Richtlinie des BMF vom 19.04.2020, 2020-0.236.027

12. Sonstige Begriffsbestimmungen ( §§ 96 bis 106 GMSG)

12.1. Kontoinhaber ( § 96 GMSG)

81Der gemeinsame Meldestandard sieht vor, dass ein meldendes Finanzinstitut im Rahmen seiner Sorgfaltspflichten festzustellen hat, in welchem Staat der Kontoinhaber ansässig ist. Stellt das meldende Finanzinstitut fest, dass der Kontoinhaber in einem Staat ansässig ist, gegenüber welchem Österreich verpflichtet ist, Informationen auszutauschen, ist der Kontoinhaber eine meldepflichtige Person und das Konto des Kontoinhabers ein meldepflichtiges Konto.

Als Kontoinhaber ist grundsätzlich jene Person anzusehen, die über ein Finanzkonto wirtschaftlich verfügen kann (wirtschaftlicher Eigentümer). Deshalb gilt eine Person, die lediglich treuhändig ein Finanzkonto unterhält, nicht als Kontoinhaber im Sinne des § 96 GMSG. Eröffnet beispielsweise ein Treuhänder für Rechnung eines Treugebers ein Finanzkonto, gilt der Treugeber als der Kontoinhaber.

Beispiel (Treuhänder):

Die Person A, die eine meldepflichtige Person ist, hat die Person B aufgrund einer Vollmacht ermächtigt, ein Einlagenkonto zu eröffnen, zu unterhalten sowie für die Person A Einlagen und Entnahmen vorzunehmen. Der Kontosaldo zum Jahresstichtag beträgt 100.000 US-Dollar. Das Finanzinstitut führt die Person B als Inhaber des Einlagenkontos. Da die Person B über das Konto lediglich als Treuhänder verfügt, gilt die Person B nicht als Verfügungsberechtigter über das Konto. Als Kontoinhaber gilt deshalb die Person A, was zur Folge hat, dass die Person A eine meldepflichtige Person ist und das Einlagenkonto ein meldepflichtiges Konto darstellt.

Liegt ein gemeinsames Finanzkonto vor, wird allen Mitinhabern des Kontos der gesamte Saldo oder Wert des gemeinsamen Kontos zugerechnet ( § 51 Abs. 2 und § 52 Abs. 2 GMSG).

Beispiel (Gemeinsames Finanzkonto):

Die Personen A und B, die beide meldepflichtige Personen sind, unterhalten bei einem Finanzinstitut ein Einlagenkonto. Der Kontosaldo zum Jahresstichtag beträgt 100.000 US-Dollar. Das Einlagenkonto stellt ein meldepflichtiges Konto dar und sowohl die Person A als auch die Person B gelten als Kontoinhaber.

Beispiel (Gemeinsames Finanzkonto):

Die Person A, die eine meldepflichtige Person ist, unterhält bei einem Finanzinstitut ein Einlagenkonto. Der Kontosaldo zum Jahresstichtag beträgt 100.000 US-Dollar. Das Konto wird zusammen mit der Person B unterhalten, die eine natürliche und nicht meldepflichtige Person ist. Da einer der beiden Kontoinhaber eine meldepflichtige Person ist, stellt das Einlagenkonto ein meldepflichtiges Konto dar.

Wird ein Finanzkonto von einer Personengesellschaft unterhalten, gilt die Personengesellschaft als Kontoinhaber und nicht die Gesellschafter der Personengesellschaft, da die Personengesellschaft Rechtsträger im Sinne des § 98 GMSG ist.

Bei rückkaufsfähigen Versicherungsverträgen oder Rentenversicherungsverträgen ist der Kontoinhaber jede Person, die berechtigt ist, auf den Barwert zuzugreifen oder den Begünstigten des Vertrags zu ändern. Ist keine Person berechtigt, auf den Barwert zuzugreifen oder den Begünstigten des Vertrags zu ändern, so gilt als Kontoinhaber die Person, die im Versicherungsvertrag als Eigentümer (Versicherungsnehmer) angeführt ist, sowie jede Person, die nach den Vertragsbedingungen einen unverfallbaren Zahlungsanspruch hat. Im Zeitpunkt der Fälligkeit eines rückkaufsfähigen Versicherungs- oder Rentenversicherungsvertrags ist jede Person, die vertraglich einen Anspruch auf Zahlungen hat, als Kontoinhaber zu behandeln.

