I. Baurecht
B) Bauplatzgestaltung
§ 10. Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland
(1) Änderungen von Grundstücksgrenzen im Bauland bedürfen vor ihrer Durchführung im Grundbuch einer Bewilligung der Baubehörde. Änderungen im Zuge von Straßen-, Weg-, Eisenbahn- und Wasserbauanlagen (§ 15 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. Nr. 3/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 190/2013) sowie Änderungen im Rahmen von Baulandumlegungen (V. Abschnitt des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung) sind von der Bewilligungspflicht ausgenommen. Grundstücksgrenzen in Aufschließungszonen (§ 16 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung) dürfen nur
- zum Zweck der Erfüllung einer entsprechenden Freigabebedingung oder
- im Rahmen einer Vermögensteilung
geändert werden, wenn dies dem Zweck der Festlegung der Aufschließungszone nicht widerspricht.
(2) Die Änderung von Grundstücksgrenzen muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Flächenwidmungsplans und des Bebauungsplans bzw. in Bereichen ohne Bebauungsplan mit den abgeleiteten Bebauungsweisen und -höhen (§ 54); es darf – auch im Hinblick auf eine künftige Bebauung – kein Widerspruch zum Zweck einer Bausperre entstehen;
2. die Bebauung der neugeformten unbebauten Grundstücke im Bauland darf entsprechend den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans und der §§ 49 bis 54 (Anordnung von Bauwerken) nicht erschwert oder verhindert werden;
3. bei bebauten Grundstücken darf kein Widerspruch zu bautechnischen Ausführungsbestimmungen dieses Gesetzes oder einer Durchführungsverordnung (z. B. über die Beschaffenheit von Wänden an Grundstücksgrenzen) neu entstehen; können vor der Änderung der Grundstücksgrenzen bereits bestehende Widersprüche nicht beseitigt werden, dürfen sie zumindest nicht verschlechtert werden;
4. die Verbindung der neugeformten Grundstücke mit einer öffentlichen Verkehrsfläche muss unmittelbar oder durch die Möglichkeit eines Fahr- und Leitungsrechtes (§ 11 Abs. 3) gewährleistet sein; bei Grundstücken, die mit der öffentlichen Verkehrsfläche durch einen streifenförmigen Grundstücksteil verbunden werden (Fahnengrundstücke), muss dieser Grundstücksteil eine Mindestbreite von 3,5 m aufweisen.
Die Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche ist bei Grenzänderungen in Aufschließungszonen auch dann erfüllt, wenn die neugeformten Grundstücke wenigstens an eine Fläche anschließen, die gleichzeitig mit der Freigabe der Aufschließungszone als öffentliche Verkehrsfläche gewidmet wird (§ 16 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 2014, LGBl. Nr. 3/2015 in der geltenden Fassung).
(3) Dem Antrag nach Abs. 1 sind anzuschließen:
1. die Zustimmung der Eigentümer aller von der Änderung betroffenen Grundstücke;
2. ein von einem Vermessungsbefugten (§ 1 des Liegenschaftsteilungsgesetzes BGBl. Nr. 3/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 190/2013) verfasster Plan der Änderung der Grundstücksgrenzen, ausgenommen bei Vereinigungen von Grundstücken, von denen kein Straßengrund abzutreten ist (§ 12);
3. ein Antrag auf Bauplatzerklärung für wenigstens ein neugeformtes Grundstück, wenn noch keines der geänderten Grundstücke Bauplatz nach § 11 Abs. 1 ist. Dies gilt nicht für Grundstücke in Aufschließungszonen.
(4) Der Plan hat zu enthalten
– die Beurkundung des Verfassers, dass die Voraussetzungen nach Abs. 2 erfüllt oder im Fall des Widerspruchs zu bautechnischen Ausführungsbestimmungen (Abs. 2 Z 3) erfüllbar sind,
– die Straßenfluchtlinien, die bei der Änderung der Grundstücksgrenzen zu beachten sind,
– die Darstellung eines Fahr- und Leitungsrechtes, wenn ein solches eingeräumt oder vorgesehen wird, und
– bei Grundstücken, die nicht nur als Bauland gewidmet sind, die Widmungsgrenzen und das Ausmaß der Baulandflächen.
