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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.12.2016, RV/5100775/2015

Verbindlichkeiten bilden keinen Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens einer Körperschaft

Beachte

Revisionen eingebracht (Gruppenträger und Gruppenmitglied). Beim VwGH anhängig zu Zahl Ro 2017/13/0009 und Ro 2017/13/0010. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss vom erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/5100775/2015-RS1
Verbindlichkeiten bilden keinen Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens iSd § 19 Abs 4 KStG 1988 einer Körperschaft iSd § 7 Abs 3 KStG 1988 und wirken sich somit nicht einkunftsmindernd aus. Einerseits ist der Gesetzeswortlaut durch den Hinweis auf das Erfordernis der „Verteilung“ des Vermögens, bereits aus einer grammatikalischen Interpretation, aber auch aus Sicht des historischen Gesetzgebers unmissverständlich. Andererseits spricht auch der Umstand, dass nach der Liquidation verbleibende Verbindlichkeiten, ungeachtet ihres zivilrechtlichen Fortbestehens, idR nicht von den verbleibenden Anteilseignern, von Fällen einer allfälligen Haftung abgesehen, im Sinne einer „negativen Verteilung“ zu übernehmen sind, für eine derartige Betrachtungsweise. Dies gilt insbesondere für den Fall einer Insolvenz, wo eine Tilgung der zwar rechtlich noch bestehenden Verbindlichkeiten überhaupt nur eintreten kann, wenn nachträglich noch Vermögen hervorkommen sollte.
RV/5100775/2015-RS2
Hat ein insolventes, sich in Liquidation befindliches, Gruppenmitglied regelmäßig hohe Verluste erzielt und in die Gruppe eingebracht, wodurch sich die anderen Gruppenmitglieder, die ihrerseits Gewinne erzielt hatten, gleichsam „jahrelang Steuer gespart haben“, soll die Unternehmensgruppe die den Verlust widerspiegelnden Verbindlichkeiten nicht durch Insolvenz gleichsam „loswerden können“, ohne dass dies einen letztlich der Gruppe zurechenbaren Liquidationsgewinn darstellt, „anderenfalls die Aufnahme von schwachen Gruppenmitgliedern, die irgendwann in Konkurs geschickt werden, ein perfektes Steuersparmodell“ wäre (Dellinger, Von der Besteuerung des Liquidationsgewinnes zur „Überschuldungssteuer“, GesRZ 2016, 84 [86 f]). Daher hat eine Berücksichtigung der Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen iSd § 19 Abs 4 KStG 1988 zu unterbleiben.
RV/5100775/2015-RS3
Die Bestimmungen im 7. Abschnitt des KStG 1988 über die Liquidation einer unter § 7 Abs 3 KStG 1988 fallenden Körperschaft stellen eine – im Vergleich zu unternehmensrechtlichen Regelungen – steuerrechtlich zwingend anzuwendende Spezialvorschrift für die Ermittlung des Liquidationsgewinnes dar (Betriebsvermögensvergleich „sui generis“). Für die Anwendung der sonst für die (laufende) Gewinnermittlung geltenden Vorschriften bleibt daher nur insofern Raum als § 19 KStG 1988 keine abweichende Regelung enthält (vgl Lachmayer, RdW 2016/227 [227]). Damit ist aber klargestellt, dass in § 19 KStG 1988 einerseits das unternehmensrechtliche Maßgeblichkeitsprinzip nicht durchgängig zum Tragen kommt, andererseits aber auch Abweichungen zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des KStG selbst (vgl insbesondere § 7 Abs 1 leg cit) enthalten sind.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard Renner in der Beschwerdesache ABC-GmbH vertreten durch ECOVIS Niederösterreich Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Hauptplatz 24, 3250 Wieselburg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamts Amstetten Melk Scheibbs, vertreten durch Walter Halbmayr, vom , betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied vom (Bescheidadressaten: Gruppenmitglied bzw Gruppenträger)

zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

(1) Die beschwerdeführende, im Transportgewerbe tätige, Kapitalgesellschaft (idF „Bf“), welche sich im streitgegenständlichen Jahr in Liquidation befand, war seit 2006 Gruppenmitglied einer gemäß § 9 KStG 1988 gleichfalls im Jahr 2006 gebildeten Unternehmensgruppe. Bilanzstichtag der Bf war der 31. März. Die Bf meldete am Konkurs (beglichene Quote: 2,4 %) an und wurde nach dessen Abwicklung am vom Firmenbuchgericht amtswegig gelöscht. An der Bf war während ihres Bestehens unmittelbar eine weitere Kapitalgesellschaft (Gruppenträgerin) beteiligt. Die Unternehmensgruppe bestand bis einschließlich der Veranlagung für 2008 aus dem Gruppenträger und zwei Gruppenmitgliedern; 2009 und 2010 umfasste die Gruppe nur mehr den Gruppenträger und die Bf als Gruppenmitglied.

(2) Am richtete das zuständige Finanzamt (idF „belangte Behörde“) hinsichtlich der Abgabenerklärungen für 2010 einen Vorhalt an die Bf, in welchem es die Frage stellte, mit welcher Begründung nicht bezahlte Löhne inklusive Lohnnebenkosten iHv 1,180.995,62 € als Aufwand gebucht worden seien. In der Bilanz zum seien Bankverbindlichkeiten iHv 2,809.356,37 € aufgeschienen; in der Liquidationsbilanz zum schienen keine Bankverbindlichkeiten mehr auf. Weiters werde ersucht bekanntzugeben, wie hoch der Stand der Bankverbindlichkeit im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gewesen sei, was mit dieser Verbindlichkeit geschehen bzw wie und mit welcher Begründung die Ausbuchung erfolgt sei.

(3) In der Vorhaltsbeantwortung vom führte die Bf aus:

Die Verbindlichkeiten betr nicht bezahlte Löhne hätten vor Konkurseröffnung gegenüber den Mitarbeitern bestanden, die davon gesicherten Ansprüche seien im Rahmen der Insolvenz im Wege der Legalzession auf den Insolvenz-Entgelt-Fonds übergegangen, der damit in die Gläubigerposition eingetreten sei. Aufgrund des Konkurses sei es nicht zu einem Nachlass der Schulden gekommen, diese seien nach wie vor existent und daher bilanziell als solche zu zeigen.

Ein Konto gegenüber der Bank sei durch Eingänge zedierter Forderungen und durch Wertpapierverkäufe durch den Masseverwalter ausgeglichen worden. Andere Konten seien durch einen teilweisen Ausgleich durch Überweisung von einem anderen Konto und durch Einlösung der Bürgschaft des Gruppenträgers ausgeglichen worden. Der Gruppenträger sei Bürge für diese Kredite gewesen, im Rahmen der Insolvenz sei die Bürgschaft seitens der Bank geltend gemacht worden. Der Bürge sei auf Grund einer Legalzession in die Rechte des Gläubigers eingetreten und könne nunmehr von der Bf Erfüllung verlangen. Es sei somit nicht zur Tilgung, sondern zur Einlösung der Forderung gekommen, die weiterhin offenen Verbindlichkeiten seien daher gegenüber dem Bürgen auszuweisen.

(4) Im ursprünglichen Feststellungsbescheid Gruppenmitglied für 2010 vom wurde erklärungsgemäß ein von der Bf erzielter Verlust iHv 2,145.692,17 € festgestellt und dem Gruppenträger ergebnismindernd zugerechnet.

(5) Im in weiterer Folge, auf der Rechtsgrundlage einer amtswegigen Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO ergangenen, hier strittigen, Feststellungsbescheid Gruppenmitglied für 2010 vom wurde abweichend davon das Einkommen der Bf mit einem Gewinn von 1,902.607,81 € festgestellt. In der diesbezüglichen Begründung (im Folgenden im Original wiedergegeben) wurde dazu festgehalten:

„Nach § 19 Abs. 2 KStG 1988 ist steuerlicher Liquidationsgewinn der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn, der sich aus der Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens und des Abwicklungs-Anfangsvermögens ergibt.

§ 19 Abs. 5 KStG 1988 definiert das Abwicklungs-Anfangsvermögen als das Betriebsvermögen, das am Schluss des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahres nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen war. Das Abwicklungs-Anfangsvermögen ergibt sich somit aus den steuerlichen Bilanzwerten des letzten Jahresabschlusses vor Auflösung der Gesellschaft. Im gegenständlichen Fall beträgt das Abwicklungs-Anfangsvermögen unstrittig - 1.974.333,05 €.

§ 19 Abs. 4 KStG 1988 definiert das Abwicklungs-Endvermögen als das zur Verteilung kommende Vermögen. Beim Abwicklungs-Endvermögen handelt es sich somit um jenes Vermögen, das nach der Verwertung der Aktiva, Eingang der Forderungen und Tilgung der Verbindlichkeiten noch vorhanden ist und zur Verteilung (an die Gesellschafter) kommt.

In der Regel wird die Versilberung der Sachwerte dazu führen, dass am Ende der Abwicklung nur noch liquide Mittel vorhanden sind, ein Restbestand an körperlichen oder unkörperlichen Wirtschaftsgütern ist aber denkbar. Sind diese Teil des Abwicklungs-Endvermögens, kommt die spezielle Vorschrift des § 19 Abs. 4 letzter Satz KStG 1988 zur Anwendung, die vorsieht, dass im Abwicklungs-Endvermögen enthaltene nicht veräußerte Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind.

Im Abwicklungs-Endvermögen können sowohl materielle, als auch immaterielle Wirtschaftsgüter enthalten sein. Der Ansatz im Abwicklungs-Endvermögen hat unabhängig davon zu erfolgen, ob das Wirtschaftsgut bilanziert wurde, wodurch eine generelle Erfassung der stillen Reserven gewährleistet wird. Auch nicht entgeltlich erworbene unkörperliche Wirtschaftsgüter, die aufgrund des Bilanzierungsverbotes gem. § 4 Abs. 1 EStG 1988 nicht angesetzt wurden, sind somit im Abwicklungs-Endvermögen zu erfassen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Wirtschaftsgüter nach der Liquidation überhaupt noch vorhanden sind.

Mangels Weiterbestehens kommt zB ein selbst geschaffener Firmenwert nicht zum Ansatz. Dieser ist nur dann anzusetzen, wenn der gesamte Betrieb oder ein Teilbetrieb auf einen der Gesellschafter übergeht. Auch ein derivativer Firmenwert wird im Rahmen einer Liquidation regelmäßig untergehen, wenn nicht eine (Teil-)Betriebsübertragung erfolgt. Eigene Anteile der Gesellschaft gehen mit deren Auflösung auf jeden Fall unter und können somit nicht zur Verteilung gelangen. Sie sind daher im Abwicklungs-Endvermögen nicht enthalten (vgl. Schneider, in Achatz/Kirchmayr [Hrsg.], KStG-Kommentar § 19 Tz 176 ff; Lachmayer, in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, Die Körperschaftsteuer [KStG 1988] § 19 Tz 44).

Ob ein Wirtschaftsgut im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen ist, hängt somit davon ab, ob es zur Verteilung an die Gesellschafter gelangt bzw. auf diese übertragen wird. Verbindlichkeiten der abgewickelten Gesellschaft, die – wie im gegenständlichen Sachverhalt – bis zum Ende der Abwicklung nicht getilgt werden, gehen mangels Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge nicht auf die Gesellschafter über. Sie kommen am Ende der Abwicklung nicht zur Verteilung und sind aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 19 Abs. 4 KStG 1988 ('Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung kommende Vermögen') im Abwicklungs-Endvermögen nicht anzusetzen. Die Bewertungsregel des § 19 Abs. 4 letzter Satz KStG 1988, die vorsieht, dass nicht veräußerte Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind, kommt somit bei nicht beglichenen Verbindlichkeiten nicht zur Anwendung, weil diese nicht Teil des Abwicklungs-Endvermögens sind. Da keine Vermögensverteilung an die Gesellschafter erfolgte, ist das Abwicklungs-Endvermögen mit 0 anzusetzen.

Berechnung des Liquidationsgewinnes:


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Abwicklungsanfangsvermögen lt. Bilanz
- 1.974.333,05
Abwicklungs-Endvermögen (zur Verteilung an die Gesellschafter gelangendes Vermögen)
0,00
Liquidationsgewinn
+ 1.974.333,05

Das dem Gruppenträger zuzurechnende Liquidationsergebnis des Gruppenmitgliedes beträgt somit 1.974.333,05 €.“

(5) In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde vom führte die Bf aus (Schriftsatz im Original wiedergegeben):

„1. Sachverhaltsschilderung/Verfahrensablauf

Die Bf war bis zur Löschung Gruppenmitglied der T-ABC-GmbH (seit dem Veranlagungsjahr 2006). Im November 2008 meldete die Bf Konkurs an (Konkurseröffnung vom ), nach Abwicklung des Konkurses wurde die Bf amtswegig am gelöscht.

Aufgrund der Bestimmungen des § 19 KStG ist das Liquidationsergebnis zu ermitteln, das Abwicklungs-Anfangsvermögen ist gem. § 19 Abs 5 KStG per (Bilanzstichtag der Bf war der 31.03. d.J.) zu ermitteln, das Abwicklungs-Endvermögen per (Löschung der Bf) zu ermitteln, das Liquidationsergebnis wurde im Veranlagungsjahr 2010 dem Gruppenträger zugerechnet.

Das Abwicklungs-Endvermögen wies ein Eigenkapital in Höhe von minus 4.120.540,35 aus, das Abwicklungs-Anfangsvermögen wies ein Eigenkapital in Höhe von minus 1,974.333,05 aus.

Die Erhöhung des negativen unternehmensrechtlichen Eigenkapitals während des Liquidationszeitraums beträgt daher 2.146,207,30 und ist dadurch bedingt, dass im Zeitraum zwischen dem (Beginn des Liquidationszeitraums) und der Konkurseröffnung am noch massive Verluste anfielen, weitere Verluste waren im Zeitraum der Insolvenzabwicklung zu verzeichnen.

Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom eine steuerliche Ergebniszurechnung von minus 2.145.692,17 € (auf Grund der Mehr-Weniger-Rechnung weicht die steuerliche Ergebniszurechnung von der Entwicklung des unternehmensrechtlichen Eigenkapitals leicht ab) ermittelt und diese dem Gruppenträger zugerechnet.

Die belangte Behörde hat diesen Bescheid nun gem. § 299 BAO aufgehoben und argumentiert jetzt – völlig diametral – wie folgt:

Da die in der Abwicklungs-Endbilanz befindlichen Schulden nicht zur Verteilung an die Gesellschafter gelangen würden, seien sie im Rahnen der Abwicklungs-Endbilanz außer Ansatz zu lassen (nicht beglichene Verbindlichkeiten seien somit nicht Teil des Abwicklungs-Endvermögens). Das Abwicklungs-Endvermögen sei daher mit EUR 0,-- anzusetzen, aufgrund des Abwicklungsanfangsvermögens von EUR 1,974.333,05 sei somit von einem Liquidationsgewinn in Höhe von 1,974.333,05 € auszugehen, in dieser Höhe sei somit das Liquidationsergebnis dem Gruppenträger ex 2010 zuzurechnen.

Dies führt zum Ergebnis, dass nicht wie im ursprünglichen Bescheid minus 2.145.692,17 €, sondern plus 1,974.333,05 € (vor Verlustabzug) zu berücksichtigen sind, die ergebnismäßige Änderung der Bescheidaufhebung beträgt daher plus 4.120,025,22 €.

2. Beschwerdebegründung

Richtig ist, dass das Abwicklungs-Endvermögen das zur Verteilung kommende Vermögen ist.

Wir können allerdings nicht die Schlussfolgerung, dass das Abwicklungs-Endvermögen jedenfalls auf die Gesellschafter übertragen werden muss, teilen. Gerade bei eunem Schuldüberhang führt die der Rechtsform der GmbH innewohnende Haftungsbeschränkung – abgesehen vom Fall der privaten Bürgschaft eines Gesellschafters – nicht zu einer Übertragung der Verbindlichkeiten an die Gesellschafter. Ein Abwicklungs-Endvermögen kann daher auch negativ sein.

Nach unserer Ansicht ist die Nichtberücksichtigung der verbleibenden Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen nicht die gesetzlich richtige Lösung, da die übrig bleibenden Verbindlichkeiten rechtlich nicht wegfallen. Trotz amtswegiger Löschung der Bf könnte jederzeit (innerhalb der langen 30-jährigen Verjährungsfrist) bei einem allfälligen Auftauchen von nachträglichem Vermögen die Forderungen gem. § 93 Abs. 5 GmbHG (Nachtragsliquidation) gegenüber der gelöschten Bf geltend gemacht werden (Anmerkung: fußnotenmäßiger Verweis auf Koppensteiner/Rüffler, GMBHG-Kommentar zu § 93 GmbHG: Die Nachtragsliquidation nach Abs 5 ist möglich, wenn such nachträglich herausstellt, dass die Gesellschaft noch verteil-/verwertbares Vermögen hat (zur Antragsbefugnis Santner, ZIK 1996, 16, Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer § 40 Rn 9, OLG Wien NZ 2005, 280, für Nachtragsliquidation auch ohne Vermögen OLG Wien NZ 2006, 155). Die Möglichkeit eines Vermögensvorteils der Gesellschafter im Zuge des Verteilungsverfahrens wird nicht vorausgesetzt. Die Verbesserung von Gläubigerpositionen genügt [OGH ecolex 1992, 563 mit Anm Reich-Rohrwig]).

Die Insolvenz einer Kapitalgesellschaft ändert nichts daran, dass Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen unternehmensrechtlich und steuerlich zu passivieren sind. Anders als im Saldierungsverfahren führt das Konkursverfahren zu keinem Wegfall der Schulden. Die Schulden (auch die offenen Lohnverbindlichkeiten) sind daher weiterhin anzusetzen und dürfen nicht 'ausgebucht' werden.

Eine rechtliche Grundlage für die vorgeschlagene Kürzung des Abwicklungs-Endvermögen um jene Schulden, die bei Gläubigern allenfalls mangels Einbringlichkeit einer Abschreibung unterliegen (könnten), existiert nicht. Die in der gelöschten Bf verbliebenen Schulden bleiben trotz amtswegiger Löschung der Bf in zivilrechtlicher und aber auch in ertragsteuerlicher Sicht bestehen, und sind daher in der Liquidationsschlussbilanz zu bilanzieren.

Die Argumentation der belangten Behörde ist daher in diesem Punkt abzulehnen. Contra legem würde dadurch quasi ein Schulderlass – Sanierungsgewinn – unterstellt.

Wenn man diese Rechtsansicht des FA Amstetten weiterdenkt, wäre bei jedem Konkurs seit Bestehen des § 19 KStG jeder Masseverwalter defacto ein 'Steuerhinterzieher', da – laut Meinung der Finanzverwaltung – als letzter Akt des Konkurses die Schulden wegfallen und somit ertragsteuerlich relevant werden würden und somit die letzte KöSt-Erklärung vom Masseverwalter diesbezüglich zu erstellen wäre. Diese Sichtweise hat bisher aus gutem Grund rechtlichen Grund noch niemand vertreten...

Somit würde – nach dieser uE schon wirklich grotesken Meinung der Finanzverwaltung – ein Sanierungsgewinn entstehen, obwohl zivilrechtlich und natürlich auch wirtschaftlich betrachtet bei einem Konkurs kein Schuldnachlass entstehen kann (siehe dazu oben die ausführlichen rechtlichen Darlegungen).

Auch die jüngste Rechtsentwicklung in Deutschland (BFH , I R 44/12) ist nicht zu einem anderen Auslegungsergebnis gekommen. Nach unserer Ansicht ist das jüngste Urteil des BFH primär zu formellen Aspekten des Auskunftsverfahrens ergangen; finale materiell-rechtliche Aussagen zum Ansatz nicht getilgter Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen sind aus dieser Entscheidung nicht ableitbar. Vielmehr geht das FG Köln , 13 K 3006/11 davon aus, dass der Ausweis der Verbindlichkeit bis zur Löschung der Körperschaft notwendig ist (siehe auch Rödding/Scholz, DStR 2013, 993 ff).

Zur Besonderheit in der Steuergruppe

Dass der Liquidationsverlust im Rahmen der Gruppenbesteuerung dem Gruppenträger zugerechnet wird, ist Ausfluss des Gruppenbesteuerungsregimes. Ein Ausschluss der Zurechnung solcher Verluste in der Unternehmensgruppe bedürfte einer positiv-rechtlichen Regelung.

Zusätzlich erlauben wir uns noch auszuführen, dass mit der Argumentation der Finanzverwaltung die Besteuerung eines Scheingewinns entstehen würde:

Das gelöschte Gruppenmitglied erzielt im Liquidationszeitraum noch einen „echten“ betriebswirtschaftlichen Verlust (rd. EUR 2,1 Mio.), der somit nach Meiung der Finanzverwaltung nicht zum Gruppenträger gelangen würde.

Darüber hinaus soll sich aber nach Meinung der Finanzverwaltung der Verlust nunmehr in eine positive Gruppentangente drehen, die Verbindlichkeiten werden fiktiv als weggefallen betrachtet, der Gruppenträger versteuert somit EUR 1,9 Mio. als reinen, von der Finanzverwaltung fingierten Scheingewinn, der beim Gruppenträger ohne jegliche betriebswirtschaftliche Rechtfertigung zu versteuern wäre.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich auf Basis des vorliegenden Sachverhaltes zutreffend ein Liquidationsverlust ergibt, der nach den Regeln der Gruppenbesteuerung dem Gruppenträger zuzurechnen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob Gläubiger allenfalls eine Forderungsabschreibung steuerlich geltend machen können. Für eine andere Beurteilung bleibt kein Raum.“

(7) In der Beschwerdevorentscheidung betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied für 2010 vom wurde die Beschwerde mit folgender - wortwörtlich wiedergegebener - Begründung als unbegründet abgewiesen:

„Die als Gruppenmitglied zu einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG 1988 zugehörige Bf trat anlässlich der Konkurseröffnung vom in Liquidation. Die Aufhebung des Konkurses erfolgte am .

Das nach § 19 KStG 1988 zu versteuernde Liquidationsergebnis wurde mit – 2.146.207,30 erklärt. Dieser Liquidationsverlust ergab sich aus der Gegenüberstellung des erklärten Abwicklungs-Endvermögens (lt. eingereichter Bilanz) iHv - 4.120.540,35 und des Abwicklungs-Anfangsvermögen iHv - 1.974.333,05 (lt. Bilanz zum ). In der Liquidationsschlussbilanz bzw. dem Abwicklungs-Endvermögen nach § 19 Abs. 4 KStG 1988 wurden nicht getilgte Verbindlichkeiten mit ihrem Nennwert iHv 4.109.163,95 angesetzt.

Die nicht getilgten Verbindlichkeiten setzten sich aus aufgrund nicht mehr geleisteter Lohnzahlungen entstandenen Verbindlichkeiten, Lieferverbindlichkeiten gegenüber konzernfremden Unternehmen sowie Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen zusammen. Unter den Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen befanden sich auch Verbindlichkeiten gegenüber dem Gruppenträger der Unternehmensgruppe nach § 9 KStG 1988, der die Bf zugehörig war (weshalb es bei letzteren Verbindlichkeiten nicht nur zu einer doppelten Verlustverwertung idS kam, dass die Verbindlichkeiten sowohl das Liquidationsergebnis der Bf minderten, als auch die Gläubiger gegebenenfalls die korrespondierenden Forderungen ausbuchen konnten, sondern darüber hinaus aufgrund der Gruppenveranlagung die ergebnismindernde Rückstellungsbildung bzw. Ausbuchung der korrespondierenden Forderungen beim Gruppenträger sogar innerhalb der selben Unternehmensgruppe erfolgte, in der die Verbindlichkeiten von der Bf [liquidations]ergebnismindernd geltend gemacht wurden).

