OGH vom 29.01.2003, 7Ob267/02v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elmar D*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Leitner und Dr. Helmut Platzgummer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitinteresse EUR 72.672,83), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 5/02y-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 11 Cg 108/01x-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 1.852,92 (hierin enthalten EUR 308,82 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 280 Stück "Genussrechte" an der beklagten Partei im Nominale von S 10.000,-- zum Ausgabekurs von 107,5 % und bezahlte hiefür S 3,010.000,--. Diese Genussbeteiligung wurde vom Kläger mit Schreiben vom zum aufgekündigt.
Dem Kaufvertrag lagen die dem Urteil als integrierender Bestandteil angeschlossenen "Bedingungen für die Ausgabe von Genussrechten" (im Folgenden kurz: AGB) zugrunde, deren § 6 das hier verfahrensgegenständliche "Kündigungsrecht der Genussrechte" regelt. In einer prospektmäßigen und ebenfalls als integrierender Bestandteil diesem Urteil beigeschlossenen "Kurzinformation über die K***** AG" hatte die beklagte Partei ihr Produkt wie daraus ersichtlich zusätzlich beworben und hierin ua eine "geplante" Rendite von 5 % jährlich "plus 6 %-8 % erwartete Immobiliensteigerung" in Aussicht gestellt.
Mit der am überreichten Klage stellte der Kläger das - später modifizierte - Begehren, dass zwischen den Streitteilen festgestellt werde, dass die von ihm mit Schreiben vom ausgesprochene Kündigung der Gewinnscheinbeteiligung von 280 Stück Genussscheinen an der klagenden Partei zum rechtswirksam sei. Zur Begründung brachte er - zusammengefasst - vor, dass er bis heute "keinen Schillingertrag" erzielt habe, trotzdem aber auf Grund der erfolgten Börseneinführung vor dem (also 27 ½ Jahre lang) nicht kündigen könne; eine so überlange Bindungsfrist sei sittenwidrig und nichtig. Überdies liege zufolge seiner gegenüber den Prospektangaben nunmehr enttäuschten Erwartungshaltung ein wichtiger Grund für die vorgenommene Kündigung vor. Das Geschäft habe überhaupt den Charakter eines "Geldanlageschwindels". Die Kündigungsbeschränkung verstoße gegen § 864a ABGB und § 6 Abs 3 KSchG.
Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren, beantragt Klageabweisung und wendete - zusammengefasst - ein, dass es sich um Wertpapiere mit Risiko gehandelt habe, was jedermann klar sein hätte müssen. Die überlange Bindungsfrist nach Börseeinführung sei weder sittenwidrig noch nichtig und liege auch sonst kein wichtiger Grund für eine (vorzeitige) Kündigung vor.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Den eingangs wiedergegebenen (und unstrittigen) Sachverhalt - weitere, darüber hinausgehende Feststellungen wurden mangels abgeführten Beweisverfahrens nicht getroffen - beurteilte es rechtlich dahin, dass nach den dem verfahrensgegenständlichen Wertpapiergeschäft zugrundeliegenden Bedingungen zwischen den Streitteilen kein Dauerrechtsverhältnis mit wechselseitigen Rechten und Pflichten, sondern (nur) eine Substanzbeteiligung gemäß § 174 AktG begründet worden sei. Derartige Genussrechte seien Beteiligungsrechte und gäben dem Erwerber typischerweise Rechte an der Substanz des Unternehmens, welche den Rechten eines Aktionärs nachgebildet seien oder nahe kämen. Sie seien typischerweise unkündbar, wie dies auch bei einer Substanzbeteiligung in Form von Aktien der Fall sei. Ein langfristiger Kündigungsausschluss führe damit nicht zu einer sittenwidrigen Bindung. Da durch die Ausgabe derartiger Genussscheine der ausgebenden Gesellschaft langfristig Kapital zur Verfügung gestellt werden solle, müsse auch jeder Erwerber von derartigen Genussscheinen damit rechnen, dass entweder überhaupt keine Kündigungsmöglichkeiten oder aber eine entsprechend langfristige Bindung vorgesehen seien. Die entsprechende Vertragsbestimmung sei damit auch nicht nach § 864a ABGB nichtig. Auch eine Anwendung des § 6 Abs 3 KSchG scheide aus, da weder von einer objektiv unklaren noch von einer unverständlichen Vertragsbedingung die Rede sein könne.
