Richtlinie des BMF vom 13.03.2024, 2023-0.871.819
9 Besondere Gewinnermittlungsvorschriften (§§ 10 bis 13 EStG 1988) und besondere Verlustberücksichtigungsvorschriften
9.1 Gewinnfreibetrag (§ 10 EStG 1988)

9.1.5 Mitunternehmerschaften

3747Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2024, § 10Malainer/Staribacher, Vorsteuerabzug und Investitionszuwachsprämie bei Rennautos, SWK 28/2011 S. 954Bei Mitunternehmerschaften können nur die Gesellschafter den Gewinnfreibetrag in Anspruch nehmen. Sowohl der Grundfreibetrag als auch der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag, höchstens jedoch 46.400 Euro für die gesamte Mitunternehmerschaft (vor 1.1.2024 beginnende Wirtschaftsjahre: 45.950 Euro; vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 45.350 Euro), sind bei den Mitunternehmern mit einem der Gewinnbeteiligung entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Die Aufteilung auf mehrere Gesellschafter hat nach Maßgabe des Anteils am steuerlichen Gewinn der Mitunternehmerschaft, somit nach Maßgabe des gesellschaftsvertraglich zustehenden Gewinnanteiles unter Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben zu erfolgen. Der Gewinnfreibetrag ist daher auf jene Gesellschafter, die positive steuerliche Beteiligungseinkünfte erzielen, entsprechend ihrer prozentuellen steuerlichen Gewinnbeteiligung aufzuteilen.

Im Fall der Beteiligung einer Körperschaft (zB GmbH & Co KG) kann der auf die Körperschaft entfallende Freibetrag (anteilige Höchstbetrag) bei dieser keine Wirkung entfalten; der auf die Körperschaft entfallende Freibetrag kann bei den anderen Gesellschaftern (natürlichen Personen) keine Erhöhung des Freibetrages bewirken.

Gehört der Mitunternehmeranteil zum Betriebsvermögen eines Betriebes eines Steuerpflichtigen, ist die Berücksichtigung des Gewinnfreibetrages nur im Rahmen der Gewinnermittlung dieses Betriebes möglich. Ergibt sich insgesamt ein Gewinn, teilt der darin enthaltene Gewinnanteil das Schicksal der betrieblichen Bemessungsgrundlage. Ergibt sich nach Verrechnung des Gewinnanteiles insgesamt ein Verlust, ist auch der Gewinnanteil vom Freibetrag ausgeschlossen.

Beispiel:

1. A ist mit 50%, B und C jeweils mit 25% am Gewinn und am Vermögen der ABC-OG (in der Folge: MU) beteiligt, die einen unternehmensrechtlichen Gewinn von 160.000 € erzielt. Von der MU werden begünstigte Wirtschaftsgüter (WG) im Wert von 8.000 € angeschafft. C hat im Sonderbetriebsvermögen begünstigte Wertpapiere in Höhe von 3.000 € angeschafft.

2. A hat zudem ein Einzelunternehmen (EU) und erzielt dort einen Gewinn von 240.000 €. Im Einzelunternehmen wurden begünstigte Wirtschaftsgüter im Wert von 35.000 € angeschafft. Er ordnet den Grundfreibetrag im Höchstausmaß dem MU-Anteil zu.

3. B hält den Mitunternehmeranteil im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens und erzielt in diesem Betrieb einen Gewinn von 175.000 €, insgesamt somit von 215.000 €. Im Einzelunternehmen wurden begünstigte Wirtschaftsgüter im Wert von 16.000 € angeschafft.

4. C hat neben seiner Beteiligung keine betrieblichen Einkünfte.


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A
B
C
Anteiliger Gewinn aus der MU
80.000
40.000
40.000
160.000
Davon maximaler Gewinnfreibetrag aus MU
10.730
5.365
5.365
21.460
Begünstigte WG in MU
4.000
2.000
5.000 1)
MU-Anteil im Betriebsvermögen?
Nein
Ja
Nein
Grundfreibetrag
2.4752)
0 3)
1.237,54)
Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag aus MU
4.000
0 3)
4.127,55)
Gewinnfreibetrag insgesamt aus MU
6.475
0
5.365
Steuerliches Ergebnis aus der MU
73.525
40.000
34.635
Gewinn des EU
240.000
215.000 6)
-
Davon maximaler Gewinnfreibetrag
26.820 7)
26.390
-
Begünstigte WG
35.000 8)
18.000 9)
-
Grundfreibetrag
2.47510)
4.950
-
Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag EU
24.34511)
18.000
-
Gewinnfreibetrag insgesamt EU
26.820
22.950
-
Gewinnfreibetrag insgesamt MU + EU
33.295
22.950
5.365

1) 2.000 anteilig aus MU und 3.000 im Sonderbetriebsvermögen.

2) Maximale Bemessungsgrundlage für den Grundfreibetrag aufgrund des Gewinnanspruchs 50% von 33.000 = 16.500, davon 15%.

