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VwGH vom 17.04.2008, 2008/15/0064

VwGH vom 17.04.2008, 2008/15/0064

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Linz, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. RV/0279- L/04, betreffend Körperschaftsteuer 2002 (mitbeteiligte Partei: Ö-AG, vertreten durch Consultatio Wirtschaftsprüfung GmbH & Co KEG, 1210 Wien, Holzmeistergasse 9), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei ist eine in Österreich ansässige AG. Sie bezieht u.a. Erträge aus inländischen Investmentfonds. Diese Erträge setzen sich auch aus Dividenden von Kapitalgesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten der EU und von Kapitalgesellschaften mit Sitz in Drittstaaten zusammen.

Im Zuge einer im Jahr 2003 durchgeführten Betriebsprüfung beantragte die Mitbeteiligte für das bei der Veranlagung 2002 zu erfassende Wirtschaftsjahr 2001/2002, die bisher steuerpflichtig behandelten Dividenden (aus den Investmentfonds), also die von ausländischen Kapitalgesellschaften ausgeschütteten Dividenden, steuerfrei zu behandeln. Die geltende Regelung des § 10 KStG 1988 verstoße nämlich wegen der Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer Dividenden gegen Gemeinschaftsrecht.

Nach Abschluss der Betriebsprüfung erließ das Finanzamt den Körperschaftsteuerbescheid 2002, entsprach dabei aber dem Antrag der Mitbeteiligten nicht und verwies zur Begründung auf § 10 KStG 1988.

In der Berufung gegen diesen Bescheid begehrte die Mitbeteiligte, die in Rede stehenden Dividenden ausländischer Gesellschaften steuerfrei zu stellen. In Erträgen aus Investmentfonds enthaltene Dividendenerträge aus inländischen Aktien seien steuerfrei, es müssten daher auch ausländische Dividendenerträge steuerfrei gestellt werden. Die in den Erträgen aus Investmentfonds enthaltenen Auslandsdividenden seien in den jeweiligen Fondsberichten nicht gesondert angeführt bzw. nicht als steuerfreie Erträge ausgeschieden worden. Der exakte Betrag der Auslandsdividenden sei daher nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand feststellbar. Aus diesem Grund sollten die Dividenden aus der Höhe der in den Fondsberichten angegebenen anrechenbaren ausländischen Quellensteuern abgeleitet werden.

Im weiteren Verfahren brachte der Mitbeteiligte vor, die Auslandsdividenden seien daher mit 181.329,63 EUR (Quellensteuer von 24.111,37 EUR) anzunehmen. Darin seien Drittlandsdividenden von 41.494,31 EUR (Quellensteuer von 3.548,14 EUR) enthalten.

Die zahlenmäßige Richtigkeit dieser Beträge wurde in der Folge vom Finanzamt außer Streit gestellt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge. Sie behandelte alle ausländischen Dividenden als steuerfrei, unterließ aber die bislang vom Finanzamt vorgenommene Anrechnung der ausländischen Quellensteuern auf die österreichische Körperschaftsteuer.

Eine umfassende Klärung der Frage, ob die diskriminierende Besteuerung von Auslandsdividenden eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit darstelle, habe der , Verkooijen, vorgenommen. Dabei sei es darum gegangen, dass ein Niederländer Dividenden von einer belgischen Gesellschaft bezogen habe. Er habe dafür nach nationalem Recht den für inländische Dividenden geltenden Dividendenfreibetrag nicht geltend machen können. Die Versagung des Freibetrages für Dividenden habe der EuGH als Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit eingestuft.

Im Urteil vom , C-315/02, Lenz, habe der EuGH zu ausländischen Dividenden von Privatpersonen Stellung genommen. Das Urteil habe zur österreichischen Rechtslage eines nur für inländische Dividenden geltenden Wahlrechts (Pauschalbesteuerung mit 25% oder Hälftesteuersatz) festgestellt, die Regelung halte in Österreich ansässige Steuerpflichtige im Ergebnis davon ab, Kapital in Gesellschaften anzulegen, die in einem anderen Mitgliedsstaat ansässig seien. Sie bewirke auch, dass in anderen Mitgliedsstaaten ansässige Gesellschaften darin behindert würden, in Österreich Kapital zu sammeln, weil der Erwerb ihrer Aktien weniger attraktiv sei. Es liege daher eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vor.

Nach § 10 Abs. 1 KStG 1988 seien bestimmte Beteiligungserträge (darunter Gewinnanteile jeder Art aufgrund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften) von der Körperschaftsteuer befreit. Ausschüttungen aus inländischen Investmentfonds unterlägen insoweit der Beteiligungsertragsbefreiung, als darin Dividenden österreichischer Aktiengesellschaften enthalten seien. Dasselbe gelte auch für die Ausschüttung aus ausländischen Investmentfonds, soweit in den Erträgen Dividenden österreichischer Aktiengesellschaften enthalten seien.

Das Ziel der Beteiligungsertragsbefreiung bestehe darin, die von Körperschaften erwirtschafteten Gewinne auf der Ebene der Körperschaften nur einmal zu besteuern. Die Durchleitung von Gewinnen durch zwischengeschaltete Körperschaften solle zu keiner zusätzlichen Besteuerung führen.

§ 10 Abs. 2 KStG 1988 erweitere die Steuerfreiheit auf Erträge aus internationalen Schachtelbeteiligungen. Die nunmehrige Regelung gehe auf das EU-AnpG, BGBl. 1994/681, zurück und setze die Mutter-Tochter-Richtlinie in nationales Recht um. Bis zur mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I 71/2003, vorgenommenen Novellierung der Regelung sei eine internationale Schachtelbeteiligung dann vorgelegen, wenn unter § 7 Abs. 3 KStG fallende Steuerpflichtige nachweislich unmittelbar mindestens zu einem Viertel an ausländischen Gesellschaften während eines ununterbrochenen Zeitraumes von mindestens zwei Jahren beteiligt gewesen seien. Schon wegen des Tatbestandsmerkmales der Unmittelbarkeit sei § 10 Abs. 2 KStG 1988 idF vor dem BGBl. I 71/2003 in Bezug auf die Beteiligung an Investmentfonds nicht für anwendbar gehalten worden.

Im gegenständlichen Fall gehe es um die steuerliche Behandlung von Dividenden ausländischer Aktien aus inländischen Investmentfonds im Betriebsvermögen von Kapitalgesellschaften. Ein inländischer Investmentfonds sei ein überwiegend aus Wertpapieren bestehendes Sondervermögen, das in gleiche, in Wertpapieren verkörperte Anteile "zerfalle" und im Miteigentum der Anteilsinhaber stehe. Da es sich um eine Miteigentumsgemeinschaft handle, seien die Erträge nicht auf der Ebene des Fonds, sondern auf der Ebene der Miteigentümer zu besteuern (unmittelbare Zurechnung an den Anteilsinhaber). Die Besteuerung erfolge nach dem Transparenzprinzip. Inländische Dividenden seien gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 steuerbefreit, Kapitalerträge aus ausländischen Dividendenwerten seien dagegen zur Gänze körperschaftsteuerpflichtig.

Die belangte Behörde prüfe zunächst die Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit: Es sei festzustellen, dass die grenzüberschreitende Veranlagung schlechter gestellt sei als die innerstaatliche Veranlagung. Die Erwerber von Anteilen inländischer Investmentfonds würden durch die Steuervorschriften dazu verleitet, ihr Kapital in Fonds anzulegen, die Aktien inländischer Gesellschaften verwalteten. Dadurch werde der Kapitalfluss zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigt.

