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Richtlinie des BMF vom 07.05.2018, BMF-010203/0171-IV/6/2018
21 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28 EStG 1988)
21.5. Bauherreneigenschaft

21.5.3 Aufwendungen außerhalb des § 28 Abs. 2 und 3 EStG 1988

6495Die Bauherrenverordnung gilt nur für den Bereich des § 28 Abs. 2 und 3 EStG 1988. Hinsichtlich jener mit der Übertragung des Grundstücks verbundenen Aufwendungen, die nicht zu den Instandsetzungs- und Herstellungskosten im Sinne des § 28 Abs. 2 und 3 EStG 1988 zählen, sind hingegen die allgemeinen Kriterien für Herstellungsvorgänge maßgebend. Diese Kriterien sind das Vorliegen der Herstellerinitiative und des Herstellerrisikos.

6496Es ist bei den beteiligten Steuerpflichtigen (Bauinteressenten, wie zB Miteigentümergemeinschaften und Wohnungseigentümergemeinschaften) auf Grund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann kein Herstellungsvorgang anzunehmen, wenn ein Modell auch nur eine der im Folgenden angeführten Eigenschaften aufweist (vgl. ):

  • Der Kaufvertrag bildet mit dem Werkvertrag über die Errichtung einer Baulichkeit wirtschaftlich eine Einheit (vgl. dazu ). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Vertragswille auf den Erwerb eines fertigen Objekts gerichtet ist (). In diesem Zusammenhang stellt es ein gewichtiges Indiz gegen die Bauherreneigenschaft dar, wenn der Veräußerer gegenüber der Baubehörde als Bauwerber auftritt oder wenn beim Erwerb von Liegenschaftsanteilen, mit denen das Wohnungseigentum verbunden werden soll, nicht von vornherein ein gemeinsamer Beschluss der Eigentümergemeinschaft vorliegt, der auf die Errichtung einer Wohnhausanlage abzielt (zB und 82/16/0116).

  • Der Bauinteressent kann die Verträge mit Ausnahme unbedeutender Änderungen (Änderung der Raumaufteilung innerhalb der geplanten Wohneinheiten, Änderung der Raumausstattung, vgl. zB , ) praktisch nur zur Gänze annehmen oder zur Gänze ablehnen; maßgebend ist der wirtschaftliche Gehalt eines Modells, sodass bloß formal eingefügten Vertragsklauseln über den Bauinteressenten eingeräumte "endgültige Gestaltungsmöglichkeiten" und ähnlichem in wirtschaftlicher Betrachtungsweise keine Bedeutung zukommt.

  • Der Bauinteressent trägt nicht das finanzielle Risiko, sondern hat bloß einen Fixpreis zu zahlen, der ihm das Risiko des Tragens aller Kostensteigerungen nimmt ().

21.5.4 Rechtsfolgen fehlender oder bestehender Bauherrneigenschaft

6497Ist der Steuerpflichtige nicht als Bauherr iSd Rz 6492 ff anzusehen, liegt kein Herstellungsvorgang, sondern ein Anschaffungsvorgang vor. In diesem Fall sind die Aufwendungen, die mit der Übertragung des Grundstücks unmittelbar verbunden sind und nicht zu den Aufwendungen im Sinne des § 28 Abs. 2 und 3 EStG 1988 gehören, grundsätzlich als Anschaffungskosten des Gebäudes zu werten. Dies gilt insbesondere für:

  • Ausarbeitung der Grundkonzeption des Projektes, soweit es sich nicht um Baunebenkosten handelt,

  • Steuerberatungs- und Treuhandtätigkeit des Treuhänders,

  • Beratung über die Einkunftserzielung,

  • Überwachung des Zahlungsstroms,

  • Projektbetreuung, soweit es sich nicht um Baunebenkosten handelt,

  • Finanzierungsgarantien,

  • Vermittlung zum Bauherrenmodell,

  • Finanzierungsvermittlung,

  • Bearbeitungsgebühren, Platzierungsgarantiegebühren, Werbung von Bauinteressenten.

Bei fehlender Bauherreneigenschaft gelten diese Aufwendungen nämlich als Kosten (Kostenfaktoren) des Herstellers, die bei Weiterverrechnung an den Erwerber bloß Teil seiner Anschaffungskosten sind.

