20.1.1.5 Änderungen durch das ÖkoStRefG 2022 Teil I
20.1.1.5.1 Allgemeines
6103jMit dem Ökosozialen Steuerreformgesetz 2022 Teil I, BGBl. I Nr. 10/2022, wurden die Einkünfte aus Kapitalvermögen um Einkünfte aus Kryptowährungen erweitert:
§ 27b EStG 1988 umfasst sämtliche Einkünfte aus Kryptowährungen, nämlich sowohl laufende Einkünfte aus Kryptowährungen als auch Wertänderungen des Kapitalstammes ("Substanzgewinne" bzw. "Substanzverluste"). Wertänderungen des Kapitalstammes sind unabhängig von der Behaltedauer und der Beteiligungshöhe stets steuerpflichtig.
Einkünfte aus Kryptowährungen unterliegen ab - unabhängig von der Erhebungsart - grundsätzlich einem besonderen Steuersatz von 27,5%.
Verluste aus Kryptowährungen können im Rahmen des § 27 Abs. 8 EStG 1988 mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden.
Sämtliche Einkünfte aus Kryptowährungen unterliegen zudem ab der Kapitalertragsteuer.
20.1.1.5.2 Abgrenzung Alt- und Neuvermögen
6103kDie Besteuerung von Kryptowährungen in der Fassung ÖkoStRefG 2022 Teil I tritt grundsätzlich mit in Kraft. Zu beachten ist jedoch, dass die generelle Besteuerung von Substanzgewinnen nur nach einem bestimmten Stichtag entgeltlich erworbenes "Neuvermögen" betrifft. Die Bestimmung ist erstmals auf Kryptowährungen anzuwenden, die nach dem angeschafft wurden. Kryptowährungen, die davor angeschafft wurden, unterliegen als "Altvermögen" nicht dem neuen Besteuerungsregime. Dabei gilt:
Gemäß § 124b Z 384 lit. b EStG 1988 führt die Nutzung von Kryptowährungen, die vor dem angeschafft wurden ("Altvermögen"), nach dem Inkrafttreten der Neuregelung bereits zur Erzielung laufender Einkünfte aus Kryptowährungen gemäß § 27b Abs. 2 EStG 1988 oder zum Erwerb von Kryptowährungen gemäß § 27b Abs. 2 zweiter Satz EStG 1988 (im Rahmen von Staking, Airdrops oder Bounties bzw. Hardforks; siehe dazu Abschnitt 20.2.3a.2.1.5); die erworbenen Kryptowährungen stellen Neuvermögen dar. Die Altvermögenseigenschaft der bisherigen Kryptowährungen bleibt erhalten.
Da ab dem eine Kryptowährung nicht mehr zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 27 Abs. 2 EStG 1988 genutzt werden kann, kann die Veräußerung von vor dem erworbenen Kryptowährungen ("Altvermögen") ab diesem Zeitpunkt ausschließlich zu Einkünften im Sinne des § 31 EStG 1988 führen; eine Besteuerung im Rahmen der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 ist nicht mehr möglich. Werden im Betriebsvermögen gehaltene, vor dem erworbene Kryptowährungen (betriebliches Altvermögen) veräußert, ist der besondere Steuersatz nicht anzuwenden.
Werden Kryptowährungen nach dem und vor dem steuerpflichtig realisiert (insbesondere durch Veräußerung oder Tausch), können die daraus resultierenden positiven oder negativen Einkünfte auf Antrag des Steuerpflichtigen bereits als Einkünfte im Sinne des § 27b EStG 1988 behandelt werden. Dadurch soll einerseits der Sondersteuersatz bereits zur Anwendung gelangen und andererseits eine Verrechnung im Rahmen des Verlustausgleichs mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen ermöglicht werden, die im Kalenderjahr 2022 erzielt werden. Die Optionsmöglichkeit gilt dabei gleichermaßen für Kryptowährungen des Alt- und des Neuvermögens.
Die Frage, ob ein steuerpflichtiger Realisationsvorgang vorliegt, ist jedoch stets nach der alten Rechtslage ( § 31 EStG 1988) zu beurteilen. Kommt es nach der alten Rechtslage im Jänner 2022 oder Februar 2022 zu steuerpflichtigen Einkünften, kann auf diese (nach der alten Rechtslage ermittelten) Einkünfte bereits die Neuregelung hinsichtlich Sondersteuersatz bzw. Verlustausgleich zur Anwendung gelangen. Damit kommt die Tauschausnahme für den Tausch von Kryptowährungen gegen Kryptowährungen auch bei Inanspruchnahme der Option gemäß § 124b Z 384 lit. c EStG 1988 nicht zur Anwendung.
