von Leistungen neben einem die Geringfügigkeitsgrenze (vielleicht nur wenig) übersteigenden Erwerbseinkommen abzuwägen. Es ist daher nicht unverhältnismäßig, die weitere Leistung von der Anzeige jeglicher Beschäftigung in einem Dienstverhältnis abhängig zu machen.

Gerade weil jede Beschäftigung anzeigepflichtig ist und Schwierigkeiten bei der Einschätzung der Anzeigepflicht, wie sie für die Rechtslage vor 1996 bestanden haben mögen, dabei nicht entstehen können, ist es dem Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung auch ein leichtes, das Dienstverhältnis, dessen Entlohnung er ohnedies im Auge behalten muß, dem Arbeitsmarktservice, dem er regelmäßig persönlich Kontrollmeldung zu erstatten hat (§49 Abs 1 AlVG), auch rechtzeitig anzuzeigen.

Sieht man die angegriffene Regelung aus diesem Blickwinkel, so kann der Anspruchsverlust für einen begrenzten Zeitraum wegen einer nicht offen gelegten Erwerbstätigkeit während des Bezuges von Arbeitslosengeld jedenfalls im Konzept nicht als bloße - und dann vielleicht überschießende - Sanktion für die Verletzung einer Ordnungsvorschrift gewertet werden. Erfüllt der Empfänger einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung die Voraussetzung für ihren Bezug nicht, darf die Leistung für eine gewisse, zum Verstoß freilich nicht außer Verhältnis stehende Zeit eingestellt werden. Dem Umstand, daß die Anspruchsberechtigung während der Zeit einer nicht angezeigten Erwerbstätigkeit zweifelhaft ist, wird dadurch Rechnung getragen, daß der Behörde der sonst kaum mögliche Nachweis eines die Geringfügigkeit übersteigenden Entgelts ebenso erspart wird wie die - im Ergebnis nicht weniger schwierige - Auseinandersetzung mit Versuchen des Leistungsempfängers, gegen eine widerlegbare Vermutung der Grenzüberschreitung den negativen Beweis zu erbringen. Ähnliches ist etwa für den Fall des Unterbleibens der vorgeschriebenen Kontrollmeldung nach § 49 AlVG vorgesehen.

Der in § 25 Abs 2 AlVG angeordnete begrenzte Anspruchsverlust ist folglich die leistungsrechtliche Lösung einer Beweisschwierigkeit und keine verkappte Strafe. Es wird - entgegen der Auffassung auch der Bundesregierung - nicht ein sozialschädliches Verhalten sanktioniert, sondern die Ungewißheit über den Bestand eines Leistungsanspruchs zulasten desjenigen gewertet, der sie durch die Unterlassung der Anzeige ausgelöst hat. Damit ist dem aus der gegenteiligen Einschätzung abgeleiteten Vorwurf des Verwaltungsgerichtshofs in Richtung einer Verletzung der Bezeichnungspflicht der Boden entzogen.

3. Was die Voraussetzungen und Modalitäten der in § 25 Abs 2 AlVG angeordneten Rechtsfolgen im einzelnen betrifft, muß der Gesetzgeber eine den Möglichkeiten und Erfordernissen der Arbeitmarktverwaltung angemessene Lösung treffen dürfen. Es ist davon auszugehen (und wird auch durch die vom Verwaltungsgerichtshof genannten Beispiele illustriert), daß die Dauer und das Ergebnis einer nicht angezeigten Erwerbstätigkeit mit den Mitteln der Arbeitsmarktverwaltung im nachhinein nur schwer und mit mehr oder weniger großer Verspätung festgestellt werden können, während aber der vorgesehene Anspruchsverlust im Hinblick auf den Zweck der Arbeitslosenversicherung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der ihn auslösenden Erwerbstätigkeit stehen soll. Die naheliegende Lösung, im Augenblick der Aufnahme der nicht angezeigten Erwerbstätigkeit mit der fortlaufenden Leistung bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses anzuhalten, läßt sich nicht verwirklichen. Der Gesetzgeber darf aber ein dem nahe kommendes Ergebnis anstreben.