Das Berufungsgericht gab der vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000,-- nicht übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens (im Sinne von Feststellungsmängeln zufolge unterlassener entsprechender Beweisaufnahmen) liege aus rechtlichen Erwägungen nicht vor. Für dem § 174 AktG unterliegende Genussscheine bestehe eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, der zwar durch §§ 864a, 879 Abs 1 und 3 ABGB sowie § 6 KSchG Grenzen gesetzt, welche hier jedoch nicht verletzt worden seien. Der Genussrechtsvertrag sei auch als Dauerschuldverhältnis anzusehen, sodass der Genussrechtsinhaber auch grundsätzlich ein unabdingbares Kündigungsrecht aus wichtigem Grund habe; ein solches könne jedoch nie einem (bloßen) Privatinteresse des Klägers entspringen, sondern nur aus einer derartigen Trübung seines Verhältnisses zur Emittentin, welche eine Fortsetzung desselben unzumutbar mache. Daraus folge, dass der Kläger die von ihm gewonnene Erkenntnis von der Marktentwicklung und die Handelbarkeit der von ihm erworbenen Genussscheine nicht als Grund für eine derartige außerordentliche Kündigung heranziehen könne; vielmehr stelle ein solcher Umstand ein geradezu typisches, mit einer Kapitalanlage verbundenes Risiko dar, welches dem Anleger zuzuweisen sei. Ebensowenig könne es einen wichtigen Grund für eine Vertragsauflösung darstellen, dass die beklagte Partei Gewinne in den vergangenen Jahren nicht ausgeschüttet habe, entspreche diese Vorgangsweise doch der insoweit eindeutigen und unmissverständlichen Regelung des § 4 der Bedingungen. Die Beklagte verhalte sich daher vertragsgemäß. Weder von einer objektiven Ungewöhnlichkeit der Bestimmungen über die Gewinnbeteiligung (Thesaurierung des Gewinnes) und die Kündigung der Genussrechte könne gesprochen werden, noch fänden sich die vom Kläger beanstandeten Bestimmungen nach dem System der Bedingungen an Stellen, wo sie nicht ein verständiger Adressat auch suchen würde (§ 864a ABGB). Bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seien diese Vertragsbedingungen aber auch nicht im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend oder im Sinne des § 879 Abs 1 ABGB sittenwidrig. Dies folge auch aus einer umfassenden Interessenabwägung unter Rücksichtnahme auf die Umstände des Einzelfalles. Die Erkenntnisse des Klägers über die Marktentwicklung hätten bei der so gebotenen ex ante-Betrachtung der Sittenwidrigkeit außer Betracht zu bleiben. Die vom Kläger bekämpften Vertragsbestimmungen beträfen auch nicht die (eng zu verstehenden) Hauptleistungen, sondern würden diese nur ergänzen und modifizieren, wie dies für Kündigungs- und Laufzeitvereinbarungen und Zahlungsbedingungen sowie die Beschreibung der Abwicklung der Hauptleistungen angenommen werde, wobei sich hiefür auch ein Vergleich mit den durch Partizipationsscheine oder stimmrechtslose Vorzugsaktien vermittelten Rechtspositionen anbiete. Selbst eine unbefristete Bindung des Kapitals sei im Bereich des Gesellschaftsrechtes nicht ungewöhnlich; insbesondere bei der Aktiengesellschaft bestehe kein Anspruch auf Rückzahlung des Kapitales, solange die Gesellschaft nicht aufgelöst werde; dem stehe das Verbot der Einlagenrückgewähr entgegen (§ 52 AktG). Die grundsätzliche Unbefristetheit der Bindung lasse sich mit der Börsengängigkeit rechtfertigen. Der Kläger genieße vor dem Hintergrund vergleichbarer Kapitalanlageformen eine Rechtsstellung, die keineswegs sämtliche Nachteile jener Anlagenformen vereine, wie er es dazustellen versuche. Vielmehr schüfen (wiederum für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses betrachtet), die Börsengängigkeit und die ordentliche Kündbarkeit einen angemessenen Ausgleich für die (letztlich auch im Interesse des Klägers erfolgte) Thesaurierung der jährlichen Gewinne und Ausschüttung erst mit dem Abschichtungsguthaben sowie die vom Kläger vermissten Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die Gestion der beklagten Partei. Die Ausschüttung der Gewinnanteile erst gemeinsam mit dem Abschichtungsguthaben beruhe dabei auch nicht etwa auf einer nachträglichen und der Kontrolle des Klägers entzogenen Entscheidung der Organe der