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VwGH vom 13.12.1995, 93/13/0272

VwGH vom 13.12.1995, 93/13/0272

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Dr. M in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat II, vom , Zl 6/1-1324/92-07, betreffend Einkommensteuer für 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach der Beschwerde und dem ihr in Ablichtung angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt: Die im Streitjahr verheiratete Beschwerdeführerin ist Rechtsanwältin und Mutter von drei Kindern. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1990 machte sie bei ihren Einkünften aus selbständiger Arbeit Aufwendungen unter der Bezeichnung Tageskraft für Kinderbetreuung geltend. Das Finanzamt anerkannte diese Aufwendungen mit der Begründung nicht als Betriebsausgaben, bei Aufwendungen für ein Kindermädchen handle es sich um gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung.

In einer dagegen eingebrachten Berufung beantragte die Beschwerdeführerin die Anerkennung der Aufwendungen für das Kindermädchen als Betriebsausgabe bzw in eventu deren Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung hinsichtlich beider Begehren ab.

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluß vom , B 1214/93-3, ablehnte und sie gleichzeitig zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Anerkennung ihrer Aufwendungen für ein Kindermädchen als Betriebsausgaben und in ihrem Recht auf Anerkennung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung verletzt und beantragt dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In seinem Erkenntnis vom , 85/13/0054, hat der Gerichtshof bereits ausgesprochen, daß die Beschäftigung eines Kindermädchens zur Beaufsichtigung eines Kindes während der Zeit, innerhalb derer bei berufstätigen Eltern auch die Mutter einem Beruf nachgeht, nicht betrieblich oder beruflich, sondern durch den Wunsch der Mutter, berufstätig zu sein, veranlaßt ist. Der Gerichtshof sieht sich aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde nicht veranlaßt, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Mit ihrer Argumentation, hätte sie kein Kindermädchen angestellt, so wäre ihr die Ausübung der Tätigkeit als Rechtsanwältin nicht möglich gewesen, zeigt die Beschwerdeführerin nämlich nur eine von mehreren Voraussetzungen für ihre im privaten Interesse liegende Berufstätigkeit auf. Aufwendungen, die ihre Ursache in den persönlichen Lebensverhältnissen des Steuerpflichtigen haben, stellen aber ebensowenig Werbungskosten wie (vgl das hg Erkenntnis vom , 85/13/0121) Betriebsausgaben dar.

Den auf die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom , G 188, 189/91 und G 290/91, gestützten Ausführungen der Beschwerdeführerin, eine "verfassungskonforme Interpretation" des § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 führe zum Ergebnis, daß die Aufwendungen der Beschwerdeführerin als Betriebsausgabe zu berücksichtigen seien, ist abgesehen vom klaren und insofern einer verfassungskonformen Interpretation nicht zugänglichen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung entgegenzuhalten, daß die zitierten Erkenntnisse in keiner Weise auf die Abgrenzung zwischen Betriebsausgaben und Kosten der Lebensführung bezogen werden können. Gegenstand dieser Erkenntnisse war nämlich die Frage nach der Verfassungskonformität des Ausschlusses der Geltendmachung von Unterhaltsleistungen an Kinder als außergewöhnliche Belastung und die Aufhebung der Wortfolge "und gleichen Familienstandes" in § 34 Abs 2 EStG 1972.