6498Die oben genannten Kosten sind Anschaffungskosten und gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 ohne weiteren Nachweis einer anderen Nutzungsdauer mit einem AfA-Satz von 1,5% abzuschreiben. Es bestehen zur Vermeidung von Abgrenzungsproblemen keine Bedenken, diese Aufwendungen in einem Ausmaß von 25% der Instandsetzungs- und Herstellungskosten gemäß § 28 Abs. 2 und 3 EStG 1988 in die Fünfzehntel-/Zehntel- bzw. Zehntel- bis Fünfzehntelabsetzung (gegebenenfalls aliquot) einzubeziehen.

Beispiel 1:

Im Rahmen eines Bauherrenmodells, bei dem die Bauherreneigenschaft gemäß Rz 6496 nicht gegeben ist, fallen 2002 folgende Aufwendungen an:


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Anschaffungskosten (AK) bebautes Grundstück
500.000 Euro
Herstellungskosten (HK) außerhalb § 28 Abs. 3 EStG 1988 (das Objekt fällt somit nicht in den Vollanwendbarkeitsbereich des MRG)
300.000 Euro
Nachgeholte Instandsetzungsaufwendungen gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988
400.000 Euro
Beratung über Einkunftserzielung
160.000 Euro
Finanzierungskosten (inkl. Zinsenvorauszahlung für 5 Jahre samt Finanzierungsvermittlung)
600.000 Euro
Kosten für Konzeption und Betreuung

(zB Honorare, Garantien)
280.000 Euro
2.240.000 Euro

Die Anschaffungskosten des bebauten Grundstückes sind im Verhältnis 80% zu 20% auf Gebäude und Grund und Boden aufzuteilen.

Steuerliche Behandlung:

a) Höhe der in Zehntelbeträgen abzusetzenden Instandsetzungsaufwendungen:


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Nachgeholte Instandsetzungsaufwendungen
400.000 Euro
+ 25%
100.000 Euro
500.000 Euro

b) Höhe der Anschaffungskosten:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
AK bebautes Grundstück
500.000 Euro
HK außerhalb § 28 Abs. 3
300.000 Euro
Beratungskosten
160.000 Euro
Konzeptionskosten usw.
280.000 Euro
440.000 Euro
abzüglich als § 28 Abs. 2 zu behandeln
- 100.000 Euro
340.000 Euro
Anschaffungskosten
1.140.000 Euro

c) Werbungskosten (nach Maßgabe des § 19 Abs. 3 EStG 1988):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Finanzierungskosten
600.000 Euro
davon 1/5, weil 5 Jahre betreffend
120.000 Euro

Die abzugsfähigen Aufwendungen des Jahres 2002 betragen:


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1/10 von 500.000 Euro (lit. a)
50.000 Euro
AfA 1,5% (80% Gebäudeanteil von 500.000 Euro)
6.000 Euro
AfA 1,5% (lit. b ausgenommen Altbestand)
9.600 Euro
Finanzierungskosten 1/5 von 600.000 Euro (lit. c)
120.000 Euro
Summe der 2002 abzugsfähigen Aufwendungen
185.600 Euro

Liegt kein Instandsetzungs- oder Herstellungsvorgang iSd § 28 Abs. 2 oder 3 EStG 1988 vor, gehören die in Rz 6497 aufgezählten Kosten zu den Anschaffungskosten des Gebäudes.

Beispiel 2:

Angaben wie in Beispiel 1. Die Erwerber tätigen weder Herstellungskosten gemäß § 28 Abs.3 EStG 1988 noch Instandsetzungskosten iSd § 28 Abs. 2 EStG 1988, sondern führen einen Dachbodenausbau durch. Die Kosten dafür betragen 1.000.000 Euro.

