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Richtlinie des BMF vom 06.05.2021, 2021-0.103.726

31 Zuzugsbegünstigung (§ 103 EStG 1998)

31.1 Allgemeines

8201Zuziehende Wissenschaftler und Forscher (seit ), Künstler (seit ) sowie Sportler (seit ) können die Zuzugsbegünstigung in Form der Beseitigung steuerlicher Mehrbelastungen (siehe Rz 8201d ff) beantragen. Für Zuzüge ab dem (Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015) besteht gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 auch die Möglichkeit der Zuerkennung eines Zuzugsfreibetrages (siehe Rz 8201i ff), der jedoch Wissenschaftlern und Forschern vorbehalten ist.

Eine Kombination dieser beiden Formen ist möglich (Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen mit Zuzugsfreibetrag).

Die ZBV 2016, BGBl. II Nr. 261/2016, löste mit Wirkung die Zuzugsbegünstigungsverordnung, BGBl. II Nr. 102/2005, ab. Die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen ( § 103 Abs. 1 EStG 1988) erfolgt daher gemäß § 5 Abs. 1 ZBV 2016 durch Anwendung eines pauschalen Durchschnittssteuersatzes (siehe Rz 8201d). Für "Altfälle" (Zuzüge vor dem ) gelten gemäß § 10 Abs. 3 ZBV 2016 Übergangsbestimmungen (siehe Rz 8207).

31.2 Zuzug und Wegzug

8201aDie Zuzugsbegünstigung nach § 103 Abs. 1 und Abs. 1a EStG 1988 knüpft an den Zuzug aus dem Ausland an. Neben der Begründung eines inländischen Wohnsitzes (siehe Rz 21 ff) setzt der Zuzug aus dem Ausland auch die Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen (siehe Rz 7593, 7596 und 7597) nach Österreich voraus (vgl. ; ).

Beispiel:

Frau F lebt in Bulgarien. Verlagern sich sowohl der Wohnsitz als auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen nach Österreich, so liegt ein Zuzug vor.

Ausländische Wohnsitze und die unbeschränkte Steuerpflicht in anderen Staaten sind unschädlich.

Beispiel:

Herr A hat in der Schweiz und in Österreich jeweils einen Wohnsitz. Seinen Mittelpunkt der Lebensinteressen verlagert er nach Österreich. In Folge der Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen tritt ein Zuzug ein.

8201bDie Verlagerung des Mittelpunkts der Lebensinteressen von Österreich ins Ausland führt zu einem Wegzug.

8201cDie Rückverlegungsklausel ( § 103 Abs. 2 EStG 1988) sieht vor, dass ein Wegzug innerhalb der letzten zehn Jahre (120 Monate) vor dem Zuzug schädlich ist. Ist die Person nach dem ( § 124b Z 319 EStG 1988) zugezogen, verkürzt sich für den Zuzugsfreibetrag dieser Zeitraum auf fünf Jahre (60 Monate).

31.3 Beseitigung steuerlicher Mehrbelastungen (§ 103 Abs. 1 EStG 1988)

8201dDie Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen erfolgt gemäß § 5 Abs. 1 ZBV 2016 durch Anwendung eines pauschalen Durchschnittssteuersatzes auf die nicht unter § 98 EStG 1988 fallenden Einkünfte (Auslandseinkünfte). Inlandseinkünfte sind gemäß § 103 Abs. 1 EStG 1988 nicht begünstigbar.

8201eDer pauschale Steuersatz ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen der ausländischen Steuer der letzten drei Kalenderjahre und dem im Ausland erwirtschafteten Einkommen im selben Zeitraum. Bei der Ermittlung der ausländischen Steuern sind gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 auch ausländische Steuern anzusetzen, die das Einkommen mittelbar belasten (zB Solidaritätszuschlag). Die Höhe der ausländischen Einkünfte richtet sich nach österreichischem Steuerrecht, wobei gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ZBV 2016 auch endbesteuerte Einkünfte zu berücksichtigen sind. Der pauschale Steuersatz beträgt jedoch mindestens 15%.