Eine Rechtfertigung für die Einschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit könnte sich aus dem Steuervorbehalt des früheren Art. 73d Abs. 1 EGV bzw. aus Art. 58 Abs. 1 lit. a EG ergeben: Im Urteil Verkooijen habe der EuGH jedoch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass Art. 58 EG Abs. 1 lit a EG keinen Freibrief für eine unterschiedliche Behandlung nach dem Kapitalanlageort biete. Art. 58 EG sei vielmehr eng auszulegen und müsse im Zusammenhang mit Art. 58 Abs. 3 gelesen werden. Nach Art. 58 Abs. 3 EG dürften die genannten Maßnahmen (zB die steuerlichen Vorschriften) weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen. Unzulässig sei somit u.a. eine ungleiche Behandlung je nach Kapitalanlageort, sofern sie nicht aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sei.

In Bezug auf Dividenden ausländischer Gesellschaften und Dividenden inländischer Gesellschaften liege eine vergleichbare Situation vor. Im gegenständlichen Fall sei eine Diskriminierung gegeben. Ein zwingender Grund des Allgemeininteresses als Rechtfertigung hiefür liege nicht vor.

Die belangte Behörde prüfe die Rechtslage auch unter dem Aspekt der Niederlassungsfreiheit.

Die Anwendbarkeit des internationalen Schachtelprivilegs gemäß § 10 Abs. 2 und 3 KStG 1988 auf Dividenden aus ausländischen Aktien, die eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft über einen inländischen Investmentfonds beziehe, sei nach der bis zum bestehenden österreichischen Rechtslage grundsätzlich verneint worden. Aber auch nach der Novellierung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 durch BGBl. I 2003/71 (ab der Veranlagung 2004) bestünden noch immer wesentliche Unterschiede in der steuerlichen Behandlung in- und ausländischer Erträge, die mit den Grundfreiheiten des EG-Vertrages nicht vereinbar seien:

Nach BGBl. I 2003/71 liege eine internationale Schachtelbeteiligung vor, wenn unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallende Steuerpflichtige nachweislich zu mindestens 10% während eines ununterbrochenen Zeitraumes von einem Jahr beteiligt seien. Selbst die im Vergleich zur vorangehenden Rechtslage (25% Beteiligung, Zeitraum 2 Jahre) nunmehr günstigeren Voraussetzungen für die internationale Schachtelbeteiligung könnten von Einzelinvestoren im Investmentfondsbereich aufgrund der für Fonds geltenden Anlagebestimmungen praktisch nicht erfüllt werden.

Die österreichische Regelung benachteilige somit Beteiligungen an inländischen Investmentfonds, die an ausländischen Gesellschaften beteiligt seien, gegenüber solchen Fonds, die an inländischen Gesellschaften beteiligt seien. Der steuerliche Nachteil treffe jene Anteilsinhaber nicht, die über inländische Investmentfonds ausschließlich Beteiligungserträge von österreichischen Gesellschaften erzielten. Die engeren Voraussetzungen für die Befreiung nach § 10 Abs. 2 KStG 1988 machten die Ausübung der Grundfreiheit durch den Erwerb inländischer Fondsanteile mit Auslandsbeteiligungen weniger attraktiv, was zur Folge habe, dass potentielle Anteilsinhaber von deren Erwerb zugunsten solcher mit reinen Inlandsbeteiligungen abgehalten werden könnten . Dies führe zu einer Verletzung der Niederlassungsfreiheit.

Die "Mutter-Tochter-Richtlinie" (Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom über das gemeinsame System der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten, ABl. 1990 L 225/6) bezwecke die Beseitigung der Doppelbesteuerung, die bei grenzüberschreitenden Gewinnausschüttungen einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft entstehe. Der Sitzstaat der Muttergesellschaft könne die Dividendenausschüttungen entweder von der inländischen Besteuerung freistellen oder die Anrechnung der ausländischen Steuern vornehmen.

Mit der Richtlinie 2003/123/EG des Rates vom sei die Richtlinie 90/435/EWG geändert worden:

Nach Art. 3 der geänderten Richtlinie solle als Muttergesellschaft jene Gesellschaft gelten, die eine Beteiligung von mindestens 20% (ab mindestens 15% und ab mindestens 10%) aufweise. Eine entsprechende Anpassung des § 10 KStG 1988 sei mit dem Budgetbegleitgesetz 2003 erfolgt (ab der Veranlagung 2004).

Die Mutter-Tochter-Richtlinie stelle keinen Rechtfertigungsgrund für die Schlechterstellung von Auslandsinvestitionen dar. Die steuerliche Behandlung von Auslandsdividenden müsse die Erfordernisse der Richtlinie erfüllen und auch den Grundfreiheiten entsprechen, welche die Gleichbehandlung mit inländischen Dividenden verlangten. Entscheide sich ein Mitgliedsstaat, Inlandsdividenden steuerfrei zu stellen, so müsse er diese Begünstigungen diskriminierungsfrei auch Auslandsdividenden aus dem Gemeinschaftsgebiet gewähren. Die Mutter-Tochter-Richtlinie sehe zwar eine Mindestbeteiligung und eine Mindestbehaltefrist vor, diese Vorgaben seien aber kein Grund für eine Diskriminierung von Auslandsbeteiligungen gegenüber Inlandsbeteiligungen.

Es lägen auch keine anderen Rechtfertigungsgründe vor, weshalb auch eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit in Betracht komme.

Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass Inlands- und Auslandsdividenden aus inländischen Investmentfonds unterschiedlich besteuert würden, was zu einer Diskriminierung der Erträge ausländischer Gesellschaften führe.

Für Beteiligungen an Gesellschaften mit Sitz im Gemeinschaftsgebiet müsse daher die Regelung des § 10 Abs. 1 KStG 1988 auf Dividenden aus ausländischen Gesellschaften "analog" angewandt werden. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass ausländische Dividenden aus inländischen Investmentfonds gegenüber den steuerbefreiten inländischen Dividenden in gemeinschaftsrechtswidriger Weise diskriminiert und in konsequenter Übertragung der für inländische Dividenden geltenden Regelungen steuerfrei zu stellen seien.

Die von der Mitbeteiligten bezogenen Dividenden beträfen zwar überwiegend Beteiligungen aus dem EU-Raum. Zum Teil beträfen sie allerdings auch Beteiligungen an Gesellschaften, die in Staaten außerhalb der EU ihren Sitz haben (Amerika, Schweiz). In diesem Zusammenhang sei entscheidend, dass die Kapitalverkehrsfreiheit auch das Verhältnis zu Drittstaaten erfasse.

Ebenso wie Inländern, die Dividenden aus EU-Staaten bezögen, drohe auch Steuerpflichtigen, die Drittstaatsdividenden erzielten, eine Doppelbesteuerung. Unabhängig davon, ob das ausschüttende Unternehmen seinen Sitz im Inland oder in einem Drittstaat habe, fielen Körperschaftsteuer (vom Unternehmen) und weitere Ertragsteuern bei der Ausschüttung an.

Nach Art. 57 Abs. 1 EG könnten die Mitgliedstaaten im Verhältnis zu Drittstaaten bestimmte Beschränkungen des Kapitalverkehrs aufrechterhalten. Betroffen seien die Bereiche "Direktinvestitionen", "Niederlassung", "Erbringung von Finanzdienstleistungen" und "Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten", und zwar insoweit, als die Beschränkung am bestanden habe.

Nach der Richtlinie 88/361/EWG umfasse der Begriff "Direktinvestitionen" die Gründung, die Übernahme von und die Beteiligung an Unternehmen sowie langfristige Darlehen und Reinvestitionen von Erträgen mit dem Ziel der Schaffung oder Aufrechterhaltung dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen. Es müsse die Möglichkeit bestehen, sich tatsächlich an der Verwaltung dieser Gesellschaften oder deren Kontrolle zu beteiligen; reine Portfolioinvestitionen (Finanzinvestitionen, wie die Vergabe von Darlehen, Gewährung von Genusskapital oder stille Einlagen) seien hier nicht erfasst. Regelungen über die "Zulassung von Wertpapieren" seien solche über die Emission und Unterbringung von Wertpapieren auf einem Kapitalmarkt (zB Börseneinführung).