beklagten Partei, sondern sei im Verhältnis zum Kläger von vorneherein im § 4 der Bedingungen festgelegt. Die Ansprüche des Klägers gegen die von ihm gemutmaßten Verhaltensweisen der Beklagten betreffend die Wertvernichtung seiner Investition seien durch das Recht auf Kündigung aus wichtigem Grund, zumindest aber einen allgemeinen Rechnungslegungs- und Auskunftsanspruch und wohl auch auf Schadenersatz ausreichend gewahrt. Es bestehe daher kein Anlass, die Beklagte in ihrem aus der Vertragsgestaltung hervorleuchtenden Interesse an einer langfristigen und durch die nicht ausgeschütteten Gewinne erhöhten Finanzierung zu verkürzen. Auch unter dem Gesichtspunkt des § 6 Abs 1 KSchG erscheine die Bindungsfrist des Klägers im Vergleich zu anders gelagerten langfristigen Finanzierungsformen nicht unangemessen. Von einer fehlenden Transparenz könne keine Rede sein.
Die ordentliche Revision wurde im Hinblick darauf, "dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes betreffend die rechtlich zulässige Ausgestaltung von Genussrechten gemäß § 174 AktG betreffend die gegenständliche Problematik im Hinblick auf §§ 864a, 879 Abs 1 und 3 ABGB und § 6 KSchG nicht besteht", sowie "in Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung dieser Kapitalanlageform" für zulässig erklärt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher beantragt wird, dem gegnerischen Rechtsmittel keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht formulierten Gründen zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird der auch in der Rechtsrüge als sekundärer Verfahrensmangel monierte Umstand gerügt, dass das Berufungsgericht eine Beweisaufnahme über die vom Kläger angebotenen Beweisthemen durch die von ihm geführten Beweismittel nicht für erforderlich gehalten habe, weil hiedurch eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache gehindert worden sei. Auf Grund dieser Beweisaufnahmen wären im Einzelnen zur Darstellung gebrachte Feststellungen zu treffen gewesen, aus denen wiederum der Schluss zu ziehen gewesen wäre, dass das Gericht die Unwirksamkeit des Kündigungsverzichtes bejaht bzw einen wichtigen Grund, der die außerordentliche Kündigung rechtfertige, angenommen und so dem Klagebegehren stattgegeben hätte.
Feststellungsmängel bilden jedoch nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0043304) nicht den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO, sondern können nur mit dem Revisionsgrund nach § 503 Z 4 ZPO geltend gemacht werden. Die Frage, ob weitere Feststellungen zu treffen gewesen wären, ist damit eine solche der rechtlichen Beurteilung (8 ObA 157/02z mwN; Fasching, LB2 Rz 1774). Die hiedurch berührten Themenbereiche - Börsenkurse, Kündigungsverzicht und Gewinnthesaurierung, mittlerweile gewonnene Erkenntnisse der praktischen Unverkäuflichkeit seiner Genussscheinbeteiligung samt daraus resultierendem wichtigen Grund zur Kündigung, ertragslose Blockierung der Investitionen durch die Verlängerung des Kündigungsverzichtes auf 29 ½ Jahre - berühren jedoch ausschließlich Rechtsfragen, die auch nach den vorliegenden Feststellungen, speziell der zwischen den Parteien vereinbarten Bedingungslage, beantwortet und gelöst werden können, worauf in Behandlung der Rechtsrüge ohnedies noch näher einzugehen sein wird.
Dieser - den Schwerpunkt des Rechtsmittels bildende - Rechtsmittelgrund wiederholt nochmals die bereits in den Vorinstanzen ins Treffen geführten Argumente, welche schon das Berufungsgericht eingehend sowie unter ausführlicher Verwertung und Berücksichtigung der bestehenden Judikatur, vor allem aber auch des maßgeblichen einschlägigen in- und auch teilweise ausländischen wertpapierrechtlichen Fachschrifttums geprüft und behandelt hat. Der Oberste Gerichtshof billigt diese Entscheidung des Berufungsgerichtes dem Ergebnis und auch der juristischen Ableitung nach, weil sie dem herrschenden Meinungsstand entspricht, dem auch der Revisionswerber nichts neues Stichhaltiges entgegenzusetzen vermag, sodass sich der Oberste Gerichtshof insoweit auf eine bloße zusammenfassende und damit klarstellende Präzisierung beschränken kann (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).
