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Richtlinie des BMF vom 31.03.2023, 2023-0.039.376
29 Kapitalertragsteuer ( §§ 93 bis 97 EStG 1988)
29.6 Befreiungen vom Kapitalertragsteuerabzug
29.6.2 Beteiligungserträge von Körperschaften ( § 94 Z 2 EStG 1988)
29.6.2.2 Beteiligungserträge ausländischer Körperschaften
29.6.2.2.3 Wechsel zum Rückerstattungsverfahren

29.6.2.2.3.2 Offenkundige verdeckte Ausschüttungen

7758 § 1 Z 2 VO BGBl. Nr. 56/1995 sieht weiters bei offenkundigen verdeckten Ausschüttungen iSd § 8 Abs. 2 KStG 1988 einen zwingenden KESt-Abzug mit nachfolgendem Rückerstattungsverfahren vor. Es wird damit die ausländische Muttergesellschaft gezwungen, der ausländischen Finanzverwaltung die Umstände und Gründe der verdeckten Ausschüttung mitzuteilen.

Eine offenkundige verdeckte Ausschüttung liegt nach § 3 der VO BGBl. Nr. 56/1995 dann vor, wenn der Abzugsverpflichtete die verdeckte Ausschüttung bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes (nunmehr des Unternehmers) erkannte oder erkennen musste. Die grundlegenden Erscheinungsformen einer verdeckten Ausschüttung (jede Einkommensminderung der Körperschaft ohne hinreichenden Rechtsgrund) sind danach bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (nunmehr des Unternehmers) zu erkennen und somit als offenkundige verdeckte Ausschüttungen anzusehen (). Eine Nichtbeachtung der Verrechnungspreisrichtlinien löst bei unbestreitbar feststehendem Sachverhalt eine offenkundige verdeckte Ausschüttung aus (VPR 2021 Rz 516).

Die Behörde kann jedoch in Fällen verdeckter Ausschüttungen von der Inanspruchnahme der KESt-Haftung gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung zur Erlassung eines Haftungsbescheides (vgl. ) absehen, wenn bereits vor dessen Erlassung zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass der Muttergesellschaft eine Entlastung von der Kapitalertragsteuer aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie zusteht. Zum Nachweis siehe Rz 7759 ff.

29.6.2.2.4 Nachweispflichten

29.6.2.2.4.1 Entlastung an der Quelle

7759 § 1 Z 3 iVm § 4 Abs. 1 VO BGBl. Nr. 56/1995 sieht vor, dass von der abzugsverpflichteten Tochtergesellschaft der Nachweis der Voraussetzungen für die Befreiung vom KESt-Abzug durch Unterlagen zu führen ist, aus denen die Voraussetzungen jederzeit leicht nachprüfbar sind. Konkret wird in § 4 Abs. 2 der VO gefordert, dass die Ansässigkeit der Muttergesellschaft durch eine von der Steuerverwaltung des Ansässigkeitsstaates der Muttergesellschaft zeitnah erteilte Bescheinigung auf dem Vordruck ZS-EUMT nachzuweisen ist. Eine KA1-Meldung ist dennoch vorzunehmen. Die Ansässigkeitsbescheinigung gilt als zeitnah, wenn sie innerhalb eines Jahres vor oder nach der Ausschüttung ausgestellt wurde. Daneben muss die ausschüttende Tochtergesellschaft auch die Unterlagen zur Nachprüfbarkeit der Erklärung iSd § 2 Abs. 2 VO der Muttergesellschaft zur Entkräftung des Missbrauchsverdachts führen.

7759aBei einer Ausschüttung an eine ausländische Holdinggesellschaft, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 der VO BGBl. Nr. 56/1995 nicht erfüllt, an der jedoch eine ausländische - in einem EU-Mitgliedstaat ansässige - Körperschaft unmittelbar (oder über eine Personengesellschaft mittelbar) zu 100% beteiligt ist, die selbst die Voraussetzungen der Mutter-Tochter-Richtlinie erfüllt, bedarf es für die Entlastung an der Quelle (siehe dazu bereits Rz 7757a) abhängig davon, ob die Holdinggesellschaft als funktionslos oder als mit wirtschaftlicher Funktion ausgestattet anzusehen ist, unterschiedlicher Nachweise (vgl. EAS 3244, EAS 3414):