Die belangte Behörde ist aber auch zu Recht davon ausgegangen, daß die Aufwendungen der Beschwerdeführerin für das Kindermädchen keine außergewöhnliche Belastung darstellen. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang das von der belangten Behörde zitierte hg Erkenntnis vom , 84/14/0061, in welchem der Gerichtshof in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen hat, daß Aufwendungen für ein Kindermädchen keine außergewöhnliche Belastung darstellen, dahingehend kritisiert, daß die diesem Erkenntnis nach Ansicht der Beschwerdeführerin zugrunde liegenden Wertvorstellungen spätestens seit der Familienrechtsreform 1977/78 überholt sei, ist folgendes zu sagen: Woraus die Beschwerdeführerin ableitet, daß der Gerichtshof in diesem Erkenntnis davon ausgegangen wäre, daß ein "Nur-Hausfrauen-Haushalt" dem gesetzlichen Leitbild des ABGB entspreche, ist unerfindlich. Der Gerichtshof zog in diesem Erkenntnis doch auch und gerade den Fall, daß beide Elternteile berufstätig sind, in seine Erwägungen mit dem Ergebnis mit ein, daß die Annahme einer Außergewöhnlichkeit von Belastungen für die Beaufsichtigung von Kindern auf dem Gebiet des Einkommensteuerrechtes zu einer weiteren Ausdehnung ohnehin schon bestehender Diskriminierungen der auf das Einkommen nur eines Ehegatten beschränkten Familien führte. Dies deswegen, weil die im Gesetz ganz allgemein verankerte Verpflichtung der Eltern zur Beaufsichtigung ihres Kleinkindes für dieselben in jedem Falle (dh, ob nun beide Elternteile berufstätig sind oder nur ein Elternteil berufstätig ist) Belastungen mit sich bringe, die keinesfalls außergewöhnliche, sondern im Gegenteil der geradezu typische Fall einer "gewöhnlichen", dh unter gleichen Umständen alle Steuerpflichtigen treffenden Belastung sind. Diese Belastung werde keineswegs dadurch zur "außergewöhnlichen", daß sie in einem konkreten Fall nicht durch Aufgabe oder Einschränkung der beruflichen Tätigkeit eines der Elternteile, sondern durch Aufnahme einer bezahlten Aufsichtsperson bewältigt wird, wenn dieser Weg nach den bestehenden Familien- und Erwerbsverhältnissen der leichter gangbare und vor allem für die Eltern wirtschaftlich vorteilhaftere ist (vgl zu im täglichen Leben üblichen Erscheinungen das hg Erkenntnis vom , 92/14/0135, sowie Hofstätter/Reichel, Tz 1 zu § 34 Abs 2 EStG 1988).

Soweit die Beschwerdeführerin zur Frage der außergewöhnlichen Belastung der gegenständlichen Aufwendungen unter Berufung auf die oben zitierten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes über eine "verfassungskonforme Auslegung des § 34 EStG 1988" eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzustellen versucht, ist auf den bereits im oben zitierten Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes erwähnten Sitz der Verfassungswidrigkeit des insoweit zwischenzeitig aufgehobenen Teiles des § 34 EStG 1988 hinzuweisen. Für eine verfassungskonforme Interpretation des § 34 EStG 1988 in der für den Streitzeitraum für die Beschwerdeführerin mangels Anlaßfallwirkung geltenden Fassung vor der mit Wirkung vom ausgesprochenen Aufhebung der entsprechenden Teile der gesetzlichen Bestimmung durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 290/91, bleibt schon deshalb kein Raum.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin die ohne weitere Ermittlungen unterstellte Annahme der belangten Behörde, daß im Hinblick auf die Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten die Aufgabe oder Einschränkung der Berufstätigkeit eines der Ehegatten offenkundig zu keiner Gefährdung des Unterhaltes der Familie geführt hätte. Diese Rüge ist unbegründet, weil in einem ausschließlich auf Erwirkung abgabenrechtlicher Begünstigung gerichteten Verfahren der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung insofern in den Hintergrund tritt, als der eine Begünstigung in Anspruch nehmende Abgabepflichtige selbst einwandfrei und unter Ausschluß jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 91/13/0066). Hinzu kommt aber, daß sich im Beschwerdefall bei den unbestrittenen Einkünften der Beschwerdeführerin (S 864.745,--) und ihres Ehemannes (S 1,265.025,--) im Streitjahr kein Anhaltspunkt für die Annahme einer Unterhaltsgefährdung der Familie für den Fall bietet, daß einer der Ehegatten seine Berufstätigkeit aufgegeben oder eingeschränkt hätte. Inwiefern der in der Beschwerde vorgetragene Umstand, daß ein Teil dieser steuerpflichtigen Einkünfte sowohl der Beschwerdeführerin als auch deren Ehemannes sonstige Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1988 gewesen seien, einen derartigen Anhaltspunkt geboten hätte, wird von der Beschwerdeführerin konkret nicht dargetan und ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich. Sowohl in diesem wie auch im Zusammenhang mit dem Tod des Ehemannes der Beschwerdeführerin im Jahr 1992 ist darauf hinzuweisen, daß die Frage nach der Anerkennung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ausschließlich nach den Verhältnissen im betreffenden Jahr (1990) zu beurteilen war.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß dem angefochtenen Bescheid die geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht anhaften, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.