"Geschäfte mit Anteilscheinen von Organismen für gemeinsame Anlagen" (Investmentfonds) seien somit in Art. 57 Abs. 1 EG nicht erfasst. Dass diese vom Regelungsbereich "Direktinvestitionen" nicht erfasst seien, ergebe sich schon aus der für diese Bereiche unterschiedlichen Regelung in Punkt 1 (Direktinvestitionen) und Punkt 4 (Investmentfonds) des Anhanges der Richtlinie 88/361/EWG. Die "Zulassung von Wertpapieren auf Kapitalmärkten" sei als eigener Regelungsbereich von Investmentfondsanteilen ebenfalls nicht betroffen.

Auch Dividenden aus Drittstaaten seien somit zu Unrecht diskriminiert. Die Kapitalverkehrsfreiheit erzwinge damit die ertragsteuerliche Gleichbehandlung von Auslandsausschüttungen aus Drittstaaten mit Inlandsausschüttungen.

Nach Ansicht der belangten Behörde sei somit die Beteiligungsertragsbefreiung nach § 10 Abs. 1 KStG 1988 "sinngemäß" auch auf Ausschüttungen aus Drittstaaten anzuwenden.

Gegen diesen Bescheid hat das Finanzamt gemäß § 292 BAO Beschwerde erhoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 10 KStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. 797/1996 lautete:

"(1) Von der Körperschaftsteuer sind Beteiligungserträge befreit. Beteiligungserträge sind:

1. Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Form von Gesellschafts- und Genossenschaftsanteilen.

2. Rückvergütungen von inländischen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nach § 8 Abs. 3 Z. 2.

3. Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Körperschaften in Form von Genussrechten (§ 8 Abs. 3 Z. 1).

4. Gewinnanteile jeder Art auf Grund von Partizipationskapital im Sinne des Kreditwesengesetzes und des Versicherungsaufsichtsgesetzes.

(2) Von der Körperschaftsteuer sind Erträge aus internationalen Schachtelbeteiligungen befreit:

1. Eine internationale Schachtelbeteiligung liegt vor, wenn unter § 7 Abs. 3 fallende Steuerpflichtige nachweislich in Form von Gesellschaftsanteilen unmittelbar mindestens zu einem Viertel beteiligt sind

a) an ausländischen Gesellschaften, die einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind,

b) an anderen ausländischen Körperschaften, die die in der Anlage 2 zum Einkommensteuergesetz 1988 vorgesehenen Voraussetzungen des Artikels 2 der Richtlinie Nr. 90/435/EWG des Rates vom (ABl. EG Nr. L 255 S 6), in der Fassung des Vertrages über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union erfüllen.

Die Beteiligung muss während eines ununterbrochenen Zeitraumes von zwei Jahren bestehen.

2. Erträge aus internationalen Schachtelbeteiligungen sind:


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a)
Gewinnanteile jeder Art aus der Beteiligung.
b)
Gewinne aus der Veräußerung der Beteiligung insoweit, als weder für die gesamte Beteiligung noch für Teile hievon der niedrigere Teilwert (§ 6 Z. 2 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988) angesetzt worden ist.
Die in Z. 1 genannte Frist von zwei Jahren gilt nicht für Anteile, die auf Grund einer Kapitalerhöhung erworben wurden, soweit sich das Beteiligungsausmaß dadurch nicht erhöht hat.
3. Gewinnanteile aus internationalen Schachtelbeteiligungen, die vor Ablauf der Zweijahresfrist (Z. 1) erzielt werden, unterliegen vorläufig der Besteuerung. Das Finanzamt hat nach Ablauf dieser Frist endgültig über die Steuerpflicht oder Steuerfreiheit zu entscheiden.

(3) Abweichend von Abs. 2 sind Erträge aus internationalen Schachtelbeteiligungen nicht von der Körperschaftsteuer befreit, wenn Gründe vorliegen, wegen derer der Bundesminister für Finanzen dies zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen und Missbräuchen (§ 22 der Bundesabgabenordnung) durch Verordnung anordnet. Das Vorliegen derartiger Gründe kann insbesondere dann angenommen werden, wenn


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-
der Unternehmensschwerpunkt der ausländischen Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar darin besteht, Einnahmen aus Zinsen, aus der Überlassung beweglicher körperlicher oder unkörperlicher Wirtschaftsgüter und aus der Veräußerung von Beteiligungen zu erzielen,
-
das Einkommen der ausländischen Gesellschaft hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bzw. hinsichtlich der Steuersätze keiner der österreichischen Körperschaftsteuer vergleichbaren ausländischen Steuer unterliegt, und
-
nicht nachgewiesen wird, dass an der Körperschaft unmittelbar oder mittelbar überwiegend natürliche Personen beteiligt sind, bei denen das Besteuerungsrecht der Republik Österreich hinsichtlich der Einkommensteuer im Verhältnis zu anderen Staaten eingeschränkt ist.
In diesem Fall ist eine Entlastung von einer der Körperschaftsteuer entsprechenden ausländischen Steuer folgendermaßen herbeizuführen: Die als Vorbelastung der Ausschüttung anzusehende ausländische Steuer wird auf Antrag auf jene inländische Körperschaftsteuer angerechnet, die auf die aus der internationalen Schachtelbeteiligung bezogenen Einkünfte entfällt. Die anrechenbare ausländische Steuer ist bei Ermittlung der Einkünfte den Erträgen aus der internationalen Schachtelbeteiligung hinzuzurechnen."
§ 20 Investmentfondsgesetz 1993 lautete auszugsweise:

"(1) Die Wertpapiere eines Kapitalanlagefonds sind nach dem Grundsatz der Risikostreuung auszuwählen.

(2) Für einen Kapitalanlagefonds dürfen alle Arten von Wertpapieren erworben werden, sofern dadurch dem Grundsatz der Risikostreuung Rechnung getragen wird und die berechtigten Interessen der Anteilinhaber nicht verletzt werden.

(3) Die Wertpapiere des Abs. 2 dürfen nur unter den folgenden Voraussetzungen und Beschränkungen erworben werden:

(...)

10. Stammaktien desselben Ausstellers dürfen nur bis zu 7,5 vH des Grundkapitals der ausstellenden Aktiengesellschaft erworben werden; Aktien desselben Ausstellers dürfen nur bis zu 10 vH des Grundkapitals der ausstellenden Aktiengesellschaft erworben werden; Schuldverschreibungen desselben Emittenten dürfen nur bis zu 10 vH des Gesamtemissionsvolumens des Emittenten erworben werden; Anteile eines Kapitalanlagefonds oder einer Investmentgesellschaft gemäß Z 9 dürfen nur bis zu 10 vH des Fondsvermögens dieses Kapitalanlagefonds oder des Vermögens der Investmentgesellschaft erworben werden;

(...)"

Ein inländischer Investmentfonds ist ein Sondervermögen, das in gleiche, in Wertpapieren verkörperte Anteile unterteilt ist, die im Miteigentum der Anteilsinhaber stehen. In steuerlicher Hinsicht erfolgt eine unmittelbare Zurechnung der Einkünfte an die Anteilsinhaber (vgl. Doralt/Kirchmayr, EStG8, § 93 Anhang I Tz 11; Tumpel, ÖStZ 2002, 9 (10)). Zwar hegt der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken, dass auch eine im Miteigentum gehaltene Beteiligung eine unmittelbare Beteiligung iSd § 10 Abs. 2 KStG 1988 sein kann, sodass der Umstand, dass die Beteiligung im Wege von Investmentfondsanteilen gehalten wird, für sich allein der Anwendbarkeit des § 10 Abs. 2 KStG 1988 nicht entgegenstünde. Der Anwendbarkeit der Befreiungsbestimmung steht aber entgegen, dass die Mitbeteiligte das Tatbestandsmerkmal des Beteiligungsausmaßes von zumindest einem Viertel (bezogen auf die jeweilige ausländische Gesellschaft) nicht erfüllt. Solcherart findet - nach originär innerstaatlichem Recht - § 10 Abs. 2 KStG 1988 auf die von der Mitbeteiligten bezogenen Auslandsdividenden keine Anwendung.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid zur Ansicht gelangt, die Regelung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 verstoße gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht. Auf dieser Grundlage hat sie den Abs. 1 des § 10 KStG 1988 "analog" auf die von der Mitbeteiligten bezogenen Dividenden aus ausländischen Minderheitsbeteiligungen angewandt.