Hiebei ist zunächst vorauszuschicken, dass der Tatbestand des § 879 Abs 2 Z 4 ABGB (Wucher) erstmals im Revisionsverfahren geltend gemacht wird, weil sich der Kläger im Verfahren erster Instanz bis Schluss der Verhandlung auf Nichtigkeit der Vereinbarung mit der beklagten Partei auch nach dieser Gesetzesstelle nicht berufen hat; sie ist jedoch nur über Einwendung wahrzunehmen (6 Ob 229/73; RIS-Justiz RS0016452). Darauf ist daher nicht weiter einzugehen, sondern der Rechtsmittelwerber vielmehr auf das im Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot (Fasching, aaO Rz 1721 ff, speziell Rz 1727) zu verweisen. Dies gilt hingegen nicht auch zu seinen Ausführungen betreffend culpa in contrahendo, weil zwar zu diesem Themenkreis (hinsichtlich eines nunmehr behaupteten schuldhaften Verstoßes der beklagten Partei gegen Aufklärungs- , Schutz- und Sorgfaltspflichten vor und beim Vertragsabschluss) in erster Instanz ebenfalls kein sich unmittelbar mit den diesbezüglichen nunmehrigen Revisionsausführungen deckendes Vorbringen erstattet worden war, nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes jedoch die - bereits in der Klage als Haftungsgrund relevierte - Prospekthaftung eine Weiterentwicklung der Haftung für culpa in contrahendo ist (Koziol/Welser II12 15), nach welcher den Emittenten gegenüber dem Publikum Informationspflichten treffen, welche den vorvertraglichen Aufklärungspflichten entsprechen (ausführlich 7 Ob 2387/96x = SZ 70/99 im Zusammenhang mit Gewinnscheinen). Das diesbezügliche vorgetragene Tatsachensubstrat ist daher für auch diesen (insoweit freilich in der Revision neu vorgetragenen) rechtlichen Aspekt als genügend anzusehen, muss doch ein Kläger nur die für seine Anspruchsdurchsetzung rechtserzeugenden Tatsachen hinreichend substantiiert (§ 226 Abs 1 ZPO) vorbringen, nicht aber deren rechtliche Subsumtion vorwegnehmen (Fasching, Komm III Anm 6 zu § 226).
In dieser Entscheidung SZ 70/99 sprach der erkennende Senat darüber hinaus auch aus, dass es sich bei einem "Gewinnschein um ein erfahrungsgemäß Kursschwankungen unterliegendes Wertpapier handelt", welches ein "Genussrecht iS des § 174 AktG verbrieft und daher ein Wertpapier ist" (RIS-Justiz RS0108219). Es handelt sich um mit Genehmigung des Bundesministers für Finanzen ausgegebene Inhaberpapiere (§ 6 Beteiligungsfondsgesetz BGBl 1982/111 idgF), die an der Börse gehandelt und notiert werden (ausführlich Braumann, Gewinnscheine und Anlegerschutz, ÖBA 1984, 397; zur deutschen Rechtslage ua Kalss, Licht ins Dunkel der Genussrechte? RdW 1999, 203). Bis zum Inkrafttreten des Beteiligungsfondsgesetzes am war der Begriff "Genussschein" in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgekommen (Jusits, Genussscheine im österreichischen Zivilrecht, WBl 1987, 81).