3) MU-Anteil im Betriebsvermögen, daher Berücksichtigung auf Ebene des Einzelunternehmens.

4) Maximale Bemessungsgrundlage für den Grundfreibetrag aufgrund des Gewinnanspruchs 25% von 33.000 = 8.250, davon 15%.

5) Der Maximalbetrag errechnet sich in diesem Fall wie folgt: maximal anteiliger Gewinnfreibetrag minus anteiligem Grundfreibetrag (5.365 - 1.237,5).

6) einschließlich der 40.000 Gewinntangente aus der MU.

7) 2.475 (16.500*) x 15%) + 18.850 (145.000 x 13%) + 5.495 (240.000 - 16.500 - 145.000 = 78.500 x 7%) = 26.820

*)Noch nicht ausgeschöpfte Berechnungsgrundlage für Grundfreibetrag.

8) im EU.

9) 2.000 aus MU und 16.000 aus EU.

10) Noch nicht ausgeschöpfter Grundfreibetrag (4.950 abzüglich 2.475 aus Mitunternehmerschaft).

11) 28.140 abzüglich "verbrauchter" Grundfreibetrag 2.475.

3748Bei Mitunternehmerschaften ist der den einzelnen Mitunternehmern zuzuordnende Gewinnfreibetrag wie folgt zu ermitteln:

  1. Aufteilung des Grundfreibetrages entsprechend dem Gewinnanteil.

  2. Aufteilung des möglichen investitionsbedingten Gewinnfreibetrages nach dem Gewinnanteil.

  3. Prüfung, ob der mögliche investitionsbedingte Gewinnfreibetrag vermögensmäßig durch dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnende Wirtschaftsgüter (im gemeinschaftlichen Vermögen und/oder Sonderbetriebsvermögen) gedeckt ist. Dabei sind im Gesellschaftsvermögen stehende Wirtschaftsgüter den Gesellschaftern entsprechend ihrer Vermögensbeteiligung zuzurechnen. Mangels Vermögensbeteiligung kann einem reinen Arbeitsgesellschafter kein Anteil an begünstigungsfähigen Investitionen des gemeinschaftlichen Betriebsvermögens zugerechnet werden; Arbeitsgesellschafter können einen Freibetrag daher nur insoweit in Anspruch nehmen, als dieser durch Investitionen im Sonderbetriebsvermögen des Arbeitsgesellschafters gedeckt ist. Ein von einem Mitunternehmer nicht ausgenützter oder ausnützbarer Freibetrag kann von den anderen Mitunternehmern nicht genutzt werden.

Beispiel:

An der ABC-OG sind A mit 25%, B mit 35% und C mit 40% gewinnbeteiligt. Die Vermögensbeteiligung beträgt: A: 10%, B: 15% und C 75%.

Im Jahr 1 wurden folgende (begünstigte) Wirtschaftsgüter (WG) angeschafft:


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WG
AK in €
Anteil A
Anteil B
Anteil C
WG 1
34.000
3.400
5.100
25.500
WG 2
27.000
2.700
4.050
20.250
WG 3
4.500
450
675
3.375
WG 4
900
90
135
675
WG 5
650
65
97,50
487,50
Gesamt
67.050
6.705
10.057,50
50.287,50

Die ABC-OG erzielt einen steuerlichen Gewinn von 115.000 €, davon entfallen - entsprechend der vertraglichen Gewinnaufteilung - auf A 28.750 €, auf B 40.250 € und auf C 46.000 €.

Den Mitunternehmern sind folgende Grundfreibeträge zuzuordnen:


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Gewinnanteil
Grundfreibetrag 1)
Möglicher investitionsbedingter Gewinnfreibetrag 2)
Vermögensdeckung
A
28.750,00
1.237,50
2.665,00
6.705,00
B
40.250,00
1.732,50
3.731,00
10.057,50
C
46.000,00
1.980,00
4.264,00
50.287,50

1) (15% von 33.000) x Gewinnanteil

2) (13% von 82.000 3) x Gewinnanteil)

3) = 115.000 - 33.000

Von den Mitunternehmern werden folgende Gewinnfreibeträge in Anspruch genommen:


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A
B
C
Grundfreibetrag
1.237,50
1.732,50
1.980,00
Investitionsbedingter Gewinnfreibetrag
WG 1
-
3.731,00
-
WG 2
2.665,00
-
4.264,00
WG 3
-
-
-
WG 4, 5
-
-
-
Gesamter investitionsbedingter Gewinnfreibetrag
2.665,00
3.731,00
4.264,00
Gesamter Gewinnfreibetrag
3.902,50
5.463,50
6.244,00