Strittig ist im Beschwerdefall, ob die Regelung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 in der Tat gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht verstößt und ob bejahendenfalls dies zur Steuerbefreiung für Auslandsdividenden führt.

Das beschwerdeführende Finanzamt rügt zunächst als Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass die belangte Behörde einen Verstoß der Regelung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 gegen Gemeinschaftsrecht angenommen habe, ohne vorher nach Art. 234 EG eine Vorabentscheidung des EuGH zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts eingeholt zu haben. Hinsichtlich des Gemeinschaftsrechts komme dem EuGH das Auslegungsmonopol zu.

Art. 234 EG, der das Vorabentscheidungsverfahren regelt, lautet auszugsweise:

"Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.

Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofes verpflichtet."

Art. 234 EG normiert, dass einem Gericht iS dieser Bestimmung, dessen Entscheidungen mit einem Rechtsbehelf des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, die Berechtigung zukommt, eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Eine wie immer geartete Verpflichtung, eine Vorabentscheidung in Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts einzuholen, besteht für ein solches Gericht hingegen nicht.

Entscheidungen des unabhängigen Finanzsenates können durch Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bekämpft werden (vgl. Art. 131 B-VG, Art. 144 B-VG). Solcherart ist es ausgeschlossen, dass der unabhängige Finanzsenat, indem er es unterlässt, eine Frage der Auslegung des Gemeinschaftsrechts dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, Verfahrensvorschriften verletzt.

Das beschwerdeführende Finanzamt wendet sodann ein, der Erwerb einer Beteiligung an einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft sei nur dann ein durch die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG geschützter Vorgang, wenn die erworbene Beteiligung einen Einfluss auf die Entscheidungen dieser Gesellschaft ermögliche. § 20 Abs. 3 Z. 10 Investmentfondsgesetz schreibe zwingend vor, dass in einem Investmentfonds Stammaktien desselben Ausstellers nur bis zum Ausmaß von 7,5% des Grundkapitals vorhanden sein dürfen. Dieser im § 20 Abs. 3 Z. 10 Investmentfondsgesetz festgelegte Grundsatz der Risikostreuung schließe es aus, dass ein Investmentfonds Anteile an einer Gesellschaft in einem Ausmaß erwerbe, das eine Kontrollmöglichkeit über diese Gesellschaft begründen könnte. Mangels einer Möglichkeit der Kontrolle oder Beherrschung der entsprechenden Gesellschaften könne kein Anwendungsfall der Niederlassungsfreiheit vorliegen.

Erwerb und Halten von Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften können unter den Schutz der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG fallen. Erwerb und Halten von Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften können auch unter den Schutz der Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG fallen. Letzteres ist dann der Fall, wenn es die Beteiligung ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen (vgl. die , Rewe Zentralfinanz eG als Gesamtrechtsnachfolgerin der ITS Reisen GmbH, Rn 22; und vom , C-231/05, Oy AA, Rn 20; V. Metzler, ÖStZ 2007, 441 (442); Mühlehner, SWI 2007, 523). Liegt im Einzelfall eine solche qualifizierte Beteiligung vor, fällt der Vorgang unter die Niederlassungsfreiheit. Bei Vorliegen einer solchen Beteiligung ist sodann die Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit ausgeschlossen, wäre doch eine allfällige Behinderung der Kapitalverkehrsfreiheit nur eine zwangsläufige Folge der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit (vgl. das , Oy AA, Rn 24; sowie Hohenwarter/Plansky, SWI 2007, 346 (352), Zorn, in FS-Nolz, 211 (216)).

Dem beschwerdeführenden Finanzamt ist somit einzuräumen, dass sich die Mitbeteiligte nicht auf die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG berufen kann, weil sie nicht Beteiligungen an (in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen) Gesellschaften hält, die ihr einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der jeweiligen Gesellschaft verschaffen könnten.

Das beschwerdeführenden Finanzamt bringt weiters vor, die belangte Behörde stütze sich alternativ auf die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG, § 10 Abs. 2 KStG 1988 verstoße aber nach seiner Ansicht nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Dies aus folgenden Gründen:

Gegenstand der Kapitalverkehrsfreiheit sei der grenzüberschreitende Kapitalverkehr. Zur Konkretisierung dieses Begriffs könne auf die Richtlinie 88/361/EWG vom zur Durchführung von Art. 67 EWG-Vertrag zurückgegriffen werden. Nach der Richtlinie fielen Anteilscheine an inländischen Organismen (inländische Investmentfonds), wenn sie von Inländern gehalten werden, nicht unter den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr. Auch der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , 99/14/0081, nur Geschäfte mit Anteilscheinen an ausländischen Investmentfonds dem Kapitalverkehr iSd Art. 56 EG subsumiert.

Zudem finde § 10 Abs. 2 KStG gemeinschaftsrechtliche Deckung in Art. 58 Abs. 1 lit. a EG.

Es treffe auch nicht zu, dass eine Vergleichbarkeit der Erträge aus inländischen Gesellschaften einerseits und aus ausländischen Gesellschaften andererseits bestehe. Auf der Ebene der österreichischen Muttergesellschaft könne für ausländische Dividenden eine "Doppelbesteuerung" nicht eintreten, weil auf Grund des Territorialitätsprinzips die ausländischen Gewinne (der Tochtergesellschaft) in Österreich niemals besteuert würden. Nur in Bezug auf eine österreichische Tochtergesellschaft bestehe die Gefahr der doppelten Belastung mit österreichischer Körperschaftsteuer, welcher der Gesetzgeber durch die Befreiung nach § 10 Abs. 1 KStG 1988 begegne.

Die österreichische Regelung sei außerdem durch die Kohärenz des österreichischen Steuersystems gerechtfertigt; der Steuerbefreiung nach § 10 Abs. 1 KStG 1988 bedürfe es steuersystematisch, um eine mehrfache Besteuerung eines in Österreich erzielten Gewinnes auf der Ebene der verbundenen Körperschaften zu vermeiden. Ein solches Ergebnis würde in gleicher Weise durch ein Anrechnungssystem herbeigeführt.

Dazu komme, dass § 10 Abs. 2 und 3 KStG 1988 durch die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (Mutter-Tochter-Richtlinie) gedeckt sei. Zusammenschlüsse iSd Mutter-Tochter-Richtlinie (in der Fassung vor der durch die Richtlinie 2003/123/EG vorgenommenen Änderung) lägen erst bei einer Beteiligung von mindestens 25% vor.

Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten:

Die durch Art. 56 Abs. 1 EG sichergestellte Freiheit des Kapitalverkehrs betrifft jede über die Grenzen eines Mitgliedstaates der Gemeinschaft hinweg stattfindende Übertragung von Geld- und Sachkapital, die primär zu Anlagezwecken erfolgt (vgl. Bröhmer, in Calliess/Ruffert (Hrsg), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag2, Art. 56 EG, Tz 8). Der Erwerb und das Halten von Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften stellen einen wichtigen Anwendungsfall der Kapitalverkehrsfreiheit dar (vgl. die , Manninen, Slg. 2004, I-7477, Rn 20 ff; und vom , C-282/04 und C-283/04, Kommission/Königreich der Niederlande, Rn 19; sowie Hohenwarter, SWI 2005, 225 (230)). Nationale Regelungen sind u.a. dann als "Beschränkungen" iSv Art. 56 Abs. 1 EG anzusehen, wenn sie geeignet sind, den grenzüberschreitenden Erwerb von Beteiligungen zu verhindern oder zu beschränken (vgl. die , Kommission/Italien, Slg. 2005, I-4933, Rn 30 und 31, sowie vom , C-265/04, Bouanich, Slg. 2006, I-923, Rn 34 und 35). Aus dem Wortlaut des Art. 56 EG ergibt sich, dass die Bestimmung nicht nur für den Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten, sondern auch für den Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern Schutzwirkung entfaltet (vgl. Hohenwarter/Plansky,SWI 2007, 346 (347)).