Der Herstellungsaufwand des Dachbodenausbaues ist auf die Restnutzungsdauer des Gebäudes zu verteilen. Dies werden im Regelfall 67 Jahre sein. Gleiches gilt für die laut Rz 6497 aufgezählten "Nebenkosten" der Anschaffung.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Anschaffungskosten bebautes Grundstück
500.000 Euro
Anschaffungsnebenkosten:
Beratung über Einkünfteermittlung
160.000 Euro
Kosten der Konzeption und Beratung
280.000 Euro
Anschaffungskosten gesamt
940.000 Euro

Die abzugsfähigen Aufwendungen des Jahres 2002 betragen:


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AfA Gebäude (siehe oben)
6.000 Euro
1,5% AfA von den Anschaffffungsnebenkosten (Beratungs- und Konzeptionskosten)
6.600 Euro
1,5% AfA von den HK des Dachbodenausbaues
15.000 Euro
Finanzierungskosten
120.000 Euro
Aufwendungen gesamt
147.600 Euro

6499Liegt hingegen ein Herstellungsvorgang vor, so sind die in Rz 6497 angeführten Kosten grundsätzlich als Werbungskosten anzusetzen. Diese Werbungskosten sind im Zeitpunkt ihrer Bezahlung bzw. im Anwendungsbereich des § 19 Abs. 3 EStG 1988 auf den Vorauszahlungszeitraum verteilt abzusetzen. Es ist jedoch zu prüfen, ob diese Aufwendungen im Hinblick auf ihren Titel angemessen sind oder "verdeckte" Herstellungskosten darstellen. Das Vorliegen "verdeckter" Herstellungskosten wird insbesondere dann zu prüfen sein, wenn die in Rz 6497 angeführten Kosten 25% der sonstigen Aufwendungen für Grund und Boden, Gebäude und Sanierungskosten übersteigen. Insoweit "verdeckte" Herstellungskosten vorliegen, sind sie in Anwendung des § 22 BAO bei den Herstellungskosten zu aktivieren.

Beispiel:

Angaben wie Beispiel 1 in Rz 6498. Die Herstellungskosten sind jedoch innerhalb des § 28 Abs. 3 EStG 1988 angefallen (das Mietobjekt unterliegt dem Vollanwendbarkeitsbereich des MRG oder es liegt eine Förderzusicherung iSd gesetzlichen Bestimmungen vor). Die Bauherreneigenschaft des Vermieters (Rz 6496) ist gegeben.

Steuerliche Behandlung:


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Anschaffungskosten bebautes Grundstück
500.000 Euro
Herstellungskosten innerhalb § 28 Abs. 3 EStG
300.000 Euro
Nachgeholte Instandsetzungsaufwendungen gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988
400.000 Euro
Summe
1.200.000 Euro
Von den "Nebenkosten" können 25% von 1.200.000 Euro, das sind 300.000 Euro sofort als Werbungskosten abgezogen werden.
Beratung über Einkünfteermittlung
160.000 Euro
Konzeptionskosten usw.
280.000 Euro
Summe
440.000 Euro
abzüglich 300.000 Euro (siehe oben)
-300.000 Euro
als Herstellungskosten zu behandeln
140.000 Euro

Die abzugsfähigen Aufwendungen des Jahres 2002 betragen:


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AfA Gebäude (siehe Rz 6498)
6.000,00 Euro
1/10 von Instandsetzung
40.000,00 Euro
1/15 Herstellungskosten (HK)
echte HK
300.000 Euro
verdeckte HK
140.000 Euro
HK gesamt
440.000 Euro
davon 1/15
29.333,33 Euro
Kosten gemäß Rz 6497
300.000,00 Euro
Finanzierungskosten
120.000,00 Euro
Aufwendungen gesamt
495.333,33 Euro

6500Aufwendungen, die

  • nicht zu den Instandsetzungs- und Herstellungsaufwendungen im Sinne des § 28 Abs. 2 und 3 EStG 1988 gehören und

  • keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Übertragung des Grundstücks aufweisen,

sind jedenfalls, das heißt auch bei Fehlen der Bauherreneigenschaft gemäß Rz 6496 nach Maßgabe des § 19 EStG 1988 als Werbungskosten der Bauinteressenten absetzbar. Zu diesen Kosten gehören insbesondere die Zinsen für Darlehen zur Finanzierung des Bauvorhabens, Kosten für die steuerliche Beratung nach Fertigstellung des Projekts sowie Kosten für Mietgarantien. § 19 Abs. 3 EStG 1988 ist jedoch auch in diesen Fällen zu beachten.


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Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
Verweise:
§ 22 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961


EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6492




EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6496
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6497
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6498
Schlagworte:
Einkommensteuer
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448