Eine vergröbernde, typische Fallgestaltungen erfassende, von den mehr oder weniger schwer feststellbaren Einzelheiten absehende Regelung ist daher nicht unsachlich. Ein Anspruchsverlust für eine bestimmte, mit der nicht angezeigten Erwerbstätigkeit bei Durchschnittsbetrachtung übereinstimmende Zeit trägt den genannten Anliegen Rechnung. Er setzt aber einen geeigneten Bezugspunkt voraus, der die Lage des Zeitraums bestimmt, für den kein Anspruch bestehen soll. Wird festgestellt, daß die Tätigkeit in einem Dienstverhältnis ohne die für die Wahrung des Anspruchs nötige Anzeige ausgeübt wird, liegt die nicht ohne nähere Nachforschungen zu bestätigende oder zu verwerfende Annahme nahe, daß diese Tätigkeit bis dahin bereits durch eine gewisse Zeit hindurch ausgeübt wurde und auch noch eine gewisse Zeit weiter ausgeübt werden könnte. Demgemäß erscheint es angemessen, den Anspruchsverlust an diesem Bezugspunkt auszurichten. So gesehen erscheint es nicht unsachlich, wenn das Gesetz auf das Betreten bei einer nicht angezeigten Tätigkeit als einem insofern nicht willkürlich gewählten festen Zeitpunkt abstellt und den Anspruchsverlust nur eintreten läßt, wenn ein solch evidenter Anknüpfungspunkt vorliegt. Erhält das Arbeitsmarktservice nämlich nicht durch eigene Wahrnehmung Kenntnis vom Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen und muß es sich dessen gar erst durch nähere Nachforschungen versichern, würde der Behörde nur ein mehr oder weniger langer in der Vergangenheit liegender Zeitraum bekannt, für den sie erst nachträglich einen Anspruchsverlust festsetzen könnte.

Anders als die Maßgeblichkeit eines bestimmten Beweismittels für die Höhe einer Strafe in der vom Verwaltungsgerichtshof angezogenen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist es im vorliegenden Fall die Offenkundigkeit des gegenwärtigen Nichtvorliegens der Anspruchsvoraussetzungen, die den sofortigen Verlust des Anspruchs für zumindest die zwei letzten Wochen rechtfertigt.

Daß in anderen Fällen die allgemeine Regel des § 25 Abs 1 AlVG eingreift, nach der zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen (nur) zu verpflichten ist, wer den Bezug durch unwahre Angaben oder die Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat, sodaß die Unterlassung der Anzeige nur dann eine Rückforderung auslöst, wenn die Geringfügigkeitsgrenze überschritten war, erscheint zwar im Rückblick als eine nicht ohne weiters verständliche Ungleichbehandlung. Aber so wie die Möglichkeit der Versagung einer begehrten Leistung anderen Regeln unterliegt als die Rückforderung von unberechtigt Empfangenem darf auch die Verweigerung sonst bestehender Ansprüche im Augenblick evidenter Nichterfüllung wesentlicher Anspruchsvoraussetzungen an anderen Gesichtspunkten ausgerichtet sein als die Rückforderung von Leistungen nach späterer Entdeckung eines Fehlers. Die vielfältigen Gestaltungen, die der allgemeinen Regel des § 25 Abs 1 AlVG unterfallen, können sich wohl in bezug auf die Evidenz und Aktualität des Mangels der in § 25 Abs 2 gegebenen Lage stark annähern. Auch wenn der neben dem Arbeitslosengeldbezug Erwerbstätige nicht von einem Organ des Arbeitsmarktservice betreten wird, kann der Behörde dessen fortgesetzte Tätigkeit in ähnlicher Weise evident werden. Letztlich muß aber doch sie überzeugt sein. Zur Überzeugung führt aber ein stufenloser Übergang. Wenn der Verwaltungsgerichtshof die angefochtene Vorschrift dahin versteht, daß der Leistungsempfänger von Organen des Arbeitsmarktservice unmittelbar betreten werden muß, kann der Verfassungsgerichtshof daran gleichwohl keine unsachliche Grenzziehung sehen: Die eigene dienstliche Wahrnehmung, bei der sich Behörde und Betroffener gleichsam Aug in Aug gegenüberstehen und der Betretene die Folgen auch augenblicklich abschätzen kann, ist jedenfalls tauglicher Anknüpfungspunkt für rasches und wirksames behördliches Handeln (vgl. zB auch die Zulässigkeit von Strafverfügungen nach § 47 VStG).