Ein Nachlasskonto, dessen ausschließlicher Kontoinhaber ein Nachlass ist, gilt ab dem Zeitpunkt der Vorlage der Kopie des Testaments oder der Sterbeurkunde als ausgenommenes Konto ( § 87 Z 4 GMSG) und stellt ab diesem Zeitpunkt kein Finanzkonto dar.

12.2. Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche (AML/KYC) ( § 97 GMSG)

82Der Ausdruck "Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche (AML/KYC)" bedeutet die Verfahren eines meldenden Finanzinstituts (Rz 52 ff) zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden nach den Auflagen zur Geldwäschebekämpfung und ähnlichen Vorschriften, denen dieses meldende Finanzinstitut auf Grund bundesgesetzlicher Regelungen unterliegt (in Bezug auf die Feststellung beherrschender Personen vgl. Rz 77).

In Bezug auf die Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach §§ 7 ff GMSG sind die zum Zeitpunkt der Überprüfung der Konten anwendbaren Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche (AML/KYC) maßgebend (vgl. Rz 7).

Bei diesen Verfahren handelt es sich um internationale Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung, die von internationalen Organisationen und Einrichtungen festgelegt wurden. Insbesondere die von der Financial Action Task Force (FATF), einem bei der OECD angesiedelten Gremium, entwickelten Empfehlungen wurden von der internationalen Staatengemeinschaft, einschließlich der EU, übernommen. Durch die Verpflichtung zur Einführung von angemessenen Verfahren zur Erfüllung der Sorgfalts- und Meldepflichten soll sichergestellt werden, dass die vom Finanzinstitut iSd GMSG ergriffenen Maßnahmen ein wirkungsvolles System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bilden.

Zu den wichtigsten Sorgfaltspflichten der Finanzinstitute im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung gehören die Feststellung und Überprüfung der Identität von Kunden, vertretungsbefugten Personen und wirtschaftlichen Berechtigten (Treugeber und wirtschaftliche Eigentümer), die Einholung von Informationen über Zweck und Art der angestrebten Geschäftsbeziehung, die Durchführung einer kontinuierlichen Überwachung der Geschäftsbeziehung und die Meldung von Verdachtsfällen. Sowohl Geldwäsche als auch Terrorismusfinanzierung sind in Österreich unter Strafe gestellt ( §§ 165 und 278d StGB).

Die Richtlinie 2015/849/EU zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (4. und 5. Geldwäsche-Richtlinie) wird mit dem Finanzmarkt-Geldwäschegesetz ( FM-GwG) und dem Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz ( WiEReG) umgesetzt.

Die Verordnung 2015/847/EU über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers wurde ebenfalls am 5. Juni 2015 im Amtsblatt der EU verlautbart und gilt ab 26. Juni 2017.

Daneben gibt es auch in anderen Gesetzen (zB in der Rechtsanwalts- und Notariatsordnung, dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und dem Bilanzbuchhaltungsgesetz) Bestimmungen, die sich auf Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche (AML/KYC) beziehen.

Hat eine Änderung der Verfahren zur Bekämpfung der Geldwäsche die Folge, dass ein meldendes Finanzinstitut zusätzliche Informationen beschaffen muss, können diese eine Änderung der Gegebenheiten darstellen ( § 102 GMSG).


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
19.04.2020
Betroffene Normen:
§§ 96 bis 106 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 96 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 51 Abs. 2 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 52 Abs. 2 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 98 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 87 Z 4 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 97 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§§ 7 ff GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
§ 165 StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974
§ 278d StGB, Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974
RL 2015/849, ABl. Nr. L 141 vom 05.06.2015 S. 73
VO 2015/847, ABl. Nr. L 141 vom 05.06.2015 S. 1
§ 102 GMSG, Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz, BGBl. I Nr. 116/2015
Stammfassung:
BMF-010221/0820-VI/8/2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
CAAAA-76451