Das Liquidationsergebnis der Bf ist nach § 19 KStG 1988 zu ermitteln.

Die Bestimmung des § 19 KStG 1988 stellt eine (zwingende) steuerrechtliche Spezialvorschrift für die Ermittlung des Liquidationsgewinnes von unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallenden Körperschaften dar. Für die Anwendung der sonst für die Gewinnermittlung geltenden Vorschriften bleibt daher nur insofern Raum als § 19 KStG 1988 keine abweichende Regelung enthält.

Der Liquidationsgewinn nach § 19 KStG 1988 ist der im besonderen Besteuerungszeitraum nach § 19 Abs. 3 KStG 1988 erzielte Gewinn, der sich gemäß § 19 Abs. 2 KStG 1988 aus der Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens und des Abwicklungs-Anfangsvermögens ergibt. Ein Anknüpfen an Werte der während der Liquidation erstellten UGB-Bilanzen ist ausgeschlossen, weil entsprechend dem geänderten Gesellschaftszweck der Körperschaft die unternehmensrechtliche Liquidationsbilanz nicht mehr eine Gewinnverteilungsbilanz, sondern eine Vermögensverteilungsbilanz ist. Das Vermögen wird unternehmensrechtlich nicht mehr mit den Buchwerten, sondern mit Zerschlagungswerten und den voraussichtlichen Verwertungserlösen angesetzt, das Going-Concern-Prinzip und das Prinzip der Bewertungsstetigkeit sind aufgehoben (vgl. Geist/Jabornegg in Jabornegg/Strasser [Hrsg.], Kommentar Aktiengesetz 2. Band5 [2010] § 211 Rz 4; Trisko, Die Rechnungslegung der Kapitalgesellschaften in der Liquidation, RWZ 2002, 305 ff; Reich-Rohrwig, Die Liquidation von Unternehmen aus handels- und steuerrechtlicher Sicht, in Bertl/Mandl/Mandl/Ruppe (Hrsg.), Insolvenz - Sanierung - Liquidation [1998], 134 f). Für das Steuerrecht sieht § 19 KStG 1988 aber eine materielle Bilanzkontinuität vor, da zur Bewertung der Wirtschaftsgüter des Abwicklungs-Anfangsvermögens die Technik der Buchwertverknüpfung herangezogen wird (vgl. z.B. Wiesner, Gründung, Umwandlung und Liquidation von Kapitalgesellschaften unter Beachtung der Körperschaftsteuerreform, in Bertl/Mandl/Mandl/Ruppe [Hrsg.], Die Kapitalgesellschaft nach der Steuerreform 1988 [1989], 41).

Demgemäß sind nach § 19 Abs. 5 KStG 1988 dem Abwicklungs-Anfangsvermögen die (steuerlichen) Buchwerte der letzten Bilanz vor dem Auflösungsbeschluss zugrunde zu legen. Für die Liquidationsbesteuerung kann somit nicht auf die unternehmensrechtlichen Bilanzen zurückgegriffen werden. Das Maßgeblichkeitsprinzip ist während der Liquidation durchbrochen (siehe u.a. Riedler, Bewertung nicht getilgter Verbindlichkeiten bei einer Liquidation nach § 19 KStG 1988, RdW 10/2014/673, 620).

Das steuerliche Abwicklungs-Endvermögen wird in § 19 Abs. 4 KStG 1988 als das zur Verteilung kommende Vermögen definiert. Beim Abwicklungs-Endvermögen handelt es sich somit um jenes Vermögen, das nach der Verwertung der Aktiva, Eingang der Forderungen und Tilgung der Verbindlichkeiten noch vorhanden ist und zur Verteilung (an die Gesellschafter) kommt. Im Abwicklungs-Endvermögen nach § 19 Abs. 4 KStG 1988 können sowohl materielle, als auch immaterielle Wirtschaftsgüter enthalten sein. Der Ansatz im Abwicklungs-Endvermögen hat unabhängig davon zu erfolgen, ob das Wirtschaftsgut bilanziert wurde, wodurch eine generelle Erfassung der stillen Reserven gewährleistet wird. Auch nicht entgeltlich erworbene unkörperliche Wirtschaftsgüter, die aufgrund des Bilanzierungsverbotes gem. § 4 Abs. 1 EStG 1988 nicht angesetzt wurden, sind somit im Abwicklungs-Endvermögen zu erfassen (vgl. z.B. Schneider in Achatz/Kirchmayr [Hrsg.], Körperschaftsteuergesetz Kommentar (2011) § 19 Tz 177; Lachmayer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock [Hrsg.], Die Körperschaftsteuer (KStG 1988) [25. Lfg.] § 19 Tz 44). Voraussetzung ist allerdings, dass die Wirtschaftsgüter nach der Liquidation überhaupt noch vorhanden sind. Mangels Weiterbestehens wird z.B. ein selbst geschaffener Firmenwert regelmäßig nicht zum Ansatz kommen. In Fällen, in denen der gesamte Betrieb oder ein Teilbetrieb auf einen der Anteilsinhaber übergeht, kommt aber auch der Ansatz eines (originären oder derivativen) Firmenwertes im Abwicklungs-Endvermögen in Frage (vgl. Lachmayer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock (Hrsg.), KStG § 19 Tz 44; Hristov, Die Liquidation im Ertragsteuerrecht, 127 ff). Eigene Anteile der abzuwickelnden Körperschaft gehen auf Grund der Auflösung auf jeden Fall unter und können daher auch nicht an die Anteilsinhaber verteilt werden. Sie sind deshalb zwar Bestandteil des Abwicklungs-Anfangsvermögens, aber nicht des Abwicklungs-Endvermögens. Ein sich dadurch ergebender rechnerischer Verlust ist im Hinblick auf § 19 Abs. 6 KStG 1988 jedoch als 'gesellschaftsrechtlicher Verlust' steuerlich unbeachtlich (vgl. KStR 2013 Rz 1442 sowie schon RFH , I 256/37, RFHE 43, 234; RFH , I A 242/30, RStBl 1930, 460; RFH , I 120/38, RStBl 1939, 923).

Bei Wirtschaftsgütern, die im Zuge der Liquidation untergehen und somit nicht auf die Anteilsinhaber verteilt bzw. auf diese übertragen werden können, wie z.B. eigene Anteile der Körperschaft oder nicht übertragbare immaterielle Wirtschaftsgüter, ist nach h.A. davon auszugehen, dass sie nicht bzw. mit einem Wert von Null im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen sind (vgl. zB Schneider in Achatz/Kirchmayr, KStG § 19 Tz 177 f; Lachmayer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, KStG § 19 Tz 44). Dies gilt auch für nicht getilgte Verbindlichkeiten. Mangels Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge gehen diese Verbindlichkeiten ebenso wie die oben genannten Wirtschaftsgüter nicht auf die Anteilsinhaber über und sind somit kein Bestandteil des Vermögens, das zur Verteilung an die Anteilsinhaber kommt. Es ergibt sich somit bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 19 Abs. 4 KStG 1988, der das Abwicklungs-Endvermögen als „das zur Verteilung kommende Vermögen“ definiert, dass am Ende der Abwicklung noch offene Verbindlichkeiten nicht Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens sind (siehe Riedler, Bewertung nicht getilgter Verbindlichkeiten bei einer Liquidation nach § 19 KStG 1988, RdW 10/2014/673, 619 ff; Lachmayer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock [Hrsg.], KStG [25. Lfg.] § 19 Tz 44/2).

An dieser sich direkt aus § 19 KStG 1988 ergebenden Rechtsfolge ändert auch der Umstand nichts, dass die Verbindlichkeiten am Ende der Abwicklung zivilrechtlich grundsätzlich noch bestehen und im Sonderfall der Nachtragsliquidation wieder aufleben könnten. Denn das Maßgeblichkeitsprinzip ist während der Liquidation durchbrochen (siehe weiter oben). Auch an der steuerlichen Behandlung von nicht entgeltlich erworbenen immateriellen Wirtschaftsgütern, die im Zuge der Liquidation auf die Anteilsinhaber übertragen werden, ist im Übrigen ersichtlich, dass hinsichtlich des Ansatzes im Abwicklungs-Endvermögen keine Bindung an unternehmensrechtliche Bilanzierungsregeln besteht; denn diese sind nach h.A. trotz unternehmensrechtlichen Bilanzierungsverbotes (vgl. § 197 Abs. 2 UGB) im Abwicklungs-Endvermögen nach § 19 Abs. 4 KStG 1988 anzusetzen.

Die Ermittlung des Liquidationsgewinnes erfolgt durch einen Betriebsvermögensvergleich sui generis. Entscheidend ist somit ausschließlich, ob ein Wirtschaftsgut von der in § 19 Abs. 4 KStG 1988 enthaltenen Definition des Abwicklungs-Endvermögens erfasst ist. Da am Ende der Abwicklung noch offene Verbindlichkeiten nicht zur Verteilung an die Anteilsinhaber kommen bzw. auf diese übergehen, sind sie demzufolge auch nicht im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen. Dies führt zu einer Gleichbehandlung der nicht getilgten Verbindlichkeiten mit aufgrund der Liquidation untergegangenen Wirtschaftsgütern (z.B. eigene Anteile der Körperschaft, nicht übertragbare immaterielle Wirtschaftsgüter). Dieses Ergebnis ist auch insofern sachgerecht, als am Ende der Abwicklung noch offene Verbindlichkeiten zwar grundsätzlich zivilrechtlich weiterbestehen, aber aufgrund der Beendigung der Körperschaft nicht mehr von dieser beglichen werden, was hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen mit einem Untergang der Verbindlichkeiten vergleichbar ist. Die am Ende der Abwicklung noch offenen Verbindlichkeiten nicht im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen, entspricht somit auch dem Normzweck des § 19 KStG 1988, der in der letztmaligen Erfassung der stillen Reserven des Vermögens der untergehenden Körperschaft liegt (Riedler, Bewertung nicht getilgter Verbindlichkeiten bei einer Liquidation nach § 19 KStG 1988, RdW 10/2014/673, 621 f).

Im gegenständlichen Sachverhalt kam es zu keiner Verteilung von Vermögen an die Gesellschafter. Das Abwicklungs-Endvermögen, als das zur Verteilung gelangende Vermögen, war daher mit einem Wert von Null und nicht mit einem Wert von - 4.120.540,35 € anzusetzen; denn die nicht beglichenen Verbindlichkeiten der Bf iHv 4.109.163,95 € haben aus den oben angeführten Gründen bei der Ermittlung des Abwicklung-Endvermögens außer Ansatz zu bleiben (die Differenz von 11.376,40 zwischen dem ursprünglich angesetzten Abwicklungs-Endvermögen iHv -4.120.540,35 und dem Nennwert der nicht getilgten Verbindlichkeiten iHv -4.109.163,95 erklärt sich daraus, dass auch 'Rückstellungen für Beratungskosten und Sonstiges' iHv 11.400,- abzüglich einem Bargeldbestand iHv 23,60, im ursprünglichen Abwicklungs-Endvermögen ergebnismindernd geltend gemacht wurden).

Ergänzend wird noch darauf hingewiesen, dass selbst wenn die nicht getilgten Verbindlichkeiten der Bf Teil des Abwicklungs-Endvermögens wären, sie dennoch mit einem Wert von Null anzusetzen wären.

Als nicht veräußerte (passive) Wirtschaftsgüter wären die offenen Verbindlichkeiten – unter der Annahme, dass sie Teil des Abwicklung-Endvermögens wären – nach § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG 1988 mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Eine Definition des Begriffs ‚gemeiner Wert‘ findet sich in § 10 BewG. Nach § 10 Abs. 2 BewG 'wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen‘. Der gemeine Wert ist somit ein verkaufsorientierter Wert. Es handelt sich um jenen Wert, den das Wirtschaftsgut für seinen jeweiligen Eigentümer als Einzelgut repräsentiert (Twaroch/Wittmann/Frühwald in Twaroch/Frühwald/Wittmann/Rupp/Fiala/Binder [Hrsg.], Kommentar zum Bewertungsgesetz [19. Lfg] § 10, 76). Die Anwendung des Wertmaßstabes des gemeinen Wertes iSd § 10 BewG auf die oben genannten Verbindlichkeiten würde sich jedoch schwierig gestalten [vgl. Hristov, Die Liquidation im Ertragsteuerrecht, 131 f, der den gemeinen Wert iSd § 10 BewG als ‚nicht für die Bewertung von Verbindlichkeiten gedacht‘ bezeichnet). Dies deutet darauf hin, dass solche Verbindlichkeiten kein Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögen sind und daher die Anwendung der Vorschrift des § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG 1988 vom Gesetzgeber für sie nicht vorgesehen ist (so Riedler, Bewertung nicht getilgter Verbindlichkeiten bei einer Liquidation nach § 19 KStG 1988, RdW 10/2014/673, 619 ff).

Wären dennoch der gemeine Wert dieser Verbindlichkeiten zu ermitteln, stellt sich die Frage, was bei Berücksichtigung aller preisbeeinflussenden Umstände der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielende, ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nicht berücksichtigende Verkaufswert von Verbindlichkeiten einer unmittelbar vor ihrer Existenzbeendigung stehenden Körperschaft sein kann. Der gemeine Wert ist kein exakter Wert, sondern ist ausgehend von einem objektiven Maßstab im Wege der Preisschätzung zu ermitteln (vgl. ). Als preisbeeinflussender Umstand wird bei den oben genannten Verbindlichkeiten wohl unzweifelhaft die Tatsache zu sehen sein, dass der Schuldner unmittelbar vor seiner Existenzbeendigung steht. Das im Bewertungsrecht herrschende Stichtagsprinzip erfordert zwar grundsätzlich eine zeitpunktbezogene Bewertung des Wirtschaftsgutes, ausnahmsweise kann bei der Ermittlung des gemeinen Wertes aber eine Abweichung vom Stichtagspreis gerechtfertigt sein, wenn schon am maßgeblichen Stichtag damit gerechnet werden muss, dass der Preis für das Wirtschaftsgut in einem absehbaren Zeitraum steigen oder fallen wird (vgl. Knittel in Gürsching/Stenger, Kommentar Bewertungsrecht BewG ErbStG [BV Lfg. 120] § 9 Anm. 32; vgl. schon RFH , III A 929/30, RStBl. 1932, 459 [462]). Bei der Bewertung von am Ende der Abwicklung noch offenen Verbindlichkeiten wird daher der bereits zum Bewertungsstichtag bekannte und somit den Preis beeinflussende unmittelbar bevorstehende Untergang des Schuldners zu berücksichtigen sein. Ob für die Verbindlichkeiten aber bei Einbeziehung dieser Umstände überhaupt ein Einzelveräußerungspreis ermittelt werden kann bzw. ob sie für eine Einzelveräußerung geeignet sind, erscheint zweifelhaft. Eine Bewertung mit dem von § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG 1988 geforderten gemeinen Wert hätte daher ebenfalls einen Ansatz der Verbindlichkeiten mit Null zur Folge (so Riedler, Bewertung nicht getilgter Verbindlichkeiten bei einer Liquidation nach § 19 KStG 1988, RdW 10/2014/673, 622 f).

Auch für den Fall, dass die gegenständlichen Verbindlichkeiten Teil des Abwicklungs-Endvermögens wären, aber nicht der gemeine Wert, sondern § 14 BewG heranzuziehen wäre (so - soweit ersichtlich entgegen der h.A. – Hristov, Die Liquidation im Ertragsteuerrecht, 132), würden jene in § 14 BewG geforderten besonderen Umstände vorliegen, die nicht den Nennwert einer Verbindlichkeit, sondern vielmehr deren niedrigeren Wert zum Ansatz bringen. Mit der bestehenden Schuld ist nämlich keine wirtschaftliche Belastung mehr verbunden, da die Gesellschaft trotz Fortbestehens der Verbindlichkeit im Firmenbuch gelöscht wird und der Schuldner so zu keinem Vermögen mehr kommen kann, da er rechtlich aufhört zu existieren. Dass in Sonderfällen Vermögen nachträglich hervorkommen und es in diesen Fällen zu einer Nachtragsliquidation kommen könnte, kann an der fehlenden wirtschaftlichen Belastung durch im Zuge der Abwicklung nicht getilgte Verbindlichkeiten und somit deren Bewertung mit Null nichts ändern (vgl. Lachmayer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock [Hrsg.], KStG [25. Lfg.] § 19 Tz 44/1).

Ihrem in der Beschwerde vorgebrachten Argument, dass bei einem allfälligen Auftauchen von nachträglichem Vermögen die Forderungen gegenüber der gelöschten GmbH jederzeit geltend gemacht werden können (Nachtragsliquidation) und sich daraus ergäbe, dass die nicht getilgten Verbindlichkeiten der Bf daher mit ihrem Nennwert in der Liquidationsschlussbilanz zu bilanzieren bzw. im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen seien, war daher aus den oben angeführten Gründen nicht zu folgen.

Ergänzend wird noch darauf hingewiesen, dass das Nichtansetzen der nicht beglichenen Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen im Falle einer zukünftigen Nachtragsliquidation insgesamt zu keinem anderen steuerlichen Ergebnis führt, als wenn die offenen Verbindlichkeiten bereits während der bereits erfolgten (ersten) Abwicklung getilgt worden wären (siehe Riedler, Bewertung nicht getilgter Verbindlichkeiten bei einer Liquidation nach § 19 KStG 1988, RdW 10/2014/673, 622 f) .

Der Vollständigkeit halber wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass auch aus ihrem Argument, dass die Insolvenz einer Kapitalgesellschaft nichts daran ändere, dass Verbindlichkeiten unternehmensrechtlich und steuerlich zu passivieren sind, im konkreten Fall nichts zu gewinnen ist, da von der belangten Behörde das Liquidationsergebnis der Bf nicht aufgrund des Eintritts in die Insolvenz, sondern aufgrund der erfolgten Abwicklung (Liquidation) der Bf um den Wert, mit dem die betroffenen Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Anfangsvermögen enthalten waren, erhöht wurde. Es wurde auch nicht – wie von Ihnen in der Beschwerde ausgeführt – von Seiten der Finanzverwaltung ein Sanierungsgewinn angesetzt, sondern die in der Beschwerde bekämpfte Erhöhung des Liquidationsergebnisses begründet sich mit § 19 KStG 1988, aus dem sich aus den weiter oben angeführten Gründen ergibt, dass die beschwerdegegenständlichen nicht getilgten Verbindlichkeiten nicht bzw. mit einem Wert von Null im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen sind (und somit aufgrund der vorzunehmenden Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens und des Abwicklungs-Anfangsvermögens zu einer Erhöhung des Liquidationsergebnisses um dem Wert, mit dem die Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Anfangsvermögen enthalten waren, führen).“

(8) Im Vorlageantrag vom beantragte die Bf ihr dem Gruppenträger zuzurechnende Liquidationsergebnis mit – 2,145.692,17 € festzusetzen und führte zur Begründung unter Hinweis auf den Beschwerdeinhalt wörtlich aus:

„Aufgrund der vorgebrachten Argumente sind die Schulden im Liquidationsendvermögen anzusetzen, es kommt keinesfalls zum Wegfall der Verbindlichkeiten.

Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der letzte Besteuerungszeitraum des Gruppenmitglieds im konkreten Fall mehr als 12 Monate umfasst (dazu Urtz, Anm. zu -K/06, Ges 2007, 31 f, siehe auch zu § 19 KStG Lachmayer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, Die Körperschaftsteuer zu Tz 66) – wenn man die Regelungen über die Gruppenbesteuerung so interpretiert, dass von einer jährlichen Zurechnung des steuerlich maßgeblichen Ergebnisses auszugehen sei, würde somit nach dieser Rechtsmeinung überhaupt keine Gruppentangente mehr zum Gruppenträger gelangen (Tangente 0 €).

Abschließend halten wir fest, dass die Rechtmittelbelehrung in der Beschwerdevorentscheidung unrichtig ist. Es ist angeführt, dass gegen den Bescheid eine Beschwerde einzulegen wäre – gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann allerdings nur ein Vorlageantrag eingebracht werden (§ 264 BAO). Gem. § 263 Abs. 2 BAO ist geregelt, dass in der Beschwerdevorentscheidung auf das Recht zur Stellung eines Vorlageantrags hinzuweisen sei.“

(9) In einer an das Bundesfinanzgericht gerichteten ergänzenden Eingabe vom führte die Bf aus (im Folgenden im Originalwortlaut wiedergegeben):

„..., nehmen wir aufgrund der in Zwischenzeit zahlreich erschienen Literatur zum beschwerdegegenständlichen Thema wie folgt Stellung:

B. Österreichische Literatur

Artikel von Prof Kanduth-Kristen/ZIK 2016/110:

Zitierung der Kernaussagen (auf Seite 90)

‚Die seitens des BMF aus dem Wortlaut des § 19 Abs 4 KStG (‚Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung kommende Vermögen‘) in enger Auslegung abgeleitete Interpretation, wonach dieses „zur Verteilung kommende Vermögen“ nicht negativ sein kann, negiert die Tatsache, dass es sich auch bei dem Besteuerungssystem des § 19 KStG um einen ‚Betriebsvermögensvergleich‘“ handelt.‘

‚Selbst wenn ein Verbindlichkeitenüberhang am Ende der Liquidation rechtlich nicht auf die Gesellschafter übergeht, ist er Bestandteil des zur Verteilung kommenden (wenn auch vielleicht nicht verteilbaren) Vermögens‘.

‚Bei im Rahmen einer Liquidation nicht getilgten Verbindlichkeiten liegt ein Schulderlass durch den Gläubiger gar nicht vor, die Verbindlichkeiten sind daher ertragsteuerlich weiterhin auszuweisen‘.

Fazit (Seite 94)

‚Die ertragswirksame Erfassung nicht getilgter Verbindlichkeiten im Rahmen einer Liquidation gem. § 19 KStG ist mE sachlich nicht gerechtfertigt und gesetzlich nicht gedeckt‘.

Dellinger in ‚Der Gesellschafter‘ 2/2016

‚Ein weiterer Argumentationsansatz könnte sein, die innere Logik des § 19 KStG zu hinterfragen. In der Auslegung des BMF sieht es so aus, als würde diese zur Ermittlung des Liquidationsgewinnes Äpfel und Birnen miteinander vergleichen, wenn es beim Abwicklungs-Anfangsvermögen um das Gesellschaftsvermögen und beim Endvermögen um den Wert aus der Sicht der Anteilseigner geht‘.

Anmerkung ECOVIS: Wie auch Dellinger schreibt, beziehen sich die Begriffe Abwicklungs-Endvermögen und Abwicklungsanfangsvermögen aus seiner Sicht ausschließlich auf das Gesellschaftsvermögen, somit sind nicht getilgte Schulden als Passivum im Endvermögen zu zeigen.