Art. 56 Abs. 1 EG enthält ein eindeutiges und nicht an Bedingungen geknüpftes Verbot, das keiner Durchführungsmaßnahmen bedarf und das den Einzelnen Rechte verleiht, die sie gerichtlich geltend machen können. Die Bestimmung ist also unmittelbar wirksam und unmittelbar anwendbar (vgl. das , Skatteverket gegen A, Rn 21, 27).

Während - wie oben ausgeführt - Erwerb und Halten solcher Beteiligungen (aus anderen Mitgliedstaaten), die sicheren Einfluss auf die Gesellschaften ermöglichen, unter die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG fallende Vorgänge darstellen, sind Erwerb und Halten von geringfügigen ausländischen Beteiligungen, also von solchen, die keinen entsprechenden Einfluss auf die Gesellschaft ermöglichen, durch die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG geschützt. Nach Art. 56 Abs. 1 EG sind "alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten". Art. 56 Abs. 1 EG enthält damit ein generelles Verbot von Beschränkungen des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs. Solcherart ist kein Grund ersichtlich, dass die Kapitalverkehrsfreiheit den Erwerb ausländischer Beteiligungen nicht auch dann erfassen wollte, wenn die Beteiligungen über einen Investmentfonds und somit in Form von Miteigentum erworben werden.

Das beschwerdeführende Finanzamt verweist in diesem Zusammenhang auf die Richtlinie des Rates zur Liberalisierung des Kapitalverkehrs, 88/361/EWG vom , ABl 1988 L 178/5. Es trifft zu, dass dieser Richtlinie eine gewisse Bedeutung für die Konkretisierung des Begriffes des Kapitalverkehrs iSd Art. 56 Abs. 1 EG zukommt. Die im Anhang I der Richtlinie angeführten Kapitalverkehrsvorgänge haben Hinweischarakter für den Begriffsinhalt des Kapitalverkehrs. Die Richtlinie enthält aber keinesfalls eine abschließende Auflistung aller von der Kapitalverkehrsfreiheit erfassten Vorgänge (vgl. Bröhmer, in Calliess/Ruffert, aaO, Art. 56 EG Tz 12f). Das ergibt sich schon daraus, dass die Richtlinie die Auflistung vom Kapitalverkehrsgeschäften als nicht taxative bezeichnet. Dazu kommt, dass die Kapitalverkehrsfreiheit zwar seinerzeit erstmalig aufgrund der genannten Richtlinie unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht wurde, in der Folge aber mit dem Vertrag von Maastricht (Art. 73b EGV) eine primärrechtliche Verankerung der unmittelbar anwendbaren Kapitalverkehrsfreiheit erfolgte (nunmehr Art. 56 EG). Der Rechtsquellenhierarchie entsprechend kann Sekundärrecht als solches nicht den Rechtsgehalt von Primärrecht festlegen (vgl. nochmals Bröhmer, in Calliess/Ruffert, aaO, Art. 56 EG Tz 12f).

Solcherart erweist sich der Einwand des Finanzamtes, der Anhang zur Richtlinie 88/361/EWG führte zwar Investmentfondsanteile an, nicht aber im Eigentum von Inländern stehende inländische Investmentfondsanteile, über welche ausländische Beteiligungen gehalten würden, als nicht stichhaltig.

Das hg. Erkenntnis vom , 99/14/0081, hat Anteilsscheine an ausländischen Investmentfonds betroffen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in jenem Erkenntnis den Erwerb solcher Anteile als einen von der Kapitalverkehrsfreiheit (iSd EWR-Abkommens) erfassten Vorgang beurteilt. Entgegen der Ansicht des beschwerdeführenden Finanzamtes kann aus diesem Umstand aber in keiner Weise der Schluss gezogen werden, der Erwerb anderer Anteile mit grenzüberschreitendem Bezug würde nicht von der Kapitalverkehrsfreiheit erfasst.

Der EuGH hat sich im Urteil vom , C-319/02, Manninen, mit einer finnischen steuerlichen Regelung auseinander gesetzt. Bei der Gewinnausschüttung von einer finnischen Kapitalgesellschaft an eine in Finnland unbeschränkt steuerpflichtige Person wird dieser Person eine Gutschrift in Höhe der bei der Kapitalgesellschaft erhobenen Körperschaftsteuer gewährt. Damit soll die Doppelbesteuerung der ausgeschütteten Gewinne vermieden werden. Nach der betreffenden finnischen Regelung wurde beim Bezug von Dividenden aus ausländischen Gesellschaften keine Steuergutschrift gewährt.

Der EuGH führte im Urteil Manninen aus:

"20. Zu der Frage, ob eine Steuerregelung von der im

Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art zu einer Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Sinne von Artikel 56 EG führt, ist festzustellen, dass die in der finnischen Regelung vorgesehene Steuergutschrift die Doppelbesteuerung der an die Aktionäre ausgeschütteten Gewinne dadurch verhindern soll, dass sie die von der Dividenden ausschüttenden Gesellschaft geschuldete Körperschaftsteuer auf die vom Aktionär geschuldete Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte anrechnet. Aus einem solchen System ergibt sich, dass letzten Endes die Dividenden beim Aktionär nicht mehr besteuert werden. Da die Steuergutschrift nur für Dividenden gilt, die von Gesellschaften mit Sitz in Finnland ausgeschüttet werden, benachteiligt diese Regelung in Finnland unbeschränkt steuerpflichtige Personen, die von Gesellschaften mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten Dividenden beziehen, die mit Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte (...) belegt werden."

"22. Somit bewirkt die finnische Steuerregelung, dass

in Finnland unbeschränkt steuerpflichtige Personen davon abgehalten werden, ihr Kapital bei Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat anzulegen."

In Rn 36 bringt der EuGH zum Ausdruck, bei einer Regelung, die die doppelte Besteuerung des von einer Kapitalgesellschaft an die Aktionäre ausgeschütteten Gewinnes vermeiden will, befänden sich inländische Gesellschafter mit inländischen Beteiligungen einerseits und inländische Gesellschafter mit ausländischen Beteiligungen andererseits in einer vergleichbaren Situation.

Die beschwerdegegenständliche österreichische Regelung des § 10 Abs. 1 KStG 1988 bezweckt in gleicher Weise wie die dem Urteil Manninen zu Grunde liegende Regelung die Vermeidung der Doppelbelastung der von einer Kapitalgesellschaft ausgeschütteten Gewinne. Aus der Sicht dieser österreichischen Regelungen befinden sich - entgegen der Ansicht des beschwerdeführenden Finanzamtes - unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften, die Gewinnausschüttungen von inländischen Kapitalgesellschaften erhalten, durchaus in einer vergleichbaren Lage wie unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften mit Gewinnausschüttungen von ausländischen Kapitalgesellschaften. Eine doppelte Belastung von Gewinnen tritt unabhängig davon ein, ob der Gewinn der ausschüttenden Gesellschaft mit österreichischer Steuer oder jener eines anderen Staates belastet wird. Dennoch benachteiligt, soweit die Beteiligung das Ausmaß von 25% nicht erreicht, die Regelung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 die Veranlagung in ausländischen Beteiligungen. Somit liegt grundsätzlich eine nach Art. 56 EG verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs vor.

Solcherart ist zu prüfen, ob diese Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nach den Bestimmungen des EG-Vertrags gerechtfertigt werden kann.