Im übrigen wird das Arbeitsmarktservice einem dringenden Verdacht nach Maßgabe seiner Möglichkeiten in einer die Rechtsfolge des § 25 Abs 2 auslösenden Weise nachgehen müssen.

4. Die angegriffene Regelung könnte aber deshalb unsachlich oder unbestimmt sein, weil die Rechtsfolge, was die Vergangenheit betrifft, nicht genau festgelegt ist. Die Leistung ist "für zumindest zwei Wochen ... rückzufordern" (was selbstverständlich dahin verstanden werden muß, daß nicht mehr rückgefordert werden kann, als überhaupt geleistet wurde). Diese Formulierung könnte so verstanden werden, daß die Rückforderung im Sinne des § 25 Abs 2 auf den ganzen Zeitraum erstreckt werden muß, über den der gesetzwidrige Zustand aufgrund der festgestellten Umstände gegeben war. Je länger dieser Zeitraum freilich ist, desto zweifelhafter wird diese Rechtsfolge im Verhältnis zu jener des § 25 Abs 1, weil der Zusammenhang mit der aktuellen Wahrnehmung der Behörde immer loser wird. Eine Grenze, ab der die Behörde wieder auf die allgemeine Regel des § 25 Abs 1 zurückgreifen müßte, die sie dann dazu zwingt, auch das Übersteigen der Geringfügigkeitsgrenze darzutun, müßte von Verfassungs wegen aber gezogen werden können. Der bloße Umstand, daß der Leistungsempfänger letztendlich von der Behörde bei seiner Erwerbstätigkeit betreten wurde, reicht nämlich für sich allein nicht mehr aus, die Unterschiede in den Rechtsfolgen nach Abs 1 und 2 zu erklären.

Eine taugliche Grenze ist allerdings nicht zu finden.

Der zweite Satz des § 25 Abs 2 muß aber nicht im genannten Sinn verstanden werden. Er läßt auch die Auslegung zu, daß jedenfalls die Leistung der letzten zwei Wochen ohne weiteres zurückzufordern ist, die Rechtsfolgen sich darin aber nicht notwendig erschöpfen, sondern darüber hinaus eine Rückforderung auch - und nur - nach den Grundsätzen des § 25 Abs 1, also bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze in Betracht kommt. Das Wort "zumindest" zeigt dann an, daß die hier angeordnete Rechtsfolge keine den geregelten Tatbestand abschließende ist, sondern als spezielle nur der allgemeinen des Abs 1 hinzugefügt wird. In verfassungskonformer Auslegung ist diese Lesart zu wählen. Sie entzieht den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes auch in diesem Punkt den Boden.