‚Wenn der Gesetzgeber in § 19 Abs 4 KStG vom zur Verteilung kommenden Vermögen spricht, sollte man sich nicht an den engen Wortsinn des Verteilungsbegriffs klammern, sondern die Wendung schlicht als anderen Ausdruck für das Gesellschaftsvermögen verstehen.‘

Beiser in RdW 2016, 353

Zusammenfassung der Meinung von Beiser in eigenen Worten:

Nicht getilgte Schulden sind zwingend zu passivieren (§ 5 EStG, §§ 189 ff UGB, §§ 198, 211 und 224 UGB). Eine Liquidationsschlussbilanz ohne Ausweis offener Schulden wäre falsch und zu berichtigen (unter Beachtung der Grundsätze der Wahrheit, Klarheit und Vollständigkeit würden eine Passivierung erzwingen).

Nach der Rspr des VwGH ist nur ‚eine Teilnahme am Wirtschaftsleben in Form eines Güter- und Leistungsaustausches‘ ertragssteuerbar. Die Nichterfüllung von Schulden ist keine Leistung. Die Gläubiger erbringen keine Gegenleistung durch Verzicht. Eine Nichterfüllung von Schulden sei nach der Rspr des VwGH nicht als eine ‚Teilnahme am Wirtschaftsleben in Form eines Güter- und Leistungsaustausches‘ zu qualifizieren. Eine Besteuerung fiktiver (tatsächlich nicht realisierter) Gewinne sei gesetzlich (Art 18 B-VG) nicht gedeckt und sachlich (Art 7 B-VG) nicht zu rechtfertigen.

Kanduth-Kristen, Ernst Komarek (ÖStZ 2015/637):

Zusammenfassung der Meinung von den beiden Autoren in eigenen Worten:

Auch wenn die Gesellschaft gelöscht wird, würden die Verbindlichkeiten, auf die nicht verzichtet wird, weiter bestehen und können im Rahmen einer Nachtragsliquidation ‚wieder aufleben‘. Dies gelte auch im Rahmen eines Konkursverfahrens (so auch Gloser/Bonschak in SWK 8/2015, 421 mit Hinweis auf das 30jährige Weiterbestehen der Schulden und Möglichkeit der Nachtragsliquidation bzw. der wirtschaftlich unsinnigen Besteuerung eines Scheingewinnes).

Die Verbindlichkeiten seien auch verpflichtend zu bilanzieren (§ 198 UGB).

Die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung der ‚Auflösung der nicht getilgten Verbindlichkeiten‘ erzeuge einen Scheingewinn und widerspricht dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

C. Deutsche Literatur bzw. Judikatur

C1. BFH v. I R 34/12:

Keine endgültige Entscheidung, ob eine nicht befriedigte Verbindlichkeit im Rahmen einer Liquidation ertragswirksam aufzulösen sei. In dieser Entscheidung aus 2014 hat der I. Senat des BFH eine solche Auflösung zwar als vertretbar (‚zumindest diskussionswürdig‘) beurteilt, aber ausdrücklich keine endgültige Entscheidung in der Sache selbst getroffen.

Anmerkung ECOVIS: Das deutsche Fachschrifttum geht mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung des BFH davon aus, dass sich dieser in der Frage inhaltlich dem Urteil des FG Köln angeschlossen hätte bzw. lehnt eine ertragswirksame Erfassung nicht getilgter Verbindlichkeiten im Rahmen einer Liquidation bzw. eines Insolvenzverfahren ab (Kanduth-Kristen, Komarek, ÖStZ 2015, S 506 ff mit Hinweis auf deutsche Artikel, siehe auch die Folgepunkte dieses Schreibens).

Wir möchten weiters darauf hinweisen, dass die Rechtssache der Bf einen Konkurs und somit keine Liquidation betrifft (betreffend Unterscheidung in Hinblick auf die steuerlichen Implikationen: siehe C.2 dieses Schreibens).

C2. Ganz aktuell (siehe in der Anlage I. dieses Schreiben): Kahlert: Liquidationsbesteuerung der GmbH: Keine Auflösung einer nicht befriedigten Verbindlichkeiten (DStR 2016, 2262)

Anmerkung ECOVIS: in Deutschland besteht die gleiche Rechtslage (gleicher Wortlaut wie in § 19 öKSTG = § 11 (3) dKStG 'Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung kommende Vermögen,…..'):

Folgende Argumente werden von Kahlert genannt:

C 2.1. „neue“ BFH-Entscheidung (v. – IX R 28/14, DStR 2015, 2489)

Unter Bezugnahme auf Urteile des BGH vertrete der IX. Senat des BFH die Auffassung, dass die Löschung einer GmbH im Handelsregister wegen der Ablehnung eines Insolvenzantrages mangels Masse nicht zum Erlöschen der GmbH führe und keinen Einfluss auf den materiell-rechtlichen Bestand einer Forderung der GmbH gegen ihren Gesellschafter habe.

Anmerkung ECOVIS: also der umgekehrte Fall: Gesellschaft hat Forderung gegenüber Gesellschafter, Löschung der GmbH führt nicht zu einem Wegfall dieser Forderung.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen erlösche eine im Liquidationsverfahren der GmbH nicht befriedigte Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter mit der Löschung der GmbH im Handelsregister nicht. Die ertragswirksame Auflösung der nicht befriedigten Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter könne in der Liquidation der GmbH somit nicht der mit der (bevorstehenden) Existenzbeendigung der GmbH begründet werden.

Anmerkung ECOVIS : Keine Auflösung der Schuld im Umkehrschluss zur BFH Entscheidung v. betreffend Forderungen

C.2.2. aktuelle Auffassung der deutschen Finanzverwaltung – bei Konkurs keine Auflösung von nicht befriedigten Schulden:

Die deutsche Finanzverwaltung vertrete die Auffassung ( Kurzinfo ESt 46/2014, siehe Anlage 2), dass nicht befriedigte Verbindlichkeiten weder im Insolvenzverfahren noch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Löschung der GmbH im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit aufzulösen seien.

Bei einer Liquidation sei – so die OFD Nordrhein-Westfalen - die Verbindlichkeit weiter mit dem Nennwert zu erfassen oder ausnahmsweise außer Ansatz zu lassen, weil sie definitiv keine wirtschaftliche Belastung mehr darstellen.

Zwischenanmerkung ECOVIS: Die OFD Nordrhein-Westfalen differenziert daher nach der Art der 'Beendigung': bei Konkurs und amtswegiger Löschung sind die Schulden nicht aufzulösen.

Diese Rechtsmeinung der OFD Nordrhein-Westfalen (vom ) ist somit nach Ergehen des BFH Urteils vom – I R 34/12, DStR 2014, 1601 (siehe C.1 dieses Schreibens) und somit offenkundig nach Analyse des BFH-Urteils ergangen.

Im beschwerdegegenständlichen Verfahren war das Gruppenmitglied in Konkurs und danach erfolgte die amtswegige Löschung, somit wäre nach Meinung der deutschen Finanzverwaltung die Verbindlichkeit jedenfalls nicht aufzulösen.

C.2.3. Verfassungsrechtliche Bedenken

Unabhängig davon sei die Nichtauflösung der Schuld im Rahmen der Liquidation – aber auch im Insolvenzverfahren – verfassungsrechtlich geboten, weil eine auf der Auflösung der Verbindlichkeit beruhende Ertragssteuer unverhältnismäßig in die Eigentumsrechte des Gesellschafters, der Gläubiger und der GmbH eingreifen würde. Die bloße Auflösung der Verbindlichkeit erhöhe die Leistungsfähigkeit der GmbH nicht, weil kein Hinzuerwerb von Eigentum erfolge.

Anmerkung ECOVIS: also eindeutige verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Argumentation der Auflösung von nicht befriedigten Schulden im Konkurs (siehe auch dazu die in diesem Schreiben erwähnten österreichischen Literaturstellen und die darin geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken.

C.3. Weitere deutsche Artikel (das Entstehen eines steuerpflichtigen Gewinnes wird jeweils von den Autoren abgelehnt):

Frey/Mückl , GmbHR 2012, 980:

  • Möglichkeit der Nachtragsliquidation verbietet erfolgswirksame Ausbuchung der Verbindlichkeit

Seppelt , BB 2010, 1395:

  • Kein steuerpflichtiger Gewinn, da nach Löschung kein KSt-Subjekt mehr existiert

Rödding/Scholz , DStR 2013, 993:

  • Liquidationsverfahren lässt die Wahrscheinlichkeit einer Tilgung der noch bestehenden Gesellschafterforderungen unberührt

Farle , DStR 2012, 1590:

  • Passivierungspflicht bleibt bestehen – Hinweis auf Nachtragsverfahren

Hierstetter , BB 2014, 1320:

  • Keine bewertungsrechtliche 'Finalität'“ der Uneinbringlichkeit

D. Endet die steuerliche Gruppe mit Beginn der Liquidation bzw. scheidet ein in Konkurs befindliches Gruppenmitglied mit Konkurseröffnung automatisch aus der Gruppe aus?

Der Abwicklungsgewinn gem. § 19 KStG ist ein spezifischer Gewinnbegriff, der sowohl das Ergebnis aus der Auflösung der stillen Reserven als auch die Erträge des Abwicklungsanfangsvermögens umfasst (vgl. , ÖStZB 18/1999, 513 zu § 18 KStG 1966). Der Abwicklungsgewinn ist daher dem am Einkommensteuerrecht orientierten allgemeinen Gewinnbegriff nicht gleichzusetzen (-K/06). Nach der Ansicht des UFS wäre der Abwicklungsgewinn daher nicht Teil des Ergebnisses, das dem unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw. dem Gruppenträger zugerechnet werden kann (siehe auch dazu bzw. ), somit führe die Liquidation (im Judikat: des Gruppenträgers) zur Beendigung der Gruppe.

Die genannten Judikate betreffen die Liquidation beim Gruppenträger, es stellt sich aber die Frage, ob der Konkurs des Gruppenmitglieds aufgrund des Wechsel in das Besteuerungsregime des § 19 KStG (= Abwicklungsgewinn) nicht zum gleichen Ergebnis führen müsste.

Die Regelungen über die Gruppenbesteuerung gehen zumindest grundsätzlich von einer jährlichen Zurechnung der steuerlich maßgebenden Ergebnisse aus (das Ergebnis des Gruppenmitglieds wird dem beteiligten Gruppenmitglied bzw. dem Gruppenträger in jenem WJ zugerechnet, in das der Bilanzstichtag des WJ des Gruppenmitglieds fällt; vgl. § 9 Abs 1). Bei der Liquidation kann der Besteuerungszeitraum jedoch mehrere Jahre umfassen (in der Beschwerdesache: bis ).

Daher könnte insbesondere die Zurechnung des Ergebnisses eines in Liquidation befindlichen Gruppenmitglieds als problematisch angesehen werden, da dessen Besteuerungszeitraum mehr als 12 Monate umfasst (vgl. Urtz, Anm zu -K/06, GeS 2007, 31 f).

Im Fall der Bf wäre somit – nach der oben beschriebenen Argumentation - mit Konkurseröffnung ein Ausscheiden des Gruppenmitglieds (Bf) bzw. die Beendigung der Gruppe die Folge gewesen, es würde sich daher nach dieser Rechtsansicht keine ‚letzte Gruppentangente‘ (Abwicklungs-Ergebnis vom bis ) mehr ergeben.“

(10) Der Eingabe der Bf waren angeschlossen:

  • Beitrag Kahlert, Liquidationsbesteuerung der GmbH: Keine Auflösung einer nicht – befriedigten Verbindlichkeit;

  • Kurzinfo der ESt 46/2014, Ertragsteuerliche Behandlung von Verbindlichkeiten in Fällen der Unternehmensinsolvenz.

(11) Der Eingabe der Bf, welche seitens des Bundesfinanzgerichts der belangten Behörde in der Folge übermittelten worden ist, entgegnete die belangte Behörde mit Eingabe vom  (im Folgenden im Originalwortlaut wiedergegeben):

1. Stellungnahme zum zitierten BFH-Erkenntnis vom , IX R 28/14

Der steuerliche Vertreter der Bf führt in seinem Schreiben das BFH-Judikat vom , IX R 28/14, an, um zu belegen, dass bis zum Ende der Liquidation einer unter § 7 Abs. 3 KStG fallenden Körperschaft nicht getilgte Verbindlichkeiten Teil des Abwicklungs-Endvermögens seien. Dem BFH Judikat lag vereinfacht folgender Sachverhalt zugrunde:

Eine GmbH gewährte ihrem Gesellschafter ein Darlehen; diese Forderung wurde in weiterer Folge von der GmbH teilweise abgeschrieben. Jahre später wurde die GmbH insolvent und wurde schlussendlich ohne Insolvenzverfahren wegen Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht. Die belangte Behörde setzte beim Gesellschafter im Jahr der Löschung der GmbH Einkommensteuer aufgrund des ‚Wegfalls‘ der Verbindlichkeit gegenüber der GmbH fest, mit der Begründung durch die Löschung der GmbH müsse die Verbindlichkeit nicht mehr getilgt werden und der Gesellschafter sei deshalb von der Schuld befreit worden. Der BFH verneinte die Rechtmäßigkeit dieser Vorgehensweise mit der Begründung, dass der Gesellschafter keine Einkünfte gemäß § 17 Abs. 4 dEStG erzielt hat. Diese Bestimmung lautet:

‚(4) Als Veräußerung im Sinne des Absatzes 1 gilt auch die Auflösung einer Kapitalgesellschaft, die Kapitalherabsetzung, wenn das Kapital zurückgezahlt wird, und die Ausschüttung oder Zurückzahlung von Beträgen aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes. In diesen Fällen ist als Veräußerungspreis der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft anzusehen. Satz 1 gilt nicht, soweit die Bezüge nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören.‘

Der BFH führte dazu aus, dass ein zugeteiltes Vermögen iSd § 17 Abs. 4 dEStG auch in der Befreiung eines Gesellschafters von einer gegenüber der Gesellschaft bestehenden Verbindlichkeit bestehen kann. Allerdings setze dies eine zivilrechtliche Befreiung des Gesellschafters von der Verbindlichkeit voraus. Weder die Vermögenslosigkeit noch die amtswegige Löschung der GmbH führe zivilrechtlich zu einer Befreiung des Gesellschafters von der Schuld.

Nach Ansicht der belangten Behörde ist den Ausführungen des BFH zuzustimmen, allerdings kann aus dem Erkenntnis nicht geschlossen werden, dass § 19 KStG derart auszulegen wäre, dass am Ende einer Liquidation noch offene Verbindlichkeiten Bestandteil des zur Verteilung kommenden Vermögens wären. Abgesehen davon, dass der vom BFH entschiedene Fall gerade nicht eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter als Gläubiger betrifft, sondern eine Forderung der insolventen und in Folge gelöschten Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter als Schuldner, stellt die belangte Behörde überhaupt nicht in Abrede, dass nicht getilgte Verbindlichkeiten auch nach Löschung der Gesellschaft zivilrechtlich grundsätzlich weiterhin bestehen bleiben. Dies ist aber nach Ansicht der belangten Behörde für die zu entscheidende Rechtsfrage, ob nach österreichischer Rechtslage Verbindlichkeiten, die bis zum Ende der Liquidation einer Gesellschaft nicht getilgt wurden, in deren steuerlichem Abwicklungs-Endvermögen zu erfassen sind, nicht relevant. Entgegen der Annahme der Bf und der von ihm zitierten Literaturstimmen vertritt die belangte Behörde nicht die Ansicht, dass nicht getilgte Verbindlichkeiten nicht Teil des Abwicklungs-Endvermögens sind, weil es davon ausgeht, dass diese Verbindlichkeiten zivilrechtlich erlöschen würden oder ein Schulderlass durch den Gläubiger vorliege, sondern weil es sich nach österreichischer Rechtslage aus der zwingenden steuerlichen Spezialvorschrift des § 19 KStG, die das Abwicklungs-Endvermögen als das zur Verteilung kommende Vermögen definiert, so ergibt. Auch aufgrund dieser Erwägungen ist nach Ansicht der belangten Behörde das gegenständliche BFH-Judikat für die Lösung der Frage, wie bis zum Ende der Liquidation einer Gesellschaft nicht getilgte Verbindlichkeiten sich auf das steuerliche Liquidationsergebnis auswirken, nicht einschlägig.

Zusätzlich ist festzuhalten, dass sich die Diskussion in Deutschland bislang ausschließlich um die Frage dreht, wie Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen zu bewerten wären. Überhaupt nicht thematisiert – weder vor dem BFH noch im deutschen Schrifttum – wurde jemals die Frage, ob derartige Verbindlichkeiten überhaupt im Abwicklungs-Endvermögen enthalten sein können; d.h. ob sie überhaupt Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens sind. Wie die belangte Behörde bereits im Bescheid ausgeführt hat, ist das Abwicklungs-Endvermögen das zur Verteilung kommende Vermögen. Dabei handelt es sich um jene Geld- und Sachwerte, die von der Gesellschaft an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Verbindlichkeiten, die nicht an die Gesellschafter verteilt werden, können daher von vorneherein gar nicht Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens sein. Darüber hinaus erscheint der in § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG für im Abwicklungs-Endvermögen enthaltene nicht veräußerte Wirtschaftsgüter vorgesehene Ansatz des gemeinen Wertes auch nicht geeignet für am Ende der Abwicklung noch offene Verbindlichkeiten. Dies ist ein weiterer klarer Anhaltspunkt dafür, dass solche Verbindlichkeiten eben gar kein Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens sind, weil offensichtlich eine Anwendung der Vorschrift des § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG für sie vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist. Die nachgelagerte Frage der Bewertung stellt sich deshalb bei bis zum Ende der Liquidation nicht getilgten Verbindlichkeiten gar nicht.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, wie die gegenüber einem (vermögenslosen) Schuldner bestehende Forderung einer insolventen Gesellschaft, die in weiterer Folge gelöscht wird, steuerlich zu behandeln ist, eine vollkommen andere Frage darstellt, als jene, wie bei einer insolventen Gesellschaft, die in weiterer Folge gelöscht wird, die zum Ende ihrer Abwicklung noch offenen Verbindlichkeiten, steuerlich zu behandeln sind. Der BFH hatte in dem Judikat vom , I R 34/12, im Hinblick auf die bevorstehende Existenzbeendigung des Schuldners die Ansicht des Finanzamtes für diskussionswürdig erachtet, dass am Ende der Liquidation noch offene Verbindlichkeiten ertragswirksam zu erfassen seien. Im vom Beschwerdeführer angeführten Judikat des BFH vom geht es aber um die Existenzbeendigung des Gläubigers. Dass der Schuldner der Körperschaft jederzeit von anderen Gläubigern der insolventen Gesellschaft in Anspruch genommen werden kann, die diese Forderung exekutieren können, liegt auf der Hand. Schon aus diesem Grund kann die Insolvenz und Löschung der Körperschaft keine Auswirkung auf den Bestand der Verbindlichkeit haben, da dies gerade der Prototyp eines Sachverhaltes ist, der zu einer Nachtragsliquidation führen kann (bzw. falls keine Liquidation erfolgt ist, zu einem bestehenden Befriedigungsfonds der Gläubiger führt, demgegenüber Ansprüche geltend gemacht werden können, sobald der Schuldner wieder zu Vermögen kommt). Zudem sieht § 19 KStG ausschließlich für die Gewinnermittlung einer unter § 7 Abs. 3 KStG fallenden Körperschaft in Liquidation Sonderbestimmungen vor und nicht für die Gewinnermittlung der Schuldner einer insolventen Körperschaft. Die steuerliche Behandlung eines Schuldners der Körperschaft muss sich daher schon zwangsläufig von der der Körperschaft unterscheiden.

Aus dem BFH Judikat kann daher nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass nicht getilgte Verbindlichkeiten einer Körperschaft in Liquidation in deren Abwicklungs-Endvermögenenthalten sein müssen. Der BFH hat sich vielmehr bisher inhaltlich nicht mit dieser Frage auseinandergesetzt, weshalb sie weiterhin – auch für die deutsche Rechtslage – als offen zu bezeichnen ist. Wesentlich ist dabei, dass die Frage, ob das Abwicklungs-Endvermögen dem Grunde nach überhaupt noch offene Verbindlichkeiten enthalten kann, vor dem BFH niemals thematisiert wurde und er sich somit mit dieser konkreten Fragestellung bis dato nicht auseinanderzusetzen hatte.

2. Stellungnahme zu den vom Beschwerdeführer angeführten Literaturstellen

Die vom Beschwerdeführer angeführten Literaturstellen, die die Ansicht vertreten, dass nicht getilgte Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen enthalten sein müssen, stützen sich im Wesentlichen auf das Unternehmensrecht und die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung. Sie gehen dabei aber in keinster Weise darauf ein, dass bei der Liquidation von unter § 7 Abs. 3 KStG fallenden Körperschaften § 19 KStG eine dem Unternehmensrecht vorgehende steuerliche Spezialvorschrift darstellt, die ganz explizit einen eigenen besonderen Betriebsvermögensvergleich normiert und sich gerade nicht auf die (unternehmensrechtliche) Liquidationsschlussbilanz bezieht. Die Behauptung, dass die Verbindlichkeiten „Bestandteil des zur Verteilung kommenden (wenn auch nicht verteilbaren) Vermögens“ sind, ist nicht nachvollziehbar, da nicht ersichtlich ist, inwieweit sich ein ‚zur Verteilung kommendes‘ von einem ‚verteilbaren‘ Vermögen unterscheiden soll. Die von der Bf zur Untermauerung dieses Standpunktes herangezogene österreichische Literatur negiert den eindeutigen Gesetzestext, der das Abwicklungs-Endvermögen nicht als das in der Liquidationsschlussbilanz ausgewiesene Vermögen definiert, sondern eben als das Vermögen, das zur Verteilung kommt. Eine Erklärung, wieso der Gesetzgeber in seiner Legaldefinition des Abwicklungs-Endvermögens eine Formulierung verwendet, die vom Wortlaut eindeutig von der von den Autoren gewünschten Auslegung abweicht, wird nicht gebracht; ebenso wenig werden Argumente dafür angeführt, wieso unter dem zur Verteilung kommenden Vermögen trotz anderslautendem Wortlautes gerade das in der Liquidationsschlussbilanz ausgewiesene Vermögen zu verstehen sein soll. Hat der Gesetzgeber doch bei der in § 19 Abs. 5 KStG enthaltenen Legaldefinition des Abwicklungs-Anfangsvermögens vom Wortlaut eindeutig auf das in der Liquidationsanfangsbilanz ausgewiesene Vermögen Bezug genommen (‚Betriebsvermögen, das am Schluß des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahres nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen war‘). Dem Gesetzgeber kann daher nicht unterstellt werden, dass er die verschiedenen Begrifflichkeiten nicht gekannt hätte.

Dies wurde auch stets seit der Schaffung des KStG 1922 im Schrifttum so gesehen. Zum KStG 1925 vertrat Kennerknecht, dass als Vergleichsgegenstand zum Abwicklungsanfangsvermögen nicht das Betriebsvermögen am Schluss des Besteuerungszeitraumes, sondern das zur Verteilung kommende Vermögen anzusetzen sei. Mirre/Dreutter ( Das Körperschaftsteuergesetz 1934 [München 1939], 596) vertreten zum KStG 1934, dass dann, wenn keine besonderen Vorschriften zur Liquidationsbesteuerung vorgesehen sind, die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften zur Anwendung kommen. Wesentlichste Abweichung sei, dass anstelle des nach den steuerlichen Vorschriften maßgebenden Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres das zur Verteilung kommende Vermögen tritt.