Nach Art. 58 Abs. 1 Buchstabe a EG berührt Art. 56 nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln.

Wie der EuGH in Rn 28f des Urteils Manninen ausgesprochen hat, kann Art. 58 Abs. 1 Buchstabe a EG, der als Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs eng auszulegen ist, nicht dahingehend verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach dem Ort ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre. Denn die in Art. 58 Abs. 1 Buchstabe a EG vorgesehene Ausnahme wird ihrerseits durch Art. 58 Abs. 3 EG eingeschränkt, wonach die in Art. 58 Abs. 1 genannten nationalen Maßnahmen "weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 darstellen (dürfen)".

Daher ist zwischen nach Art. 58 Abs. 1 Buchstabe a EG erlaubter Ungleichbehandlung und nach Art. 58 Abs. 3 EG verbotener willkürlicher Diskriminierung zu unterscheiden. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann eine nationale Steuerregelung, die bei einer im betreffenden Mitgliedstaat unbeschränkt steuerpflichtigen Person zwischen Einkünften aus inländischen und solchen aus ausländischen Dividenden unterscheidet, nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die unterschiedliche Behandlung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, insbesondere die Notwendigkeit, die Kohärenz des Steuersystems zu gewährleisten, gerechtfertigt ist (vgl. das Urteil des EuGHvom , C- 35/98, Verkooijen, Slg. 2000, I-4071, Rn 43).

In Rn 46 des Urteils Manninen ist der EuGH zum Ergebnis gelangt, eine Regelung, wie die dem Vorabentscheidungsersuchen zu Grunde liegende finnische, sei nicht für die Wahrung der Kohärenz des entsprechendenden Steuersystems erforderlich. Die Kohärenz eines Systems, das die Doppelbelastung der Aktionäre verhindern will, wäre nicht beeinträchtigt, wenn auch für ausländische Dividenden eine Steuergutschrift wie für inländische Dividenden gewährt würde.

In gleicher Weise ist im beschwerdegegenständlichen Fall - entgegen der Ansicht des beschwerdeführenden Finanzamtes - zu befinden, dass die Kohärenz des österreichischen, auf die Vermeidung von Doppelbelastung ausgeschütteter Gewinne abstellenden Systems nicht beeinträchtigt wird, wenn auch für ausländische Gewinnausschüttungen jene Entlastung herbeigeführt wird, der inländische Ausschüttungen teilhaftig werden.

Das beschwerdeführende Finanzamt wendet auch ein, § 10 Abs. 2 und 3 KStG 1988 stelle die Umsetzung der Mutter-Tochter-Richtlinie in nationales Recht dar.

Diesem Vorbringen ist entgegen zu halten: Auch wenn mit den genannten Bestimmungen der Mutter-Tochter-Richtlinie in Bezug auf ausländische Beteiligungen entsprochen worden ist, kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass der österreichische Gesetzgeber in autonomer Entscheidung für inländische Beteiligungen eine günstigere Behandlung normiert hat, indem in § 10 Abs. 1 KStG 1988 auch für Beteiligungen unter 25% eine Steuerbefreiung vorgesehen ist. Dass aus der Gruppe der Beteiligungen bis 25% ausländische Beteiligungen schlechter behandelt werden als inländische, ordnet die Mutter-Tochter-Richtlinie indes nicht an. Entscheidend ist allerdings - unabhängig von der sekundärrechtlichen Regelung -, dass die Schlechterstellung der Auslandsbeteiligung in Konflikt mit der primärrechtlich gewährleisteten Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG steht.

Als Zwischenergebnis lässt sich sohin feststellen: Der Regelung des § 10 Abs. 2 KStG 1988, nach welcher die Dividenden aus den ausländischen Minderheitsbeteiligungen der Mitbeteiligten uneingeschränkt besteuert werden, steht (jedenfalls in Bezug auf Beteiligungen aus anderen Mitgliedstaaten) die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 entgegen. Welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben, ist im Weiteren zu prüfen.

Nationales Recht, das im Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht steht, ist verdrängt. Die Verdrängungswirkung des Gemeinschaftsrechts hat zur Folge, dass die nationale Regelung in jener Gestalt anwendbar bleibt, in der sie nicht mehr im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht steht. Nationales Recht bleibt insoweit unangewendet, als ein Verstoß gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht gegeben ist. Die Verdrängung darf also bloß jenes Ausmaß umfassen, das gerade noch hinreicht, um einen gemeinschaftsrechtskonformen Zustand herbeizuführen. Dabei sind die gemeinschaftsrechtlichen Erfordernisse in das nationale Gesetz "hineinzulesen" (vgl. Gosch, Vielerlei Gleichheiten - Das Steuerrecht im Spannungsfeld von bilateralen, supranationalen und verfassungsrechtlichen Anforderungen, DStR 2007, 1553 (1555), der in diesem Zusammenhang auch von der "geltungserhaltenden Reduktion nationaler Normen" spricht).

In diesem Sinn haben sowohl der Verwaltungsgerichtshof als auch der deutsche Bundesfinanzhof im Bereich der Abzugssteuer für beschränkt steuerpflichtige Künstler (§ 99 EStG) das vom , Scorpio, gemeinschaftsrechtlich geforderte Nettoprinzip in das jeweilige nationale EStG "hineingelesen" und damit das jeweilige nationale EStG modifiziert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/14/0109, und das Urteil des BFH vom , I R 87/03, und nochmals Gosch, DStR 2007, 1553 (1555)). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2006/14/0109, zu Recht erkannt, die Abzugssteuer nach § 99 EStG 1988 für in anderen Mitgliedstaaten ansässige beschränkt steuerpflichtige Künstler von 20% der Bruttoeinnahmen dürfe nur mit jenem Betrag erhoben werden, welcher der Tarifsteuer (§ 33 EStG) auf den Gewinn des Künstlers entspricht.

Es liegt auf der Hand, dass eine Problemstellung oftmals mehrere unterschiedliche Varianten gemeinschaftskonformer Lösungen zulässt. Verdrängung von nationalem Recht durch unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht so zu verstehen, dass es der Vollziehung offen stünde, nach Belieben eine der mehreren gemeinschaftskonformen Lösungen zur Anwendung zu bringen, brächte einen Eingriff der Vollziehung in den eigentümlich der Gesetzgebung vorbehaltenen Bereich der rechtspolitischen Gestaltung mit sich. Daher darf im Wege der Verdrängung nur jene von mehreren gemeinschaftskonformen Lösungen zur Anwendung gelangen, mit welcher die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers so weit wie möglich erhalten bleibt.

Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art. 140 B-VG, wonach der Verfassungsgerichtshof im Falle der Verfassungswidrigkeit von Gesetzesbestimmungen diese in einem Umfang aufzuheben hat, dass die Verfassungswidrigkeit beseitigt wird, dass dabei aber einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden werden soll, als Voraussetzung für die Entscheidung im Anlassfall ist, und andererseits der verbleibende Teil des Gesetzes eine möglichst geringe Veränderung seiner Bedeutung erfährt (vgl. etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 219/01, Slg. 16474). Wenn auch die Aufhebung nationalen Rechts durch den Verfassungsgerichtshof wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges nationales Recht einerseits und die Verdrängungswirkung des Gemeinschaftsrechts andererseits unterschiedliche rechtliche Vorgänge sind, muss doch der vom Verfassungsgerichtshof entwickelte Grundsatz, dass im Falle eines Verstoßes einer Regelung des nationalen Gesetzgebers gegen höherrangige Normen zwar dieser Verstoß zu bereinigen ist, dabei aber so weit wie möglich die rechtspolitische Entscheidung des nationalen Gesetzgebers erhalten bleiben soll, auch für den Vorgang der Verdrängung österreichischen Rechtes durch das Gemeinschaftsrecht gelten.