Beispiel:

Frau O ist Opernsängerin. Bis lebt sie im Staat A. 2015 übersiedelt sie in den Staat B. Mit zieht sie nach Österreich zu. Frau O tritt in allen Jahren in den Staaten A, B und C sowie in Österreich auf. Von den Veranstaltern erhält sie in den Staaten A, B und C sowie in Österreich jährlich jeweils 100.000 Euro für ihre Auftritte. Aus Staat D erhält Frau O jährlich 100.000 Euro aus Dividenden. Die einzigen Ausgaben sind 10% Managementgebühr von den Bruttoeinnahmen und 5.000 Euro Reisekosten für Auftritte außerhalb des jeweiligen Wohnsitzstaates je Staat und Jahr. Auf die Konzerte (selbständige Arbeit) entfallen jährlich Sozialversicherungsbeiträge in der Gesamthöhe von 20.800 Euro.

Unter Berücksichtigung der Managementgebühren (A, B, C und Ö je 10.000 Euro) und Reisekosten (A/B, C und Ö je 5.000 Euro) ergibt sich folgendes Bild:


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Einnahmen abzgl. direkt zurechenbare Ausgaben
KJ
Staat A
Staat B
Staat C
Staat D
Ö
2013
90.000
85.000
85.000
100.000
85.000
2014
90.000
85.000
85.000
100.000
85.000
2015
85.000
90.000
85.000
100.000
85.000

Das Auslandseinkommen ( § 5 Abs. 1 Z 2 ZBV 2016) in der Höhe von 341.385,51 Euro ermittelt sich in den Jahren 2013 bis 2015 jeweils folgendermaßen: Einnahmen abzüglich direkt zurechenbare Ausgaben (90.000 Euro + 85.000 Euro + 85.000 Euro + 100.000 Euro) minus aliquoten Sozialversicherungsanwendungen (75,36% von 20.800 Euro = 15.675,36 Euro) minus aliquotem Gewinnfreibetrag gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 (75,36% von 3.900 Euro = 2.939,13 Euro) minus aliquoten Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 2 EStG 1988 (75,36% von 60 Euro = 45,22 Euro). Das Auslandseinkommen beträgt also in den drei Jahren insgesamt 1.024.156,53 Euro (341.385,51 Euro + 341.385,51 Euro + 341.385,51 Euro).

Die Aliquotierung (75,36%) erfolgt dabei im Verhältnis zwischen den direkt dem Ausland zurechenbaren Einkünften aus selbständiger Arbeit (90.000 Euro + 85.000 Euro + 85.000 Euro) und den Gesamteinkünften aus selbständiger Arbeit (90.000 Euro + 85.000 Euro + 85.000 Euro + 85.000 Euro).

Auf Grund innerstaatlicher Gesetze und Doppelbesteuerungsabkommen heben die Staaten A, B, C und D folgende Steuern ein, was Frau O durch Einkommensteuerbescheide und Belege zu einbehaltenen Quellensteuern nachweist:


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Steuern
KJ
Staat A
Staat B
Staat C
Staat D
Σ
2013
43.765
0
25.000
10.000
78.765
2014
43.765
0
25.000
10.000
78.765
2015
10.000
0
25.000
26.375
61.375
Σ
97.530
0
75.000
46.375
218.905

Die Auslandssteuern ( § 5 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016) summieren sich in den drei Jahren auf 218.905 Euro.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 3 ZBV 2016 ergibt sich ein Steuersatz von 21,37% (218.905 : 1.024.156,53). Dieser liegt über dem pauschalen Mindeststeuersatz in der Höhe von 15% und ist daher maßgebend.

8201fNach dem zehnten Kalenderjahr beginnt die Zuzugsbegünstigung gemäß § 5 Abs. 3 ZBV 2016 auszuschleifen. Der pauschale Steuersatz erhöht sich dann jährlich um 2 Prozentpunkte.