Pucharski hält fest, dass‚ das Endvermögen nicht ein nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften zu bewertendes Betriebsvermögen [sei], sondern nach der ausdrücklichen Vorschrift des [damaligen] Abs. 2 das zur Verteilung kommende Vermögen‘.

Es handelt sich bei § 19 um einen Betriebsvermögensvergleich, allerdings mit der Besonderheit, dass anstelle des Eigenkapitals (bereinigt um Einlagen und Entnahmen) aus der Liquidationsschlussbilanz eben das zur Verteilung kommende Vermögen tritt, das die ausgeschütteten liquiden Mittel und die ausgekehrten Sachwerte umfasst.

Die belangte Behörde hält daher an der bisherigen Ansicht fest, dass steuerrechtlich bis zum Ende der Abwicklung einer unter § 7 Abs. 3 KStG fallenden Körperschaft nicht getilgte Verbindlichkeiten, die nicht auf den Gesellschafter übergehen, im Abwicklungs-Endvermögen nicht enthalten sind.“

Sachverhalt

(12) Die Bf war seit 2006 Gruppenmitglied einer zuletzt aus ihr und dem Gruppenträger gemäß § 9 KStG 1988 gebildeten Unternehmensgruppe. Sie meldete am Konkurs an, wurde am amtswegig gelöscht und schied dadurch aus der Gruppe aus.

Im die Jahre 2008 bis 2010 umfassenden Liquidationszeitraum gemäß § 19 Abs 3 KStG 1988 erklärte die Bf einen Verlust, der ua auch auf Verbindlichkeiten gegenüber dem Gruppenträger (zT resiltierend aus von ihm für die Bf übernommenen Bürgschaften) und dem Insolvenz-Entgelt-Fonds basierte. Insoweit dieser Verlust auf im Abwicklungs-Endvermögen befindliche Verbindlichkeiten beruhte, wurde er seitens der belangten Behörde nicht anerkannt, wogegen sich zusammengefasst die gegenständliche Beschwerde richtet.

Beweiswürdigung

(13) Der unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus den Feststellungen der belangten Behörde, dem Vorbringen der Bf, aus den im Verwaltungsakt der belangten Behörde aufliegenden, dem Bundesfinanzgericht seitens der belangten Behörde übermittelten, Schriftstücken sowie den Eingaben der Verfahrensparteien gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Rechtsgrundlagen

(14) § 9 KStG 1988 lautet auszugsweise:

„(1) Abweichend von § 7 können finanziell verbundene Körperschaften ... eine Unternehmensgruppe bilden. Dabei wird das steuerlich maßgebende Ergebnis des jeweiligen Gruppenmitglieds ... dem steuerlich maßgebenden Ergebnis des beteiligten Gruppenmitglieds bzw. Gruppenträgers jenes Wirtschaftsjahres zugerechnet, in das der Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres des Gruppenmitgliedes fällt.

...

(6) Bei Ermittlung des zuzurechnenden steuerlich maßgebenden Ergebnisses ist Folgendes zu beachten:

1. Als Ergebnis eines unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitglieds gilt das Einkommen unter Berücksichtigung der Z 4.

2. Das Einkommen im Sinne der Z 1 ist dem am Gruppenmitglied nach Abs. 4 entsprechend unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger zuzurechnen. Als Ergebnis des Gruppenträgers gilt das Einkommen mit der Maßgabe, dass Sonderausgaben vom zusammengefassten Ergebnis abzuziehen sind.

...“

(15) § 19 KStG 1988 lautet auszugsweise:

„(1) Erfolgt bei einem unter § 7 Abs. 3 fallenden Steuerpflichtigen, der seine Auflösung beschlossen hat, tatsächlich die Abwicklung, ist der Besteuerung der Liquidationsgewinn zugrunde zu legen.

(2) Liquidationsgewinn ist der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn, der sich aus der Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens und des Abwicklungs-Anfangsvermögens ergibt.

(3) Der Besteuerungszeitraum darf drei Jahre, in den Fällen der Abwicklung im Insolvenzverfahren fünf Jahre nicht übersteigen. Das Finanzamt kann diesen Zeitraum in berücksichtigungswürdigen Fällen auf Antrag verlängern.

(4) Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung kommende Vermögen (Anmerkung: Hervorhebung durch den erkennenden Richter). Sind im Abwicklungs-Endvermögen nicht veräußerte Wirtschaftsgüter enthalten, sind sie mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

(5) Abwicklungs-Anfangsvermögen ist das Betriebsvermögen, das am Schluß des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahres nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen war. ....

(6) Auf die Gewinnermittlung sind im übrigen die sonst geltenden Vorschriften anzuwenden.“

(16) § 11 des deutschen KStG 2002 lautet auszugsweise (Anmerkung des erkennenden Richters: beide Verfahrensparteien nehmen mehrfach auf deutsche Judikatur Bezug):

„...

(2) Zur Ermittlung des Gewinns im Sinne des Absatzes 1 ist das Abwicklungs-Endvermögen dem Abwicklungs-Anfangsvermögen gegenüberzustellen.

(3) Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung kommende Vermögen, vermindert um die steuerfreien Vermögensmehrungen, die dem Steuerpflichtigen in dem Abwicklungszeitraum zugeflossen sind.

(4) Abwicklungs-Anfangsvermögen ist das Betriebsvermögen, das am Schluss des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahrs der Veranlagung zur Körperschaftsteuer zugrunde gelegt worden ist.

...“

Darstellung von Judikatur, Literatur und Verwaltungspraxis zu den Rechtsgrundlagen

(17) Während der im gegenständlichen Beschwerdeverfahren primär strittige Punkt, nämlich insoweit Verbindlichkeiten Einfluss auf das Abwicklungs-Endvermögen einer sich in Liquidation befindlichen Körperschaft iSd § 7 Abs 3 KStG 1988 haben, bislang die (österreichische) Judikatur noch nicht beschäftigt hat, ist diese Problematik in der jüngeren Vergangenheit in Literatur wie auch Verwaltungspraxis, und zwar insbesondere auch ausgehend vom gegenständlichen Beschwerdefall, Gegenstand zahlreicher Äußerungen gewesen, welche im Folgenden beispielhaft im Überblick ebenso dargestellt werden, wie jene Judikatur und Literatur, die sich in Deutschland mit der gegenständlichen Thematik befasst hat (zur Rechtslage vgl oben Pkt 14) und worauf im Beschwerdeverfahren zT Bezug genommen worden ist.

a) Verwaltungspraxis

(18) Die österreichische Verwaltungspraxis ist als Ergebnis des sogenannten, explizit den gegenständlichen Beschwerdefall betreffenden, „Salzburger Steuerdialogs“ (, BMF-010200/0018-VI/1/2014, zu Einkommen- und Körperschaftsteuer; Pkt 4.) in der diesbezüglichen Ergebnisunterlage zu folgender Rechtsansicht gelangt (nachfolgend auszugsweise Wiedergabe des Originalwortlauts), der sich auch das Finanzamt im gegenständlichen Fall vollinhaltlich angeschlossen hat:

Sachverhalt

Eine GmbH, die als Gruppenmitglied Teil einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG 1988 ist, erzielt regelmäßig hohe Verluste, sodass Insolvenz angemeldet werden muss. Im Jahr 2008 wird Konkurs über das Vermögen der GmbH eröffnet. Nach Verwertung des vorhandenen Vermögens beträgt die Quote der Verbindlichkeiten, die tatsächlich beglichen werden konnten, nur 2,4%. Die Aufhebung des Konkurses erfolgt nach Schlussverteilung im Juli 2010. Die Abwicklung der GmbH ist somit abgeschlossen und sie wird im Firmenbuch gelöscht.

Das steuerliche Liquidationsergebnis wurde von den Vertretern der GmbH wie folgt ermittelt:

Das Abwicklungs-Anfangsvermögen nach § 19 Abs. 5 KStG 1988 wurde mit einem Wert von Euro - 2 Mio., das Abwicklungs-Endvermögen nach § 19 Abs. 4 KStG 1988 mit einem Wert von Euro - 4 Mio. ausgewiesen. Es ergab sich daher ein Liquidationsverlust iHv Euro 2 Mio., der als das steuerlich maßgebende Ergebnis der GmbH dem Gruppenträger zugerechnet wurde.

Im von der steuerlichen Vertretung angesetzten Abwicklungs-Endvermögen waren nicht beglichene Bankverbindlichkeiten iHv rd. Euro 2 Mio., nicht beglichene Lieferverbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen iHv rd. Euro 1 Mio. und - da die Löhne der Mitarbeiter nicht mehr bezahlt wurden - offene Verbindlichkeiten gegenüber dem Insolvenz-Entgelt-Fonds iHv rd. Euro 1 Mio. enthalten. Sämtliche nicht beglichene Verbindlichkeiten wurden mit ihrem Nennwert, dh. insgesamt mit Euro - 4 Mio. im Abwicklungs-Endvermögen angesetzt.

In einer Gesamtbetrachtung kommt es somit - zumindest hinsichtlich der Bank- und Lieferverbindlichkeiten - zu einer Doppelberücksichtigung von Aufwendungen bzw. Verlusten; einerseits bei den Gläubigern der GmbH, bei denen die korrespondierenden Forderungen mangels Werthaltigkeit bzw. Einbringlichkeit abzuschreiben sind und andererseits im Ergebnis der Unternehmensgruppe, weil der Liquidationsverlust des Gruppenmitgliedes dem Gruppenträger zugerechnet wird.

Fragestellung

Mit welchem Wert sind die bis zum Ende der Abwicklung nicht getilgten Verbindlichkeiten der GmbH bei der Ermittlung des steuerlichen Liquidationsergebnisses anzusetzen?

Ergebnis Steuerdialog

Nach § 19 Abs. 2 KStG 1988 ist steuerlicher Liquidationsgewinn der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn, der sich aus der Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens und des Abwicklungs-Anfangsvermögens ergibt.

§ 19 Abs. 5 KStG 1988 definiert das Abwicklungs-Anfangsvermögen als das Betriebsvermögen, das am Schluss des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahres nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen war. Das Abwicklungs-Anfangsvermögen ergibt sich somit aus den steuerlichen Bilanzwerten des letzten Jahresabschlusses vor Auflösung der Gesellschaft. Im gegenständlichen Fall beträgt das Abwicklungs-Anfangsvermögen unstrittig Euro -2 Mio.

§ 19 Abs. 4 KStG 1988 definiert das Abwicklungs-Endvermögen als das zur Verteilung kommende Vermögen. Beim Abwicklungs-Endvermögen handelt es sich somit um jenes Vermögen, das nach der Verwertung der Aktiva, Eingang der Forderungen und Tilgung der Verbindlichkeiten noch vorhanden ist und zur Verteilung (an die Gesellschafter) kommt.

In der Regel wird die Versilberung der Sachwerte dazu führen, dass am Ende der Abwicklung nur noch liquide Mittel vorhanden sind, ein Restbestand an körperlichen oder unkörperlichen Wirtschaftsgütern ist aber denkbar. Sind diese Teil des Abwicklungs-Endvermögens, kommt die spezielle Vorschrift des § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG 1988 zur Anwendung, die vorsieht, dass im Abwicklungs-Endvermögen enthaltene nicht veräußerte Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind.

Im Abwicklungs-Endvermögen können sowohl materielle, als auch immaterielle Wirtschaftsgüter enthalten sein. Der Ansatz im Abwicklungs-Endvermögen hat unabhängig davon zu erfolgen, ob das Wirtschaftsgut bilanziert wurde, wodurch eine generelle Erfassung der stillen Reserven gewährleistet wird. ....

Ob ein Wirtschaftsgut im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen ist, hängt somit davon ab, ob es zur Verteilung an die Gesellschafter gelangt bzw. auf diese übertragen wird. Verbindlichkeiten der abgewickelten Gesellschaft, die - wie im gegenständlichen Sachverhalt - bis zum Ende der Abwicklung nicht getilgt werden, gehen mangels Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge nicht auf die Gesellschafter über (Anmerkung: Hervorhebung durch den erkennenden Richter). Sie kommen am Ende der Abwicklung nicht zur Verteilung und sind aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 19 Abs. 4 KStG 1988 („Abwicklungs-Endvermögen ist das zur Verteilung kommende Vermögen.“) im Abwicklungs-Endvermögen nicht anzusetzen.

Da § 19 Abs. 4 KStG 1988 eine steuerliche Spezialvorschrift zur Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens und somit des zu versteuernden Liquidationsgewinnes darstellt, sind bei nicht getilgten Verbindlichkeiten - ebenso wie bei nicht entgeltlich erworbenen (und somit im letzten Jahresabschluss vor Auflösung nicht angesetzten) unkörperlichen Wirtschaftsgütern, die auf die Gesellschafter übergehen - die unternehmensrechtlichen Bilanzierungsregeln nicht maßgeblich. Ein zivilrechtliches Weiterbestehen der nicht auf die Gesellschafter übergegangenen Verbindlichkeiten ist für die Ermittlung des steuerlichen Abwicklungs-Endvermögens nicht relevant (Anmerkung: Hervorhebung durch den erkennenden Richter); ebenfalls ohne Relevanz ist die konkrete steuerliche Behandlung bei den Gläubigern der liquidierten Gesellschaft (mögliche Forderungsabschreibung).

Die Bewertungsregel des § 19 Abs. 4 Satz 2 KStG 1988, die vorsieht, dass im Abwicklungs-Endvermögen enthaltene nicht veräußerte Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind, kommt nicht zur Anwendung, weil nicht beglichene Verbindlichkeiten aus den weiter oben genannten Gründen kein Teil des Abwicklungs-Endvermögens sind.

Im gegenständlichen Sachverhalt kommt es zu keiner Verteilung von Vermögen an die Gesellschafter. Das Abwicklungs-Endvermögen, als das zur Verteilung gelangende Vermögen, ist mit einem Wert von Null anzusetzen; denn die nicht beglichenen Verbindlichkeiten bleiben bei der Ermittlung des Abwicklung-Endvermögens außer Ansatz (statt des bisherigen, von der steuerlichen Vertretung vorgenommenen Ansatzes mit einem Wert von Euro - 4 Mio.). Das dem Gruppenträger zuzurechnende Liquidationsergebnis des Gruppenmitgliedes (Abwicklungs-Endvermögen minus Abwicklungs-Anfangsvermögen) beträgt somit nicht Euro - 2 Mio., sondern Euro 2 Mio.“

b) Literatur zur Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens

(Anmerkung des erkennenden Richters: Sämtliche in den Punkten 20 ff im Folgenden  angeführte Literatur basiert grundsätzlich auf der beschwerdegegenständlichen Rechtssache bzw den diesbezüglichen Schlussfolgerungen des BMF in der Ergebnisunterlage zum Salzburger Steuerdialog. In einzelnen Beiträgen weiterführende insolvenzrechtliche Anmerkungen sowie Aussagen zur Bewertung des Abwicklungs-Endvermögens werden im Folgenden weitgehend ausgeklammert.)

(19) Noch bevor  das BMF zur streitgegenständlichen Problematik Stellung genommen hat, hat sich Hristov(Die Liquidation im Ertragsteuerrecht [2011]) intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt.

Der Liquidationsgewinn bzw -verlust könne erst nach Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens ermittelt werden; dem Abwicklungs-Endvermögen komme daher maßgebliche Bedeitung zu. Nach hA bestehe das Abwicklungs-Endvermögen insbesondere aus liquiden Mitteln; den Idealfall stelle das nach Aufdeckung der stillen Reserven zur Gänze versilberte Vermögen der liquidierten Gesellschaft dar; allerdings sei es so, dass "dieser Idealfall keinesfalls eintreten muss" (Liquidation im Ertragsteuerrecht, 123 f).

Was Verbindlichkeiten betreffe, gehe der Gesetzgeber vom Idealfall einer vollständigen Schuldentilgung aus; es "sollte" darin kein Fremdvermögen mehr enthalten sein. Das Abwicklungs-Endvermögen bestehe somit passivseitig nur aus dem Liquidationskapital.

Seien in Abweichung vom Idealfall Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen enthalten, wären diese mit dem gemeinen Wert anzusetzen und minderten das Abwicklungs-Endvermögen (Abwicklungs-Endvermögen, 131 f).

(20) Im von Mayr/Melhardt/Kufner/Lattner herausgegebenen "SWK-Spezial Salzburger Steuerdialog 2014" (2014),  wird zur beschwerdegegenständlichen Problematik auf den Seiten 37 f ua ausgeführt:

Die Tatsache, dass es sich beim im Salzburger Steuerdialog 2014 diskutierten Fall um einen Gruppenbesteuerungsfall handelt, mache die „unsachgerechten Ergebnisse, die eine Bewertung von nicht beglichenen Verbindlichkeiten mit ihrem Nennwert erzeugen würde, noch deutlicher“

Die Argumentation, dass ein Nichtansetzen der Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen im Widerspruch zum zivilrechtlichen Weiterbestehen der Verbindlichkeit stehen und zu einer Besteuerung von „Scheingewinnen“ führe, gehe insofern ins Leere, als selbst in Fällen, in denen nach Abschluss der Abwicklung der Gesellschaft (Aktiv-)Vermögen auftaucht und es daher zu einer Nachtragsliquidation kommt, im Zuge derer von den Gläubigern offene Forderungen gegen die Gesellschaft geltend gemacht werden können, die Gesellschaft diese nur im Ausmaß der Erlöse für das nach Ende der Abwicklung neu hervorgekommene Aktivvermögen begleichen kann. Somit steht bei der Nachtragsliquidation der Erhöhung des steuerlichen Ergebnisses aufgrund des neu hervorgekommenen Aktivvermögens die Verringerung desselben durch die im Zuge der Nachtragsliquidation beglichenen und im ursprünglichen Abwicklungs-Endvermögen nicht enthaltenen Verbindlichkeiten gegenüber; was über die gesamte Abwicklung gesehen zu demselben steuerlichen Ergebnis führt, das erzielt worden wäre, wenn bereits ohne Nachtragsliquidation sämtliches Vermögen zur Verteilung gekommen wäre. Im Regelfall endet die Existenz der Gesellschaft aber ohnehin mit Ende der Abwicklung bzw Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch. Die Verbindlichkeit wird in Ermangelung eines Schuldners nicht mehr beglichen. 

Die deutsche Rechtslage ist insofern mit der österreichischen vergleichbar, als § 11 des deutschen KStG 2002 vorsieht, dass zur Ermittlung des Liquidationsgewinnes das Abwicklungs-Endvermögen dem Abwicklungs-Anfangsvermögen gegenüberzustellen ist und unter Abwicklungs-Endvermögen das zur Verteilung kommende Vermögen zu verstehen ist (vermindert um steuerfreie Vermögensmehrungen, die dem Steuerpflichtigen im Abwicklungszeitraum zugeflossen sind).

Der BFH hat mit Urteil vom , I R 34/12 (Anmerkung des erkennenden Richters: vgl dazu im Einzelnen unten Pkt 30), Äußerungen zur steuerlichen Behandlung von am Ende der Abwicklung einer Gesellschaft nicht getilgten Verbindlichkeiten getätigt. Der BFH hält fest, dass die Auffassung, dass die am Ende der Abwicklung noch offene streitgegenständliche Verbindlichkeit aufgrund der bevorstehenden Existenzbeendigung des Schuldners mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr beglichen werden wird, durchaus diskussionswürdig bzw vertretbar ist.

Auch wenn sich der BFH nicht endgültig inhaltlich festlegt, sind seine Ausführungen aus österreichischer Sicht insofern aufschlussreich, als sich aufgrund der Ähnlichkeiten in den einschlägigen Bestimmungen des deutschen und des österreichischen Bewertungsgesetzes für die österreichische Rechtslage ableiten lässt, dass auch bei einem Heranziehen der allgemeinen Vorschriften des Bewertungsgesetzes ein Ansatz nicht beglichener Verbindlichkeiten mit 0 bzw deren Nicht-Ansatz bei Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens ein rechtlich vertretbares Ergebnis darstellt. 

(21) Mit der in der Ergebnisunterlage des Salzburger Steuerdialogs 2014 behandelten Problematik hat sich weiters grundlegend Riedler(Bewertung nicht getilgter Verbindlichkeiten bei einer Liquidation nach § 19 KStG 1988, RdW 2014/673, 619 [619]; der Autor ist Mitarbeiter der Finanzverwaltung) befasst und skizziert diese eingangs folgendermaßen.

Reichen bei einer Liquidation die Aktiva der Körperschaft nicht aus, um sämtliche Verbindlichkeiten der Körperschaft zu begleichen, stellt sich die Frage, mit welchem Wert die nicht getilgten Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen sind bzw ob sie - obwohl sie nicht auf die Anteilsinhaber übergehen - Teil des steuerlichen Abwicklungs-Endvermögens sein können, das von § 19 Abs 4 KStG als das (an die Anteilsinhaber) „zur Verteilung kommende Vermögen“ definiert wird. Diese Problematik stelle sich bei jeder Liquidation nach § 19 KStG, im Zuge derer nicht sämtliche offenen Verbindlichkeiten der in Liquidation befindlichen Körperschaft beglichen werden können; besonders bedeutsam seien aber „Konstellationen, in denen dies bei der Liquidation von Mitgliedern einer Unternehmensgruppe nach § 9 KStG auftritt, weil in diesen Fällen ein etwaiger Liquidationsverlust in das Gruppenergebnis Eingang findet und somit mit positiven Einkünften anderer Gruppenmitglieder bzw des Gruppenträgers ausgeglichen werden kann“ (Anmerkung: Hervorhebung durch den erkennenden Richter).

Die Bestimmung des § 19 KStG sei eine (zwingende) steuerrechtliche Spezialvorschrift für die Ermittlung des Liquidationsgewinnes von unter § 7 Abs 3 KStG fallenden Körperschaften. Für die Anwendung der sonst für die Gewinnermittlung geltenden Vorschriften bleibt daher nur insofern Raum, als § 19 KStG keine abweichende Regelung enthalte. Ein Anknüpfen an Werte der während der Liquidation erstellten UGB-Bilanzen „ist ausgeschlossen, weil entsprechend dem geänderten Gesellschaftszweck der Körperschaft die unternehmensrechtliche Liquidationsbilanz nicht mehr eine Gewinnverteilungsbilanz, sondern eine Vermögensverteilungsbilanz ist“. Das Vermögen werde unternehmensrechtlich mit Zerschlagungswerten und den voraussichtlichen Verwertungserlösen angesetzt, das Going-Concern-Prinzip und das Prinzip der Bewertungsstetigkeit sind aufgehoben. Für das Steuerrecht sehe § 19 KStG eine materielle Bilanzkontinuität vor, da zur Bewertung der Wirtschaftsgüter des Abwicklungs-Anfangsvermögens die Technik der Buchwertverknüpfung herangezogen wird. Demgemäß sind nach § 19 Abs 5 KStG dem Abwicklungs-Anfangsvermögen die (steuerlichen) Buchwerte der letzten Bilanz vor dem Auflösungsbeschluss zugrunde zu legen. Für die Liquidationsbesteuerung kann somit nicht auf die unternehmensrechtlichen Bilanzen zurückgegriffen werden. Das Maßgeblichkeitsprinzip sei während der Liquidation durchbrochen (Verweis auf Lachmayer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, KStG § 19 Tz 8).

