I. Baurecht
B) Bauplatzgestaltung
§ 12. Grundabtretung für Verkehrsflächen
(1) Die Eigentümer sind verpflichtet, sämtliche Grundflächen des von den Vorhaben nach Z 1 und 2 betroffenen Grundstücks, die zwischen den Straßenfluchtlinien liegen und nicht mit einem Hauptgebäude oder -teil bebaut sind, in das öffentliche Gut der Gemeinde abzutreten, wenn im Bauland
1. eine Anzeige
a) für die Änderung von Grundstücksgrenzen (§ 10) oder
b) für die Herstellung von Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen (§ 15 Abs. 1 Z 17) oder
c) für die Errichtung von Carports (§ 15 Abs. 1 Z 19)
nicht untersagt wird oder
2. eine Baubewilligung
a) für einen Neu- oder Zubau eines Gebäudes, ausgenommen Gebäude vorübergehenden Bestandes und Gebäude für öffentliche Ver- und Entsorgungseinrichtungen mit einer bebauten Fläche bis zu 25 m2 und einer Gebäudehöhe bis zu 3 m, oder
b) für die Herstellung einer Abstellanlage für Kraftfahrzeuge auf bisher unbebauten Grundstücken
erteilt wird.
Die Verpflichtung zur Grundabtretung umfasst auch jene Grundstücke und Grundstücksteile, die dem Baugrundstück vorgelagert sind und demselben Grundeigentümer gehören.
Wenn das Grundstück nur zum Teil als Bauland gewidmet ist, hat die Grundabtretung – unabhängig von der Abtretungsverpflichtung entlang des Baulandes – entlang der als Grünland oder private Verkehrsfläche gewidmeten Bereiche nur für jene öffentliche Verkehrsfläche zu erfolgen, von der aus das Baugrundstück erschlossen (Zufahrt, Anschlussleitungen, Kanal, etc.) wird.
(2) Die Abtretung der Grundfläche an die Gemeinde erfolgt durch eine Vereinbarung zwischen dem Grundeigentümer oder der Mehrheit nach Anteilen beim Miteigentum und der Gemeinde. Die Vereinbarung hat jedenfalls zu enthalten:
- die genaue Bezeichnung und Beschreibung der abzutretenden Grundfläche hinsichtlich ihrer Lage und ihres Ausmaßes,
- den Abtretungszeitpunkt und
- die Bestimmung des Verlaufes der Straßenfluchtlinie und deren Niveau im Falle einer Anzeige nach Abs. 1 Z 1, wenn keine durch einen Bebauungsplan festgelegte Straßenfluchtlinie vorhanden ist.
Die Vereinbarung darf weiters enthalten:
- ob eine Entschädigung im Sinn des Abs. 5 für die abzutretende Grundfläche gebührt und in welchem Ausmaß,
- die unentgeltliche Nutzung der abgetretenen Grundfläche durch den Eigentümer des angrenzenden Bauplatzes, solange diese noch nicht zum Ausbau oder zur Verbreiterung der Verkehrsfläche benötigt wird.
Kommt eine Vereinbarung über die verpflichtenden Inhalte spätestens innerhalb von 6 Monaten nicht zustande, hat die Behörde dem Eigentümer die Grundabtretung mit Bescheid aufzutragen. In diesem Bescheid ist auch der Verlauf der Straßenfluchtlinie und deren Niveau zu bestimmen, wenn eine Anzeige nach Abs. 1 Z 1 erfolgt ist und durch einen Bebauungsplan keine Straßenfluchtlinie festgelegt ist.
(3) Die grundbücherliche Durchführung ist von dem zur Grundabtretung verpflichteten Eigentümer zu veranlassen. Die Grundflächen sind frei von in Geld ablösbaren Lasten und geräumt von Bauwerken, Gehölzen und Materialien zu übergeben. Solange die abgetretene Grundfläche noch nicht zum Ausbau oder zur Verbreiterung der Verkehrsfläche benötigt wird, darf der Eigentümer des angrenzenden Bauplatzes ihre unentgeltliche Nutzung beanspruchen. Hierüber ist mit der Gemeinde eine Vereinbarung zu schließen. Die Räumung der Grundfläche darf während dieses Zeitraumes aufgeschoben werden.
(4) Keine Entschädigung für die abzutretende Grundfläche gebührt, wenn
- an beiden Seiten der Verkehrsfläche Bauland angrenzt bis zur Mitte der Verkehrsfläche, höchstens bis zur Breite von 7 m, oder
- nur an einer Seite Bauland angrenzt (ausgenommen jene Flächen nach Abs. 1 letzter Satz) bis zur ganzen Breite der Verkehrsfläche, höchstens 14 m.
Wenn an zwei oder mehreren Seiten eines Grundstücks Grundflächen abzutreten sind, dann gilt dieselbe Regelung.
(5) Eine Entschädigung gebührt für jene Grundfläche, die
- über das im Abs. 4 angeführte Ausmaß oder,
- wenn eine Straßenfluchtlinie neu festgelegt und zuvor schon im vollen, damals gesetzmäßigen Ausmaß für dieselbe Verkehrsfläche abgetreten wurde, nunmehr zusätzlich
abzutreten ist.
Die Entschädigung ist aufgrund des Verkehrswertes des Grundstücks zu bemessen.
(6) Ist für die Grundabtretung keine Entschädigung zu leisten, hat der zur Grundabtretung verpflichtete Eigentümer die Kosten der grundbücherlichen Durchführung zu tragen. Die Gemeinde hat diese Kosten im Fall einer Entschädigung zur Gänze, im Fall einer teilweisen Entschädigung anteilsmäßig zu ersetzen.
(7) Die Verpflichtung zur Straßengrundabtretung darf auch dann vollstreckt werden, wenn über einen Antrag auf Festsetzung der Entschädigung nach § 8 noch nicht entschieden wurde.
(8) Wenn die Widmung einer Grundfläche, die auf Grund der vorstehenden oder entsprechender früheren Bestimmungen unentgeltlich abgetreten werden musste, als öffentliche Verkehrsfläche aufgehoben wird, dann ist diese Grundfläche dem Eigentümer des angrenzenden Grundstückes zur unentgeltlichen Übernahme in sein Eigentum anzubieten. Im Falle einer Grundabtretung gegen Entgelt ist das seinerzeit geleistete Entgelt valorisiert auf der Grundlage des Verbraucherpreisindexes der Bundesanstalt „Statistik Österreich” zum Zeitpunkt der Leistung zurückzuerstatten.
(9) Die Gemeinde hat die abzutretende Fläche innerhalb von fünf Jahren ab Rechtskraft der Abtretungsverpflichtung in das öffentlichen Gut zu übernehmen, andernfalls die Abtretungsverpflichtung außer Kraft tritt. Diese Frist ist gewahrt, wenn die Gemeinde innerhalb dieser Frist entsprechende Maßnahmen zur Durchsetzung der Abtretungsverpflichtung veranlasst hat.
Datenquelle: RIS — https://www.ris.bka.gv.atGesamte Rechtsvorschrift (RIS)
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