Der vorliegenden Vertragsbeziehung zwischen den Streitteilen liegt die Gewährung von Genussrechten nach § 174 AktG zugrunde (§ 1 der AGB). Dieses Gesetz gibt selbst keine Definition der Genussrechte und regelt auch nicht ihre nähere rechtliche Gestaltung (zur historischen Entwicklung und rechtlichen Ausgestaltung s Wünsch, Der Genussschein iSd § 174 AktG als Instrument der Verbriefung privatrechtlicher Ansprüche, in FS Strasser [1983], 871 ff; zur ähnlichen deutschen Rechtslage Lutter in Kölner Komm zum AktG2, Rn 196 zu § 221; Hüffer, AktG4 Rn 22 ff zu § 221; Karollus in Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff, AktG IV Rn 236 ff zu § 221; van Hösen, Genussrechte, Genussscheine, Partizipationskapital [1998], 111 ff). Hintergrund dieser gesetzgeberischen Zurückhaltung - in Österreich gleichermaßen wie in Deutschland - war (und ist) das Bestreben, die Entwicklung dieses Instrumentes unter Achtung des Prinzipes der Privatautonomie möglichst nicht zu behindern (Nagele in Jabornegg/Strasser, AktG4 Rz 27 zu § 174). Demgemäß können Kapital- wie auch Personalgesellschaften, Genossenschaften, ja unter Umständen sogar Einzelkaufleute Genussrechte ausgeben (Nagele, aaO mwN). Der häufigste Inhalt des Genussrechtes ist ein Anspruch auf Zahlungen aus dem jeweiligen Gewinn. Die Tatsache, dass die rechtliche Ausgestaltung der Genussrechte - wie ausgeführt - keiner besonderen gesetzlichen Regelung unterliegt, bedeutet für den Emittenten weitgehende Gestaltungsfreiheit (Frotz, Rechtsfragen der Kapitalbeschaffung gegen schuldrechtliche Gewinnbeteiligung, in FS Schönherr [1986], 167 [170]); der Privatautonomie sind grundsätzlich (nur) durch § 879 ABGB - neuerdings auch durch § 864a ABGB,§ 6 Abs 3 KSchG - Grenzen gesetzt (Jusits, aaO 82; Frotz, aaO 177; Kalss, Anlegerinteressen: Der Anleger im Handlungsdreieck von Vertrag, Verband und Markt, 148 ff; zur deutschen Rechtslage BGH ZIP 1992, 1542 = NJW 1993, 57 = BGHZ 119/32, 305). So wie im Bereich des Gesellschaftsrechtes unbefristete Bindung des Kapitals nichts Ungewöhnliches ist, solange die Gesellschaft nicht aufgelöst wird (Braumann, aaO 401 ff unter Hinweis auf § 82 GmbHG bzw § 52 AktG - Verbot der Einlagenrückgewähr), ist auch gegen den Ausschluss der Kündigung bei Gewinnscheinen auf Grund ihrer Börsengängigkeit im Grunde nichts einzuwenden (Braumann, aaO - der dort einer Kritik unterzogene Fall einer bloß einseitigen Kündigungsmöglichkeit des Gewinnscheinemittenten liegt hier nicht vor: vgl § 6 der AGB). Das auf Einräumung von Genussrechten gerichtete Rechtsgeschäft ist ein Vertrag sui generis und begründet ein Dauerschuldverhältnis (Nagele, aaO Rz 32). Ihnen liegen regelmäßig formularmäßige Bedingungen zugrunde, welche den für AGB auch sonst geltenden Vorschriften der §§ 864a, 879 Abs 3 ABGB sowie des KSchG unterliegen (Nagele, aaO Rz 39).
Bei der Angemessenheitskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB ist objektiv auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen (RIS-Justiz RS0017936); für diesen Zeitpunkt ist eine umfassende, die Umstände des Einzelfalles berücksichtigende Interessenprüfung vorzunehmen (RIS-Justiz RS0016913); durch die Bestimmung des § 879 Abs 3 ABGB wurde ein objektive Äuqivalenzstörung und "verdünnte Willensfreiheit" berücksichtigendes bewegliches System in dem Sinne geschaffen, dass bei der Abweichung einer Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners schon dann vorliegt, wenn sie unangemessen ist (RIS-Justiz RS0016914). Der hiebei vom Kläger - erstmalig - ins Treffen geführte Hinweis auch auf sein (im Übrigen gar nicht näher angegebenes und auch sonst nicht aktenkundiges) Alter als (weiteres) Kriterium für die von ihm behauptete "gröbliche Benachteiligung" hat dabei schon auf Grund des bereits weiter oben in anderem Zusammenhang angezogenen Neuerungsverbotes außer Betracht zu bleiben; diesen (neuen) Aspekt hat er nämlich im Verfahren erster Instanz nie releviert. Selbiges gilt auch für den nunmehr - nach Zugeständnis, dass die Frist für eine Irrtumsanfechtung bereits abgelaufen sei - behaupteten "offenbar gewordenen Vertrauensmissbrauch", der sich aber im Sinne seiner eigenen Ausführungen in Klage und vorbereitendem Schriftsatz ON 3 letztlich nur als im Beweggrund der Wertpapieranschaffung (nämlich deren Ertragsprognose und -erwartung sowie Marktentwicklung) gelegener, zufolge § 901 ABGB unbeachtlicher Motivirrtum (Koziol/Welser I12 135; Rummel in Rummel, ABGB3 Rz 3 ff zu § 901) subsumieren lässt (RIS-Justiz RS0052949).