Beispiel:

Frau R zieht am nach Österreich. Der pauschale Durchschnittssteuersatz iSd Abs. 1 beträgt 15%. Nach dem zehnten Kalenderjahr, also mit dem , beginnt die Ausschleifregel zu wirken. Der pauschale Steuersatz erhöht sich gemäß Abs. 3 im Jahr 2026 auf 17% (15% + 2%), 2027 auf 19% (17% + 2%), …, 2041 auf 47% (45% + 2%) und 2042 auf 49% (47% + 2%). Mit Ablauf des Kalenderjahres 2042 - also bevor ein Steuersatz von 50% erreicht wird - läuft die Begünstigung gemäß § 6 Abs. 1 ZBV 2016 automatisch aus.

8201gDer pauschale Durchschnittssteuersatz wird ausschließlich auf Auslandseinkünfte (auch endbesteuerte Einkünfte) angewendet. Im ersten Schritt werden die Auslandseinkünfte mit diesem Steuersatz multipliziert. Im zweiten Schritt werden zu diesem Zwischenergebnis 4.500 Euro (Hälfte des in § 102 Abs. 3 EStG 1988 genannten Betrags) hinzuaddiert. Mit diesem Betrag sind die Auslandseinkünfte gemäß § 5 Abs. 2 ZBV 2016 abschließend besteuert, dh. die Auslandseinkünfte wirken nicht progressionserhöhend auf die Inlandseinkünfte.

Beispiel:

Frau Z wurde ab ein pauschaler Durchschnittssteuersatz in der Höhe von 20% zuerkannt. 2017 erzielt sie mit ausländischen Aktien Einkünfte in der Höhe von 10.000 Euro und mit der Vermietung einer ausländischen Immobilie 15.000 Euro. Sonst liegen keine Auslandeinkünfte vor. Ob das Aktiendepot in Österreich oder im Ausland liegt, ist im Ergebnis unerheblich. Die Auslandseinkünfte betragen 25.000 Euro (10.000 Euro + 15.000 Euro). Vor Anrechnung ausländischer Steuern beträgt die Steuer für diese Einkünfte 9.500 Euro (25.000 Euro x 20 : 100 + 4.500 Euro). Bei der Ermittlung der Steuer auf die Inlandseinkünfte sind die Auslandseinkünfte nicht mehr zu berücksichtigen.

8201hAusländische Steuern können gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz ZBV 2016 ohne "per country limitation" (siehe Rz 7585) angerechnet werden; dh. die Anrechnung ausländischer Steuern ist im Ergebnis durch die österreichische Steuer auf die Auslandseinkünfte begrenzt. Allfällige durch Doppelbesteuerungsabkommen vermittelte Begünstigungen gelten als durch den pauschalen Steuersatz berücksichtigt. Ein allfälliger Günstigkeitsvergleich obliegt dem Steuerpflichtigen. Sollte sich etwa das österreichische Netzwerk an Doppelbesteuerungsabkommen im Vergleich zur gewährten Zuzugsbegünstigung als steuerlich günstiger erweisen, so kann der Begünstigte gemäß § 6 Abs. 3 Z 6 ZBV 2016 freiwillig auf die weitere Anwendung der Begünstigung verzichten.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 103 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 103 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 103 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 103 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 103 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 98 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 103 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 103 Abs. 1a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 103 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 5 Abs. 1 ZBV 2016, Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016, BGBl. II Nr. 261/2016
§ 10 Abs. 3 ZBV 2016, Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016, BGBl. II Nr. 261/2016
§ 103 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 124b Z 319 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 10 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 18 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 5 Abs. 3 ZBV 2016, Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016, BGBl. II Nr. 261/2016
§ 6 Abs. 1 ZBV 2016, Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016, BGBl. II Nr. 261/2016
§ 102 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Abs. 3 Z 6 ZBV 2016, Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016, BGBl. II Nr. 261/2016
§ 33 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 103 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise:


EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 8202
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 8201i ff
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 8201d
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 8207
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 21 ff
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7593
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7596
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7597
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7585

Schlagworte:
Einkommensteuer
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448