Im Abwicklungs-Endvermögen nach § 19 Abs 4 KStG können sowohl materielle als auch immaterielle Wirtschaftsgüter enthalten sein. Der Ansatz hat unabhängig davon zu erfolgen, ob das Wirtschaftsgut bilanziert wurde, wodurch eine generelle Erfassung der stillen Reserven gewährleistet wird.

Was die Problematik der gegenständlichen Rechtssache betrifft, so schließt sich Riedler der Rechtsansicht des BMF mit weitgehend identer Argumentation an (RdW 2014/673, 619 [620 f]) und führt ergänzend insbesondere aus, dass die Ermittlung des Liquidationsgewinnes durch einen „Betriebsvermögensvergleich sui generis“ erfolge. Entscheidend sei, ob ein Wirtschaftsgut von der in § 19 Abs 4 KStG enthaltenen Definition des Abwicklungs-Endvermögens erfasst ist. Da am Ende der Abwicklung noch offene Verbindlichkeiten nicht zur Verteilung an die Anteilsinhaber kämen bzw auf diese übergingen, seien sie auch nicht im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen, was zu einer Gleichbehandlung der nicht getilgten Verbindlichkeiten mit aufgrund der Liquidation untergegangenen Wirtschaftsgütern führe. Dieses Ergebnis „erscheint insofern sachgerecht, als am Ende der Abwicklung noch offene Verbindlichkeiten zwar grundsätzlich zivilrechtlich weiterbestehen, aber aufgrund der Beendigung der Körperschaft nicht mehr von dieser beglichen werden, was hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen mit einem Untergang der Verbindlichkeiten vergleichbar ist“. Die am Ende der Abwicklung noch offenen Verbindlichkeiten nicht im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen, „entspricht somit auch dem Normzweck des § 19 KStG, der in der letztmaligen Erfassung der stillen Reserven des Vermögens der untergehenden Körperschaft liegt“ (Riedler, RdW 2014/673, 619 [619]).

(22) Gegen die Ansicht des BMF im Salzburger Steuerdialog 2014, dass Verbindlichkeiten kein Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens seien, haben sich zunächst Gloser/Bonschak(Bewertung nicht getilgter Verbindlichkeiten bei Liquidation bzw Konkurs, SWK 2015, 421 [423 ff]; der erstgenannte Autor wurde auch im Beschwerdeverfahren federführend als steuerlicher Vertreter tätig), ausgehend vom Sachverhalt der gegenständlichen Beschwerdesache, mit im Wesentlichen folgender Argumentation ausgesprochen:

Durch den Eintritt der Kapitalgesellschaft in die Phase der Liquidation ändert sich der Gegenstand des Unternehmens grundlegend, weil der Abbau der Geschäftstätigkeit, die Tilgung der Schulden und die Verwertung des Vermögens mit dem Ziel der Beendigung der Gesellschaft im Mittelpunkt stünden. Die Rechnungslegung muss sich daher auch dem geänderten Zweck der Unternehmung anpassen. Von grundlegender Bedeutung ist, dass gemäß § 211 Abs 3 AktG bzw § 91 Abs 1 GmbHG die allgemeinen Vorschriften über die Wertansätze in der Jahresbilanz und deren Gliederung für die Liquidation ebenso wie die Prüfungspflicht außer Kraft gesetzt werden.

Das Gesellschaftsrecht erlaubt eine Verteilung des Abwicklungs-Endvermögens an Anteilsinhaber grundsätzlich erst nach Berichtigung sämtlicher Verbindlichkeiten der untergehenden Körperschaft. Gesellschaftsrechtlich ist daher die vollständige Entschuldung der Körperschaft vor ihrer Beendigung vorgesehen. Auch für Zwecke des Körperschaftsteuerrechts geht der Gesetzgeber offensichtlich vom Idealfall einer vollständigen Schuldentilgung bzw einer schuldenfreien Körperschaft aus, bei welchem das Abwicklungs-Endvermögen passivseitig nur aus dem Liquidationskapital und aktivseitig nur aus Geld- und Sachwerten besteht.

Bei der Abwicklung von Konkursen bleiben in der Regel mangels Schuldnachlasses die Schulden weiterbestehen. Die Kapitalgesellschaften werden zwar trotz des Vorliegens der Schulden amtswegig gelöscht. Sollte die Gesellschaft aber nachträglich Vermögen bekommen, steht dieses Vermögen nicht den Gesellschaftern, sondern den noch nicht (vollständig) befriedigten Gläubigern der Gesellschaft zu. Die Schulden sind daher im Abwicklungs-Endvermögen enthalten, sind gemäß § 19 Abs 4 KStG mit dem gemeinen Wert anzusetzen und mindern das Abwicklungs-Endvermögen.

Nach Ansicht von Gloser/Bonschak ist der Ansatz von Verbindlichkeiten im Rahmen des Abwicklungs-Endvermögens auch von den Vorschriften des KStG 1988 gedeckt, da § 19 Abs 4 KStG ausdrücklich von „Wirtschaftsgütern“ spricht, dh von allen im wirtschaftlichen Verkehr selbständig bewertbaren Güter jeder Art, und zwar nicht nur körperliche Gegenstände, sondern auch rechtliche und tatsächliche Zustände. Auch Verbindlichkeiten sind unter den Begriff der Wirtschafts­güter zu subsumieren. Die Verbindlichkeiten werden daher auch nach § 19 Abs 4 KStG bei der Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens berücksichtigt.

Weiters habe beim vorliegenden Sachverhalt ein Konkursverfahren zur Beendigung der Gesellschaft geführt hat. Die Beendigung eines Konkursverfahrens führe „nach der KO“ (Anmerkung des erkennenden Richters: diese gehört nicht mehr dem Rechtsbestand an; gemeint daher offenbar „IO“) nicht zum Wegfall der Verbindlichkeit; es komme zu keiner Restschuldbefreiung, die Verbindlichkeiten verjährten die erst nach 30 Jahren. Nach der Rechtsprechung des VwGH ist, solange nicht einwandfrei feststeht, dass die Schuld auch tatsächlich erloschen ist, die Verbindlichkeit weiterhin auszuweisen.

Trotz amtswegiger Löschung der GmbH könnten jederzeit (innerhalb der langen 30-jährigen Verjährungsfrist) bei einem Auftauchen von nachträglichem Vermögen der GmbH die Forderungen gemäß § 93 Abs 5 GmbHG (Nachtragsliquidation) gegenüber der gelöschten GmbH geltend gemacht werden. Der Gesetzgeber hat klar zum Ausdruck gebracht, dass ein solches nachträgliches Vermögen den Gläubigern der GmbH und nicht deren Gesellschaftern zusteht.

Die Fähigkeit des Schuldners, den Anspruch zu befriedigen, ist dagegen ohne Bedeutung. Schuldnergesellschaften müssen danach bis zum Abschluss der Liquidation und damit bis zur Löschung im Firmenbuch die Verbindlichkeit ausweisen. Eine gegenteilige Auffassung würde zu einer „wirtschaftlich unsinnigen Besteuerung von Scheingewinnen führen“.

(23) Kanduth-Kristen/Komarek(Die Berücksichtigung nicht getilgter Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens, ÖStZ 2015/637, 506 [506]), treten nach Darstellung der Rechtslage und des Inhalts der Ergebnisunterlage des Salzburger Steuerdialogs der in dieser Ergebnisunterlage bzw des hiezu ergangenen „SWK-Spezials“ (Mayr/Melhardt/Lattner/Kufner [Hrsg] 34 ff; vgl oben Pkt 20) vertretenen Rechtsansicht entgegen.

Zivilrechtlich erlöschen Verbindlichkeiten nicht, bevor nicht die in Liquidation befindliche Gesellschaft erloschen ist. Dies ist erst dann der Fall, wenn die Gesellschaft vermögenslos ist, aus dem Firmenbuch gelöscht wurde und kein weiterer Abwicklungsbedarf besteht. Da die Löschung aus dem Firmenbuch aus zeitlicher Sicht nach der Aufstellung des Abwicklungs-Endvermögens erfolgt, bestehen noch nicht getilgte Verbindlichkeiten im Zeitpunkt der Aufstellung des Abwicklungs-Endvermögens jedenfalls weiter fort, dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft aus dem Firmenbuch gelöscht wird.

Aus steuerlicher Sicht stellt § 19 Abs 4 KStG eine Spezialvorschrift zur Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens dar. Dem Abwicklungs-Anfangsvermögen sind die steuerlichen Buchwerte der letzten Bilanz vor dem Auflösungsbeschluss zugrunde zu legen. An die unternehmensrechtlichen Bilanzen kann nicht mehr angeknüpft werden. Das bedeutet, dass das Maßgeblichkeitsprinzip im Rahmen der Liquidationsbesteuerung iSd § 19 KStG grundsätzlich aufgehoben wird. Es sind jedoch bei Ermittlung des Abwicklungs-Anfangs- und Endvermögens die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung einzuhalten. Der Grundsatz der Vollständigkeit gem § 196 UGB, wonach der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände, Rückstellungen, Verbindlichkeiten, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge zu enthalten hat, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, stellt einen dieser zentralen Grundsätze dar. Verbindlichkeiten sind daher auch im Rahmen der Liquidation einer Körperschaft weiterhin anzusetzen. Dies gilt auch für noch nicht getilgte Verbindlichkeiten, diese sind im Rahmen des Abwicklungs-Endvermögens mit den zu ihrer Begleichung notwendigen Beträgen anzusetzen. Eine Ausbuchung kommt nur in Betracht, wenn Verbindlichkeiten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllt werden müssen. Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme ist aus Gläubigersicht und nicht aus Schuldnersicht zu beurteilen. Die Tatsache, dass der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, die Verbindlichkeit zu begleichen, ist keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“. Im österreichischen Fachschrifttum, das sich bislang mit dieser Frage kaum auseinandergesetzt hat, wurde bis zum Salzburger Steuerdialog 2014 - soweit ersichtlich - ein Nichtansatz nicht getilgter Verbindlichkeiten nicht vertreten; Hristov geht davon aus, dass Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen enthalten sein können (Die Liquidation im Ertragsteuerrecht [2011] 131 f).

Zusammengefasst kommen die Autoren zum Schluss, dass die Sichtweise im Salzburger Steuerdialogs 2014, dass nicht getilgte Verbindlichkeiten (eines Gruppenmitglieds) im Abwicklungs-Endvermögen nicht anzusetzen sind und daher zu einem höheren steuerpflichtigen Liquidationsergebnis führen, "abzulehnen" sei, da sie sich weder aus dem Gesetzestext noch aus der von der Finanzverwaltung zitierten BFH-Rechtsprechung ergibt. In dem dem Salzburger Steuerdialog zugrunde liegenden Sachverhalt ergibt sich daher ein Liquidationsverlust. Dass der Liquidationsverlust im Rahmen der Gruppenbesteuerung dem Gruppenträger zugerechnet wird, ist Ausfluss des Gruppenbesteuerungsregimes und damit systemimmanent. Ein Ausschluss der Zurechnung solcher Verluste in der Unternehmensgruppe bedürfte einer positiv-rechtlichen Regelung.

(24) Lachmayer (BMF zur Berücksichtigung nicht getilgter Verbindlichkeiten in Liquidation, RdW 2016/168, 227 [227], FN 1; die Autorin ist Mitarbeiterin des BMF) verweist darauf, dass die Ansicht des BMF im Salzburger Steuerdialog 2014 in der Literatur teilweise sehr kontroversiell diskutiert wurde. Kritisiert wurden die nicht absehbaren Folgen für Insolvenzen, insb auch die möglichen Haftungsfolgen für Insolvenzverwalter, andererseits wurde die Ansicht des BMF grundsätzlich infrage gestellt. Hauptkritikpunkte waren, dass das BMF vertritt, nicht getilgte Verbindlichkeiten wären ertragswirksam aufzulösen, obwohl diese rechtlich nicht untergingen. Eine Bewertung der Verbindlichkeiten mit null wäre unzulässig, da bei späterem Hervorkommen von Vermögen im Rahmen einer Nachtragsliquidation die Verbindlichkeiten noch zu tilgen wären. Zudem würde ein solches Vorgehen den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung widersprechen. Durch die Vorgehensweise des Salzburger Steuerdialogs würden weiters Scheingewinne besteuert.

Lachmayer verweist weiters darauf, dass die Frage, wie Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen zu behandeln sind, jahrzehntelang kein großes Thema in Literatur oder Judikatur war. In Österreich und Deutschland gab es erst in den letzten Jahren Literatur, die sich detaillierter damit beschäftigt hat; auch die deutsche Judikatur hat sich bereits mit dem Thema befasst. In der österreichischen Judikatur ist diese Frage bisher nicht behandelt worden; abschließende höchstgerichtliche Rechtsprechung existiert auch in Deutschland nicht. Sämtliche bisherigen Diskussionen beschäftigten sich immer nur mit der Frage der Bewertung der Verbindlichkeiten. Unbeachtet blieb vor der Aussage des Salzburger Steuerdialogs die Frage, ob Verbindlichkeiten überhaupt Teil des Abwicklungs-Endvermögens sein können und ob dieses negativ sein kann. Die Bewertungsfrage kann sich nämlich nur dann stellen, wenn das Abwicklungs-Endvermögen überhaupt Verbindlichkeiten enthält.

Weiters führt Lachmayer zur Historie der Definition des Abwicklungs-Endvermögens insbesondere Folgendes aus (RdW 2016/168, 227 [228 ff]):

Bestimmungen zur Liquidationsbesteuerung fanden sich bereits im KStG 1920. Seitdem definiert das KStG das Abwicklungs-Endvermögen als „das zur Verteilung kommende Vermögen“. Schon zum KStG 1925 vertrat Kennerknecht (Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz 1925 [1926] § 14 Rz 12), dass das Abwicklungs-Endvermögen das gesamte Abwicklungs-Ergebnis, also nicht nur die am Schluss der Abwicklung ausgeschütteten, sondern auch die während des Abwicklungszeitraumes verteilten Beträge umfasst. Dazu wären auch jene Vermögensbestandteile zu zählen, die mit Einwilligung der Gesellschafter an Dritte verteilt wurden, ohne dass diese darauf einen Rechtsanspruch gehabt hätten. Davon umfasste Betriebsgegenstände wären nicht mit dem Teilwert, sondern mit dem Einzelveräußerungspreis anzusetzen. Eigene Anteile, die nicht an der Vermögensverteilung teilnehmen, könnten das Abwicklungs-Endvermögen nicht erhöhen. Als Vergleichsgegenstand zum Abwicklungs-Anfangsvermögen sei nicht das Betriebsvermögen am Schluss des Besteuerungszeitraumes, sondern das zur Verteilung kommende Vermögen anzusetzen (Kennerknecht, KStG 1925 § 14 Rz 17; das Beispiel in Rz 18 dieses Kommentars zeigt nach Ansicht Lachmayers deutlich, dass der Autor allein jene Beträge, die an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, als Abwicklungs-Endvermögen ansieht [vgl FN 8]).

Mirre/Dreutter (Das Körperschaftsteuergesetz 1934 [München 1939], 599) vertraten zum KStG 1934 im Wesentlichen dasselbe und betonen, dass dann, wenn keine besonderen Vorschriften zur Liquidationsbesteuerung vorgesehen sind, die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften zur Anwendung kommen. Wesentlichste Abweichung sei, dass anstelle des nach den steuerlichen Vorschriften maßgebenden Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres das zur Verteilung kommende Vermögen tritt.

Zum KStG 1934 hielt Pucharski fest, dass das Endvermögen nicht ein nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften zu bewertendes Betriebsvermögen sei, sondern nach der ausdrücklichen Vorschrift des (damaligen) Abs 2 das zur Verteilung kommende Vermögen" (Körperschaftsteuer2, Kommentar zum KStG [1957] § 14 Bemerkung 7). Lachmayer verweist darauf, dass sich diese Aussage sich auch zum KStG 1966 bei Jiresch/Langer, Körperschaftsteuergesetz 1966 (1967) § 18 Bemerkung 8, finde.

Putschögl zum KStG 1966 (Die Körperschaftsteuer8 [1988] § 18 Rz 13 f) sieht im Abwicklungs-Endvermögen die Summe der zur Verteilung gelangenden Vermögenswerte.

Seit Einführung dieser Bestimmung, die unverändert ins KStG 1988 übernommen wurde, ging die Literatur daher stets davon aus, dass nur jene Beträge und jene Sachwerte, die an der Vermögensverteilung teilnehmen, ergo an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, Teil des Abwicklungs-Endvermögens sein können. Deutlich kommt auch zum Ausdruck, dass es sich beim Abwicklungs-Endvermögen keineswegs um das in der Schlussbilanz ausgewiesene Vermögen handelt, das lediglich modifizierten Bewertungsvorschriften unterliegt, sondern dass auch Unterschiede im Umfang der erfassten Wirtschaftsgüter bestehen.

Seit Einführung dieser Bestimmung, die unverändert ins KStG 1988 übernommen wurde, ging nach Ansicht Lachmayers die Literatur daher stets davon aus, dass nur jene Beträge und jene Sachwerte, die an der Vermögensverteilung teilnehmen, ergo an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, Teil des Abwicklungs-Endvermögens sein können. Deutlich kommt auch zum Ausdruck, dass es sich beim Abwicklungs-Endvermögen keineswegs um das in der Schlussbilanz ausgewiesene Vermögen handelt, das lediglich modifizierten Bewertungsvorschriften unterliegt (Anmerkung des erkennenden Richters: mangels unmittelbarer Auswirkung für die gegenständliche Rechtssache sind die in diesem Beitrag enthaltenen Ausführungen zu Bewertungsfragen in diesem Erkenntnis nicht wiedergegegeben), sondern dass auch Unterschiede im Umfang der erfassten Wirtschaftsgüter bestehen.

Auch für das KStG 1988 gehen Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler davon aus, dass das Abwicklungs-Endvermögen das liquide Vermögen nach Versilberung der Aktiven, Eintreibung der Forderungen und Tilgung aller Schulden ist; während des Liquidationszeitraumes an die Gesellschaften ausbezahlte Liquidationsvorabs wären daher hinzuzurechnen (KStG-Kommentar [1996] § 19 Anm 8).

Quantschnigg/Schellmann/Werilly sahen im Abwicklungs-Endvermögen die Summe der zur Verteilung gelangenden Vermögenswerte, bestehend aus Geld und Sachwerten (Die Körperschaftsteuer KStG 19884 § 19 Tz 13). Nach Lachmayer in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger/Vock, Die Körperschaftsteuer, KStG 198827 § 19 Tz 44 f, sind Verbindlichkeiten nicht Teil des Abwicklungs-Endvermögens und damit de facto ertragswirksam (Hervorhebung durch den erkennenden Richter).

Hristov in Lang/Schuch/Staringer, KStG1 § 19 Rz 57, weist darauf hin, dass Verbindlichkeiten ebenfalls auf die Anteilsinhaber übertragen werden können und in dem Fall vom Abwicklungs-Endvermögen abzuziehen seien, um derart das reine Abwicklungs-Endvermögen zu erhalten. Lachmayer weist darauf hin, dass in der 2. Auflage dieses Kommentars der Autor „differenziert und es als Einzelfallentscheidung“ ansieht, ob Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen enthalten sind (vgl Hristov in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG2 § 19 Rz 57a). Für den Fall, dass Verbindlichkeiten auf den Gesellschafter (zB durch Schuldübernahme) oder auf Dritte übergehen, wären sie im Abwicklungs-Endvermögen zu berücksichtigen. Gehen Verbindlichkeiten im Rahmen einer Liquidation nicht auf den Anteilsinhaber über, wären sind auch im Abwicklungs-Endvermögen nicht enthalten. Im Rahmen von Insolvenzen wären nach Ansicht von Hristov Verbindlichkeiten grundsätzlich im Abwicklungs-Endvermögen enthalten (so auch schon Hristov, Die Liquidation im Ertragsteuerrecht [2011] 131, allerdings generell für Liquidationen und nicht nur im Rahmen einer Insolvenz), allerdings kann im Rahmen der Bewertung nach § 14 BewG ein Wert von null herauskommen, wenn überwiegend ausgeschlossen sei, dass die Körperschaft nach Beendigung der Liquidation noch zu Vermögen kommt. Der Autor verweist aber auch darauf, dass eine Verknüpfung zwischen dem Abwicklungs-Endvermögen und dem Begriff des Abwicklungsguthabens nach § 27a Abs 3 Z 2 lit c EStG hergestellt wird und sich diese beiden Begriffe grundsätzlich entsprechen. Damit dürfte der Autor nach Ansicht Lachmayers davon ausgehen, dass das Abwicklungs-Endvermögen nicht negativ werden kann (Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar2 § 19 Rz 55).

Hirschler (Ertragsteuerliche Fragen im Zusammenhang mit der Beendigung von Körperschaften, in Bergmann [Hrsg], Praxisfragen des Körperschaftsteuerrechts, FS Werilly [2000] 149 [152]) geht davon aus, dass im Abwicklungs-Endvermögen auch passive Wirtschaftsgüter enthalten sein können.

Nach Schneider in Achatz/Kirchmayr, KStG § 19 Tz 171 und 174, entspricht das Abwicklungs-Endvermögen der Liquidationsschlussbilanz und seien nicht getilgte Schulden mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Auch Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler (KStG § 19 Anm 8) weisen darauf hin, dass gemäß der handelsrechtlichen Praxis der Betriebsvermögensvergleich durch die Aufstellung einer Liquidationsschlussbilanz ermöglicht wird.

Lachmayer verweist darauf, dass die zuletzt dargestellten Ansichten auch der bisher gängigen Praxis entsprochen haben dürften, dass als Abwicklungs-Endvermögen nicht das zur Verteilung kommende Vermögen, sondern die Liquidationsschlussbilanz bewertet mit dem gemeinen Wert herangezogen wurde und zieht daraus den Schluss, dass dies für den Fall, dass in der Liquidationsschlussbilanz keine Verbindlichkeiten ausgewiesen sind, idR auch zutreffend sei, wobei auch in diesen Fällen aktive Wirtschaftsgüter nur dann ins Abwicklungs-Endvermögen aufgenommen werden dürfen, wenn sie an die Anteilsinhaber verteilt würden. Befinden sich Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen, die nicht auf den Gesellschafter oder Dritte übergehen, widersprechen bisherige Praxis und einige Literaturstellen aber dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. § 19 Abs 2 iVm § 19 Abs 4 KStG 1988 verdrängt die allgemeinen für die Gewinnermittlung geltenden Vorschriften insoweit, als anstelle des nach den §§ 4 ff EStG iVm § 7 KStG ermittelten Betriebsvermögens am Schluss des Liquidationszeitraumes für den Betriebsvermögensvergleich das zur Verteilung kommende Vermögen tritt. Dieses ist offenbar nicht mit dem Betriebsvermögen in der Liquidationsschlussbilanz ident, da der Gesetzgeber sonst das Abwicklungs-Endvermögen wie das Abwicklungs-Anfangsvermögen definiert hätte, bei dem er auf die Schlussbilanz des vorangegangenen Wirtschaftsjahres verweist. Zu einem anderen Ergebnis könnte man kommen, wenn man annimmt, dass der Gesetzgeber lediglich jenen Idealfall einer Liquidation regeln wollte, bei dem alle Verbindlichkeiten getilgt werden und nur mehr liquide Mittel und allenfalls Sachwerte, die an die Gesellschafter ausgekehrt werden, am Ende der Liquidation vorhanden sind. Alle anderen Fälle wären im Rahmen einer Einzelfallentscheidung abzuwägen.