(5) Die Baubehörde erster Instanz hat über einen Antrag nach Abs. 1 binnen 8 Wochen nach Einlangen des vollständigen Antrages zu entscheiden.
Der Bescheid, mit dem die Änderung der Grundstücksgrenzen bewilligt wird, hat – soweit dies erforderlich ist – zu enthalten:
– die Erklärung des betroffenen Grundstücks zum Bauplatz (§ 11 Abs. 2),
– die Bestimmung der Straßenfluchtlinie und deren Niveau, wenn diese nicht durch einen Bebauungsplan oder eine Verordnung des Gemeinderates nach § 67 Abs. 4 festgelegt sind
– die Grundabtretung (§ 12),
– die Grenzverlegung (Abs. 8 und 9).
Mit Auflagen darf die Baubehörde insbesondere die Einhaltung bautechnischer Vorschriften vorschreiben. Ist die Einhaltung bautechnischer Vorschriften nur durch bewilligungspflichtige Abänderungen von Bauwerken (z. B. durch die Herstellung einer Brandwand) zu gewährleisten, darf die Bewilligung der Grenzänderung nur mit der aufschiebenden Bedingung der ordnungsgemäßen Herstellung der Abänderung des Bauwerks erteilt werden.
Wird eine Bewilligung wegen eines Widerspruchs zu Abs. 2 bis 4 nicht erteilt, ist ein Antrag auf Bauplatzerklärung gleichzeitig abzuweisen.
(6) Die Änderung der Grundstücksgrenzen im Bauland darf im Grundbuch durchgeführt werden, wenn
– das Grundbuchsgesuch vollinhaltlich der Entscheidung im Umfang des Abs. 5 entspricht,
– die Erfüllung der aufschiebenden Bedingung nachgewiesen und
– das Grundbuchsgesuch innerhalb von 2 Jahren ab der Rechtskraft bei Gericht eingebracht wird.
Wird das Grundbuchsgesuch nicht innerhalb der genannten Frist gestellt, ist die Bewilligung der Grenzänderung unwirksam. Eine damit verbundene Bauplatzerklärung erlischt gleichzeitig.
Die Verbücherung eines für die Erschließung vorgesehenen Fahr- und Leitungsrechtes darf bei Grundstücken, die noch nicht gleichzeitig mit dieser Änderung der Grundstücksgrenzen zum Bauplatz erklärt werden, zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
(7) Jeder Beschluss des Grundbuchsgerichtes über die Durchführung einer Änderung von Grundstücksgrenzen im Bauland ist der Baubehörde zuzustellen. Gegen einen solchen Beschluss des Grundbuchsgerichtes steht der Gemeinde das Rechtsmittel des Rekurses zu.
(8) Wenn 2 Gebäude an einer Grundstücksgrenze
- eine gemeinsame Wand aufweisen und
- eines dieser Gebäude abgebrochen wird,
hat die Baubehörde die Verlegung der Grundstücksgrenze zwischen den beiden Gebäuden zu verfügen. Die bisher gemeinsame Wand muss damit zur Gänze zu dem bestehen bleibenden Gebäude gehören. Der Eigentümer des abzubrechenden Gebäudes ist verpflichtet, einen von einem Vermessungsbefugten (§ 1 des Liegenschaftsteilungsgesetzes, BGBl. Nr. 3/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 190/2013) verfassten Teilungsplan vorzulegen. Dieser Teilungsplan ist der Verfügung der Baubehörde zugrunde zu legen.
(9) Der Eigentümer des vergrößerten Grundstücks hat dem Eigentümer des anderen eine Entschädigung zu leisten. Die Entschädigung ist aufgrund des Verkehrswertes des Grundstücks zu bemessen.
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)
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