zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Richtlinie des BMF vom 13.03.2024, 2023-0.871.819
20 Einkünfte aus Kapitalvermögen ( § 27 EStG 1988)

20.2 Steuerpflichtige Kapitaleinkünfte

6107Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören:

20.2.1 Einkünfte aus der Überlassung von Kapital

20.2.1.1 Allgemeines und Aufbau

6108Unter dem Oberbegriff "Einkünfte aus der Überlassung von Kapital" werden grundsätzlich die schon vor dem BBG 2011 als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuerten Früchte aus Finanzvermögen erfasst. § 27 Abs. 2 EStG 1988 ist wie folgt aufgebaut:

  • § 27 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 enthält Dividenden und vergleichbare Bezüge; er entspricht weitestgehend § 27 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 in der Fassung vor dem BBG 2011, wobei einerseits in lit. a die - im österreichischen Gesellschaftsrecht nicht mehr zulässigen - Zinsen aus Aktien entfallen sind, andererseits in lit. c klargestellt wurde, dass Bezüge aus Partizipationskapital im Sinne des Bankwesen- oder Versicherungsaufsichtsgesetzes stets unter diesen Tatbestand fallen.

  • § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 enthält Zinsen und vergleichbare Erträgnisse; hier wurden die Abs. 1 Z 3 und 4 des § 27 EStG 1988 in der Fassung vor dem BBG 2011 zusammengefasst.

  • § 27 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 enthält Diskontbeträge von Wechseln und Anweisungen und entspricht § 27 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 in der Fassung vor dem BBG 2011.

  • § 27 Abs. 2 Z 4 EStG 1988 enthält Gewinnanteile aus der Beteiligung als bzw. nach der Art eines stillen Gesellschafters, soweit sie nicht zur Auffüllung einer durch Verluste herabgeminderten Einlage zu verwenden sind, und entspricht somit § 27 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 in der Fassung vor dem BBG 2011. Allerdings sind Abschichtungsüberschüsse nicht unter den Einkünften aus der Überlassung von Kapital zu erfassen, sondern als Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen.

6108aAbs. 5 enthält Ergänzungstatbestände, die ebenfalls zu Einkünften aus der Überlassung von Kapital führen:

20.2.1.2 Anteilsrechte

6109Unter den Einkünften aus Anteilsrechten sind solche zu verstehen, die eine Beteiligung am Gewinn des Beteiligungsunternehmens vorsehen.

20.2.1.2.1 Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien und aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung

6110Unter Gewinnanteile fallen alle Anteile am Gewinn von inländischen Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung und von ausländischen Kapitalgesellschaften, die den inländischen vergleichbar sind. Zu den Gewinnanteilen zählen daher offene Ausschüttungen auf Grund eines Gewinnverteilungsbeschlusses (Dividenden und Gewinne der GmbH), Gratisaktien und Freianteile (befreit nach § 3 Abs. 1 Z 29 EStG 1988) und garantierte Dividenden. Gewinnanteile von ausländischen Kapitalgesellschaften, die weder Aktiengesellschaften noch GmbHs vergleichbar sind, zählen zu den anderen Erträgnissen aus sonstigen Kapitalforderungen gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 (siehe Abschnitt 20.2.1.6).

Die Prämienrückgewähr (das ist die Rückgewährung von Prämien durch ein Versicherungsunternehmen an den Versicherungsnehmer) stellt grundsätzlich keinen Gewinnanteil dar, auch wenn das Versicherungsunternehmen die Rückgewähr so bezeichnet (zu einer möglichen Steuerpflicht siehe Abschnitt 20..1).

Werden Gewinne nicht ausgeschüttet, sondern thesauriert und erst im Wege der Veräußerung der Anteilsrechte realisiert, dann liegen keine Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, sondern aus realisierten Wertsteigerungen vor.

Zu Ausschüttungen aus Investmentfonds siehe InvFR 2018.

Sonstige Bezüge sind andere geldwerte Vorteile, die sich aus der Gesellschafterstellung ergeben; dazu zählen vor allem die verdeckten Ausschüttungen (siehe Abschnitt 20.2.1.5).