Lachmayer schließt daraus, dass der Gesetzgeber daher offenbar bewusst nicht das Vermögen in der Liquidationsschlussbilanz als Faktor für die Ermittlung des Liquidationsergebnisses heranziehen wollte, sondern auf einen viel engeren Vermögensbegriff abgestellt hat; nämlich auf jenes Vermögen, das zur Verteilung an die Gesellschafter kommt. Werden Verbindlichkeiten nicht auf die Gesellschafter oder Dritte übertragen, können sie daher nicht Teil des Abwicklungs-Endvermögens sein. Wird nichts an die Gesellschafter verteilt, gibt es kein Abwicklungs-Endvermögen; dieses beträgt in den Fällen daher null; keinesfalls kann es aber negativ werden. Aus wirtschaftlicher Sicht ist dies auch sachgerecht, da die Körperschaft durch die Liquidation und nachfolgende Löschung wirtschaftlich bereichert wird, weil sie die Verbindlichkeiten nicht mehr tilgen muss.

In der Literatur wurde kritisiert, dass dadurch die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, insb die Bilanzvollständigkeit, verletzt würden. Dazu ist anzumerken, dass zwar gem § 19 Abs 6 KStG 1988 für die Gewinnermittlung in der Liquidation die allgemeinen Grundsätze gelten, dies allerdings nur dann, wenn § 19 leg cit nichts anderes vorsieht. Die entscheidende Abweichung zur allgemeinen Gewinnermittlung ist in § 19 Abs 2 und 4 KStG 1988 geregelt, indem nicht das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres für den Betriebsvermögensvergleich herangezogen wird, sondern das zur Verteilung kommende Vermögen. Da § 19 KStG 1988 eine eigene Vorschrift vorsieht, die den Umfang des Abwicklungs-Endvermögens festlegt, kann der Grundsatz der Vollständigkeit nicht bewirken, dass Vermögensgegenstände und Schulden, die nicht zur Verteilung kommen, im Abwicklungs-Endvermögen berücksichtigt werden müssen.

Damit, so Lachmayer, relativiere sich die Hauptkritik an der Aussage des Salzburger Steuerdialogs, wonach nicht getilgte Verbindlichkeiten „ausgebucht“ würden, obwohl sie zivilrechtlich fortbestehen. Es spielt keine Rolle, dass die Verbindlichkeiten nach der Löschung der Gesellschaft rechtlich formal weiterbestehen und allenfalls bei später hervorkommendem Vermögen getilgt werden müssen, da es sich dabei um keine Bewertungsfrage handelt. Dadurch dass der Gesetzgeber das Abwicklungs-Endvermögen nur als das zur Verteilung kommende Vermögen definiert hat, finden Verbindlichkeiten, die nicht übertragen werden, allein aufgrund der Tatsache, dass sie an der Vermögensverteilung nicht teilnehmen, keinen Eingang in das Endvermögen. Ob diese zivilrechtlich weiterbestehen, ist hier nicht relevant, weil sie nicht von der Definition des § 19 Abs 4 KStG 1988 erfasst sind.

(25) Nach Beiser, Offene Verbindlichkeiten in der Liquidation einer Körperschaft, RdW 2016/273, 353 (353) beinhaltet das „zur Verteilung kommende Vermögen“ nach § 19 Abs 3 KStG 1988 (Anmerkung des erkennenden Richters; gemeint offenbar § 19 Abs 4 KStG 1988) im Fall einer realen Überschuldung die gleichmäßige Verteilung an die Gläubiger nach den Vorschriften des Insolvenzrechts. Eine Reduktion der Verteilung des Abwicklungs-Endvermögens auf eine Verteilung an die Gesellschafter im Fall eines real positiven Eigenkapitals ist seiner Ansicht nach im Gesetzeswortlaut nicht gedeckt.

Offene Verbindlichkeiten erlöschen nach einem Insolvenzverfahren nicht. Kommt nach Abschluss einer Liquidation (zB in Anfechtungsverfahren) noch verwertbares Vermögen hervor, ist eine Nachtragsliquidation durchzuführen und dieses zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger zu verwenden. Das zeigt: 'Offene Verbindlichkeiten erlöschen nicht. Die gegenteilige Annahme des BMF entspricht nicht der Rechtslage'. Das BMF 'verwechselt', so Beiser, Schuld und Haftung: Offene Verbindlichkeiten gehen zwar nicht auf die Gesellschafter über, erlöschen jedoch nicht, sondern sind für die „Verteilung des Abwicklungs-Endvermögens“ maßgebend.

Die Gewinnermittlungsvorschriften des EStG gelten nach § 7 KStG im Allgemeinen und nach § 19 Abs 6 KStG für die Liquidationsgewinnermittlung im Besonderen auch für das Abwicklungs-Anfangs- und -Endvermögen. Ebenso wie bei einer „Ermittlung des Unterschiedsbetrages zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres“ nach § 4 Abs 1 EStG 1988 am Bilanzstichtag offene Verbindlichkeiten zu passivieren sind, sind am Beginn und Ende des Liquidationszeitraumes offene Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Anfangs- und -Endvermögen zu erfassen: Kapitalgesellschaften ermitteln ihren Gewinn nach § 5 EStG und §§ 189 ff UGB. Am Bilanzstichtag offene Verbindlichkeiten sind nach §§ 198, 211 und 224 UGB zwingend zu passivieren. Im Fall einer Nichtpassivierung ist die Bilanz falsch und nach § 4 Abs 2 EStG 1988 zu berichtigen. Die Schlussbilanz einer Liquidation ist für die „Verteilung des Vermögens“ maßgebend: Nur im Fall eines real positiven Eigenkapitals ist nach Befriedigung aller Gläubiger Vermögen an die Gesellschafter zu verteilen.

Beiser kommt zum finalen Schluss, dass eine Nichterfüllung von Verbindlichkeiten nach der Rechtsprechung des VwGH nicht als eine „Teilnahme am Wirtschaftsleben in Form eines Güter- und Leistungsaustausches" zu qualifizieren ist (Verweis auf sowie Beiser, Steuern13 [2015] Rz 6 ff und Rz 25). Ein ertragsteuerbarer Tatbestand liegt mangels eines Leistungsaustausches nicht vor. Eine Besteuerung fiktiver (tatsächlich nicht realisierter) Gewinne ist gesetzlich (Art 18 B-VG) nicht gedeckt und sachlich (Art 7 B-VG) nicht zu rechtfertigen (RdW 2016/273, 353 [354]).

(26) Nach Kanduth-Kristen, Steuer auf nicht getilgte Verbindlichkeiten - Masseforderung, Insolvenzforderung oder insolvenzfreie Forderung? ZIK 2016, 89 (89 f), widerspricht die unterschiedliche Interpretation des bei der Gegenüberstellung gem § 19 KStG 1988 durch die Begriffe Abwicklungs-Anfangs- und Abwicklungs-Endvermögen verkörperten „Betriebsvermögens“ den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs, wonach es ua auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Bilanz (Bilanzwahrheit) ankommt. Die seitens des BMF aus dem Wortlaut des § 19 Abs 4 KStG 1988 in enger Auslegung abgeleitete Interpretation, wonach das zur Verteilung kommende Vermögen nicht negativ sein kann, negiert ihrer Ansicht nach die Tatsache, dass es sich auch beim Besteuerungssystem des § 19 KStG 1988 um einen Betriebsvermögensvergleich handelt. Selbst wenn ein Verbindlichkeitsüberhang am Ende der Liquidation rechtlich nicht auf die Gesellschafter übergeht, „ist er Bestandteil des zur Verteilung kommenden, wenn auch vielleicht nicht verteilbaren, Vermögens (Anmerkung: Hervorhebung durch den erkennenden Richter) und gemäß § 19 Abs 6 KStG 1988 auf die Gewinnermittlung zudem die sonst geltenden Vorschriften anzuwenden.

(27) Komarek (Zur steuerlichen Behandlung von Rückstellungen im Abwicklungs-Endvermögen, SWK 2016, 961 [961]) verweist darauf, dass das BMF seit dem Salzburger Steuerdialog 2014 die Meinung vertritt, dass bis zum Ende der Abwicklung einer Körperschaft nicht getilgte Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens gem § 19 Abs 4 KStG nicht (mehr) anzusetzen sind, sodass noch offene (und zivilrechtlich weiterbestehende) Verbindlichkeiten das steuerliche Liquidationsergebnis um jenen Wert erhöhen, mit dem sie im Abwicklungs-Anfangsvermögen enthalten waren. Ist eine Körperschaft am Ende der Liquidation „überschuldet“, beträgt das Abwicklungs-Endvermögen somit stets null. Die seiner Ansicht nach „geänderte Verwaltungsansicht“ wird im Schrifttum bereits seit längerer Zeit kontrovers diskutiert. Während „Vertreter der Finanzverwaltung diese Rechtsansicht stützen, lehnen „Beratungspraxis und Wissenschaft die Aussagen des BMF (mE zu Recht) einheitlich ab“. Das Abwicklungs-Endvermögen entspricht jenem Vermögen, das nach Verwertung der Aktiva, Eingang der Forderungen und Tilgung der Verbindlichkeiten an die Gesellschafter verteilt wird. Im Regelfall führt die Versilberung der Sachwerte dazu, dass am Ende der Abwicklung nur mehr liquide Mittel vorhanden sind; ein Restbestand an körperlichen oder unkörperlichen Wirtschaftsgütern ist aber möglich.

Hinsichtlich der sich aus der seiner Ansicht nach geänderten Rechtsansicht der Finanzverwaltung ergebenden steuerlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen sowie der seines Erachtens zu Recht vorgebrachten Kritikpunkte verweist Komarek auf die „umfassenden Ausführungen im Fachschrifttum“ (SWK 2016, 961 [963] FN 18).

(28) Dellinger (Von der Besteuerung des Liquidationsgewinnes zur „Überschuldungssteuer“, Der Gesellschafter [GesRZ] 2016, 84 [85] mwN) kommt zunächst allgemein zum Ergebnis, dass die vom BMF im Salzburger Steuerdialog 2014 vertretene Ansicht, dass Verbindlichkeiten nicht Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens seien, „ganz logisch und scharfsinnig“ klinge, aber nicht „der Weisheit letzter Schluss sein“ könne (Anmerkung des erkennenden Richters: der Autor ersucht in seinem Beitrag um „Nachsicht“, sofern Ausführungen „allzu pointiert geraten sein sollten“). Die Verbindlichkeiten gingen nämlich, auch wenn sie nicht befriedigt würden, nicht unter. Tauche nämlich wider Erwarten noch Vermögen auf, sei dieses grundsätzlich nicht an die Anteilseigner auszuschütten, sondern unterliege auch noch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens der Nachtragsverteilung auf Basis des Schlussverteilungsentwurfs (vgl § 138 Abs 2 IO). Die Vollbeendigung von Kapitalgesellschaften erfordere neben der Löschung im Firmenbuch auch die Vermögenslosigkeit. Somit lasse sich die Meinung vertreten, dass die Verbindlichkeiten auch am Ende der konkursmäßigen Abwicklung noch iSd § 19 Abs 4 KStG zum „zur Verteilung kommenden Vermögen“ gehören, „auch wenn niemand dafür einstehen muss“. Die gedankliche Vormerkung eines großen „Minus“ auf allfällige Verteilungswünsche der Gesellschafter sei gleichfalls in gewisser Weise eine „Verteilung“ (Dellinger, GesRZ 2016, 84 [85 f]. Dellinger verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die „BMF-Vertreter“ einwandten, dass das (eher seltene) Auftauchen von weiterem Vermögen offene Verbindlichkeiten nur im (geringen) Ausmaß des aufgetauchten Vermögens abdecken könne und – über die gesamte Abwicklung gesehen – dasselbe steuerliche Ergebnis erzielt worden wäre, wenn das gesamte Vermögen gleich (ohne Nachtragsliquidation) verteilt worden wäre. Daran sei richtig, dass die Nachtragsliquidation in der Praxis selten vorkomme und dass es selten um große Summen gehe.

Ein weiterer Argumentationsansatz könnte die Hinterfragung der inneren Logik des § 19 KStG sein. In der Auslegung des BMF „sieht es so aus, als würde dieses zur Ermittlung des Liquidationsgewinnes Äpfel und Birnen miteinander vergleichen, wenn es beim Abwicklungs-Anfangsvermögen (vgl § 19 Abs 5 KStG) um das Gesellschaftsvermögen und beim Abwicklungs-Endvermögen um den Wert aus Sicht der Anteilseigner (‚das zur Verteilung kommende Vermögen‘; vgl § 19 Abs 4 KStG) geht“. Bliebe man stattdessen beide Male in derselben Kategorie, würde sich der vermeintliche Liquidationsgewinn in nichts auflösen; zu einem Liquidationsgewinn gelange das BMF in Überschuldungsfällen nur durch den Perspektivwechsel. Es stelle sich die Frage, ob § 19 KStG tatsächlich zu einem Perspektivwechsel zwingt. Bedenke man die Auswirkungen auf normale Insolvenzfälle, werde man annehmen können, dass der Gesetzgeber einen solchen Perspektivwechsel gar nicht beabsichtigt hat. Bei einem im Liquidationsfall nach Zahlung aller Verbindlichkeiten verbleibenden positiven Vermögen „gibt es keinen praktischen Unterschied zwischen dem Gesellschaftsvermögen und dem, was zur Verteilung an die Gesellschafter gelangt. Die Gesellschafter erhalten eben alles, was übrig geblieben ist.“ Wenn der Gesetzgeber in § 19 Abs 4 KStG vom „zur Verteilung kommenden Vermögen“ spreche, „sollte man sich nicht an den engen Wortsinn des Verteilungsbegriffs klammern, sondern die Wendung schlicht als anderen Ausdruck für das Gesellschaftsvermögen verstehen“ (Dellinger, GesRZ 2016, 84 [86]).

Einzuräumen ist allerdings auch nach Dellinger (GesRZ 2016, 84 [86 b]), dass der „Anlassfall, für den das BMF seine Rechtsmeinung zur Bestimmung des Liquidationsgewinnes entwickelt hat (Anmerkung des erkennenden Richters: dies ist der gegenständliche Beschwerdefall: Hervorhebung durch dene erkennednen richter), doch auch nachdenklich stimmt“. Es ging nicht um den bisher diskutierten Fall der Insolvenz einer alleinstehenden Kapitalgesellschaft; die insolvente GmbH war Gruppenmitglied und hatte regelmäßig hohe Verluste erzielt und in die Gruppenbesteuerung eingebracht, wodurch sich die anderen Gruppenmitglieder, die ihrerseits Gewinne erzielt hatten, „jahrelang Steuer gespart haben“. Aufgrund der Gruppenbesteuerung hatte die GmbH keine Verlustvorträge mehr, die in der Insolvenz die Auswirkungen der vom BMF entwickelten Liquidationsgewinn-Besteuerung hätten ausgleichen können. Die Steuerbelastung, die für den vom BMF angenommenen Gewinn anfiel, war nicht durch Zugriff auf das verteilungsfähige Vermögen zu tragen, sondern durch Zuweisung an den Gruppenträger. Belastet wurden durch die Rechtsansicht des BMF im Anlassfall also nicht die Konkursgläubiger, sondern die übrigen Gruppenmitglieder. „Dieses Ergebnis und die dahinter stehende Wertung erscheinen für sich genommen mE durchaus nachvollziehbar (Anmerkung: Hervorhebung durch den erkennenden Richter): Ziehe eine Gruppe Vorteile aus den Verlusten eines Gruppenmitglieds, soll sie die den Verlust widerspiegelnden Verbindlichkeiten nicht durch Insolvenz loswerden können, ohne dass dies einen letztlich der Gruppe zurechenbaren Liquidationsgewinn darstellt. „Anderenfalls wäre die Aufnahme von schwachen Gruppenmitgliedern, die dann irgendwann in Konkurs geschickt werden, ein perfektes Steuersparmodell.Unter diesem Aspekt ist es auch nicht völlig unverständlich, dass das BMF an seiner Rechtsansicht trotz der daran verbreitet geübten und berechtigten Kritik dem Grunde nach festhält (Anmerkung: Hervorhebung durch den erkennenden Richter).

(29) Marschnervertritt in seiner Monographie Einlagen in Kapitalgesellschaften (2015), 465 f, die Ansicht, dass im Rahmen der Ermittlung des Liquidationsendvermögens zu prüfen sei, ob die Verbindlichkeit noch eine Belastung des Steuerpflichtigen darstellt oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllt werden müsse (Verweis auf BFH , I R 34/12, BFH/NV 2014, 1014, vgl FN 2255). Das BMF "verlangt" (Verweis auf die Ergebnisunterlage des Salzburger Steuerdialogs; vgl Pkt 18), dass nicht mehr zu begleichende Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen gemäß § 19 Abs 4 KStG 1988 nicht mehr angesetzt würden, was für alle Wirtschaftsgüter gilt, die nicht an die Gesellschafter verteilt werden. Bei Insolvenz des Schuldners sei zu beachten, dass durch Zahlung der Ausgleichsquote die Schulden gegebenenfalls erlöschen. Die Verbindlichkeit ist in diesem Fall im jeweiligen Zeitpunkt der Zahlung der Ausgleichsquote insoweit auszubuchen (Verweis auf : Zahlung der Ausgleichsquote als „wertbeeinflussender“ Umstand, der nicht zur Ausbuchung der Verbindlichkeit zum vorherigen Bilanzstichtag führt [FN 2257]). Eine Verbindlichkeit ist auch erfolgswirksam auszubuchen, wenn ein Insolvenzverfahren mangels Kostendeckung nicht eingeleitet werde. Ab dem Zeitpunkt des abweisenden Gerichtsbeschlusses müsse der Schuldner nicht mehr mit der Inanspruchnahme der Gläubiger rechnen (-I/06). Dem steht jedoch entgegen, dass die Verbindlichkeiten erst nach 30 Jahren verjähren (Verweis auf Gloser/Bonschak, SWK 2015, 421 [423 f]).

c) Literatur zur Gruppenzugehörigkeit eines sich in Liquidation befindlichen Gruppenmitglieds

(30) Was die von der Bf ebenfalls vorgebrachte Thematik des Fortbestehens einer Unternehmensgruppe iZm Liquidationen betrifft, so hat, worauf die Bf gleichfalls hinweist, Urtz (UFS: Liquidation des Gruppenträgers beendet die Unternehensgruppe, Ges 2007, 29 [31 f]) die Zurechnung des Ergebnisses eines in Liquidation befindlichen Gruppenmitglieds unter Bezugnahme auf die UFS-Entscheidung vom , RV/0194-K/06 deshalb als „problematisch“ angesehen, weil der mehrjährige Besteuerungszeitraum in der Liquidation nicht mit § 9 Abs 6 KStG 1988 „zusammenpasst“.

d) Rechtsansichten des deutschen Bundesfinanzhofs

(31) Der BFH hat in seinem Urteil vom , I R 34/12, BFH/NV 2014, 1014 in den Rn 20 ff wörtlich ausgeführt:

„Wird eine Kapitalgesellschaft nach der Auflösung abgewickelt, so ist im Grundsatz der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen (§ 11 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002). Zur Ermittlung des Gewinns ist das Abwicklungs-Endvermögen dem Abwicklungs-Anfangsvermögen gegenüberzustellen (§ 11 Abs. 2 KStG 2002). Für die Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens sind die sich nach den allgemeinen Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) ergebenden Werte anzusetzen ....

Für die Bewertung der Schulden im Abwicklungs-Endvermögen gilt demzufolge die Bestimmung des § 12 Abs. 1 BewG. Danach sind u.a. Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Der BFH hat entschieden, dass zwar für Schulden nicht die Bestimmung des § 12 Abs. 2 BewG gilt, wonach Forderungen, die uneinbringlich sind, außer Ansatz bleiben; jedoch sind Ausnahmefälle denkbar, in denen mit einer bestehenden Schuld keine wirtschaftliche Belastung (mehr) verbunden ist und in denen die Schulden demnach außer Ansatz bleiben (Hervorhebung durch den erkennenden Richter) ....

Ohne dass der Senat hierzu im streitgegenständlichen Verfahren näher Stellung zu nehmen hat, ist es vor diesem Hintergrund zumindest diskussionswürdig, entsprechend der hier vom FA vertretenen Auffassung als einen solchen Ausnahmefall auch eine bestehende Forderung anzusehen, die aufgrund der bevorstehenden Existenzbeendigung des Schuldners mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllt werden wird ....“

(32) Dem von der Bf zitierten Urteil vom , IX R 28/14, BFH/NV 2015, 1679, lag sachverhaltsmäßig eine Konstellation zu Grunde, dass eine GmbH ihrem Alleingesellschafter für private Zwecke ein Darlehen gewährt hatte, hinsichtlich dessen weder schriftliche Verträge abgeschlossen noch Sicherheiten vereinbart worden sind, hinsichtlich dessen die GmbH infolge zu erwartender Uneinbringlichkeit Teilwertabschreibungen vornahm, und sie in der Folge in Insolvenz geriet und amtswegig gelöscht wurde. Strittig war, inwieweit sich beim Alleingesellschafter Einkünfte aus Kapitalvermögen (Liquidationsgewinn) infolge möglichen Wegfalls der Forderung der nicht mehr bestehenden GmbH ergeben hätten. Der BFH führte wörtlich aus:

„Zivilrechtlich hat die rechtskräftige Ablehnung des Insolvenzantrags mangels Masse die Auflösung der Gesellschaft zur Folge ... Die Gesellschaft ist abzuwickeln und bei Vermögenslosigkeit im Handelsregister zu löschen .... Weder die Auflösung noch die sich wegen Vermögenslosigkeit anschließende Löschung der GmbH führen zivilrechtlich zur Befreiung des Gesellschafters von einer gegenüber der Gesellschaft bestehenden Verbindlichkeit und damit zur Zuteilung oder Zurückzahlung von Vermögen der Gesellschaft. Etwaige Forderungen der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern bleiben materiell-rechtlich grundsätzlich weiterhin bestehen. Stellt sich nach der Löschung der Gesellschaft nachträglich verteilungsfähiges Vermögen der Gesellschaft heraus, das bei der Liquidation übersehen worden ist, kommt eine Nachtragsliquidation in Betracht .... Ein solches Vermögen kann insbesondere darin bestehen, dass die Gesellschaft noch geldwerte Ansprüche gegen ihre Gesellschafter hat, z.B. weil sich der zuvor vermögenslose Schuldner wieder als zahlungsfähig erweist ... Das FG hat zu Unrecht alleine in dem Umstand, dass der Kläger angesichts der Auflösung und der ... anschließenden Löschung der GmbH mit einer Inanspruchnahme aus der aus dem Verrechnungskonto resultierenden Forderung nicht mehr zu rechnen brauchte, einen Vermögensvorteil gesehen, der im Streitjahr wie ein dem Kläger im Rahmen der Liquidation zugeteiltes Vermögen zu behandeln und in den Veräußerungspreis ... einzubeziehen sei. Ob die gegen den Kläger bestehende Forderung der GmbH im Rahmen der Auflösung aus anderen Gründen —wie beispielsweise durch Erlass oder Aufrechnung— zivilrechtlich erloschen ist, hat das FG nicht geprüft. Der bloße wirtschaftliche Wegfall der Verbindlichkeit führt indes nicht dazu, dass dem Kläger ein Wirtschaftsgut aus dem Vermögen der Gesellschaft zugeteilt wurde. ...“

(33) Kahlert (Liquidationsbesteuerung der GmbH: Keine Auflösung einer nicht-befriedigten Verbindlichkeit) beschäftigt sich in dieser Besprechung des BFH-Urteils vom , IX R 28/14, BFH/NV 2015, 1679 insbesondere mit der Frage, ob eine nichtbefriedige Verbindlichkeit im Rahmen der Liquidation einer GmbH ertragswirksam aufzulösen ist und kommt zusammengefasst zum Schluss, dass eine Auflösung weder wegen zivilrechtlicher Existenzbeendigung einer GmbH noch wegen deren Vermögenslosigkeit zu erfolgen hat. Er geht dabei primär auf jene dem angeführten BFH-Urteil zu Grunde liegende Konstellation ein, dass die GmbH eine Forderung gegenüber einem Geseelschafter auswies.