Im Beschwerdefall kommt der Rechtsprechung des EuGH zum Verhältnis zwischen Anrechnungsmethode und Befreiungsmethode Bedeutung zu. Der EuGH hat sich zunächst in seinem Urteil vom , C-446/04, Test Claimants in the FII Group Litigation gegen Commissioners of Inland Revenue, mit dem Verhältnis zwischen Befreiungsregelung und Anrechnungsregelung auseinander gesetzt.

Das Urteil betraf ein Vorabentscheidungsersuchen aus dem Vereinigten Königreich. Nach der dem Vorabentscheidungsersuchen zu Grunde liegenden Regelung sind Dividenden, die eine inländische Gesellschaft von einer ebenfalls inländischen Gesellschaft erhält, von der Körperschaftsteuer befreit, während Dividenden, die sie von einer ausländischen Gesellschaft erhält, steuerpflichtig sind. Wenn allerdings das Ausmaß der Auslandsbeteiligung zumindest 10% beträgt, wird die im Sitzstaat von der ausschüttenden Gesellschaft erhobene Körperschaftsteuer, soweit sie auf die Beteiligung entfällt, auf die im Vereinigten Königreich anfallende Körperschaftsteuer des Anteilseigners angerechnet.

Der EuGH spricht in den Rn 48 bis 53 seines Urteils aus:

"48. Nach dem Gemeinschaftsrecht ist es einem Mitgliedstaat somit grundsätzlich nicht verboten, eine mehrfache Belastung der an eine gebietsansässige Gesellschaft ausgeschütteten Dividenden zu vermeiden, indem er bei Zahlung der Dividenden durch eine gebietsansässige Gesellschaft eine Regelung über die Steuerbefreiung dieser Dividenden, dagegen bei Zahlung durch eine gebietsfremde Gesellschaft ein Anrechnungssystem anwendet.

49. Damit die Anwendung eines Anrechnungssystems in einem solchen Fall mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang steht, dürfen zunächst die Dividenden aus ausländischen Quellen in diesem Mitgliedstaat nicht zu einem höheren Steuersatz besteuert werden als die Dividenden aus inländischen Quellen.

50. Sodann muss dieser Mitgliedstaat eine mehrfache Belastung der Dividenden aus ausländischen Quellen vermeiden, indem er die von der gebietsfremden ausschüttenden Gesellschaft gezahlte Steuer auf die von der gebietsansässigen Empfängergesellschaft zu entrichtende Steuer bis zur Höhe der letztgenannten Steuer anrechnet.

51. Werden die den Dividenden aus ausländischen Quellen zugrunde liegenden Gewinne im Mitgliedstaat der ausschüttenden Gesellschaft niedriger besteuert als im Mitgliedstaat der Empfängergesellschaft, muss der letztgenannte Staat somit eine Steuergutschrift in voller Höhe der von der ausschüttenden Gesellschaft in deren Sitzstaat gezahlten Steuer erteilen.

52. Werden diese Gewinne im Mitgliedstaat der ausschüttenden Gesellschaft hingegen höher besteuert als im Mitgliedstaat der Empfängergesellschaft, so muss der letztgenannte Staat eine Steuergutschrift nur bis zur Höhe der von der Empfängergesellschaft zu entrichtenden Körperschaftsteuer erteilen. Er muss die Differenz, d. h. den im Mitgliedstaat der ausschüttenden Gesellschaft gezahlten Betrag, der die im Mitgliedstaat der Empfängergesellschaft zu entrichtende Steuer übersteigt, nicht erstatten.

53. Auch wenn ein Anrechnungssystem, verglichen mit einem Befreiungssystem, den Steuerpflichtigen zusätzlichen Verwaltungsaufwand abverlangt, da die tatsächlich im Sitzstaat der ausschüttenden Gesellschaft gezahlte Steuer nachgewiesen werden muss, kann dies nicht schon als gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßende Ungleichbehandlung angesehen werden, da der den gebietsansässigen Gesellschaften, die Dividenden aus ausländischen Quellen erhalten, abverlangte besondere Verwaltungsaufwand mit der Funktionsweise eines Steuergutschrift-Systems zusammenhängt."

In Rn 67 führt der EuGH aus:

"(…) ist es grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten, bei der Einführung von Mechanismen zur Vermeidung oder Abschwächung der mehrfachen Belastung ausgeschütteter Gewinne die Kategorie von Steuerpflichtigen zu bestimmen, auf die diese Mechanismen angewandt werden können, und dazu Schwellenwerte nach Maßgabe der Beteiligungen festzulegen, die diese Steuerpflichtigen an den betreffenden ausschüttenden Gesellschaften halten."

Der EuGH gelangte in diesem Urteil zu folgendem Ergebnis:

Grundsätzlich ist es einem Mitgliedstaat weder durch die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EG noch durch die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG verwehrt, bei Dividenden inländischer Gesellschaften ein Befreiungssystem und bei Dividenden gebietsfremder Gesellschaften ein Anrechnungssystem anzuwenden. Entscheidend ist, dass die ausländischen Dividenden nicht zu einem höheren Steuersatz besteuert werden dürfen als die inländischen Dividenden. Soweit das Anrechnungsverfahren Platz greift, müssen die von der ausländischen ausschüttenden Gesellschaft gezahlten Steuern auf die von der inländischen Empfängergesellschaft zu entrichtende Steuer bis zur Höhe der letztgenannten Steuer angerechnet werden (vgl. Kühbacher, ÖStZ 2008, 92).

Die vom EuGH geprüfte Regelung verstieß nur hinsichtlich jener ausländischen Beteiligungen, die das Beteiligungsausmaß von 10% nicht erreichen, gegen die Kapitalverkehrsfreiheit. Bei solchen Beteiligungen wurden die Dividenden nämlich - was gemeinschaftsrechtlich als solches unbedenklich ist - als steuerpflichtig behandelt, es wurde aber bei diesen Minderheitsbeteiligungen dennoch unterlassen, die ausländische Körperschaftsteuer anzurechnen.

Der EuGH bringt sohin klar zum Ausdruck, dass er Befreiungsmethode und Anrechnungsmethode für gleichwertig hält. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht kann der Mitgliedstaat frei entscheiden, bei welchen Beteiligungen er die eine und bei welchen Beteiligungen er die andere dieser beiden (als gleichwertig eingestuften) Methoden anwendet.

Das , Columbus Container Services BVBA & Co, betrifft das Verhältnis zwischen Befreiungsmethode und Anrechnungsmethode im DBA-Bereich. Ein im Inland ansässiger Steuerpflichtiger unterhält im Ausland eine Betriebsstätte. Der EuGH untersuchte eine Regelung (wie sie in Deutschland besteht), nach welcher im Inland (Ansässigkeitsstaat) ausländische Betriebsstättengewinne zwar grundsätzlich steuerbefreit sind, für den Fall einer niedrigen ausländischen Besteuerung aber an Stelle der Befreiungsmethode die Anrechnungsmethode zur Anwendung kommt.

Der EuGH beurteilte die zu prüfende Regelung als gemeinschaftsrechtskonform. Zu diesem Ergebnis gelangte der EuGH durch den Vergleich der Steuerbelastung des Auslandssachverhaltes mit der Steuerbelastung des Inlandssachverhaltes (vgl. Kühbacher, a.a.O.).

Der EuGH betont in Rn 37 bis 39 seines Urteils, die Ersetzung der Freistellungsmethode durch die Anrechnungsmethode habe im Anlassfall zwar zu einer um 53 % höheren Steuerlast (in Deutschland) geführt. Die Marktfreiheit werde aber nicht schon dadurch beschränkt, dass die Anwendung der Anrechnungsmethode die Ausübung der Tätigkeiten in einem anderen Staat kostspieliger mache, als sie es im Fall der Besteuerung nach der Freistellungsmethode wäre. Die Besteuerung der inländischen Gewinne (mit dem seinerzeitigen Steuersatz von über 30% in Deutschland) einerseits und derjenigen Gewinne, die in einem anderen Mitgliedstaat mit einem niedrigeren Steuerniveau (unter 30%) angefallen sind, sei bei Anwendung der Anrechnungsmethode gleich hoch. Durch die Anwendung der Anrechnungsmethode unterwerfe die geprüfte Regelung die ausländischen Gewinne lediglich demselben Steuersatz wie die inländischen Gewinne (in Deutschland). Daher liege keine Ungleichbehandlung vor.