Bei der Inhaltskontrolle von AGB-Vertragsformblättern oder Formularverträgen war schon vor dem Inkrafttreten des KSchG nach dem Maßstab der Anordnung des § 879 Abs 1 ABGB am dispositiven Recht als dem Leitbild eines abgewogenen und gerechten Interessenausgleiches Orientierung zu nehmen (RIS-Justiz RS0014676). Objektiv ungewöhnlich ist nur eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte; der Klausel muss also ein Überrumpelungseffekt oder Übertölpelungseffekt innewohnen (RIS-Justiz RS0014646). Verstößt eine Vertragsbestimmung gegen die Vorschrift des § 864a ABGB, gilt der Vertrag ohne sie (RIS-Justiz RS0014659). Die Anwendbarkeit der Geltungskontrolle gemäß § 864a ABGB für Genussrechte ist allgemein anerkannt (Kalss aaO 135). Die Qualifikation einer Klausel als überraschend und ungewöhnlich hängt jeweils von den konkreten Umständen ab.
Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist die vorliegende Vertragskonstruktion - wie vom Berufungsgericht ebenfalls bereits ausführlich und zutreffend dargestellt - nicht wegen Verstoßes gegen eine der zitierten Bestimmungen unwirksam. Dass die betreffenden Klauseln "nicht im AGB-Text versteckt" sind, gesteht der Kläger in seinem Rechtsmittel nunmehr selbst ausdrücklich zu. Diesbezüglich bedarf es somit ebenfalls keiner weitergehenden Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof (§ 510 Abs 3 ZPO). Das in § 6 Abs 3 KSchG normierte Transparenzgebot wurde erst durch die Novelle BGBl I 1997/6 eingeführt und ist gemäß Art V leg cit (Schluss- und Übergangsbestimmungen) "auf Verträge und Schuldverhältnisse, die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen oder begründet worden sind, nicht anzuwenden" - was somit auch auf den hier zur Beurteilung anstehenden Kaufvertrag vom zutrifft. Die Ausführungen in der Revision erschöpfen sich insoweit auf Kritikpunkte, welche bloß seine enttäuschte allgemeine Erwartungshaltung der Wertpapierentwicklung widerspiegeln, sich aber nicht unter die von ihm relevierten Anfechtungstatbestände subsumieren lassen. Damit erweisen sich - aus diesen rechtlichen Überlegungen - auch die als Mangelhaftigkeit des Verfahrens monierten Feststellungsmängel als nicht entscheidungsrelevant. Auch dies bedarf gemäß § 510 Abs 3 ZPO keiner weitergehenden Begründung. Auf Grund der detaillierten und einer Inhaltskontrolle standhaltenden Bedingungslage im Regelwerk der klagenden Partei kann auch von keiner (besonderen) schuldhaften und vorvertraglich pflichtwidrigen, als culpa in contrahendo bezeichneten) Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichtenverletzung - bei welcher es sich im Übrigen nach der Rechtsprechung ebenfalls um eine Beurteilung nach den singulären Umständen des jeweiligen Einzelfalles handelt (6 Ob 268/00f; 8 Ob 161/00k) - keine Rede sein. Derartige Aufklärungspflichten dürfen - auch bei zu Spekulationsgeschäften entschlossenen Kunden - nämlich nicht überspannt werden (10 Ob 54/97g: keine Bevormundung des spekulierenden Kundens). Insoweit hat grundsätzlich jeder seine eigenen Interessen selbst wahrzunehmen (7 Ob 169/99z; RIS-Justiz RS0016390).
Der Revision war sohin keine Folge zu geben.