Erwägungen des Bundesfinanzgerichts

(34) Die Bestimmungen im 7. Abschnitt des KStG 1988 über die im gegenständlichen Fall vorliegende Liquidation einer unter § 7 Abs 3 KStG 1988 fallenden Körperschaft stellen eine – im Vergleich zu unternehmensrechtlichen Regelungen – steuerrechtlich zwingend anzuwendende Spezialvorschrift für die Ermittlung des Liquidationsgewinnes dar (vgl Riedler, RdW 2014/673, 619 [620], der den diesbezüglichen Betriebsvermögensvergleich als einen solchen „sui generis“ bezeichnet). Für die Anwendung der ansonsten für die (laufende) Gewinnermittlung geltenden Vorschriften bleibt daher nur insofern Raum als § 19 KStG 1988 keine abweichende Regelung enthält (ebenso Lachmayer, RdW 2016/227 [227]). Damit ist aber klargestellt, dass in § 19 KStG 1988 einerseits das unternehmensrechtliche Maßgeblichkeitsprinzip (vgl dazu Jakom/Marschner, EStG9 [2016] Rz 201) nicht durchgängig zum Tragen kommt, andererseits aber auch Abweichungen zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des KStG 1988 selbst (vgl insbesondere § 7 Abs 1 leg cit) enthalten sind.

(35) Der Liquidationsgewinn nach § 19 KStG 1988 ist der im besonderen Besteuerungszeitraum nach § 19 Abs 3 KStG 1988 erzielte Gewinn, der sich gemäß § 19 Abs 2 KStG 1988 aus der Gegenüberstellung des Abwicklungs-Endvermögens (vgl § 19 Abs 5 leg cit) und des Abwicklungs-Anfangsvermögens (vgl § 19 Abs 4 leg cit) ergibt (vgl oben Pkt 15). Ein Anknüpfen an Werte der während der Liquidation nach den Bestimmungen des UGB erstellten Bilanzen ist ausgeschlossen, weil entsprechend dem geänderten, nicht mehr in einer werbenden Tätigkeit bestehenden, Gesellschaftszweck der Körperschaft die unternehmensrechtliche Liquidationsbilanz nicht mehr eine Gewinnverteilungsbilanz, sondern eine Vermögensverteilungsbilanz ist. Das Vermögen wird unternehmensrechtlich nicht mehr mit den Buchwerten, sondern mit Zerschlagungswerten und den voraussichtlichen Verwertungserlösen angesetzt, das Going-Concern-Prinzip und das Prinzip der Bewertungsstetigkeit sind, wie auch die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung festhält (vgl oben Pkt 7) aufgehoben (Geist/Jabornegg in Jabornegg/Strasser [Hrsg], Kommentar Aktiengesetz 2. Band5 [2010] § 211 Rz 4; Trisko, Die Rechnungslegung der Kapitalgesellschaften in der Liquidation, RWZ 2002, 305 ff; Reich-Rohrwig, Die Liquidation von Unternehmen aus handels- und steuerrechtlicher Sicht, in Bertl/Mandl/Mandl/Ruppe [Hrsg], Insolvenz - Sanierung - Liquidation [1998], 134 f). Für das Steuerrecht sieht § 19 KStG 1988 aber eine materielle Bilanzkontinuität vor, da zur Bewertung der Wirtschaftsgüter des Abwicklungs-Anfangsvermögens die Technik der Buchwertverknüpfung herangezogen wird (vgl zB Wiesner, Gründung, Umwandlung und Liquidation von Kapitalgesellschaften unter Beachtung der Körperschaftsteuerreform, in Bertl/Mandl/Mandl/Ruppe [Hrsg], Die Kapitalgesellschaft nach der Steuerreform 1988 [1989], 41).

(36) Die in § 19 Abs 5 KStG 1988 enthaltene Definition des Abwicklungs-Anfangsvermögens als jenes Betriebsvermögen, das am Schluss des der Auflösung vorangegangenen Wirtschaftsjahres (hier zum ) noch nach den allgemeinen Vorschriften über die Gewinnermittlung anzusetzen war, wird in der Lehre einhellig beurteilt und ist auch im gegenständlichen Fall unstrittig. Es handelt sich demnach um das Nominalkapital zuzüglich freier Rücklagen, gesetzlicher Rücklagen und Gewinnvorträgen abzüglich ausstehender Einlagen auf das Nominalkapital und (bilanzielle) Verlustvorträge (Lachmayer in Renner/Strimitzer/Vock, KStG 198827 § 19 Tz 45) bzw im Ergebnis gleichlautend um das Betriebsvermögen, welches am Schluss des dem Eintritt eines Auflösungstatbestandes vorangegangenen Wirtschaftsjahres nach den Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung anzusetzen war, somit also das zu Buchwerten (vgl RFH , I A a 845/28) bewertete Betriebsvermögen (Anlage- und Umlaufvermögen einschließlich eigener Anteile) nach Abzug der Verbindlichkeiten, der ausstehenden Einlagen auf das Nennkapital und der bilanziellen Verlustvorträge; vgl Hristov in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG2, § 19 Rz 58).

(37) Strittig ist hingegen Ermittlung und Umfang des Abwicklungs-Endvermögen (hier zum ). Die diesbezüglichen im gegenständlichen Verfahren abgegebenen umfangreichen Ausführungen in den diversen Schriftsätzen der Verfahrensparteien befassen sich zusammengefasst letztlich nahezu ausschließlich damit, welcher Inhalt der Wortfolge „das zur Verteilung kommende Vermögen“ in § 19 Abs 4 KStG 1988 als Definition dieses Abwicklungs-Endvermögens einer Liquidation beizumessen ist.

Nur insoweit sind nach Ansicht des erkennenden Richters auch die zahlreichen, oben zT wiedergegebenen Aussagen der Verwaltungspraxis (vgl Pkt 18), literarischen Beiträge (vgl Pkte 19 bis 30 bzw Judikaturzitate des deutschen Bundesfinanzhofs (vgl Pkte 31 und 32 bzw der entsprechenden Literaturmeinung hiezu; vgl Pkt 33) für diese Rechtssache von Bedeutung. Die gleichfalls thematisierte Frage der Bewertung der Bestandteile des Abwicklungs-Endvermögens ist hingegen dann irrelevant (und im Übrigen offenbar auch nicht strittig), wenn, wie aus dem Spruch ersichtlich, dem Beschwerdebegehren nicht näherzutreten war, weil, wie im Einzelnen noch dargestellt werden wird, Verbindlichkeiten schon dem Grunde nach diesbezüglich nicht miteinzubeziehen sind (vgl auch Lachmayer, RdW 2016/227 [228]).

(38) Die steuerrechtliche Definition des Abwicklungs-Endvermögens erscheint angesichts des Hinweises in § 19 Abs 4 erster Satz KStG 1988, dass es sich hiebei um „das zur Verteilung kommende Vermögen handelt“, nach Ansicht des erkennenden Richters, jedenfalls vom Wortlaut dieser Bestimmung her, eindeutig: das Vermögen muss tatsächlich an die Anteilseigner verteilt werden (vgl etwa Lachmayer in Renner/Strimitzer/Vock, KStG25, § 19 Tz 43 bzw Schneider in Achatz/Kirchmayr, KStG § 19 Tz 171 bzw aus Sicht der Verwaltungspraxis KStR 2013 Rz 1438); allenfalls im (unternehmensrechtlichen) Betriebsvermögen vorhandenes Vermögen, das am Ende der Abwicklung nicht an die Anteilsinhaber verteilt wird, ist (sofern ein derartiger Fall überhaupt denkbar ist) somit nach dem Gesetzeswortlaut kein Bestandteil des steuerlichen Abwicklungs-Endvermögens iSd § 19 Abs 4 KStG 1988. In diese Richtung hin argumentiert auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid, indem sie ausführt, dass der Umstand, ob ein Wirtschaftsgut im Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen ist, davon abhängt, ob es zur Verteilung an die Gesellschafter gelangt (vgl oben Pkt 5; ebenso dem Grunde nach auch etwa Lachmayer in Renner/Strimitzer/Vock, KStG25, § 19 Tz 43; dieselbe, RdW 2016/168, 227 [228 ff]; Hristov in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG2, § 19 Rz 54 bzw derselbe in Liquidation im Ertragsteuerrecht, 124). Ein „zur Verteilung kommendes Vermögen“ muss nach Ansicht des erkennenden Richters auch zwingend – rechtlich wie faktisch - „verteilbar“ sein; insofern sind jene Ausführungen Kanduth-Kristens in ZIK 2016, 89 (89 f), dass darunter auch „vielleicht nicht verteilbares Vermögen“ (bezogen auf Verbindlichkeiten) fallen könne, nicht nachvollziehbar, dies insbesondere deshalb, weil Kanduth-Kristen selbst einräumt, dass ein Verbindlichkeitenüberhang nicht auf die Gesellschafter übergeht.

Die explizite Bezugnahme des Gesetzgebers auf das Erfordernis der „Verteilung“ in der Definition des Abwicklungs-Endvermögens bedeutet aber auch, dass das anstelle des nach den §§ 4 ff EStG 1988 iVm § 7 KStG 1988 ermittelten Betriebsvermögens am Schluss des Liquidationszeitraumes für den Betriebsvermögensvergleich zur Verteilung kommende Vermögen nicht mit dem Betriebsvermögen in der Liquidationsschlussbilanz ident sein muss, da der Gesetzgeber sonst das Abwicklungs-Endvermögen wie das Abwicklungs-Anfangsvermögen definiert hätte, bei dem er auf die Schlussbilanz des vorangegangenen Wirtschaftsjahres verweist (Lachmayer, RdW 2016/168, 227 [229]). Dem Gesetzgeber insoweit eine unpräzise Ausdrucksweise oder gar einen Irrtum zu unterstellen, wäre nach Ansicht des erkennenden Richters verfehlt und wird auch von der Bf nicht behauptet. Somit sind die unterschiedlichen Definitionen in § 19 Abs 5 KStG 1988 bzw § 19 Abs 4 leg cit offenbar bewusst gewählt und stellt der Gesetzgeber daher auf einen anderen - viel engeren - Vermögensbegriff ab (Lachmayer, RdW 2016/168, 227 [229]). Gegen einen „Irrtum“ des Gesetzgebers spricht weiters, dass die Bestimmungen zur Liquidationsbesteuerung auch in früheren Regelungen des Körperschaftsteuerrechts für Insolvenzen gleichermaßen gegolten haben, bei denen nicht getilgte Verbindlichkeiten den Normalfall darstellen (vgl etwa Mirre/Dreutter, Das Körperschaftsteuergesetz 1934 [München 1939], 596; RFH , I 44/40, RStBl 1940, 715).

(39) Da idR während des Beginns der Abwicklung einer Körperschaft vorhandene Wirtschaftsgüter durch Verwertung in liquide Mittel verwandelt und damit sämtliche Verbindlichkeiten erfüllt werden (von Gloser/Bonschak, SWK 2015, 421 [423] bzw Lachmayer, RdW 2016/168, 227 [229] als „Idealfall“ bezeichnet; ein Fall der gegenständlich allerdings nicht vorliegt), handelt es sich beim Abwicklungs-Endvermögen um das nach Aufdeckung der stillen Reserven versilberte Vermögen der liquidierten Körperschaft (vgl etwa Hristov in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG2, § 19 Rz 54; ähnlich derselbe in Liquidation um Ertragsteuerrecht, 124 [mit der Maßgabe, dass ausschließlich liquide Mittel vorliegen können]; Lachmayer, RdW 2016/168, 227 [229]). Nur bei einer derartigen Konstellation kann das gesamte in der Liquidationsschlussbilanz angesetzte Betriebsvermögen uneingescheänkt zur Verteilung kommen und sind Betriebsvermögen in der (unternehmensrechtlichen) Liquidationsschlussbilanz und im (nach ausschließlich steuerlichen [Spezial-]Vorschriften) Abwicklungs-Endvermögen ident (Lachmayer, RdW 2016/168, 227 [229]); ein Fall, der gegenständlich nicht vorliegt.

(40) Als Zwischenergebnis ist somit nach Ansicht des erkennenden Richters festzuhalten, dass im Abwicklungs-Endvermögen ausschließlich das an die Anteilseigner zu verteilende Vermögen enthalten sein kann, was aber auch bedeutet, das sämtliche Vermögenswerte positiver und negativer Natur, welche an die Anteilseigner nicht zur Verteilung gelangen (können), dort keinen Platz haben. Wird kein Vermögen, in welcher Form auch immer, an die Gesellschafter verteilt, gibt es kein Abwicklungs-Endvermögen bzw beträgt es in diesen Fällen null und kann keinesfalls negativ werden. Aus wirtschaftlicher Sicht ist dies aus Sicht der Literatur insofern sachgerecht, als die Körperschaft durch die Liquidation und nachfolgende Löschung wirtschaftlich bereichert wird, weil sie die Verbindlichkeiten idR nicht mehr tilgen muss (Lachmayer, RdW 2016/168, 227 [229]), selbst wenn diese zivilrechtlich fortbestehen.

(41) Im nächsten Schritt gilt es zu klären, welche Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen einer Körperschaft iSd § 7 Abs 3 KStG 1988 nach erfolgter Liquidation an die Anteilseigner im Einzelnen zur Verteilung iSd § 19 Abs 4 KStG 1988 gelangen können, insbesondere inwieweit dazu auch „negative Wirtschaftsgüter“ (im Falle eines Abweichens vom „Idealfall“; vgl oben Pkt39) gerechnet werden können.

(42) Bestandteile des Betriebsvermögens sind ua Wirtschaftsgüter. Allgemein gesehen sind auch „passive“ Wirtschaftsgüter, wie zB Verbindlichkeiten, darunter zu subsumieren (vgl etwa Gloser/Bonschak, SWK 2015, 421 [423]).

Was daher die Passivseite der Liquidations-Endbilanz betrifft, so kann diese grundsätzlich auch offen gebliebene Verbindlichkeiten als Vermögensbestandteile negativer Art der Körperschaft enthalten, sofern etwa der Erlös aus der Versilberung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens nicht ausgereicht hat, diese zu tilgen (vgl etwa Hirschler, Ertragsteuerliche Fragen in Zusammenhang mit der Beendigung von Körperschaften, in Bergmann [Hrsg], Praxisfragen zum Körperschaftsteuerrecht, FS Werilly [2000]) 149 [152]). Nach Ansicht des erkennenden Richters können diese allerdings nur dann im Abwicklungs-Endvermögens als Passivposten zum Ansatz kommen, wenn sie, entsprechend der gesetzlichen Definition, gleichfalls gleichsam an die Anteilseigner „verteilt“ werden (so auch das BMF primär unter insolvenzrechtlichen Aspekten in den BMF-Informationen vom , BMF-010203/0002-VI/6/2016 [vgl dazu auch Dellinger, GesRZ 2016, 83] bzw vom , BMF-010200/0013-VI/6/2016; aA offenbar Lachmayer in Quantschnigg/Schellmann/Stöger/Vock, KStG25, § 19 Tz 43, die ausdrücklich nur Geld und Sachwerte miteinbezieht); jede andere Betrachtungsweise würde dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 19 Abs 4 KStG 1988 entgegenstehen.

(43) Einer „Verteilung“ von Verbindlichkeiten als negative Wirtschaftsgüter im Sinne dieser Gesetzesstelle kann aber nur der Sinngehalt unterstellt werden, dass diese von den Gesellschaftern zu übernehmen sind. Dieser Fall tritt jedoch, wie auch die Bf in der gegenständlichen Bescheidbeschwerde selbst unter Hinweis auf die der Rechtsform der GmbH innewohnenden Haftungsbeschränkung zutreffend bestätigt (vgl Pkt 6), bei nach Beendigung einer Liquidation noch verbleibenden Verbindlichkeiten rechtlich nicht ein (Kanduth-Kristens in ZIK 2016, 89 [89 f]); allfällige Haftungen von Anteilseignern bleiben hievon unberührt, beruhen aber auf anderer rechtlicher Basis (vgl auch Beiser, RdW 2016/273, 353 [353]), etwa weil – wie auch die Bf hinsichtlich des an ihr beteiligten Gruppenträgers vorbringt (vgl Pkt 2) - diese Bürgschaften für die Gesellschaft eingegangen sind. Aus diesem Grund ist nach Ansicht des erkennenden Richter auch der von der Bf für ihren Standpunkt herangezogene Ansicht Dellingers (in GesRZ 2016, 84, [86]) in dieser Allgemeinheit nicht näherzutreten, wonach man die Bezugnahme auf das Erfordernis der Verteilung „schlicht als anderen Ausdruck für das Gesellschaftervermögen verstehen“ sollte. Davon abgesehen vertritt Dellinger bei der hier vorliegenden Konstellation der Insolvenz eines Gruppenmitglieds ohnehin eine differenzierte Meinung (GesRZ 2016, 84, [86 f]) – die Bf hat es in ihrer Eingabe vom (vgl Pkt 9) unterlassen, darauf hinzuweisen und das von ihr angeführte Zitat somit aus dem Zusammenhang gerissen - und hält insoweit die den Ansatz von Verbindlichkeiten verneinende BMF-Ansicht, die jener des angefochtenen Bescheides entspricht, für „durchaus vertretbar“ und das Festhalten des BMF an dieser Meinung „für nicht völlig unverständlich“. Dellinger hat mit seiner sinngemäßen Aussage in Bezug auf das Abwicklungs-Endvermögen als offenbares Synonym für das Gesellschaftervermögen wohl gleichfalls den, wie bereits erwähnt hier nicht gegebenen, Idealfall einer am Ende der Liquidation schuldenfreien Gesellschaft vor Augen.

(44) Die aus der allgemeinen Definition negativer Wirtschaftsgüter (vgl dazu Gloser/Bonschak, SWK 2015, 421 [423]) augenscheinlich gezogene Schlussfolgerung, Verbindlichkeiten seien daher auch (offenbar jedenfalls bzw stets) nach § 19 Abs 4 KStG 1988 bei der Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens einkunftsmindernd zu berücksichtigen (vgl gleichfalls ua Gloser/Bonschak, SWK 2015, 421 [423]; vgl weiters die Hinweise bei Komarek SWK 2016, 961 [963]) [FN 18]), ist daher nach Ansicht des erkennenden Richters mit dem Wortlaut des § 19 Abs 4 KStG 1988 nicht in Einklang zu bringen und wird daher von ihm in dieser generalisierenden Form nicht geteilt. Was den Hinweis von Kanduth-Kristen/Komarek in ÖStZ 2015/637, 506 [506] betrifft, dass nach Hristov (Die Liquidation im Ertragsteuerrecht [2011] 131 f) Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen enthalten sein können, so ust dem zu entgegnen, dass dieser Autor diese Aussage in einer späteren Publikation (in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG2 § 19 Rz 57a; erschienen 2016) offenbar auch unter dem Eindruck des Beschwerdefalls nicht mehr in dieser Allgemeinheit aufrechterhält, sondern es als "Einzelfallentscheidung“ ansieht, ob Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen enthalten sind. Nur für den hier nicht vorliegenden Fall, dass Verbindlichkeiten auf den Gesellschafter (zB durch Schuldübernahme) oder auf Dritte übergehen, wären sie im Abwicklungs-Endvermögen zu berücksichtigen.

Der Hinweis von Komarek (in SWK 2016, 961 [961]), die diesbezügliche Ansicht des BMF, nicht getilgte Verbindlichkeiten seien bei Ermittlung des Abwicklungs-Endvermögens „nicht mehr anzusetzen“, würde (lediglich) von „Vertretern der Finanzverwaltung“ gestützt (vgl die Aufzählung in SWK 2016, 961 [961] FN 3), während hingegen „Beratungspraxis und Wissenschaft“ (vgl die Aufzählung in SWK 2016, 961 [961] FN 4), die erwähnte Ansicht des BMF „einhellig“ ablehnten (und sie sich somit im Widerspruch zur Ansicht der bei Komarek in SWK 2016, 961 [961] FN 3, angeführten Autoren Riedler und Lachmayer setzen), trägt zur wissenschaftlichen und dogmatischen Aufarbeitung, aber auch zur konkreten Lösung der Problematik insofern nichts bei. Dadurch soll nämlich offenbar der wertende Eindruck erweckt werden oder könnte dieser zumindest entstehen, Fachbeiträge von beruflich auch in der Finanzverwaltung tätigen Autoren seien, seien offenbar wissenschaftlich nicht ausreichend fundiert bzw fiskalistisch tendenziös, während dies hingegen bei auch in der Beratung bzw auf Universitäten tätigen Autoren , so der Fall sei. Ebenso wertend und im Ergebnis auch unsachlich wäre es nämlich der Beratung entstammenden Autoren (wie etwa Komarek selbst) und insbesondere Gloser den wissenschaftlichen Gehalt ihrer Beiträge (zB in SWK 2015, 421) a priori nur deshalb abzusprechen, weil sie generell Interessen ihrer Mandantschaft vertreten bzw im Speziellen Gloser auch als steuerlicher Vertreter im gegenständlichen Beschwerdeverfahren fungiert und insoweit subjektiv gefärbte Ansichten in den angeführten Fachbeitrag einfließen könnten.

Die Aussagen der aktuellen Verwaltungspraxis bedeuten überdies auch keine „Änderung“ der bisherigen Rechtsansicht (so aber Komarek, SWK 2016, 961 [961]), zumal die Richtigkeit einer ergebnismindernden Berücksichtigung von Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen bislang nirgendwo explizit vertreten worden ist, vielmehr haben sich die Verwaltungspraxis vor der Veröffentlichung der Ergebnisunterlage des Salzburger Steuerdialogs 2014 dazu noch gar nicht und die Literatur (vgl etwa Hristov, Liquidation im Ertragsteuerrecht, 123 ff) nur allgemeiner Natur und primär zu Bewertungsfragen geäußert gehabt. Sollten bislang nicht zur Verteilung gelangte Verbindlichkeiten (in der Praxis) entsprechende Berücksichtigung gefunden haben, stand dies nicht in Einklang mit dem Gesetzeswortlaut. Wie allerdings Lachmayer überzeugend aufzeigt (vgl RdW 2016/168, 227 [230 ff]) haben Kommentatoren in der Vergangenheit auch zu Vorgängerbestimmungen des § 19 Abs 4 KStG 1988 stets einhellig die Ansicht vertreten, eine Verteilung von Verbindlichkeiten an die Anteilseigner sei zwingendes Tatbestandsmerkmal des Abwicklungs-Endvermögens.