Aus diesen beiden Urteilen des EuGH ergibt sich für den Beschwerdefall:

§ 10 Abs. 2 KStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung normiert eine Körperschaftsteuerbefreiung für die inländische Muttergesellschaft erst ab einem Ausmaß der Beteiligung an der ausländischen Tochtergesellschaft von zumindest 25%. Im Vergleich zur Regelung für Inlandsbeteiligungen (§ 10 Abs. 1 KStG 1988) sind daher Beteiligungen niedrigeren Ausmaßes benachteiligt. Solche Beteiligungen stellen im Regelfall Beteiligungen ohne Einfluss auf die Gesellschaft dar und sind durch die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 Abs. 1 EG geschützt; sie unterliegen daher auch im Drittlandsfall dem Schutz des Gemeinschaftsrechts.

Weil der österreichische Gesetzgeber im Inlandsfall eine Steuerentlastung stets gewährt, indem gemäß § 10 Abs. 1 KStG 1988 auch Dividenden aus inländischen Minderheitsbeteiligungen bei der Muttergesellschaft steuerfrei sind, muss aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts auch für den vergleichbaren Auslandsfall eine Entlastung bestehen. Aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts ist dabei allerdings einerlei, ob in Bezug auf die ausländische Dividende eine Steuerbefreiung oder eine Steueranrechnung gewährt wird.

Die Verdrängung von nationalem Recht durch Gemeinschaftsrecht hat zur Folge, dass nationales Recht in jenem Ausmaß unangewendet bleibt, das noch hinreicht, um einen gemeinschaftsrechtskonformen Zustand herbeizuführen.

Der Befund des Verstoßes von § 10 Abs. 2 KStG 1988 gegen Art. 56 Abs. 1 EG führt zu einer Verdrängung von nationalem Recht. Diese kann - wie vom EuGH im Urteil Test Claimants in the FII Group Litigation dargelegt - in einer Steueranrechnung bestehen. Die Steuererhebung ist dabei - vergleichbar den Überlegungen im hg. Erkenntnis vom , 2006/14/0109 -

der Höhe nach verdrängt, und zwar insoweit, als dies erforderlich ist, um im Ergebnis in ausreichendem Ausmaß die "Anrechnung" der ausländischen Steuern zu bewirken. Die belangte Behörde hat hingegen die Folge der Verdrängung darin erblickt, dass sie die Regelung des § 10 Abs. 1 KStG (Steuerbefreiung) "analog" auf die ausländischen Minderheitsbeteiligungen der Mitbeteiligten übertragen hat.

Falls die Besteuerung im Ausland gleich hoch oder höher ist als im Inland, führen Anrechnungsmethode einerseits und Befreiungsmethode andererseits zum gleichen Ergebnis (vgl. Haslinger, SWI 2007, 175 (184, FN 58)). Im Falle eines niedrigeren Steuerniveaus im Ausland vermag nur die Anrechnungsmethode zu bewirken, dass die im Ausland erzielten Kapitalerträge im Ergebnis gleich hoch besteuert werden wie im Inland erzielte Erträge. Solcherart wird in das Konzept des österreichischen Gesetzgebers, der für Dividenden aus nicht von § 10 Abs. 2 KStG 1988 erfassten ausländischen Beteiligungen keine Begünstigung vorgesehen hat, durch die Anrechnung der ausländischen Steuer (maximal bis zum Betrag der österreichischen Steuer) weniger eingegriffen als durch die Befreiung der ausländischen Erträge. Die belangte Behörde hätte daher die Verdrängungswirkung nur in diesem Ausmaß annehmen dürfen.

Dieses Ergebnis findet seine Bestätigung auch durch folgende Überlegung: Der Bestimmung des § 10 Abs. 2 KStG 1988 ist die Wertungsentscheidung des österreichischen Gesetzgebers zu entnehmen, zwischen bloßen Kapitalbeteiligungen (Minderheitsbeteiligungen) einerseits und Beteiligungen, die ein wirtschaftliches Engagement im Ausland verkörpern (Beteiligungen höheren Ausmaßes), andererseits zu unterscheiden. § 10 Abs. 3 KStG 1988 verankert die Wertungsentscheidung des österreichischen Gesetzgebers, in Bezug auf bestimmte Auslandsbeteiligungen, wenn im Ausland ein niedrigeres Steuerniveau besteht, eine Anrechnung vorzunehmen; es handelt sich dabei um Beteiligungen an Gesellschaften mit Unternehmensschwerpunkt in der verzinslichen Veranlagung von Kapital, der Veräußerung von Beteiligungen und der Vermietung, also typischerweise an solchen ausländischen Gesellschaften, die keine operative Tätigkeit entfalten.

Eine ausländische Minderheitsbeteiligung unter 25% stellt typischerweise eine reine Kapitalinvestition dar und entspricht damit nicht einem aktiven operativen Engagement mittels einer Tochtergesellschaft. In dieser Hinsicht ist eine solche Beteiligung vergleichbar der im Abs. 3 des § 10 KStG 1988 angesprochenen Beteiligung, zumal der Abs. 3 gerade auf nicht operative Konstellationen (insbesondere verzinsliche Veranlagung von Kapital) abstellt.

Auch vor diesem Hintergrund ist dem Konzept des § 10 KStG 1988 entsprochen, wenn im Hinblick auf Dividenden aus ausländischen Minderheitsbeteiligungen die Verdrängung durch Gemeinschaftsrecht in der Anrechnung der ausländischen Steuern (maximal bis zum Betrag der österreichischen Steuern) erblickt wird. Werden bloß zum Zwecke der Kapitalveranlagung ausländische (Minderheits)Beteiligungen erworben, wird damit die völlige Gleichbehandlung mit der Inlandsveranlagung sichergestellt. Mit der Dividendenbefreiung wäre diesem Konzept weniger entsprochen. Mit der Befreiung der Dividenden bei Beteiligungen in dem in § 10 Abs. 2 KStG vorgesehenen Ausmaß wird die Auslandsveranlagung besser gestellt als die Inlandsveranlagung, weil der Ertrag mit dem gegebenenfalls niedrigeren ausländischen Steuersatz besteuert wird; eine derartige Besserstellung kann aber nur bei einem aktiven wirtschaftlichen Engagement im Ausland gerechtfertigt sein, welches aber typischerweise ein höheres Beteiligungsausmaß voraussetzt, als es im Falle einer bloßen Kapitalveranlagung gewählt wird. Der österreichische Gesetzgeber wollte (nur) jenen inländischen Kapitalgesellschaften, deren Tochtergesellschaften aktiv in einem ausländischen Staat wirtschaften und nicht bloß Kapitalveranlagung betreiben, den Vorteil des niedrigeren ausländischen Steuerniveaus zukommen lassen. Bloßen Kapitalveranlagungen soll daher nur die Anrechnung zuteil werden.

Die belangte Behörde hat sohin, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, durch die "analoge" Anwendung des § 10 Abs. 1 KStG 1988 auf die streitgegenständlichen Erträge die Rechtslage verkannt.

Im fortzusetzenden Verfahren wird sich die belangte Behörde auch noch damit auseinander zu setzen haben, ob in Bezug auf Dividenden aus Drittländern für die vom Gesetzgeber mit § 10 KStG 1988 vorgenommene Benachteiligung gegenüber Inlandsdividenden allenfalls Rechtfertigungsgründe iSd Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom , C-101/05, Skatteverket gegen A, Rn 60ffvorliegen.

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am