6110aFür die steuerliche Zurechnung von Gewinnanteilen ist grundsätzlich entscheidend, wer zum Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses wirtschaftlicher Eigentümer des Gesellschaftsanteils ist (). Für die Frage der Zurechnung kommt es in diesen Fällen nicht darauf an, wer im Zeitpunkt des Zuflusses über die Einkunftsquelle (Gesellschaftsanteil) verfügt.

Die Gesellschaftsanteile müssen somit vor dem Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gewinnverteilung erworben werden. Dabei ist auf den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums abzustellen. Dieses wird grundsätzlich mit dem vollzogenen Verfügungsgeschäft erworben.

Wird der Gesellschaftsanteil nach dem Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gewinnverteilung, aber vor dem Ausschüttungstag veräußert, tritt der Veräußerer lediglich eine vermögensrechtliche Forderung auf Gewinnausschüttung an den Erwerber ab, was beim Veräußerer zum Zufluss der Gewinnanteile führt. Der Erwerber erwirbt nur eine Forderung auf die Nettogewinnanteile (Nettodividende) und es obliegt diesem lediglich, die angekaufte Forderung (auf Gewinnanteils- bzw. Dividendenbezug) einzuziehen.

Für die Zurechnung einer Dividende aus einer zentralverwahrten Aktie sieht § 32 Abs. 4 EStG 1988 eine Sonderregelung vor. Die Einkünftezurechnung setzt in diesen Fällen voraus, dass wirtschaftliches Eigentum an den zugrundeliegenden Anteilen am Ende des Record-Tages besteht (siehe dazu ausführlich Rz 6914 ff).

20.2.1.2.2 Anteile an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften

6111Zu den Einkünften aus der Überlassung von Kapital gehören auch Bezüge und Rückvergütungen aus Anteilen an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die den Gewinnanteilen, Zinsen und sonstigen Bezügen aus Anteilen an Aktiengesellschaften und GmbHs entsprechen:

  • Gewinnausschüttungen;

  • Verzinsungen der Geschäftsanteile;

  • Nicht ausgeschüttete Gewinne, die zur Abdeckung der Geschäftseinlagen der Genossenschafter verwendet werden, wenn der Genossenschaftsanteil rückgezahlt wird;

  • Kaufpreisrückvergütungen, die den Genossenschaftsmitgliedern als Teil des Kaufpreises der von ihnen erworbenen Waren oder Leistungen rückerstattet werden,

  • Kaufpreisnachzahlungen, wenn den Genossenschaftsmitgliedern für die von ihnen an die Genossenschaft gelieferten Waren oder Leistungen nachträglich ein höherer Kaufpreis bezahlt wird;

  • Nachzahlungen und Unkostenvergütungen, wenn die Genossenschaftsmitglieder zu wenig Leistungsentgelt bekommen oder der Genossenschaft zu hohe Unkostenbeiträge bezahlt haben.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zusatzinformationen
Gültig ab:
Materie:
Steuer
Betroffene Normen:
Verweise:
§ 93 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 19 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 3 Abs. 1 Z 29 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Abschnitt 20.2.2
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Abschnitt 20.2.3
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Abschnitt 20.2.1.6
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Abschnitt 20..1
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Abschnitt 20.2.1.5
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Abschnitt 20.2.2.4.4
InvFR 2018, Investmentfondsrichtlinien 2018
§ 27 Abs. 4a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Abschnitt 20.2.3a

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 6914 ff
Schlagworte:
Einkommensteuer - Überlassung von Kapital - Dividenden - Partizipationskapital - Erträgnisse - Diskontbeträge - Abschichtungsüberschüsse - besondere Entgelte und Vorteile - übernommene Kapitalertragsteuerbeträge - Leihgebühren - Leihegeschäfte - Pensionsgeschäfte - Stückzinsen - anteilige Kapitalerträge - Anteilsrechte - Gratisaktien - Freianteile - Prämienrückgewähr - Bezüge und Rückvergütungen - Verzinsungen der Geschäftsanteile - Kaufpreisrückvergütungen - Unkostenvergütungen
Stammfassung:
06 0104/9-IV/6/00

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
LAAAA-76448