(45) Nach dem Wortlaut des § 19 Abs 4 KStG 1988 gelangen somit in der Tat Verbindlichkeiten auf Grund des zwischen der Körperschaft einerseits und ihren Anteilseignern andererseits bestehenden Trennungsprinzips, wonach Körperschaft einerseits und Anteilseigner andererseits unterschiedliche Rechts- und Steuersubjekte sind (vgl dazu ausführlich Raab/Renner in Renner/Strimitzer/Vock, KStG25, § 8 Tz 108 ff [insb iZm zwischen diesen beiden Rechtssubjekten abgeschlossenen Rechtsgeschäften] mwN) idR nicht dergestalt zur „Verteilung“ an die Anteilseigner, dass sie diese auf Grund bloßer Anteilseignerschaft gleichsam „automatisch“ zu übernehmen hätten, sofern man von den Fällen eines Schuldbeitritts des Gesellschafters absieht. Da sich der steuerliche Liquidationsgewinn gem § 19 Abs 2 KStG 1988 aus der Gegenüberstellung von Abwicklungs-Endvermögen und Abwicklungs-Anfangsvermögen ergibt und insofern die Liquidationsbesteuerung einen besonderen Betriebsvermögensvergleich darstellt (Kanduth-Kristen, ZIK 2016, 89 (899; Lachmayer in Renner/Strimitzer/Vock, KStG27, § 19 Tz 41; Schneider in Achatz/Kirchmayr, KStG [2011] § 19 Tz 70), erhöhen bei einer derartigen, dem Gesetzeswortlaut entsprechenden, Sichtweise nicht getilgte und an die Anteilseigner überwälzbare Verbindlichkeiten das steuerliche Liquidationsergebnis somit um jenen Wert, mit dem sie zwar noch im Abwicklungs-Anfangsvermögen, welches jenem steuerlichen Betriebsvermögen, das an dem Regelbilanzstichtag anzusetzen war, welcher der Auflösung unmittelbar voranging, entspricht (Kanduth-Kristen/Komarek, ÖStZ 2015/635, 506 [506]) enthalten waren, jedoch nicht mehr Inhalt des nach steuerlichen Spezialvorschriften zu ermittelnden Abwicklungs-Endvermögens sind.

Ein Schuldbeitritt der Gesellschafter zu am Ende der Liquidation verbleibenden Verbindlichkeiten bzw eine Übernahme von Schulden der Bf wurde von ihr nicht behauptet; davon abgesehen haben diese Verbindlichkeiten zT ohnehin gegenüber den Gesellschaftern (vgl die Ausführungen der Bf in Pkt 2) bestanden, sodass insoweit ein Beitritt schon deshalb begrifflich ausgeschlossen ist, weil sich dadurch Gläubiger und Schuldner vereinigen würden.

(46) Was den Einwand der Bf betrifft, das gegenständliche Konkursverfahren habe aus zivilrechtlicher Sicht nicht zum Wegfall der Verbindlichkeiten geführt (vgl oben Pkte 7 und 10), der zT auch explizit in der Literatur vertreten wird (vgl etwa Gloser/Bonschak, SWK 2015, 421 [423 f]; Beiser, 2016/273 353 [353]), so ist dem zu entgegnen, dass die belangte Behörde nicht von einem Wegfall derselben ausgegangen ist, sondern, wie oben dargelegt, das Weiterbestehen ausdrücklich nicht in Frage gestellt hat (vgl zB Pkt 11) und den Ansatz von Verbindlichkeiten aus anderen Erwägungen versagt hat. Infolge Unstrittigkeit dieses Umstandes sind das diesbezügliche umfangreiche Vorbringen der Bf wie auch der Verweis auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Literatur somit nicht entscheidungsrelevant.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass ein Wegfall von Verbindlichkeiten auch seitens des BMF in seinen diesbezüglichen Meinungsäußerungen nicht vertreten wird. Gegenteilige Ausführungen in der Literatur (vgl etwa Beiser, 2016/273 353 [353]), der dem BMF undifferenziert ein Verwechseln von Schuld und Haftung unterstellt) geben die Rechtsansicht des BMF unkorrekt wieder oder missinterpretieren diese.

Insoweit erübrigt sich nach Ansicht des erkennenden Richters ein Eingehen auf die diesbezüglichen Ausführungen der Bf.

(47) Dem offenbar auf Beiser, RdW 2016/273, 353 (354) gestützten Verweis der Bf in ihrer ergänzenden Eingabe vom (vgl Pkt 9), eine Nichterfüllung von Verbindlichkeiten sei nach der Rechtsprechung des VwGH nicht als eine „Teilnahme am Wirtschaftsleben in Form eines Güter- und Leistungsaustausches" zu qualifizieren, der dies seinerseits wiederum aus dem VwGH-Erkenntnis vom , 2013/15/0150 ableitet, ist zu entgegnen: ein betrieblich veranlasster Verzicht auf die Geltendmachung von Forderungen bzw das dementsprechende unterlassene Tilgen von Verbindlichkeiten ist stets betrieblich veranlasst und somit grundsätzlich Betriebsausgabe oder Betriebseinnahme. Inwieweit daher dadurch keine Teilnahme am Wirtschaftsleben erfolgt, ist nicht nachvollziehbar. Der Verweis auf das VwGH-Erkenntnis vom , 2013/15/0150 (vgl dazu etwa Bergmann/Wödlinger, Wissenschaftspreise sind nicht einkommensteuerpflichtig! SWK 7/2016, S. 422 bzw Renner, Einkommensteuerliche Beurteilung von Wissenschaftspreisen, ÖStZ 2015/246, 185) geht somit insofern ins Leere, als der Gerichtshof dort festgestellt hat, dass etwa durch das bloße Einreichen einer fertiggestellten Dissertation keine relevante Marktteilnahme erfolgt und daher ein solcher Vorgang keinen Einkunftstatbestand iSd § 2 Abs 3 EStG 1988 erfüllt. Inwieweit dadurch eine Analogie zum gegenständlichen Fall gezigenw erden könnte, ist nicht ersichtlich.

Nicht betrieblich veranlasste Verbindlichkeiten, etwa aus unangemessenen Gesellschafterdarlehen etc haben, sofern sie nicht überhaupt Eigenkapital in Form verdeckten Grund- oder Stammkapitals darstellen, in eine Einkunftstermittlung ohnehin nicht Eingang zu finden, sodass sich insofern die Frage nach der Zugehörigkeit zum Abwicklungs-Endebermögen gar nicht stellt.

Davon abgesehen ist der gegenständliche Fall bereits von seinem rechtlichen Hintergrund anders gelagert, als es dort nicht um die Untersuchung der Steuerbarkeit eines Vorgangs, sondern um eine gesetzliche Vorschrift geht, welche die Berücksichtigung von (allenfalls aus betrieblichen Gründen entstandenen) Verbindlichkeiten am Ende der Liquidation einer Körperschaft nicht zulässt.

(48) Wenn die Bf in der Rechtsmittelschrift (vgl Pkt 6) ausführt, die Bf habe auch noch im Liquidationszeitraum einen "echten betriebswirtschaftlichen Verlust" erzielt, sodass bei einer Nichtanerkennung des von ihr erklärten negativen Liquidationsergebnisses "Scheingewinne" besteuert würden, so ist dem zu entgegnen, dass sie nicht dargestellt hat, wodurch dieser behauptete Verlust entstanden sein soll und inwieweit tatsächlich in die im Abwicklungs-Endvermögen von ihr ausgewiesenen Verbindlichkeiten eingeflossen ist. Im Regelfall wird nämlich mit dem Beginn der Liquidation die werbende Tätigkeit eingestellt (vgl Hristov in Lang/Rust/Schuch/Staringer, KStG2 § 19 Rz 30), sodass Verluste aus einer laufenden Geschäftstätigkeit (sofern die Bf unter dem von ihr verwendeten Begriff echten betriebswirtschaftlichen Verlust solche verstanden haben will) nicht mehr anfallen.

Die Verbindlichkeiten in der Darstellung der Bf im Abwicklungs-Endvermögen haben jedenfalls unbestritten und auch ihrer eigenen Darstellung nach lediglich gegenüber dem Gruppenträger aus von ihm eingelösten Bürgschaften bzw dem Insolvenzentgelt-Ausgleichsfonds für die Übernahme von (offenbar vor dem Liquidationszeitraum entstandenen) Lohnkosten bestanden. Nach dem festgestellten Sachverhalt kann somit von einer "Scheingewinnbesteuerung" keine Rede sein.

(49) Zum durch beide Verfahrensparteien vorgenommenen Verweis auf die deutsche Judikatur und Literatur (vgl oben Pkte 9 und 11) ist festzuhalten, dass die in der gegenständlichen Rechtssache strittige Thematik im BFH-Urteil vom , I R 34/12, BFH/NV 2014, 1014 (vgl dort Rn 20 ff) nur am Rande und ohne tiefergehende Erwägungen zur Definition des Abwicklungs-Endvermögens thematisiert worden ist, sodass nach Ansicht des erkennenden Richters diesbezügliche weitreichende Rückschlüsse auf die hier relevante spezielle Problematik nicht vorgenommen werden können. Vornehmlich hat der Gerichtshof im erwähnten Urteil nämlich die im gegenständlichen Fall nicht relevante Bewertung des Abwicklungs-Endvermögens insoweit angesprochen, als dort die nach den allgemeinen Vorschriften des Bewertungsgesetzes ergebenden Werte anzusetzen sind, die Thematik der „Verteilung“ jedoch gar nicht erwähnt. Im Ergebnis hat es allerdings der BFH nicht ausgeschlossen, dass Ausnahmefälle denkbar sind, in denen mit einer bestehenden Schuld keine wirtschaftliche Belastung (mehr) verbunden ist und diese somit außer Ansatz bleiben kann. Darunter könnte auch eine bestehende Forderung fallen, die, so wie im gegenständlichen Fall, aufgrund der bevorstehenden Existenzbeendigung des Schuldners (Löschung einer Kapitalgesellschaft) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr erfüllt werden wird. Im Ergebnis, wenn auch mit anderer Begründung, hat der BFH den Ausschluss von Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen, jedenfalls nicht vorab ausgeschlossen (in diesem Sinne auch Marschner, Einlagen in Kapitalgesellschaften, 465 f [FN 2255, 2257]).

(50) Letztlich ist bei der Untersuchung der zulässigen Bestandteile des Abwicklungs-Endvermögens auch noch auf die besondere Situation einer Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG 1988 zu verweisen, welche gleich falls einer Berücksichtigung von Verbindlichkeiten entgegensteht: Wie Dellinger unter Verweis auf den konkreten Fall zutreffend anführt (vgl GesRZ 2016, 84 [86 f]) geht es beim gegenständlichen Fall nicht um den jenen der Insolvenz einer alleinstehenden Kapitalgesellschaft; die insolvente Bf ist vielmehr Gruppenmitglied, hat regelmäßig hohe Verluste erzielt und ergebnismindernd in die Gruppenbesteuerung eingebracht, wodurch sich die anderen Gruppenmitglieder, die ihrerseits Gewinne erzielt hatten, so Dellinger wörtlich, „jahrelang Steuer gespart haben“. Aufgrund der Systematik der Gruppenbesteuerung hatte die Bf keine Verlustvorträge mehr, die in ihrer Insolvenz den Ausschluss der Verbindlichkeiten aus dem Abwicklungs-Endvermögen hätten ausgleichen können. Die Steuerbelastung, die für den Gewinn aus der Nichtberücksichtigung der Verbindlichkeiten anfiel, erfolgte somit nicht durch Zugriff auf das verteilungsfähige Vermögen, sondern durch Zuweisung an den Gruppenträger, bei welchem sich die Verluste, die letztendlich erst zu den Verbindlichkeiten geführt haben, jahrelang einkunfts- und bereits steuermindernd ausgewirkt hatten. Belastet wurden dadurch nicht die Konkursgläubiger, sondern die übrigen Gruppenmitglieder. Zieht daher, so wie im gegenständlichen Fall, eine Unternehmensgruppe gleichsam steuerliche Vorteile aus den Verlusten eines Gruppenmitglieds (hier der Bf), soll sie die den Verlust widerspiegelnden Verbindlichkeiten nicht durch Insolvenz gleichsam „loswerden“ können, ohne dass dies zu einem letztlich der Unternehmensgruppe zurechenbaren Liquidationsgewinn führt, „anderenfalls die Aufnahme von schwachen Gruppenmitgliedern, die dann irgendwann in Konkurs geschickt werden, ein perfektes Steuersparmodell“ wäre (Dellinger, GesRZ 2016, 84 [86 f]). Nach Marschner (Einlagen in Kapitalgesellschaften, 465 f mwN; vgl Pkt 29), wäre eine Verbindlichkeit trotz zivilrechtlichen Weiterbestehens „auszubuchen“, wenn mit der Inanspruchnahme durch den Gläubiger nicht mehr gerechnet werden müsse.

Eine drohende Inanspruchnahme hat der Bf nicht behauptet; insbesondere bei der aus einer Bürgschaftsübernahme resultierenden Verbindlichkeit gegenüber dem Gruppenträger (sofern diese überhaupt betrieblich veranlasst ist), aber auch bei jener, aus der Übernahme der Aufwendungen von Arbeitslöhnen zurückgehenden Verbundlichkeit gegenüber dem Insolvenz-Entgelt-Fonds ist realistischerweise nicht mehr mit damit zu rechnen. Weitere Verbindlichkeiten, etwa solche gegenüber Geldinstituten, hinsichtlich derer Einbringungsmaßnahmen allenfalls wahrscheinlicher gewesen wären, haben nach Darstellung der Bf nicht mehr bestanden (vgl oben Pkt 2).

Auch unter diesem Aspekt hat daher nach Ansicht des erkennenden Richters eine Berücksichtigung der Verbindlichkeiten im Abwicklungs-Endvermögen zu unterbleiben.

(51) Zur von der Bf unter Hinweis auf die UFS-Entscheidung vom , RV/1176-W/10 (Anmerkung des erkennenden Richters: vgl dazu auch Haslehner, Gruppenbesteuerung: Keine Gruppenbildung mit im Konkurs befindlicher Kapitalgesellschaft, GES 2011, 138), aufgeworfenen Frage, ob der Konkurs eines Gruppenmitglieds aufgrund des Wechsel in das Besteuerungsregime des § 19 KStG 1988 zur Beendigung der Unternehmensgruppe führen könnte, ist festzuhalten:

In der Judikatur und Literatur ist unstrittig, dass der Untergang des Gruppenträgers zur Beendigung der Unternehmensgruppe führt, was etwa der VwGH in seinem nach der von der Bf thematisierten UFS-Entscheidung vom , RV/1176-W/10 ergangenen Erkenntnis vom , 2011/13/0008, dadurch eindeutig zum Ausdruck bringt, dass in teleologischer Interpretation davon auszugehen sei, dass eine nach § 19 KStG 1988 in Liquidation befindliche Kapitalgesellschaft nicht als Gruppenträger (Hervorhebung durch den erkennenden Richter) iSd § 9 KStG 1988 in Betracht kommt (vgl zu einer Analyse ausführlich Mechtler/Pinetz, Die steuerliche Behandlung von Gruppengesellschaften in Liquidation, ÖStZ 2016/636, 497 [499 ff]).

Dem Erkenntnis lassen sich aber keine Hinweise entnehmen, dass der von der Bf thematisierte Umkehrschluss, dass diese Rechtsfolge auch beim Konkurs eines (nachgeordneten) Gruppenmitglieds eintreten könne, zulässig sei. Vielmehr führt der VwGH aus, dass bei Zurechnung der Ergebnisse der Gruppenmitglieder an den Gruppenträger im Ergebnis operative Einkünfte werbender Körperschaften im Abwicklungs-Einkommen erfasst würden, wodurch der Sinn und Zweck des § 19 KStG 1988 (nämlich der dort vorgesehenen Glättung der Gewinne und Verluste aus der Liquidation im Abwicklungszeitraum) konterkariert würde.

Überdies ist darauf hinzuweisen, dass nicht einmal das Gruppenmitglied in Liquidation selbst aus der Unternehmensgruppe ausscheidet, weil es bei ihm (ohne zugerechnete Ergebnisse) nicht zu einer Vermischung der Begünstigungen des § 19 (längerer Abwicklungszeitraum) und § 9 KStG 1988 kommen kann. Das Gruppenmitglied würde mit Liquidationsbeginn nur dann aus der Gruppe ausscheiden, wenn bei Liquidationsbeginn (der hier nicht vorliegende) feststeht, dass die Mindestdauer nicht erfüllt wird. Diese ist dann erfüllt, wenn seit dem Hinzutreten zur Gruppe zwei volle Wirtschaftsjahre vor der Liquidation vergangen sind und der folgende Liquidationszeitraum zumindest volle zwölf Monate umfasst (vgl Mayr, BMF zur Liquidation des Gruppenträgers oder eines Gruppenmitglieds, RdW 2016/416, 453 [454 f] unter Hinweis auf die BMF-Info vom , GZ BMF-010203/0188-VI/6/2015, Pkt 3.6. sowie Hristov, Liquidation im Ertragsteuerrecht 173 ff;   Mechtler/Pinetz, Die steuerliche Behandlung von Gruppengesellschaften in Liquidation, ÖStZ 2015/636, 497 [501 f]).

Was die von der Bf ebenfalls aufgeworfene Problematik betrifft, dass im Rahmen einer Liquidation in das Gruppenergebnis die steuerlich maßgebenden Ergebnisse nicht mehr jährlich zugerechnet würden, dies aber im Rahmen einer Gruppe „grundsätzlich“ so zu erfolgen habe, ist festzuhalten, dass die jährliche Zurechnung nur jenen Regelfall repräsentiert, in der alle Gruppenmitglieder eine werbende Tätigkeit ausüben und somit der Veranlagungszeitraum an sich einem Jahr entspricht. Diese Grundsatztegel kann aber im Falle einer Liquidation schon dem Wortlaut des § 19 Abs 3 KStG 1988 bei einem mehrjährigen Liquidationszeitraum nicht zur Anwendung kommen. Überdies würde die vom Bf vertretene Ansicht im Ergebnis dazu führen, dass der geltend gemachte Verlust des beschwerdegegenständlichen Jahres somit beim Gruppenträger nicht verwertbar wäre.

(52) Zusammengefasst kommt das BFG zum Ergebnis, dass Verbindlichkeiten keinen Bestandteil des Abwicklungs-Endvermögens iSd § 19 Abs 4 KStG 1988 einer Körperschaft iSd § 7 Abs 3 KStG 1988 darstellen. Einerseits ist der Gesetzeswortlaut, bereits aus einer grammatikalischen Interpretation, aber auch aus Sicht des historischen Gesetzgebers, beginnend mit dem KStG 1920, unmissverständlich. Andererseits spricht auch der Umstand, dass nach der Liquidation einer Körperschaft iSd § 7 Abs 3 KStG 1988 verbleibende Verbindlichkeiten, ungeachtet ihres zivilrechtlichen Fortbestehens, idR nicht von den verbleibenden Anteilseignern im Sinne einer „negativen Verteilung“ zu übernehmen sind, für eine derartige Betrachtungsweise.

Dies gilt insbesondere beim hier vorliegenden Fall einer Insolvenz, wo ein Fall einer Tilgung der rechtlich noch bestehenden Verbindlichkeiten (seitens der - ehemaligen - Körperschaft) überhaupt nur eintreten kann, wenn nachträglich noch Vermögen hervorkommen sollte. In einem derartigen Fall käme das Korrektiv des § 32 Abs 1 Z 2 EStG 1988, welches bei jeder (ehemals angewendeten) Gewinnermittlungsart Gültigkeit hat (vgl etwa Jakom/Kanduth-Kristen, EStG9 § 32 Rz 21 ff), zur Anwendung, sodass insoweit, wenn auch in einem anderen Besteuerungszeitraum, nachträgliche Betriebsausgaben entstehen würden (zum Procedere iZm einem vorangegangenen Insolvenzverfahren vgl (Dellinger, GesRZ 2016, 84 [85]).

(53) Aus verfahrensrechtlicher Sicht ist noch darauf zu verweisen, dass der Hinweis der Bf im Vorlageantrag, wonach die Rechtmittelbelehrung in der Beschwerdevorentscheidung unrichtig gewesen sei, weil nämlich gegen eine Beschwerdevorentscheidung keine Beschwerde, sondern nur ein Vorlageantrag eingebracht werden kann (vgl § 264 BAO) und in § 263 Abs 2 BAO geregelt ist, dass in der Beschwerdevorentscheidung auf das Recht zur Stellung eines Vorlageantrags hinzuweisen sei, zwar zutreffend ist, aber angesichts des Umstandes, dass die Bf jedenfalls fristgerecht einen auch als solchen bezeichneten Vorlageantrag gestellt hat, ohne Relevanz geblieben ist.

Zulässigkeit einer Revision

(54) Eine ordentliche Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

(55) Im gegenständlichen Fall ergibt sich die Beantwortung der strittigen Frage, ob Verbindlichkeiten in das Abwicklungs-Endvermögen einer Körperschaft iSd § 7 Abs 3 KStG 1988 Eingang finden und demnach Einfluss auf das steuerliche Ergebnis haben, an sich – wie ausführlich dargelegt – zwar bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 19 Abs 4 KStG 1988. Allerdings haben namhafte Autoren Bedenken gegen die den Ansatz von Verbindlichkeiten verneinende Rechtsansicht des BMF, welche in den angefochtenen Bescheid unmittelbar Eingang gefunden hat und im gegenständlichen Erkenntnis bestätigt worden ist, angemeldet, ist außerdem die Frage in der Literatur selbst umstritten und existiert überdies dazu keine Rechtsprechung, sodass der Inhalt der angeführten Bestimmung einer über den Wortlaut hinausgehenden Interpretation zugänglich sein könnte. Somit liegt nach Ansicht des erkennenden Richters eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, sodass eine ordentliche Revision für zulässig erklärt wird.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Abwicklungs-Endvermögen
Verweise

BFH , I R 44/12
Anmerkung
Anlassfall zur Ergebnisunterlage des Salzburger Steuerdialogs 2014 (, BMF-010200/0018-VI/1/2014, Pkt 4.)
Zitiert/besprochen in
Renner in SWK 2/2017, 97
Sadlo in ÖStZ 2017/78
Beiser in SWK 6/2017, 378
Kanduth-Kristen in SWK 6/2017, 371
Komarek/Reinold/Zinnöcker in ÖStZ 2017/690
Riedler in RdW 2018/615
Puchner/Gloser in SWK 30/2019, 1326
Marschner in BFGjournal 2019, 434
ECLI
ECLI:AT:BFG:2016:RV.5100775.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at