5. Hingegen hat der Verwaltungsgerichtshof den Verfassungsgerichtshof davon überzeugt, daß der Ausschluß vom Bezug des sonst gebührenden Arbeitslosengeldes durch volle acht auf die Beendigung der verschwiegenen Tätigkeit folgenden Wochen doch eine übermäßige, nicht mehr gerechtfertigte Sanktion darstellt. Übersteigt nämlich die Entlohnung für die Tätigkeit, bei der der Arbeitslose betreten wurde, die Geringfügigkeitsgrenze, so steht ihm eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung ohnehin nicht zu. Bleibt sie aber darunter, so ist die Lage seit Betreten bei der zunächst verschwiegenen Tätigkeit nicht anders als nach ordnungsgemäßer Meldung der aufgenommenen Beschäftigung. Setzt der Arbeitslose diese Tätigkeit fort, bleibt der Leistungsanspruch nach allgemeinen Regeln aufrecht. Eine Fortdauer der "unwiderleglichen Vermutung" des ersten Satzes über den Zeitpunkt des Betretens hinaus wäre nicht zu rechtfertigen. Sie zwänge den Arbeitslosen zum sofortigen Abbruch einer Tätigkeit, die er an sich unbeschadet des Leistungsanspruchs ausüben dürfte. Erst wenn er die (ursprünglich verschwiegene) Tätigkeit, bei der er betreten wurde, wieder beendet (und sonach erst recht auf die Leistungen der Arbeitslosenversicherung angewiesen ist), verliert er den Anspruch für die nächsten acht Wochen.

Eine sachliche Notwendigkeit für diese Rechtsfolge besteht nicht. Der Gesetzgeber könnte nach dem Muster des § 49 AlVG den Verlust des Anspruchs bis zur neuerlichen Geltendmachung verfügen. Er kann dem Verdacht einer über der Geringfügigkeitsgrenze liegenden Entlohnung auch dadurch Rechnung tragen, daß er eine dem § 12 Abs 3 liti AlVG entsprechende Vorkehrung trifft, um Manipulationen zulasten der Arbeitslosenversicherung durch bloße Herabsetzung der wechselseitigen Pflichten ohne wirklichen Verlust des verheimlichten Arbeitsplatzes hintanzuhalten. Für einen die Strafe wegen des Unterlassens der Anzeige (§72 AlVG) in der Auswirkung dermaßen übersteigenden, mit der verschwiegenen Tätigkeit nicht mehr zusammenhängenden Anspruchsverlust läßt sich aber keine sachliche Rechtfertigung finden.

IV. Durch Aufhebung des dritten Satzes der angegriffenen Vorschrift wird die festgestellte Verfassungswidrigkeit nicht nur für den beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Anlaßfall, sondern auch für andere Fallgruppen beseitigt. Die Aufhebung des Zitates der lit"a," im ersten Satz würde - für die dem Antrag zugrundeliegende Fallgruppe - nicht nur den verfassungswidrigen Teil, sondern auch verfassungsrechtlich Unbedenkliches unanwendbar machen. Im Hinblick auf die generelle Zielsetzung des Gesetzes hält der Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des dritten Satzes für den gelinderen Eingriff in die Rechtslage.

Die Frist für das Außerkrafttreten (Art140 Abs 5 B-VG) soll für den Fall, daß der Gesetzgeber eine Neuregelung trifft, eine mehrmalige Änderung der Rechtslage (zuerst durch die Aufhebung, dann durch die Neuregelung) vermeiden. Die Ansprüche über das Nichtwiederinkrafttreten und die Kundmachung stützen sich auf Art 140 Abs 5 und 6 B-VG.

Eine förmliche Einbeziehung des jüngst eingelangten, zu G70/00 protokollierten Antrages des Verwaltungsgerichtshofes, Z A9/2000, A10/2000 (2000/08/0081, 0082), in dieses Gesetzesprüfungsverfahren war im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozeßgeschehen nicht mehr möglich. Der Verfassungsgerichtshof hat daher beschlossen, von der ihm gemäß Art 140 Abs 7 zweiter Satz B-VG eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen und die Anlaßfallwirkung auch für die beim Verwaltungsgerichtshof zu Zlen. 2000/08/0081 und 2000/08/0082 anhängigen Rechtssachen herbeizuführen. Eine weitere Behandlung dieses Antrages erübrigt sich folglich (vgl. VfSlg. 11.918/1988, 14.679/1996 und 14.705/1996).

Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs 4 Satz 1 VerfGG).