3749Ergibt sich im Einkommensteuerverfahren, dass das Höchstausmaß des Grundfreibetrages überschritten wurde, weil der Grundfreibetrag im Rahmen verschiedener Gewinnfeststellungsverfahren in einem insgesamt den Betrag von 4.950 Euro (vor 1.1.2024 beginnende Wirtschaftsjahre: 4.500 Euro; vor 1.1.2022 beginnende Wirtschaftsjahre: 3.900 Euro) übersteigenden Ausmaß berücksichtigt worden ist, muss der Grundfreibetrag auf das Höchstausmaß zurückgeführt werden. Sollte wegen der Höchstbetragsüberschreitung eine Änderung eines Gewinnfeststellungsverfahrens erforderlich sein, stellt die Tatsache, dass sich das Überschreiten des Höchstbetrages aus einem anderen Verfahren ergibt, ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 295a BAO in Bezug auf das betreffende Feststellungsverfahren dar. Kann die Höchstbetragsüberschreitung nicht bereits im Rahmen des Einkommensteuerverfahrens durch Kürzung des geltend gemachten Grundfreibetrages berücksichtigt werden, ist dem Steuerpflichtigen mittels Vorhaltes die Höchstbetragsüberschreitung zur Kenntnis zu bringen; er ist weiters aufzufordern, bekannt zu geben, im Rahmen welchen Feststellungsverfahrens eine Minderung des Grundfreibetrages eintreten soll. Aufgrund der Entscheidung des Steuerpflichtigen ist sodann das betreffende Feststellungsverfahren gemäß § 295a BAO zu ändern. Der geänderte Gewinnanteil ist sodann der Einkommensteuerveranlagung zu Grunde zu legen.

3750Bei einer privat gehaltenen Beteiligung ist der Freibetrag für körperliche Wirtschaftsgüter im Anlageverzeichnis gesellschafterbezogen auszuweisen, für Wertpapiere hat in dem gesonderten Verzeichnis ein gesellschafterbezogener Ausweis zu erfolgen bzw. sind im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters angeschaffte Wertpapiere in einem eigenen Verzeichnis des Gesellschafters auszuweisen; Rz 3733 gilt entsprechend.

3751Wird eine Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft im Betriebsvermögen gehalten, gilt:

  • Der Mitunternehmerschaft zuzurechnende körperliche Wirtschaftsgüter, für die im Einzelunternehmen ein Freibetrag beansprucht wird, sind beim Einzelunternehmen in einem gesonderten Verzeichnis darzustellen; Rz 3731 gilt entsprechend. Im Anlageverzeichnis (Verzeichnis) der Mitunternehmerschaft hat für den betreffenden Gesellschafter der Ausweis eines Freibetrages zu unterbleiben.

  • Investitionen im Einzelunternehmen (körperliche Wirtschaftsgüter und Wertpapiere) können für einen aus der Mitunternehmerschaft stammenden Freibetrag verwendet werden. Investitionen in einer Mitunternehmerschaft (körperliche Wirtschaftsgüter und Wertpapiere) können höchstens in jenem Umfang für den Freibetrag berücksichtigt werden, in dem das Ergebnis aus der Beteiligung zum gesamten Freibetrag beiträgt.

Beispiel:


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Gewinnanteil aus der Mitunternehmerschaft:
5.000
Gewinn des Einzelunternehmens (vor MU-Gewinntangente):
12.000
Gesamt:
17.000

Höchstmöglicher Freibetrag daher 2.550

Die 2.550 können zur Gänze durch Investitionen im Einzelunternehmen gedeckt werden, es können aber auch Investitionen in der Mitunternehmerschaft zur Deckung des Freibetrages herangezogen werden, höchstens jedoch in Höhe von 15% des aus der Mitunternehmerschaft stammenden Gewinnanteils. Unzulässig ist es daher in diesem Fall, aus der Mitunternehmerschaft mehr Investitionen als 750 zur Deckung heranzuziehen, das heißt, es können fehlende Investitionen im Einzelunternehmen nicht durch Investitionen in der Mitunternehmerschaft ersetzt werden.

  • Für ausgeschiedene Wertpapiere der Mitunternehmerschaft kommen als Ersatzbeschaffungswirtschaftsgüter nur von der Mitunternehmerschaft angeschaffte/hergestellte körperliche Wirtschaftsgüter in Betracht. Für ausgeschiedene Wertpapiere des Einzelunternehmens kommen als Ersatzbeschaffungswirtschaftsgüter nur vom Einzelunternehmer angeschaffte/hergestellte körperliche Wirtschaftsgüter in Betracht (siehe aber Rz 3737 zur vorzeitigen Tilgung von Wertpapieren).

  • Bei Vorhandensein von Sonderbetriebsvermögen gilt Folgendes: Für ausgeschiedene Wertpapiere der Mitunternehmerschaft oder aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters kommen als Ersatzbeschaffungswirtschaftsgüter von der Mitunternehmerschaft oder vom Gesellschafter im Sonderbetriebsvermögen angeschaffte/hergestellte körperliche Wirtschaftsgüter in Betracht (siehe aber Rz 3737 zur vorzeitigen Tilgung von Wertpapieren).

Randzahlen 3752 bis 3800: derzeit frei


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
13.03.2024
Betroffene Normen:
§ 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448