27.9. Vergleiche (außergerichtliche) ( § 33 TP 20 GebG)
27.9.1. Gegenstand der Gebühr
1540Der Gebühr unterliegen ausschließlich außergerichtliche Vergleiche. Ein Vergleich ist iSd § 1380 ABGB ein Neuerungsvertrag, durch den streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet. Es handelt sich um einen Feststellungsvertrag mit "Klarstellungs- und Streitvorbeugungsfunktion", der unter beiderseitigem Nachgeben zustande kommt und womit bisher strittige oder zweifelhafte Rechte oder Rechtsgeschäfte bereinigt werden (). Das Nachgeben in nur einem von mehreren Punkten genügt (). Der Vergleich ist ein zweiseitig verbindliches, entgeltliches Rechtsgeschäft.
1541Strittig ist ein Recht, wenn sich die Parteien nicht einigen können, ob und in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht. Zweifelhaft ist ein Recht dem Grunde oder der Höhe nach, wenn die Parteien sich über Bestand, Inhalt, Umfang oder auch über dessen (sichere) Verwirklichung oder Erlöschen nicht im Klaren sind.
1542Insbesondere eine Vertragsformulierung, wonach "sämtliche wie immer gearteten gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten endgültig bereinigt und verglichen" sein sollen, lässt den Vergleichscharakter eines Rechtsgeschäftes erkennen. Dazu zählen zB:
noch vor der Eheschließung (auch während der Ehe) zB in Ehepakten getroffene Vereinbarungen über die Regelung der Vermögens- und Unterhaltsverhältnisse im Falle der Auflösung der Ehe (; , );
außergerichtliche Vereinbarungen (Scheidungsfolgenvereinbarung) gemäß § 55a Abs. 2 EheG ();
Abfindungsverträge zwischen einer Gesellschaft und ausgeschiedenem Gesellschafter, wenn zugleich zweifelhafte Ansprüche umfassend bereinigt werden ();
Scheidungsfolgenvereinbarungen bzw. Trennungsfolgenvereinbarungen, die Ausgleichsansprüche und Nutzungsrechte an einer Ehewohnung regeln.
1543Auch Vereinbarungen über streitige oder zweifelhafte Rechte, die im Zuge einer Mediation zwischen den Parteien abgeschlossen werden, stellen einen gebührenpflichtigen Vergleich dar. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Vereinbarung in Stichworten festgehalten wird (siehe zur Punktation Rz 1037 ff).
1544Kein Vergleich liegt zB vor bei:
Regelung/Festlegung nicht oder nicht mehr strittiger Rechte ();
einseitiger Anerkennung einer Forderung;
Erlass einer unstreitigen oder unzweifelhaften Schuld;
Vereinbarung einer Abweichung von der gesetzlichen Erbfolge (einschließlich des gesetzlichen Pflichtteilsanspruches) für den Fall der späteren Eheschließung, wenn ein Streit über Art oder Ausmaß des der Ehegattin im Falle des Todes ihres Ehegattens zustehenden gesetzlichen Erbrechts nicht bestanden hat ().
1545Nicht Gegenstand der Gebühr sind zufolge § 15 Abs. 3 GebG (siehe Rz 1040 ff) in außergerichtlichen Vergleichen verwirklichte Tatbestände nach den Verkehrsteuergesetzen, die der jeweiligen Verkehrsteuer (zB der Grunderwerbsteuer) unterliegen.
27.9.2. Abgrenzung zu gerichtlichem Vergleich, zum Anerkenntnis und gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft in gerichtlichem Vergleich
27.9.2.1. Gerichtlicher Vergleich
1546Gerichtliche Vergleiche sind solche, die vor staatlichen Gerichten geschlossen werden (zB prätorischer Vergleich oder Prozessvergleich []), dies unabhängig von der Art des Verfahrens (auch Außerstreitverfahren). Nicht zu gerichtlichen Vergleichen zählen hingegen Vergleiche vor Schiedsgerichten (auch vor Schiedsgerichten der Kammern).
1547Gerichtliche Vergleiche sind auch solche, die vor Notaren als Gerichtskommissäre geschlossen werden.
1548Wird im Vorfeld oder nach dem gerichtlichen Vergleich ein außergerichtlicher Vergleich beurkundet, unterliegt dieser der Rechtsgebühr selbst dann, wenn inhaltliche Gleichheit gegeben ist ().
27.9.2.2. Anerkenntnis und Verzicht
1549Anerkenntnis und Verzicht unterliegen nicht der Gebühr, da die Einigung der Parteien nicht durch beiderseitiges Nachgeben erfolgt (), sondern nur eine Partei von ihrem Rechtsstandpunkt abgeht und sich dem der Gegenpartei vollständig unterwirft.
27.9.2.3. Aufnahme eines Rechtsgeschäftes in einen gerichtlichen Vergleich
1550Die Aufnahme eines Rechtsgeschäftes in einen gerichtlichen Vergleich verhindert nicht dessen Vergebührung nach den einzelnen Tatbeständen des § 33 GebG (). Eine solche Rechtsgebühr wird nicht von der Gerichtsgebühr nach dem Gerichtsgebührengesetz "absorbiert" ().
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 15 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 20 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 1380 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 55a Abs. 2 EheG, Ehegesetz, dRGBl. I S 807/1938 |
Verweise: | |
Schlagworte: | Gebühren - Gebührengesetz |
Stammfassung: | 2025-0.125.283 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
QAAAF-46995