Beispiel 1:
A kauft am (Neuvermögen) A-Coins um 100. Am tauscht A seine A-Coins gegen B-Coins (gemeiner Wert A-Coins: 150).
Es wird ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 50 steuerpflichtig realisiert, weil die Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist des § 31 EStG 1988 erfolgt; in die Bestimmung zur Steuerneutralität des Tausches Kryptowährung gegen Kryptowährung kann nicht hineinoptiert werden. Es kommt der progressive Einkommensteuertarif zur Anwendung. Es besteht jedoch die Möglichkeit (Option), die Einkünfte nach § 27b EStG 1988 mit dem Sondersteuersatz zu besteuern (27,5% von 50).
Beispiel 2:
A kauft am (Altvermögen) A-Coins um 100. Am tauscht A seine A-Coins gegen B-Coins (gemeiner Wert A-Coins: 150).
Es wird ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 50 steuerpflichtig realisiert, weil die Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist des § 31 EStG 1988 erfolgt. Es kommt der progressive Einkommensteuertarif zu Anwendung. Es besteht jedoch die Möglichkeit (Option), die Einkünfte nach § 27b EStG 1988 mit dem Sondersteuersatz zu besteuern (27,5% von 50). Der Tausch führt zur Anschaffung von Neuvermögen (B-Coins) um 150.
Auch laufende Einkünfte aus Kryptowährungen sind von der Optionsmöglichkeit des § 124b Z 384 lit. c EStG 1988 umfasst. Werden daher nach dem und vor dem Einkünfte aus der Überlassung von Kryptowährungen oder Einkünfte aus Leistungen zur Transaktionsverarbeitung (nach der alten Rechtslage) steuerpflichtig realisiert, kann auf diese (nach der alten Rechtslage ermittelten) Einkünfte bereits die Neuregelung hinsichtlich Sondersteuersatz bzw. Verlustausgleich zur Anwendung gelangen. Die Ausnahmebestimmung des § 27b Abs. 2 zweiter Satz EStG 1988 (Erwerb von Kryptowährungen im Rahmen von Staking, Airdrops oder Bounties bzw. Hardforks) kommt auch bei Inanspruchnahme der Option gemäß § 124b Z 384 lit. c EStG 1988 nicht zur Anwendung.
Da bis zum Inkrafttreten von § 27b Abs. 3 EStG 1988 auch der Tausch von Kryptowährungen gegen Kryptowährungen im Rahmen der Steuerpflicht des § 31 EStG 1988 eine (gegebenenfalls nicht steuerbare) Veräußerung und korrespondierend eine Anschaffung dargestellt haben, stellt auch weiterhin der Tausch von Kryptowährungen des Altvermögens gegen Kryptowährungen einen Anschaffungsvorgang dar, weshalb die erhaltene Kryptowährung künftig als Neuvermögen zu qualifizieren ist.
Ab dem sind Einkünfte aus Kryptowährungen zwingend im Rahmen der Kapitalertragsteuerpflicht zu erfassen. Die Abzugsverpflichteten nach § 95 Abs. 2 Z 3 EStG 1988 haben jedoch ein Wahlrecht, für in den Kalenderjahren 2022 und 2023 anfallende Kapitalerträge bereits freiwillig eine Kapitalertragsteuer einzubehalten. Dabei sind die §§ 93 bis 97 EStG 1988 sinngemäß anzuwenden.
6103lBefinden sich auf einer Kryptowährungs- bzw. Walletadresse (zum Begriff siehe Rz 6178h) Einheiten derselben Kryptowährung, wobei nicht alle nach dem angeschafft worden sind (Altbestand), kann der Steuerpflichtige gemäß § 3 KryptowährungsVO ab wählen, welche Einheiten der Kryptowährung zuerst veräußert bzw. auf eine andere Kryptowährungsadresse oder -wallet übertragen werden. Jedoch kann auch der Abzugsverpflichtete vom Steuerpflichtigen dazu ermächtigt werden, die Auswahl vorzunehmen.
Wird insbesondere bei Kryptowährungen, die keinem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen, keine Auswahl vorgenommen, soll die früher erworbene Einheit der Kryptowährung als zuerst veräußert gelten (FIFO-Verfahren).
Eine im Rahmen des Kapitalertragsteuerabzuges vorgenommene Reihung ist, unabhängig davon, ob sie vom Steuerpflichtigen oder vom Abzugsverpflichteten vorgenommen wurde, auch stets für die Veranlagung maßgeblich.
Für Realisationen vor dem gilt die früher erworbene Einheit der Kryptowährung als zuerst veräußert, sofern der Steuerpflichtige keine abweichende Zuordnung nachweisen kann.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAA-76448