  • Handelt es sich um eine mit wirtschaftlicher Funktion ausgestattete Holding, der die Einkünfte zuzurechnen sind, bedarf es eines von der Holdinggesellschaft vorgelegten Vordruckes, der hierfür vorgesehen ist. Die Holdinggesellschaft kann dann zwar nicht die im Vordruck vorgesehene Substanzerklärung abgeben, da zumindest eines der drei in § 2 Abs. 2 VO geforderten Kriterien nicht erfüllt ist. Der in § 2 VO verankerte Missbrauchsverdacht kann jedoch mittels Ansässigkeitsbescheinigung und Substanzerklärung der Muttergesellschaft (gegebenenfalls unter Darlegung weiterer relevanter Umstände) widerlegt werden.

  • Handelt es sich um eine funktionslose Holding, sodass die Einkünfte der operativen Muttergesellschaft zuzurechnen sind, so ist neben dem für die Entlastung vorgesehenen Vordruck der Muttergesellschaft auch eine formlose Bestätigung der direkt beteiligten funktionslosen Holding darüber vorzulegen, dass ihr die Einkünfte nicht zuzurechnen sind.

In anders gelagerten Fällen kann von der ausschüttenden inländischen Körperschaft vom besonderen Auskunftsverfahren nach § 5 der VO BGBl. Nr. 56/1995 Gebrauch gemacht werden, sodass bei entsprechender Nachweisführung eine ex ante-Kontrolle der Entlastungsberechtigung erfolgen kann (vgl. Rz 7757d).

29.6.2.2.4.2 Rückerstattungsverfahren

7759bZu einem KESt-Rückerstattungsantrag gemäß § 94 Z 2 EStG 1988 befugt ist nach dem Gesetzeswortlaut die unmittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft beteiligte Muttergesellschaft. Der Antrag ist gemäß § 240a BAO erst nach Ablauf des Jahres der Einbehaltung zulässig.

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO grundsätzlich fünf Jahre. Vor Stellung des Antrags auf Rückzahlung der einbehaltenen KESt hat der Antragssteller eine elektronische Vorausmeldung gemäß § 240a Abs. 1 BAO abzugeben. Aus der Vorausmeldung wird ein Antrag generiert, welcher sodann in Papierform beim Finanzamt für Großbetriebe (bis : beim Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart) einzureichen ist.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
Verweise:
§ 1 Z 2 Einbehaltung von Kapitalertragsteuer - Mutter-Tochter-Richtlinie, BGBl. Nr. 56/1995
§ 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 3 Einbehaltung von Kapitalertragsteuer - Mutter-Tochter-Richtlinie, BGBl. Nr. 56/1995
§ 1 Z 3 Einbehaltung von Kapitalertragsteuer - Mutter-Tochter-Richtlinie, BGBl. Nr. 56/1995
§ 4 Abs. 1 Einbehaltung von Kapitalertragsteuer - Mutter-Tochter-Richtlinie, BGBl. Nr. 56/1995
§ 4 Abs. 2 Einbehaltung von Kapitalertragsteuer - Mutter-Tochter-Richtlinie, BGBl. Nr. 56/1995
§ 2 Abs. 2 Einbehaltung von Kapitalertragsteuer - Mutter-Tochter-Richtlinie, BGBl. Nr. 56/1995

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7757a
EAS 3244
EAS 3414
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7757d
§ 5 Einbehaltung von Kapitalertragsteuer - Mutter-Tochter-Richtlinie, BGBl. Nr. 56/1995
§ 240a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 240a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
VPR 2021, Verrechnungspreisrichtlinien 2021 Rz 516

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 7759 ff
§ 95 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Schlagworte:
Einkommensteuer - Befreiungen - Gläubiger-Schuldner-Identität - Beteiligungserträge - Rückerstattungsverfahren - Mutter-/Tochterrichtlinie - Missbrauchsverdacht - KESt-Erstattung - Offenkundige verdeckte Ausschüttungen - Zwischenbankgeschäfte - Auslandsfilialen - Befreiungserklärung - Pensionskasse - Veranlagungs- und - Risikogemeinschaft - Mitarbeitervorsorgekasse - Unterstützungskasse - Arbeitnehmerförderungsstiftung - unentbehrlicher Hilfsbetrieb - humanitäre Spendengelder - Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft - Zuwendungen von Stiftungen - Wegzug - internationale Finanzinstitutionen - Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln - beschränkt Steuerpflichtige
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448